Dienstag, 28. September 2021

Wählen Frauen anders als Männer?

 Wählen Frauen anders als Männer? Von: Gesine Fuchs 12.10.2018  bpb

"[...] Schließlich fällt auf, dass die Alternative für Deutschland deutlich weniger von Frauen gewählt wird: 2017 stimmten 9,2 Prozent der Frauen und 12,6 Prozent der Männer für diese Partei. Das ist insofern erstaunlich, als Frauen gleich häufig wie Männer rechtspopulistisch eingestellt sind.[21] In der internationalen Forschung wird vermutet,[22] dass eine weiterhin engere Kirchenbindung von Frauen die Wahl von Rechtspopulisten weniger wahrscheinlich macht und Frauen eher eine soziale Stigmatisierung bei entsprechender Wahlentscheidung fürchten als Männer. Auch könnten ein gewalttätiges und aggressives Image die Wahlbereitschaft für rechtspopulistische oder rechtsextreme Parteien schwächen. Frauen an der Spitze rechter Parteien könnten sie hingegen auch attraktiv für Wählerinnen machen. Dazu passt die Instrumentalisierung und Verschmelzung von feministischen Forderungen mit rassistischer Programmatik, wenn etwa Migranten für allen Sexismus im Land verantwortlich gemacht werden und dieser auf ihre Religion beziehungsweise Kultur zurückgeführt wird. Dazu wird die deutsche Mehrheitsgesellschaft als gleichberechtigt und freiheitlich kontrastiert (sogenannter Femonationalimus).[23] Zusammengefasst: Überzeugende Erklärungen für die relative AfD-Unattraktivität bei Frauen müssten noch gefunden werden.


Eine aktuelle Studie auf Grundlage einer selbstselektiven Online-Befragung zeigt, welche politischen Einstellungen, parteipolitischen Präferenzen und Partizipationsverhalten LGBTIQ*-Personen in Deutschland und Österreich haben. In Deutschland zeigte sich eine große Präferenz für linke Parteien (29 Prozent Grüne, 23 Prozent Linke, 21 Prozent SPD); bei Trans- und Queer-Personen präferierten gar über 40 Prozent die Linke – eine Partei, die eine ausdifferenzierte Agenda in Bezug auf Trans*personen hat;[24] spezifische, kleinere programmatische Unterschiede können also unter bestimmten Umständen zu unterschiedlichen Parteipräferenzen führen. [...]"

Freitag, 24. September 2021

"Polen - das heißt nirgendwo"

 Polen - das heißt nirgendwo von Artur Becker, FR 24.9.21

"Ein bekannter Lektor eines großen und traditionsreichen Verlags aus Deutschland schrieb mir neulich, er habe mein Romanmanuskript „Ein roter Ziegelstein für Izabela“ mit Vergnügen gelesen, der Deutsche interessiere sich aber nicht für Polen und seine Kindheits- und Jugendgeschichten, das Buch werde kein breites Lesepublikum finden. In seiner Ehrlichkeit ein wunderbar durchsichtiges Urteil – und ich musste staunen, habe ich doch schon viele Romane in den letzten 25 Jahren veröffentlicht, deren Handlung in Polen verankert ist, und solche wie „Wodka und Messer“ oder „Drang nach Osten“ sind ja außerdem nicht unbekannt. [...] vor allen Dingen musste ich, nachdem ich die Antwort des Lektors gelesen hatte, an Alfred Jarrys den Dadaismus und das Theater des Absurden und Grotesken vorwegnehmendes Stück „König Ubu“ denken, das 1896 in Paris uraufgeführt wurde. [...] Jarry soll einmal über sein groteskes Drama gesagt haben, es spiele in Polen, also nirgendwo ...International berühmt geworden ist „König Ubu“ erst nach seiner Publikation 1922, lange nach dem Tod des Exzentrikers und Poète maudit im Jahre 1907, dem die Pariser Literaturkritik konsequent aus dem Weg gegangen war. 

Es wurde aber in viele Sprachen übersetzt. Das literarische Multitalent Tadeusz Boy-Zelenski übersetzte „König Ubu“ 1936 ins Polnische, und der Spruch „Polen – das heißt nirgendwo“ wurde schnell zu einem kulturgeschichtlich-idiomatischen Ausdruck, der stark an jene „konzeptuellen Metaphern“ erinnert, die es vermögen, mehrere komplizierte geschichtliche, soziologische und kulturgeschichtliche – auch idiosynkratische – Phänomene bildhaft und in wenigen Worten als ein geschlossenes Ganzes, wie aus einem Guss, zusammenzufassen. [...]"

