Samstag, 30. März 2013

Daniel Boyarin: Gemeinsamkeiten von Judentum und Christentum

Daniel Boyarin schreibt gegen eine "Aufspaltung des Judäo-Christentums".
Eine Rezension von "The Yewish Gospels" in der FR vom 30.3.13 Ist leider - noch? - nicht online greifbar.

Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums

Arno Widmanns Rezension in der FR, 25.3.13
 „Hierzulande gab es in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts in Würzburg für 1 149 Studenten der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät zehn Lehrstühle, für 238 Theologen 16. In Bamberg – der Geburtsstadt Deschners – finanzierte damals der christlich-soziale Freistaat Bayern für 30 Theologiestudenten 11 Professuren.“  zitiere ich Widmann, der vermutlich Deschner zitiert. (Wo dessen Text anfängt und endet, kann ich allenfalls raten.)
Interessant und bezeichnend. Aber gehört das in eine Kriminalgeschichte?
"Das zeigt nur, dass die Stellvertreter Christi sich nicht unterscheiden von uns anderen Sterblichen." Kriminalgeschichte?

Weniger polemisch die Seite Deschner.info

Aus meiner Sicht abgewogen: Wikipedia: "Kriminalgeschichte des Christentums"

Weit besser als ich wissen andere das Verdienst Deschners zu würdigen, der nicht nur den Arno-Schidt- und den alternativen Büchnerpreis erhielt (eine vollständigere Aufstellung hier).

Freitag, 29. März 2013

Briefe aus der Zeit des Kampfes um Troja

Unter der Überschrift In Theben ging's los berichtete die FAZ am 11.8.2003:

Damit waren Wilusa/Ilios und Ahhijawa/"das Land der Achaiwoi"/Achaier bestimmt, die Bedeutung von Troia und mykenischem Griechenland im Machtspiel mit dem hethitischen Großreich wissenschaftlich belegt. Bislang jedoch kannten wir nur Briefe des Hethiterkönigs an den König der Achaier, also eine Korrespondenz-Dokumentation von Ost nach West. Nun aber haben wir den Brief eines Achaierkönigs an den Herrscher in Hattusa. Die Identifizierung dieses ältesten bekannten Schreibens aus dem mykenischen Griechenland ist dem Tübinger Anatolisten Frank Starke zu verdanken, der in Troia einen ersten Einblick in seine Ergebnisse gewährte, die bereits von anderen Anatolisten nachgeprüft und als korrekt befunden wurden. 
 Danach war Theben, nicht Mykene das Zentrum der Griechen, die gegen Troja (Ilion/Wilusa) in den Trojanischen Krieg zogen.

Wie arm sind die Deutschen?

Von den Tücken des Medianwertes und den Immobilienpreisen berichtet Spiegel online:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/faktencheck-zur-bundesbank-studie-private-haushalte-und-ihre-finanzen-a-890877.html

Donnerstag, 21. März 2013

Schulhund

Ein Schulhund beruhigt, ... Bericht

Internationaler Mathematikwettbewerb in der Grundschule

"Per Zufallsgenerator wurden zeitgleich eingeloggte Mädchen und Jungen aus der ganzen Welt zugeordnet und altersgerechte Mathematik-Aufgaben "um die Wette" gelöst. Der Nickname und das Land der Gegner war dabei auf dem Bildschirm sichtbar, da war oft ein wenig Gänsehaut angesagt."
(Langeoog-News)

Anlass waren der zeitgleiche World-Math-Day und der Tag des digitalen Lernens, Ort war die Insel Langeoog.

Dreimal Internet

"Im Netz" Identitätsdiebstahl, der die Wirtschaftsberaterin für die Polizei zur Terroristin macht.
Sendung am 27.3. 20:15 in ARD. Video zur Vorabansicht

"To Save Everything, Click Here" von Evgeny Morozov. Mir gefällt seine Haltung, gegen Internet-Euphoriker und gegen Internet-Ablehner zugleich zu argumentieren, mit der Behauptung, "das Netz" verändere viel weniger als oft unterstellt, weil es nämlich viele verschiedene Arten des Umgangs ermögliche.
Dabei kenn ich diese These erst aus Rezensionen.

Bei Gelegenheit mehr dazu.

