Mittwoch, 24. Februar 2021

„Elitenthema“ Klimaschutz

„Elitenthema“ Klimaschutz von Jörg Peters FR 23.2.21

"Dabei wird gerade der Klimaschutz in benachteiligten Schichten bisweilen als „Elitenthema“ wahrgenommen. Deshalb kann die Verknüpfung von Klimapolitik mit einer Minderung der Ungleichheit die Akzeptanz der Politik der kommenden Jahre entscheidend erhöhen. Handlungsfelder wären zum Beispiel eine Bildungsoffensive in ökonomisch marginalisierten Stadtteilen oder ein Green New Deal, finanziert durch einen Klimalastenausgleich oder eine Erbschaftssteuer. Diese Maßnahmen sind langfristig womöglich wichtiger für eine nachhaltige Klimapolitik als die Einführung eines CO2-Preises (erst recht als ein niedriger).

Die Diskussion um solch einschneidende Politikmaßnahmen braucht den Zusammenhalt einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft – und die wiederum braucht Chancengleichheit und sozialen Ausgleich." (Hervorhebungen von Fontanefan)


Europa aus der Sicht Chinas

Studium Generale: „Dein Bild in meinem Auge“

Warnruf: Es gibt einen internationalen Vertrag, der benutzt wird, die Anstrengungen gegen die Klimaerwärmung zu torpedieren.

 Nach der Rio-Weltkonferenz von 1992 haben 53 Staaten ein Instrument geschaffen, das geeignet sein könnte, die Anstrengungen der Menschheit zur Beendigung des menschengemachten Klimawandels zu unterlaufen, den Energiecharta-Vertrag, der 1994 in Lissabon unterzeichnet wurde.

"Derzeit haben 51 Länder, die Europäische Gemeinschaft und EURATOM den Vertrag unterzeichnet oder sind ihm beigetreten. Damit liegt die Gesamtzahl seiner Mitglieder nunmehr bei 53." (Wikipedia)

KLIMA-RECHERCHE VON BUZZFEED NEWS UND INVESTIGATE EUROPE: 

Energiecharta-Vertrag: Wie Schiedsgerichte Europas Klimaziele bedrohen 

von Nico Schmidt, Investigate Europe, FR 23.2.2021

"Ein wenig bekannter Vertrag könnte die EU-Staaten in den kommenden Jahren hunderte Milliarden Euro kosten und den Kampf gegen die Klimakrise entscheidend verzögern. Das zeigen monatelange Recherchen von „Investigate Europe“ und BuzzFeed News Deutschland." 

vgl. dazu meinen Blogartikel vom 7.1.2020

Dienstag, 23. Februar 2021

Erster universaler Verhaltenskodex der Wikipedia

Erster universaler Verhaltenskodex der Wikipedia

Auszug au Inhaltsverzeichnis und Text:

  • 32 – Erwartetes Verhalten
    • 3.12.1 – Gegenseitiger Respekt
    • 3.22.2 – Höflichkeit, Kollegialität, gegenseitige Unterstützung und gutes Miteinander

      2.2 – Höflichkeit, Kollegialität, gegenseitige Unterstützung und gutes Miteinander

      Wir streben die folgenden Verhaltensweisen an:

      • Höflichkeit ist ein hoher Standard im Umgang und Sprachgebrauch miteinander, Fremde eingeschlossen.
      • Kollegialität ist die freundliche Unterstützung, die man Leuten, mit denen man zusammenarbeitet, zukommen lässt.
      • Gegenseitige Unterstützung und gutes Miteinander bedeutet, aktiv Verantwortung dafür zu übernehmen, sicherzustellen, dass die Wikimedia-Projekte produktive, angenehme und sichere Orte sind und zur Wikimedia Mission beitragen.