Genfer Konventionen

Eine Konvention ist eine Übereinkunft, an die man sich aufgrund allgemeiner Übereinstimmung hält. Die Genfer Konventionen schreiben humanitäres Völkerrecht fest, damit auch im Krieg gewisse humanitäre Standards gesichert sein sollen. Die Genfer Flüchtlingskonvention (die offizielle Bezeichnung ist "Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge") Die Genfer Flüchtlingskonvention (die offizielle Bezeichnung ist "Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge") formuliert diese Regelungen für FlüchtlingeLeider halten sich viele Staaten nicht daran, auch wenn sie dem Abkommen beigetreten sind.

Montag, 20. September 2021

Die Regenwälder verlieren ihre tierischen Förster

 https://www.regenwald.org/regenwaldreport/2021/583/die-regenwaelder-verlieren-ihre-tierischen-foerster

Mehr zum Kontext im Regenwaldreport 2021 / 3

Das letzte Triell

 Rot-Grün gegen Laschet SPON 19.9.21

"Streckenweise wirkte es, als diskutieren bereits Kanzler und Vize-Kanzlerin mit dem CDU-Oppositionsführer. Als sie nach ihren Koalitionswünschen gefragt werden, sagt Scholz, er mache daraus »keinen Hehl«, am liebsten würde er »mit den Grünen eine Regierung bilden«."

Sonntag, 19. September 2021

Rezo über Korruption in der Politik

 https://www.youtube.com/watch?v=3Ya7pEDndgE

"[...] das ist ein von Grund auf kaputtes System [...] Cum-Ex [...]"


CDU-Minister und andere prominenten CDU-Mitglieder verlieren voraussichtlich ihre Direktmandate. Sie werden aber über die Landeslisten den Bundestag einziehen können, weil auch die CSU voraussichtlich Stimmen verliert.

Das Ganze erklärt die FAZ:

https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/bundestagswahl-verlieren-cdu-minister-ihre-direktmandate-17542394.html

rezo: Die Zerstörung der CDU I

          Die Zerstörung der CDU II (Klimakatastrophe)

         Zerstörung III (Korruption)

Freitag, 17. September 2021

Kannst du sagen, was guter Sex ist?

 https://www.zeit.de/2021/11/sexualtherapeutin-beziehung-sex-paartherapie/komplettansicht

"[...] John und Julie Gottman, Kliniker und Paarforscher seit über 40 Jahren, haben herausgefunden, dass zwei Drittel der chronischen Konflikte von Paaren nicht lösbar sind. Deal with it. [...]"

Donnerstag, 16. September 2021

Wissenschaftsleugnung?

  In der Coronakrise werden politische Entscheidungen oft mit wissenschaftlichen Studien begründet. Angesichts der explosionsartig angestiegenen Forschung zu epidemologischen Fragen im Zusammenhang mit Corona und Coronamaßnahmen repräsentieren Einzelstudien freilich nur im Ausnahmefall einen etablierten Wissenschaftsstand. 

Mehr dazu in einer Stellungnahme des sächsischen Ärzteblatts (pdf).

Der dort verwendete Ausdruck "evidenzbasiert", der seit 2000 im deutschen Sprachraum gebräuchlich geworden ist, ist freilich missverständelich. Korrekter wäre die Formulierung "nachweisorientiert". Dazu die Wikipedia unter Evidenzbasierte Medizin:

"Während evidence im Englischen je nach Kontext die Bedeutungen ‚Beweis‘, ‚Beleg‘, ‚Hinweis‘ oder ‚Zeugenaussage‘ hat, ist die Bedeutung von Evidenz im Deutschen Offensichtlichkeit (die keines Beweises bedarf) (englisch: obviousness). Deshalb wurde vorgeschlagen, im Deutschen die Bezeichnung nachweisorientierte Medizin zu verwenden, was sich jedoch nicht durchgesetzt hat.[4] Im Jahre 2000 wurden „evidenzbasierte Leitlinien“ in das deutsche Sozialgesetzbuch (§§ 137e, 137f, 137g, 266 SGB V, Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten) eingeführt.[5][6]"

