"Bildung
ist nicht zeitlos, und ist sie auch keine individuelle Angelegenheit.
Hier entfalten sich nicht einfach verschiedene Persönlichkeiten,
entsprechend ihren natürlichen Anlagen. Die Persönlichkeiten werden
entfaltet, geprägt und geformt im kulturellen, politischen und eben
auch technischen Systemen. Scheinbar ganz persönliche
Bildungserlebnisse sind von Anfang an geprägt durch die
gesellschaftliche Situation. Bildung zur Zeit Humboldts war ganz
anders als Bildung um 1900 oder Bildung um 1935. Und die Bildung, die
ich selbst in den 1970er Jahren erfahren habe, ist eine ganz andere
als die Bildung, die meine Tochter 35 Jahre später erfährt.
Das Schlagwort Digitale Bildung meint immer: erneuerte Bildung. Bildung unter den Bedingungen des großen Umbruchs seit etwa 1990, der alle westlichen Gesellschaften betrifft. Das ist auch, aber eben nicht nur ein technologischer Umbruch. Vielleicht noch nicht einmal in erster Linie.
Das Schlagwort Digitale Bildung meint immer: erneuerte Bildung. Bildung unter den Bedingungen des großen Umbruchs seit etwa 1990, der alle westlichen Gesellschaften betrifft. Das ist auch, aber eben nicht nur ein technologischer Umbruch. Vielleicht noch nicht einmal in erster Linie.
Wie
haben sich die grundsätzlichen Bedingungen verändert, die unser
lebenslanges Lernen, unser Wissenwollen und Wissenmüssen prägen?
Was hat das zu tun mit dem epochalen Change,
der seit den 1990er Jahren überall ausgerufen wird? Es gibt keinen
passgenauen Überbegriff dafür, aber so ungefähr weiß man, wovon
die Rede ist, wenn die bekannten Schlagworte fallen: Globalisierung,
Automatisierung, Individualisierung, Ökonomisierung,
Wissensgesellschaft. Neoliberalismus und Prekariat gehören auch
dazu. All diese Schlagworte beschreiben Aspekte des globalen Wandels,
der zeitlich zusammenfällt mit der Digitalisierung
[...]
Mir
gefällt die eingängige und vieldeutige Metapher am besten, die
Thomas Friedman als roten Faden für sein bekanntes Buch über die
Globalisierung benutzt hat: "Die Welt ist flach". Der New
York Times-Chefkolumnist ist berüchtigt dafür, komplexe
Entwicklungen auf allzu simple, allzu einleuchtende Formeln zu
reduzieren. Natürlich ist das zu simpel. Aber wenn man das
Schlagwort wertfrei nimmt, bietet "Verflachung der Welt"
einen nützlichen Blickwinkel, gerade weil es so umfassend und vage
ist. Vor allem passt es gut auf die digitalen Informationsströme,
die immer schneller, breiter und weltumspannender werden. Mit der
Netz hat sich die digitale Sphäre um die Welt gelegt, die jederzeit
alles mit allem in Verbindung setzen kann. Das betrifft Geld und
Kapital, Produktions- und Logistikketten, wissenschaftliche Daten und
Ideen, die Pop-Kultur und sogar die globalisierungsfeindlichen
Ideologien der Islamisten und rechtsextremen Nationalisten.
Flach bedeutet: Schützende Grenzen und Einigungen werden brüchig – wirtschaftlich, gesellschaftlich und technologisch. Unsere Lebenswelt fühlt sich offener und unsicherer an. Das gilt nicht nur global, sondern auch regional, bis hinein in die tiefste Provinz. [...]
Im
Blog des Weltwirtschaftsforums wurde gerade wieder prophezeit, das
größte Unternehmen des Jahres 2030 werde ein
Bildungstechnologie-Unternehmen sein. Weltweite Massenkurse, aber die
Lehrenden werden keine Professoren-auf-Videos mehr sein, sondern
künstlich-intelligente Bots. Sie personalisieren jeden Lehrplan für
jede einzelne Person, und die Lernenden werden dann viermal oder gar
zehnmal so schnell lernen. Das sagt ein weißbärtiger
Thinktank-Futurist voraus, von dem man praktisch ausschließen kann,
dass er selbst nennenswerte Erfahrungen mit dem Lernen im Netz
gesammelt hat."
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