      Dies schließt unter anderem ein:

      • Mentorenschaft und Coaching: Hilf Neulingen, sich zurecht zu finden und sich notwendige Fähigkeiten anzueignen
      • Kümmere dich um andere Benutzer und Benutzerinnen: Reich ihnen die Hand, wenn sie Hilfe benötigen, und tritt für sie ein, wenn sie nicht mit dem erwarteten Verhalten, wie dem Universellen Verhaltenskodex, behandelt werden.
      • Erkenne und wertschätze die Tätigkeit anderer Benutzer und Benutzerinnen. Danke ihnen für ihre Hilfe und Mitarbeit. Würdige ihre Anstrengungen und und gib ihnen die gebührende Anerkennung.
  • 43 – Inakzeptables Verhalten


Sonntag, 21. Februar 2021

Staatsanwälte ermitteln gegen ehemalige Wehrmachts-Angehörige von Per Hinrichs

"[...] Die erstaunlich späten Ermittlungen lassen sich auf eine geänderte Rechtsprechung zurückführen, die sich seit 2011 bei NS-Verfahren durchgesetzt hat. Damals verurteilte das Landgericht München den früheren KZ-Wachmann John Demjanjuk zu einer lebenslangen Haftstrafe, weil er im Vernichtungslager Sobibor eingesetzt war. [...]" Welt, 21.2.21

Soziale Ungleichheit

 Abgehängt im Warmen von 

"Mehr Wohlstand und mehr Armut – Deutschland hat sich in den letzten Jahren auseinanderentwickelt. Die größte Not jedoch nahm eher ab.
Die deutsche Gesellschaft driftet auseinander. Auf der einen Seite leben mehr Menschen in Armut als vor zwanzig oder dreißig Jahren. Auf der anderen Seite wächst die Schicht der Wohlhabenden. Und: Der Aufstieg aus der Armut gelingt seltener als früher. Fast 60 Prozent der Armen sind nach fünf Jahren immer noch arm. In den Achtzigerjahren waren es nur 40 Prozent. [...]
Die jetzt veröffentlichten Zahlen reichen bis ins Jahr 2018, sie geben also noch nicht die Folgen der Corona-Krise wieder. [...]  Allerdings gibt es für Armut und Reichtum verschiedene Definitionen und Messmethoden. Deshalb ist das Bild widersprüchlich. So werden in der EU regelmäßig Bürgerinnen und Bürger befragt, ob ihnen das Geld fehle, um ihre Wohnung ausreichend zu heizen, sich jeden Tag eine vollwertige warme Mahlzeit zu leisten, unerwartete Ausgaben zu bewältigen oder eine Woche im Jahr in den Urlaub zu fahren. Wer viele dieser und weiterer Fragen mit "Ja" beantworten muss, leidet offiziell unter "erheblicher materieller Entbehrung", gilt also als arm. Nach dieser Erhebung, die in Deutschland das Statistische Bundesamt durchführt, ist die Armut auf einen Tiefststand gefallen – von 5,5 Prozent Betroffenen in der Bevölkerung im Jahr 2008 auf 3,1 Prozent im Jahr 2018. Das heißt: Etwa zwei Millionen Menschen weniger haben große finanzielle Probleme. [...]"
Worin besteht das Problem?
Eine immer größere Zahl von Menschen erlebt soziale Abwertung, weil sie mit dem Durchschnitt der Bevölkerung nicht mehr mithalten kann und  weil zusätzlich ein steigender Anteil  sich im Verhältnis zu den sehr Wohlhabenden zurückgesetzt fühlen. [Das könnte einer der Gründe  für die zeitweise starke Zunahme von AfD-Wählern sein.] Durch die Coronakrise verschärft sich das Problem, weil jetzt ein Teil der Bevölkerung von Existenzängsten betroffen ist, der sich davor gesichert glaubte. 



Freitag, 19. Februar 2021

Bildungsforschung: Wie Distanzunterricht das Lernen verändert

 Wie Distanzunterricht das Lernen verändert Tagesspiegel 18.2.21

"[...] Besonderes Augenmerk wird dabei auf der Frage liegen, wie sich unterschiedliche häusliche und schulische Situationen auswirken, etwa wie die Schülerinnen und Schüler technisch ausgestattet sind, ob und wie sie von den Eltern unterstützt werden. Meine Hypothese dabei ist, dass sich die sozialen Unterschiede, von denen die Bildungschancen in Deutschland bekanntlich stark geprägt sind, verstärkt haben. Darauf gibt es deutliche Hinweise aus bereits vorliegenden Untersuchungen, die sich mit den Auswirkungen von langen Ferienzeiten insbesondere in den USA beschäftigt haben. [...]"