Dienstag, 14. September 2021

Ein Brief von Luisa Neubauer (Fridays for Future)

           Anrede,

ich habe nachgezählt: Seit 143 Wochen streike ich jeden Freitag für das Klima – zu Fuß, auf dem Fahrrad, im Netz. Ich bin Luisa, 25 Jahre alt und Aktivistin von Fridays for Future. In diesen drei Jahren haben wir gezeigt, wie machtvoll wir sind, wenn wir uns zusammenschließen. Und wie viel wir erreichen können: Klima ist mittlerweile das Thema, das den Menschen am wichtigsten ist.[1] Doch zu konsequenter Klimapolitik hat das bisher noch nicht geführt.

Seit Monaten arbeiten wir deshalb auf einen Tag hin: Den großen Klimastreik am 24. September. Er entscheidet, ob die Menschen Klimaschutz nicht nur wichtig finden – sondern auch danach wählen. Und macht einer neuen Regierung klar, dass sie handeln muss. Doch damit das gelingt, brauchen wir Sie, Walter Böhme – bitte demonstrieren Sie mit uns! Wir von Fridays for Future haben monatelang alles gegeben, damit Sie an diesem Tag in nur wenigen Stunden einen großen Unterschied machen können.

Denn diese Wahl ist eine Jahrhundertwahl. Sie ist entscheidend, um die schlimmsten Klimakatastrophen noch abzuwenden – uns bleibt kaum Zeit, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die politischen Entscheidungen der nächsten vier Jahre werden das Schicksal meiner Generation bestimmen. Dürren, Stürme, Überflutungen: Das Klima kollabiert gerade vor unseren Augen. An vielen Orten der Welt sind Klimaextreme schon Alltag. Wenn wir jetzt nicht alle Kräfte bündeln, wird das Leben im Laufe dieses Jahrhunderts für Millionen Menschen immer mehr ein Kampf ums Überleben. Dieser Gedanke macht mir Angst – und vielleicht geht es Ihnen ja genauso.

Aber wir haben einen Plan. 48 Stunden vor der Wahl strömen wir mit Hunderttausenden in ganz Deutschland auf die Straßen und fordern konsequenten Klimaschutz. Unsere Botschaft ist klar: 1,5 Grad sind nicht verhandelbar! Und unsere Bewegung ist entschlossen: Um unsere Gegenwart zu schützen und unsere Zukunft zu retten, müssen wir jetzt richtig loslegen. Mit dem „Weiter so“ der GroKo muss endlich Schluss sein.

Doch wir jungen Menschen allein werden das nicht schaffen. Damit unser Protest den Weg in die Wahlkabine und die nächste Regierung findet, brauchen wir Mitstreiter*innen aus allen Generationen: Die Bankkauffrau, die in ihrer Mittagspause ein Stück mitläuft. Die Oma, die mit ihren Freundinnen selbstgenähte Fahnen schwenkt. Der Vater, der sein Kind im bunt geschmückten Bollerwagen zieht. Die Fußballerin, die mit ihrem Team ein großes Banner hochhält. Jeder Mensch zählt. Dieser Freitag zählt – wie kein anderer! Bitte, Walter Böhme: Kommen Sie am 24. September zum entscheidenden Klimastreik. Auch bei Ihnen in der Ecke ist was los – schauen Sie vorbei und machen Sie den Protest stark.

Mit 13 Jahren habe ich in einer Erdkunde-Stunde gelernt, was der Treibhauseffekt ist. Damals habe ich mich gefragt, warum so ein gravierendes Problem in nur 90 Minuten abgehandelt wird. Ich wollte mehr wissen, studierte Geographie und kam zu einer erschütternden Erkenntnis: Wir sind an einem Punkt in der Geschichte angelangt, an dem die Menschheit die größte Zerstörungskraft der Erde ist. Durch unsere Emissionen erschaffen wir Wüsten. Wir verändern, wie Ozeane und Luftmassen zirkulieren. Wir vernichten Gletscher und terrorisieren die Ökosysteme, die wir zum Leben brauchen.