Das Internet umfasst gegenwärtig ca. "1,3 Milliarden in Gebrauch befindliche IP-Adressen".  (mehr dazu in Spiegel online)

Montag, 18. März 2013

Unsere Mütter, unsere Väter 2. und 3. Teil

Bemerkenswert ist für mich an den Aussagen der Schauspieler über ihre Rollen, wie wenig von dem, was sie darüber sagen, für mich in dem Film herüberkommt.
Freilich ist die innere Entwicklung der einzelnen Personen für mich auch weniger wichtig als die Gesamtaussage: Die Situation des Einzelnen bestimmt sehr viel von den Möglichkeiten, die er noch hat.
Im Krieg ist erst mit der Bereitschaft zu sterben die Möglichkeit gegeben, nicht für die falsche Sache zu sterben.

Die Frankfurter Rundschau schreibt:
"Natürlich wühlt der Film auf. [...] Niemand wird wohl kalt bleiben bei den Wechselbädern der Gefühle, die die Dramaturgie dem Zuschauerherz beschert, [...] Handwerklich ist an dem Film alles perfekt. [...]
Seiner Ästhetik zugrunde liegt eine Allmachtsfantasie, eine Anmaßung, die der Titel auf den Begriff bringt. [...] Noch die letzten Skrupel, die in Wissenschaft und Kultur hinsichtlich der Erklärbar- und Darstellbarkeit des Zivilisationsbruchs empfunden wurden, sind hier vom Tisch gewischt. Ein gigantisches Potpourri von Motiven, die wir aus allen möglichen Filmen zum Nationalsozialismus kennen, werden zusammengefügt zum Porträt einer Generation, das so leicht verständlich, so spannend konsumierbar ist wie ein Film über jede andere Generation davor oder danach, nur eben viel knalliger."

Dem kann ich nicht zustimmen. Weder ist der melodramatische Schluss für mich akzeptabel, geschweige denn "handwerklich [...] perfekt". Alles Dokumentarische wäre besser gewesen als die Schlussszene, in der für mich nichts stimmte.
Andererseits: Dass hier keine Wahrheit, sondern nur pädagogische Einfühlhilfe gegeben wird, darauf weist der Film immer wieder hin, nicht zuletzt durch das Foto, das  ständig ins Bild kommt und das symbolisch für die verlorene Vorkriegswelt steht.

Dass der Film aufwühlt, kann ich bestätigen. Und er führt auch vor Augen, dass die Bereitschaft zu sterben  keinesfalls sicherstellen kann, dass man nicht für die falsche Sache stirbt.

Doch gerade der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir uns bewähren sollen. (Das korrekte Heinemannzitat dazu findet sich in seiner Antrittsrede am 1.7.1969: "Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben.")

Nachtrag vom 27.3.:
polnische Kritik an der Filmreihe

Unsere Mütter, unsere Väter 1. Teil

noch nachträglich anzusehen hier


Es machte keine Freude, zuzuschauen. Ich fand es insgesamt aber doch gelungen und werde versuchen,  morgen die zweite Folge anzusehen. 

Die Darstellungsabsicht finde ich sehr gut. Bei mir geht sie vielleicht etwas ins Leere, weil ich seit Jahrzehnten ständig mit dem Thema zu tun hatte und weil mir andererseits das Fernsehen ziemlich abgewöhnt habe.

Dass es auch für die meisten Täter schrecklich war, in einem Krieg zu leben und dass Opfer nicht notwendig alle gut waren, wird aber deutlich und insofern ein differenzierteres Reden möglich. 

Wir leben trotz allem, was gegenwärtig falsch läuft, zu einer sehr bevorzugten Zeit an einem sehr bevorzugten Ort.

Samstag, 16. März 2013

Bundestagsabgeordnete entwerfen einen Transparenz-Kodex

Danach ist

  • über Nebeneinnahmen zu informieren
  • jeder Kontakt mit Lobbyisten zu veröffentlichen
  • nach der parlamentarischen Tätigkeit eine Drei-Jahres-Sperrfrist für den Wechsel in Wirtschaftsunternehmen einzuhalten
so berichtet ZEIT online am 15.3.13

Freitag, 15. März 2013

bpb über Wikipedia

http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/wikipedia/

insbesondere:
Christian Pentzold:

Geschlossene Gesellschaft? Wikipedia zwischen Freiheit und Kontrolle

Das gefällt mir gut (nicht zuletzt die Einarbeitung von Hinweisen Ostroms Arbeiten  zum Funktionieren von Allmende trotz der angeblichen Tragik unvermeidlicher Übernutzung)

Donnerstag, 14. März 2013

Vergiss mein nicht


Bewegend die Szene, wo die 96-jährige Mutter des Mannes (Malte) nachfragt, wie alt seine Frau Gretel ist. Als sie erfährt, dass sie 73 Jahre alt ist, meint sie: "Aber das kann mein Sohn doch nicht machen, ihr könnt ihn doch nicht so verbrauchen."
Dabei spielt gewiss eine Rolle, dass sie im Heim ist und er sie seltener besucht, weil er sich ständig um seine Frau kümmern muss. Sicher spielen dabei die Jahrzehnte (zwei oder gar fünf?) eine Rolle, wo sie sich mit Kontaktwünschen zurückgehalten hat, um ihrem Sohn, dem Mathematikprofessor, Zeit für seine Arbeit und die notwendige Erholung zu lassen. Gewiss ist sie eifersüchtig auf ihre Schwiegertochter, die so viel Zuwendung erfährt und sie doch gar nicht richtig nutzen kann, weil sie schon im nächsten Moment vergessen hat, dass sie sie erfahren hat. Und sie, die Mutter, die doch Jahrzehnte so für ihren Sohn da war, wird von ihm so vernachlässigt.
Aber sicher spielt auch hinein, dass sie sieht, wie fordernd die Arbeit in der Altenpflege ist, und dass sie es bedauert, dass sie anderen so viel Arbeit macht, weil sie nicht mehr zureichend für sich selbst sorgen kann.
Und dann die Vorstellung, der geliebte Sohn, dessen Wohlergehen ihr seit seiner Geburt so wichtig war, könnte vom Status des angesehenen Professors, der endlich Zeit hat, seinen eigenen Interessen nachzugehen, in den Status eines Vollzeit-Altenpflegers zurückfallen und den mit schwindenden Kräften immer weiter ausüben müssen, bis er selbst pflegebedürftig wird.

Bewegend aber auch die strahlende Dankbarkeit der Frau, wenn sie wahrnimmt, dass sie anderen so wichtig ist, dass sie sich die Mühe machen, genau das für sie zu tun, was sie gerade haben will.


http://vergissmeinnicht-film.de/
http://www.spiegel.de/kultur/kino/dokumentarfilm-vergiss-mein-nicht-von-david-sieveking-a-880585.html
http://www.sueddeutsche.de/kultur/vergiss-mein-nicht-im-kino-vorgefuehrt-im-verfall-1.1592413



Mittwoch, 13. März 2013

Thomas und Heinrich Mann

1927 reimte ein Anonymus

Wenn mancher Mann wüsste, wer Thomas Mann wär',
Tät mancher Mann Heinrich Mann manchmal mehr Ehr!

Freitag, 1. März 2013

Wir neuen Deutschen oder: Wächst eine zerrissene Generation heran?

Özlem Topcu, Alice Bota, Khué Pham:
Drei ZEIT-Journalistinnen schreiben: "Wir neuen Deutschen. Wer wir sind, was wir wollen"

Özlem Topcu berichtet davon, wie sie eine Einbürgerung als Deutsche beantragte, weil sie nicht bei Auslandsreisen fast ständig ausdrücklich ein Visum beantragen wollte:

"Der deutsche Pass war die Eintrittskarte für jedes Land der Welt, dachte ich. Dafür musste ich sehr oft ins "Amt für Ausländerangelegenheiten", saß stundenlang auf harten Plastikstühlen, die in langen, kahlen Fluren mit Linoleumböden standen. Es war wie im Krankenhaus. Um mich herum die ganz "richtigen" Ausländer und Asylbewerber, die auf demselben Flur fallen vor den Nachbarbüros warteten, um ihren Aufenthalt in Deutschland verlängern zu lassen, oder sonst irgendetwas anderes wollten. Ich bin doch nicht wie die, dachte ich. Bin ich hier eigentlich richtig? Bin ich nun auch eine Bittstellerin, die etwas von Deutschland will?
Mein Sachbearbeiter hat wirklich nur meine Sache bearbeitet – für ihn war ich eine Nummer, eine Akte wie jeder andere auch. Schon klar, wie sollte er sich auch mit jedem Fall einzeln beschäftigen? [...] 
Dann kam der Tag, an dem ich meine Einbürgerungsurkunde abholen sollte. Mein Sachbearbeiter hat das mintgrüne Dokument mit  eingestanztem Bundesadler in eine Klarsichtfolie hier gesteckt, nun stand er von seinem Bürostuhl auf, überreichte sie mir und gab mir völlig unvermittelt die Hand. Ich glaube, er hält das für feierlich. Dann sagte er: "Herzlichen Glückwunsch."
Ich verstand das nicht und fragte mich, warum er mich beglückwünschte, nachdem er mir monatelang nicht mal richtig ins Gesicht geschaut hatte. Ich war doch einer der Ausländer oder Asylbewerber, egal, irgendeiner von denen, die da in dem Amt herumliefen und irgendetwas wollten. [...] Mir wurde klar dass ein Pass mehr wert mehr war als ein Papier. Dass er etwas mit mir machte. Ich wusste nicht genau, was, aber eine Deutsche war ich jetzt nicht geworden. Stattdessen wurde mir der Verlust bewusst. Plötzlich, als deutsche Staatsbürgerin, wurde mir die Türkin in mir wichtig. Ich lief alleine nach Hause und fragte mich: Was habe ich für einen feuchten Händedruck eigentlich aufgegeben? Was war ich denn nun? Und wo war ich zu Hause? Warum schockte mich das alles plötzlich so?
Heute kenne ich den Grund. Ich hatte den türkischen Teil meiner Identität abgegeben, ohne das Gefühl zu haben, dass mir der deutsche anerkannt wurde. Ich hatte das Land verraten, aus dem meine  Eltern kommen. Ich hatte meine Familie dort, meine Erfahrungen, ja, einen Teil meiner Kindheit aufgegeben, und es hatte mich nur ein Jahr Wartezeit gekostet.
Früher war die Türkei für mich immer das Reserveland. Als Jugendliche dachte ich: Gut, dass wir die Türkei haben; wenn das hier einmal schief laufen sollte, dann gehen wir halt zurück. Manchmal, aber immer nur für kurze Momente, kam es mir wie ein Vorteil gegenüber den deutschen Kindern, die ja nur ein Land hatten. Es war endlich etwas, dass wir mal mehr hatten. Ich freute mich darüber, auch wenn das wir als Kinder dieses andere Land fürchteten. Deutschland war einfach cooler. Hier gab es tolles Fernsehen, Pommes, Schulfreunde, wann konnte auch mal allein in die Stadt oder ins Kino gehen. Es war alles bekannt. Vertraut." (S.72-74)

"Jeder Vierte unter 25 hat einen Migrationshintergund - eine zerrissene Generation wächst in Deutschland heran." (S.167)

Die drei jungen Frauen berichten:
Die Erfahrung eines Handicaps, doppelt gut sein zu müssen, um das Gleiche zu erreichen, im Hintergrund die Eltern, für die selbst das Doppelte nicht für das Gleiche ausreichte und die jetzt bei ihrem Kind erfahren wollen, was in ihrem Leben nicht möglich war.
Diese Erfahrung verbindet sich mit dem Gefühl, jetzt zur Elite der ZEIT-Journalisten zu gehören und gleichzeitig zu den Ausgegrenzten dazugerechnet zu werden.
Der Migrationshintergrund, der zum Alleinstellungsmerkmal am Markt geworden ist, gleichzeitig aber mit denen verbindet, für die er immer noch Makel darstellt.

Drei Rezensionen:
Aus dem Makel wird ein Merkmal (Deutschlandradio)
"Heimat ist ein sehnsuchtsvolles Ding" (ZEIT)
heimathafen-neukölln

Giovanni di Lorenzo, ihr Chefredakteur, teilt die Erfahrung des Migrationshintergrundes, freilich eine ganz andere, die er in "Wofür stehst Du? Was in unserem Leben wichtig ist – eine Suche"(Köln 2010) zusammen mit Axel Hacke dargestellt hat.

Jetzt sind es drei Frauen, die ein ganz anderes Kapitel in der Geschichte der bundesrepublikanischen Geschichte aufschlagen.
Ein Lob auf unsere freiheitliche Gesellschaft und zugleich eine Mahnung an sie, offener zu werden.