Sonntag, 14. Februar 2021

Alle Menschen werden sterben - Auch dafür braucht es ein Gesetz

 "Immer größer wird die Zahl der Patient:innen, die zu Hause beatmet werden. Im Jahr 2003 betraf das gerade einmal 500 Patient:innen. 2018, nur fünfzehn Jahre später, waren es bereits etwa 40.000 Fälle, also achtzig Mal so viele. Dabei spielt die Vergütung von bis zu 30.000 Euro pro Fall und Monat mit Sicherheit eine große Rolle. Über 600 in diesem Bereich spezialisierte Pflegedienste sind seitdem entstanden." (https://chirurg.hontschik.de/fr/0258.pdf)

Wasserstichorgel

 Das Berliner Duo "Liquid Soul", Beate Gatscha und Gert Anklam, setzen ihre Eindrücke von Reisen durch Asien und Afrika in Musik um.

Sie entwickelten 1999 die Wasserstichorgel, ein Instrument mit tonal abstimmbaren Kunststoffröhren, die in wassergefüllte Behälter getaucht werden und so flötenartige Obertöne und Rhythmen erzeugen.

"Die Rohre gibt es im Baumarkt - falls Sie das zu Hause in der Badewanne mal ausprobieren wollen", gibt Gert Anklam zum Besten. Und so ist das Konzert gleichzeitig eine kleine Instrumentenkunde


Samstag, 13. Februar 2021

Erinnerung für mich und Hinweis

 Sendungen des Deutschlandfunks:

https://www.deutschlandfunk.de/essay-und-diskurs.1183.de.html

Welternährung

 https://twitter.com/DerGraslutscher/status/1360264130553384961

So verfüttern wir 75% der Weltsojaernte und 33% der Weltgetreideernte an Tiere und das zahlenmäßig größte Endprodukt dabei ist Tierkacke. Würden wir Tierprodukte vom Speiseplan streichen, hätten wir auf Anhieb viel mehr Agrarflächen zur Verfügung.

https://twitter.com/DerGraslutscher/status/1360264133472636934

mehr dazu:

https://graslutscher.de/

Freitag, 12. Februar 2021

Geburt

 

WDR aktuell
Eine #Obdachlose hat im Nürnberger Stadtgraben bei minus 15 Grad im Freien ein Kind zur Welt gebracht. Eine Polizeistreife fand die 20-jährige Frau, ihren Begleiter und das Neugeborene wenig später gegen 5 Uhr morgens auf einem Lüftungsgitter in der Nähe einer U-Bahnstation.

Heinrich Barth, Afrikaforscher

 Heinrich Barth Wikipedia

"Johann Heinrich Barth (* 16. Februar 1821[1] in Hamburg; † 25. November 1865 in Berlin) war ein deutscher Afrikaforscher und Wissenschaftler (Historiker, Geograph, Philologe).

Heinrich Barth gehört nicht zu den bekanntesten Afrikaforschern wie etwa Henry Morton Stanley und David Livingstone, was primär damit zusammenhängt, dass sein Reisewerk kein Bestseller wurde. Barth wandte sich weniger an das breite Publikum als vielmehr an die Wissenschaftler, vornehmlich die Geographen und Historiker, und lieferte eine detailreiche Reisebeschreibung und lange Exkurse zur Kultur und Geschichte der nord- und westafrikanischen Völker, jedoch keine spannenden Abenteuer, obwohl der Fortgang der Expedition mehrfach durch lebensbedrohliche Situationen gefährdet war. Angesichts des geringen zeitgenössischen Interesses an Afrika in Deutschland wurde Barths umfangreiches Werk nur teilweise zur Kenntnis genommen, und sein weit vorausschauendes Konzept einer interdisziplinären Afrikawissenschaft wurde erst nach 1950 aufgegriffen. In der Gegenwart gilt er nicht nur als Pionier der Afrikaforschung, sondern auch als einer der wenigen Forschungsreisenden des 19. Jahrhunderts, die den Afrikanern ausgesprochen unvoreingenommen begegneten und bereit waren, beispielsweise mit den Vertretern des afrikanischen Islam in einen interkulturellen Dialog einzutreten.[...]