Das belegt auch wieder der neueste Weltklimabericht – keine Überraschung. 60 Jahre lang hat die Politik die Warnungen der Wissenschaft ignoriert. Man fragt mich dann freundlich, was wir von Fridays for Future zu dem Bericht sagen und ich antworte ruhig und fernsehtauglich. Aber innerlich bebe und wüte ich. Seit Jahren kämpfen wir für ein Ende der ökologischen Krisen. Und seit Jahren erklären uns politische Vertreter*innen, dass wir doch ein bisschen mehr Geduld und etwas weniger schlechte Laune haben sollen.

Dabei wissen wir, was uns in diese Krise manövriert hat: Profitgier, Machthunger und Skrupellosigkeit einiger weniger aus Politik und Wirtschaft. Doch die Ausbeutung der Natur und unserer Lebensgrundlagen funktioniert nur, weil die meisten Menschen bisher die Füße stillhalten. Gemeinsam können wir das jetzt ändern. Mit der Bundestagswahl haben wir die Chance, für mehr Klimagerechtigkeit zu stimmen. Auch wenn bisher kein Wahlprogramm für echten Klimaschutz ausreicht [2] – je weniger Klimabremser*innen im nächsten Bundestag sitzen, desto erfolgreicher wird unser Protest sein.

Stellen Sie sich nur vor, was irgendwann in den Geschichtsbüchern stehen könnte: Die Klimakrise eskalierte, die Menschheit raste in ihr selbstgemachtes Verderben. Aber dann gab es da diese riesige Bewegung von Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, die aufstanden und etwas dagegen unternahmen. Schreiben Sie mit uns Geschichte, Walter Böhme – kommen Sie am 24. September zum großen Klimastreik.

Hoffnungsvolle Grüße
Luisa Neubauer

PS: Im Lockdown bin ich monatelang für meine Großmutter zuhause geblieben, um ihr Leben zu schützen. Am 24. September geht sie jetzt für mich auf die Straße – um meine Zukunft zu schützen. Natürlich achten wir bei allen Demos auf die Corona-Regeln. Kann ich auch auf Sie zählen?

[1]„Bundestagswahl: Wie steht es in den Umfragen?“, ZDF Online, 6. September 2021

[2]„Keine Partei würde Klimaziele erreichen“, tagesschau.de, 9. September 2021

Samstag, 11. September 2021

W.G. Hoskins: The Making of the English Landscape

 "The Making of the English Landscape is a 1954 book by the English local historian William George Hoskins. The book is also the introductory volume in a series of the same name which deals with the English Landscape county by county." (Wikipedia)

Zitate: 

"In may be surprising to some who look upon Midland landscape as the undouted product of the parlamentary enclosure movement to know that even in Northhamptonshire one half of the county/ had been enclosed and transformed to a modern landscape before the private enclosure act; and in the adjacent county of Leicestershire three of every five fields had been created before the parliamentary period. Engliish hedges are of all dates: - Celtic, Saxon and Danish, medieval, Tudor, Stuart, Georgian, even Victorian in places."

(W.G. Hoskins: The Making of the English Landscape, S.153/54)

Maschinenübersetzung:

"The Making of the English Landscape ist ein 1954 erschienenes Buch des englischen Lokalhistorikers William George Hoskins. Das Buch ist auch der Einführungsband in einer gleichnamigen Reihe, die sich mit der englischen Landschaft Grafschaft für Grafschaft befasst." (Wikipedia)

Es mag einige überraschen, die Midland-Landschaft als das unausgesprochene Produkt der parlamentarischen Einschließungsbewegung betrachten, zu wissen, dass sogar in Northhamptonshire eine Hälfte der Grafschaft/ vor dem Gesetz über private Einfriedung umschlossen und in eine moderne Landschaft umgewandelt wurde; und in der angrenzenden Grafschaft Leicestershire waren drei von fünf Feldern vor der Parlamentsperiode angelegt worden. Englische Hecken sind aus allen Zeiten: - Keltisch, Sächsisch und Dänisch, Mittelalter, Tudor, Stuart, Georgisch, manchmal sogar viktorianisch."

Über country houses und parks:

"More important than the houses themselves, so far as the landscape was concerned, were the parks with wich the owners surrounded them. The word park originally meant no more than a track of grund, usally woodland, enclosed for the protection of beasts of the chase." (S.167-69)

deutsch: "Landschaftlich wichtiger als die Häuser selbst waren die Parkanlagen, mit denen die Besitzer sie umgaben. Das Wort Park bedeutete ursprünglich nicht mehr als ein Stück Land, normalerweise Wald, das zum Schutz der Jagdtiere eingezäunt war."

Dazu die Wikipedia:

"Englische Wildparks wurden im Mittelalter von der Aristokratie zur Wildjagd genutzt. Sie hatten Mauern oder dicke Hecken um sich herum, um Wild (z. B. Hirsche) drinnen und Menschen draußen zu halten. In diesen Wildparks war es Bürgern strengstens verboten, Tiere zu jagen.

Diese Wildreservate entwickelten sich ab dem 16. Jahrhundert zu Landschaftsparks, die um Herrenhäuser und Landhäuser herum angelegt wurden. Diese mögen als Jagdreviere gedient haben, aber auch den Reichtum und Status des Besitzers verkünden. Eine Ästhetik der Landschaftsgestaltung begann in diesen herrschaftlichen Parks, in denen die natürliche Landschaft von Landschaftsarchitekten wie Capability Brown und Humphry Repton verbessert wurde. Der französische formale Garten, wie er von André Le Nôtre in Versailles entworfen wurde, ist ein früheres und aufwendigeres Beispiel. Als die Städte überfüllt wurden, wurden die privaten Jagdgründe Orte für die Öffentlichkeit.

Frühe Gelegenheiten für die Schaffung von städtischen Parks in Europa und den Vereinigten Staaten ergaben sich aus der mittelalterlichen Praxis, Weideland innerhalb der sicheren Grenzen von Dörfern und Städten zu sichern."

Die ältesten Parks entstanden schon vor dem Jahr 1000. Overstone Park in Northhampshire wurde 1255 eingehegt, Exton Park wurde es 1185.

"Woodstone Park (now Blenheim) is even more ancient: it was fenced around and seperated from the surrounding forest of Wychwood, as a game preserve for the Anglo-Saxon kings, before the year 1000. Plot says ist was created by King Alfred." (S.169)

"Woodstone Park (jetzt Blenheim) ist noch älter: Er wurde vor dem Jahr 1000 umzäunt und vom umliegenden Wald von Wychwood als Wildreservat für die angelsächsischen Könige getrennt. Eine mündliche Überlieferung besagt, dass er von König Alfred geschaffen wurde."

zur Fortsetzung

https://fontanefan3.blogspot.com/2021/10/wg-hoskins-making-of-english-landscape.html

Freitag, 10. September 2021

Golo Mann im Interview

https://www.youtube.com/results?search_query=des+menschen+wahre+wahrheit+golo+mann+im+interview+(1989)+1%2F6+

(1989) Interview mit Gero von Boehm u.a.


Golo Mann im Interview mit Friedrich Luft (1962)


https://www.youtube.com/watch?v=5R0BmTgQaNg (1989)


Interviews von Gero von Boehm u.a.

Verzerrung der Berichterstattung über Corona

Vergessene Welten in der Pandemie FR 9.9.21

"Der Globale Süden kommt in Berichten wichtiger Medien über Corona extrem zu kurz. Das scheint leider System zu haben.

[...] Es gibt wohl kaum einen Ort auf der Welt und kaum einen Bereich des Lebens, der von den Auswirkungen von Sars-CoV-2 unbeeinflusst geblieben wäre. Umso wichtiger ist die Frage, wie die Medien, in denen die Pandemie dominierte, mit diesem Thema umgingen und insbesondere auch, ob geografisch ausgewogen berichtet wurde. Ein großer Teil der Betroffenen lebt im Globalen Süden (früher auch Entwicklungsländer oder Dritte Welt genannt), dessen medizinische und wirtschaftliche Möglichkeiten im Vergleich zum „Westen“ sehr begrenzt sind, um den Folgen der Pandemie zu begegnen. [...]

An 224 von 366 Tagen war in der „Tagesschau“ die Pandemie das Topthema. Wichtig ist dabei aber zu differenzieren und aufzuschlüsseln, über welche geografischen Räume im Zusammenhang mit dem Virus berichtet wurde, denn lediglich ein Bruchteil der Sendezeit entfiel auf die Staaten des Globalen Südens. In der Tat berichtete die „Tagesschau“ in etwa nur fünf Prozent ihrer Sendezeit zur Pandemie über den Globalen Süden, und da vor allem über China. [...]"