Auch seine Verdienste um die afrikanische Sprachwissenschaft wurden in entsprechenden Gutachten bestritten, was weniger in der Qualität seiner Forschungen begründet lag als in der Tatsache, dass er die Sprachen der Afrikaner überhaupt der Erforschung für würdig und damit den indoeuropäischen Sprachen ebenbürtig hielt. Die Ablehnung durch die etablierten Sprachwissenschaftler hatten auch andere Forscher zu spüren bekommen, wie etwa Wilhelm Bleek, der nach seiner Promotion über die Bantu-Sprachen gezwungen war, eine Stellung in Südafrika anzunehmen, da im akademischen Bereich in Deutschland für einen Außenseiter wie ihn kein Platz war. Eine Hinwendung zur Erforschung afrikanischer Sprachen fand erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts statt, jedoch nicht um der wissenschaftlichen Untersuchung willen, sondern zum Zweck ihrer Nutzbarmachung im Rahmen einer effizienten Kolonialpolitik. In der Praxis bedeutete dies, dass angehende Kolonialbeamte und Offiziere die afrikanische Sprache erlernten, um mit der Bevölkerung in den Kolonien kommunizieren zu können, aber linguistische Forschungen, z. B. zur Sprachgeschichte, waren nicht vorgesehen, sondern konnten von den Dozenten allenfalls außerhalb des eigentlichen Lehrbetriebs als Liebhaberei betrieben werden.

Barths Central-Africanische Vocabularien, die weitaus mehr als reine Wortlisten darstellen, gelten als Beginn der vergleichenden Afrikanistik, wenngleich etliche Schlüsse, die der Forscher gezogen hatte, heute – angesichts einer großen Fülle von linguistischen Spezialuntersuchungen – nicht mehr als gültig anerkannt werden. Sein methodisches Vorgehen jedoch wird von führenden Afrikanisten heute noch als vorbildlich bezeichnet.[...]

In einem Vortrag aus dem Jahre 1860 betonte er, dass der Mittelmeerraum stets ein Angelpunkt der Kulturgeschichte gewesen sei, wo unterschiedliche Kulturen aufeinandergeprallt seien, sich miteinander vermischt und in die unterschiedlichen Richtungen ausgestrahlt hätten, wobei die rassische Zugehörigkeit der einzelnen Völker für ihn keine Rolle spielte. Barth sah im Mittelmeer keine Barriere zwischen den Kulturen bzw. Religionen, sondern eine Region des intensiven Austausches, wenngleich er nicht bestritt, dass der Kontakt nicht immer friedlich gewesen war. Schwarzafrika hatte daher für ihn nie isoliert neben der allgemeinen Weltgeschichte gestanden, sondern war immer ein integraler Bestandteil gewesen. In Barths Konzept von Kulturkontakt stand der Austausch durch Handel an vorderster Stelle. Die Reisen, die Barth in seinen letzten Lebensjahren in der Türkei und auf dem Balkan unternahm (u. a. war er der Erstbesteiger des Olymp), dienten der Untermauerung dieser Theorie, die angesichts seines frühen Todes nur bruchstückhaft überliefert ist. Doch belegen diese Fragmente, dass Barth mit seiner neuen Sicht des Mittelmeerraumes als einer kulturellen und historischen Einheit bereits auf die Geschichtswissenschaft des 20. Jahrhunderts verwies. Er nahm in Grundzügen die Konzeption vorweg, die der berühmte französische Historiker Fernand Braudel (1902–1985) fast 100 Jahre später in seinem berühmten Werk über den Mittelmeerraum im Zeitalter Philipps II. niederlegte.[...]"

Jenseits des dunklen Afrika ZEIT 10.2.21

Mittwoch, 10. Februar 2021

Drosten als Coronaverharmloser?

 https://youtu.be/Xu_UDuoMPt4

Wohl kaum. Aber als Wissenschaftler musste er das Dramatisieren erst von den Politikern lernen.

Ein Interview vom 24.01.2020. Der vollständige Titel des Videos lautet: Warum Deutschland keine Angst vor Coronavirus haben muss, zwar sprachlich missglückt (es müsste heißen: "vor dem Coronavirus"), aber der Titel, unter dem es auch verbreitet wird: "Warum Deutschland keine Angst vor Coronavirus haben", ist peinlich für den, der das zu verantworten hat.


Montag, 8. Februar 2021

Virologin Brinkmann warnt vor Corona-Lockerungen

Virologin Brinkmann warnt vor Corona-Lockerungen: »Der Wettlauf ist längst verloren. Es wird kommen wie in England« 

Melanie Brinkmann beklagt das zögerliche Handeln der Politik gegen das mutierte Coronavirus. Die Virologin fordert eine konsequente Eindämmungsstrategie, um einen Dauer-Shutdown zu vermeiden.

Zu den Hauptaussagen ohne Bezahlschranke: https://threadreaderapp.com/thread/1357674994629804035.html


Sonntag, 7. Februar 2021

Nora Bossong: Schutzzone

 Zwischenstand bei S.88:

Da ich zwischen der Arbeit zur Ablenkung lese, ist es vorteilhaft, dass ich nicht in das Buch hineingezogen werde.

Mein Eindruck ist, dass Bossong vorführen will, dass Angestellte der UN weder sich noch die Aufgaben, die sie bearbeiten, ernst nehmen, weil sie dann eine zu große Überforderung spürten:

"Und die Kosmopoliten? Das waren die wenigen, die sehr wenigen unter uns, die wussten dass eine Heimat nicht festgehalten werden konnte, so wie man eine kurze Verliebtheit nicht festhalten kann oder einen Gegenstand, der Bedeutung hat, denn entweder verschwindet der Gegenstand oder die Bedeutung, oder man selbst erinnert sich nicht mehr daran, und es gibt nur eine beschlagene Scheibe, durch die hindurch wir auf etwas Zurückliegendes blicken, und manche haben Glück und sehen etwas Wunderschönes, aber sie sehen es nur, sie erleben es nicht mehr." (Schutzzone, S. 38)

Prototypen: Darius, der vielgereiste Diplomat, und sein Sohn Milan. Doch auch die Ich-Erzählerin scheint sich nicht ernst zu nehmen.

Vielleicht spielt bei meiner Reaktion eine Rolle, dass ich zuvor Solschenizyn gelesen habe, wo Personen zwar ähnlich chancenlos agieren, aber die, auf die die Aufmerksamkeit des Erzählers sich richtet, alle das Interesse des Lesers auf sich ziehen. 

Mit Solschenizyns Spätwerk "konnte der Westen wenig anfangen". (Spiegel vom 4.8.2008)

Zu Nora Bossong zitiert die Süddeutsche Zeitung zitiert am 14. Juli 2020 das Urteil einer Jury "Ihr Werk sei zwar in jeder Zeile politisch, aber moralisiere nicht. Die in Bremen geborene und in Berlin lebende Bossong widme sich den Irrungen und Wirrungen eines eurozentrischen Jahrhunderts, die Protagonisten ihrer Romane seien unterschiedliche Frauen und Männer - vom Diplomaten in 'Webers Protokoll' aus dem Jahr 2009 über einen Textilfabrikanten und seine Tochter in 'Gesellschaft mit beschränkter Haftung' (2012) bis hin zu einer UN-Mitarbeiterin in 'Schutzzone' von 2019."

Bei Bonn. März und April 1994, S.89:
Während bisher nur das neben-der-Welt-Stehen vorgeführt wurde, werden jetzt Gründe genannt: der Verlust der vertrauten Umgebung dadurch, dass die Eltern sie zu dem Diplomaten in Pflege gegeben haben, damit die Tochter nicht mehr ihren ständigen Streit  mitbekommen solle; darüber hinaus, ihr verloren gegangenes Interesse - besonders der Mutter - an der Tochter Mira; die Kritik der Mutter Lucia an der Umgebung, in die sie ihre Tochter gesteckt hat, nicht zuletzt am Vater Darius, der sich zu viel vornehme, sein Versuch, ein Reh aufzuziehen, werde scheitern.
Darius seinerseits überfordert seinen Sohn Milan, indem er ihn zu schwere Klavierstücke sinnlos üben lässt. Seine Erwartung, sein Sohn solle besser werden als die anderen, damit er sich nicht anpasse, sondern seinen eigenen Weg gehe wie der Vater. Die Angst Milans, der Vater werde von einer UN-Mission nicht mehr zurückkehren. Und das Lob des Vaters für Mira: "Aus Mira wird auch noch was, und sein Nicken in meine Richtung war milder, aber von mir erwartete er auch nichts." (S.95)
Mira schreibt die Verantwortung für all das sich selbst zu: Sie habe "in der Lüge gelebt", weil sie das Bild eines Harlekin, das über ihrem Bett hing, für ein Kinderporträt von ihr selbst hielt, wo es doch ein berühmter Picasso war.

New York. April 2011, S.96
Das totale Fremdheitsgefühl: Französisch lernen in den USA; das New York, das nicht zu den Bildern passen will, die sie davon aus dem Fernsehen kannte, Ratten im Müllschlucker, die sie piepsen hört und von denen sie befürchtet, sie könnten schon unter ihrem Bett sein. Ihre nächtliche Aushilfsarbeit in einer Bar, insofern den Neuankömmlingen aus Mexiko oder Nairobi gleich. - Das UN-Gebäude in New York als Repräsentant einer Macht, zu der sie nicht gehört. Unwirkliches Gefühl, die bekannten Bilder aus dem Fernsehen jetzt in der Wirklichkeit zu sehen. "Dass ich nun tatsächlich vor diesen Feuerleitern stand, machte sie nicht wirklicher, es machte lediglich mich unwirklich." (S.98)
Der Typ aus der Bar, der in der UN in Wien über chemische Waffen gearbeitet hatte und ihr halbe Hoffnungen macht: "Ich will ehrlich sein, wir brauchen niemanden. Aber ich dachte gerade ... Wer weiß. Kommen Sie nächste Woche mal vorbei." (S.101)

Es passte zu dem Anspruch, unter dem Bossong schreibt, wenn sie bei dem Harlekin, der über Miras Bett hängt (und den sie sich als Teil ihrer Vergangenheit denkt - S.89 u.96), an das Bild der fünf Kinder im Harlekinskostüm aus der Pringsheimfamilie dächte, die in Thomas Manns Jugendzimmer hing, über dessen Modelle er nichts wusste. Er hat sie als erfolgreicher Autor der Buddenbrooks, als der er Familiengeschichte in große Fiktion verwandelte, dann persönlich kennenlernen können, hat Katia Pringsheim in einer Märchenhochzeit wie in "Königliche Hoheit" zu seiner Frau machen können und in diesem "strengen Glück" seinerseits dank seiner Frau die berühmteste Literatenfamilie Deutschlands im 20. Jahrhundert begründen können. Realität. Zwar alle unter dem fürchterlichen Druck des väterlichen Übervaters "Zauberer", aber dank der selbstbewussten Aufopferung Katias trotz aller Schwierigkeiten durch Zeitumstände und Veranlagung keine Versagen, auch wenn sie sich überfordert haben. Nicht August Goethe, sondern Klaus Mann, der schon 1933 in der Auseinandersetzung mit Benn beispielhaft die Emigration als die richtige Entscheidung propagieren konnte. 
Lebenslüge von Mira gegen gelebtes Märchen in der Mann-Familie? - Ich denke, der Bezug funktioniert nicht, obwohl er sich angesichts des Motivs des Harlekins mir aufdrängt.

Auf Seite 106 schlägt die Erzählerin zu, weil sie gefragt wurde, ob sie ihren Vertrag verlängern wollte. Oder war es doch die Autorin, die gemerkt hat, dass die UNO nicht einen ganzen Roman lang als Leerstelle stehen lassen kann? [Meines Erachtens waren schon von den 88 mindestens 50 zu viel.] Zitat:
"Es gab die neunziger Jahre, Ruanda und Srebrenica, Hutu-Power und Slobodan Milosevic.
Es gab die Mogadischu-Linie, 18 tote US-Soldaten und das Versprechen Bill Clintons, sich nicht mehr in Konflikte einzumischen, in denen die USA nichts zu gewinnen hatten.
Es gab die zehn belgischen Blauhelm-Soldaten, die wenige Monate später in Kigali ermordet wurden zu Beginn des Genozids. Sie hatten die ruandische Premierministerin schützen sollen. Es war ihnen nicht geglückt. Sie wurden das belgische Mogadischu.
Es gab Tote in Ruanda, einige sagten 600.000, andere sprachen von 1 Million.
Es gab das Kind, dessen Körper Feuer fing, das bereits leblos schien und doch wieder zuckte und schrie, und die Augen waren so schwarz, weil von innen alles schon verbrannt war, nur nicht die Nerven. An den Nerven entlang fraß sich die Höller weiter.
Aber es gab keine Hölle, weil es keine gefallenen Engel gab. Nur Menschen.
Es gab die Grenze zu Zaire, zu der sich viele Hutu flüchteten, als die FRP die Macht übernahm." (S.106)
So geht das noch zwei Seiten weiter.
Und dann heißt es:
"Es gab Milan. Irgendwo dazwischen gab es Milan." (S.108)
Und dann springt die Autorin wieder in die Leerstelle zurück, aus der geistreiche Formulierungen ("wie grenzenlos kann man wachsen, wenn man nur noch aus Stein besteht." - S.111) nicht hinausführen. Doch das Interesse ist geweckt. Bossong will offenbar doch mehr als Leerstelle. Gelingt es ihr?

Samstag, 6. Februar 2021

Präsenz- oder Distanzunterricht?

Es ist keine Frage, dass Distanzunterricht für viele Vorteile haben kann.

Eindrucksvolle Beispiele: https://twitter.com/Tob_Sch/status/1356310707655094275

Aber in einer Zeit, wo man "entdeckt" (es war für Unterrichtende eine Erfahrungstatsache sei Jahrzehnten) hat, dass gleich Begabte keinesfalls Chancengleichheit haben mit anderen, die in Familie und sozialen Umfeld mehr Anregungen  und Ermutigung erfahren, und deshalb vermehrt auf Ganztagsschulen gesetzt hat, wäre es töricht, zu leugnen, dass für viele Präsenzunterricht vorteilhafter wäre. 

Denn das Mobbing, vor dem die einen geschützt sind, ist die fehlende soziale Anregung der anderen. Von den psychischen Folgen des Abschlusses vom gewohnten sozialen Umgang gar nicht zu reden.

https://publikum.net/das-dilemma-der-kinder-2/

https://www.fr.de/politik/corona-und-die-seele-menschen-werden-narben-davontragen-90193754.html

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/pandemie-kinder-und-jugendliche-besonders-belastet-17183154.html

Ganz zu schweigen von der unzureichenden Ausstattung der Schulen und der unzureichenden Vorbereitung großer Teile der Lehrerschaft und nicht zuletzt der Kultusministerien. 

Übrigens: Distanzunterricht ist oft so intensiv, dass man auch von dem mal Ausspannung braucht: "Dabei spüren wir so langsam recht deutlich das Verlangen nach ein paar Ferientagen, um durchzuschnaufen, Denn das Homeschooling bedeutet für die Schüler nicht, daheim rumzulungern und jeden Tag 5 Minuten den Laptop anzuschalten, sondern stundenlanges konzentriertes Arbeiten, genauso wie es den Lehrern – die oft zusätzlich ja auch noch Eltern sind – eine unglaubliche zusätzliche Kraftanstrengung abverlangt."

https://halbtagsblog.de/2021/02/05/brauchen-schulen-karneval-frei/#comment-17902

Mittwoch, 3. Februar 2021

Ein Verzeichnis von Wikis aller Art

 http://www.wikiservice.at/gruender/wiki.cgi?WikiVerzeichnis

Allein die deutschsprachigen Wikis dieser Liste umfassen 19 Seiten, 626 Zeilen, also wohl etwa 500 Wikis, z.B ein Wiki über Farbmäuse  http://wiki.mausebande.com . Dabei sind neuere Wikis noch gar nicht erfasst, wie z.B. ZUM Unterrichten.

Außerdem sind das vermutlich alles nur öffentliche Wikis. Die Firmenwikis, Schulwikis, Vereinswikis und die privaten dürften viele Tausende umfassen.  (vgl. Wikipedia zu Wiki)