YouTube: Vergessene Welten Blinde Flecken

https://www.ivr-heidelberg.de/


Aussetzung der Lohnfortzahlung für Nichtgeimpfte

 https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-impfung-ungeimpfte-quarantaene-verdienstausfall-1.5406074

Montag, 6. September 2021

Kann mit einer "Rote-Socken-Kampagne" Klimaschutz verhindert werden?

 https://www.fr.de/meinung/die-verpasste-wende-90962229.html Stephan Hebel FR 6.9.21

Linke versucht Annäherung an Rot-Grün vgl. Süddeutsche Zeitung 5.9.21

rezo: https://www.youtube.com/watch?v=Ljcz4tA101U  

Kommentar der taz https://taz.de/Rezo-veroeffentlicht-neues-Video/!5799129/


Wichtiger als die Wahrheit?

Wenn Presseleute mit Hilfswerken kooperieren, entstehen Konflikte zwischen dem Informationsinteresse und dem Interesse daran zu helfen. Dazu

Johannes Dietrich: Wichtiger als die Wahrheit FR 6.9.21

https://www.fr.de/politik/wichtiger-als-die-wahrheit-90962149.html

Aber nicht nur da gibt es diese Konflikte:

https://www.fr.de/suche/?tt=1&tx=&sb=&td=&fd=&qr=Wichtiger+als+dei+Wahrheit

In Lessings Nathan heißt es: "Für die Wahrheit alles auf das Spiel zu setzen: Leib und Leben, Gut und Blut." Das ist das Ethos des Journalismus.

Lessing lässt seinen Nathan nicht so handeln. 

Dabei war Lessing doch der aufklärende, aufgeklärte Wahrheitssucher par excellence.

Er folgte sein Leben lang dem, was Camus im Mythos des Sisyphos beschrieben hat. 

Nach dem Tod seiner Frau schrieb er:

Gestern liebt' ich, 

Heute leid' ich, 

Morgen sterb ich: 

Dennoch denke ich Heut' und morgen 

Gern an gestern.

Der genaue Zeitpunkt*, wann er dies Gedicht schrieb, das er als "Lied aus dem Spanischen" bezeichnete, ist mir freilich nicht einmal bekannt.  -Wahrheit? Was wusste er über sein "morgen"? Doch hat er sicher viele Heute an dies Gestern gedacht. (Gestern war heute - Ingeborg Drewitz)

* "um 1780" 

"Am 8. Oktober 1776 heirateten[15] er und Eva König in Jork bei Hamburg im Hause von Johannes Schuback[16]. Am Weihnachtsabend 1777 gebar sie den Sohn Traugott, der aber am folgenden Tag starb. Am 10. Januar 1778 starb auch Eva Lessing an Kindbettfieber."

(Wikipedia)

Samstag, 4. September 2021

Wer viel Energie verbraucht, hat eine große Handlungsmacht

Er kann mehr einsparen, als wer fast nichts verbraucht.

 https://www.zeit.de/freunde-der-zeit/lange-nacht-der-zeit/co2-experiment-klimawandel

Freilich an dem hohen Energieverbrauch der uns umgebenden Infrastruktur kann der Einzelne nicht viel verändern und nur über Wahlen darauf Einfluss nehmen.

Aber wir sind soziale Wesen und unser Handeln kann andere beeinflussen, ähnlich zu handeln.

Das kann sich positiv und negativ auswirken. Beispiele vegan und SUV.

Die Straßenverkehrsordnung ist nur auf flüssigen Verkehr ausgerichtet. Nachhaltigkeit spielt da keine Rolle. Tempo 30 in einer Stadt wie z. B.in Paris flächendeckend einzuführen, ist in Deutschland gegenwärtig noch verboten.

Während bei den "Freunden der ZEIT" (sieh das Link oben) all die Veränderungen betrachtet werden, die nötig sind, um Klimaneutralität zu erreichen, ziemlich zeitaufwändig schon das Zuhören,

trägt rezo in dem bekannten aufregenden Tempo vor, welche Politiker alle behaupten,

Klimaneutralität sei völlig überflüssig: https://www.youtube.com/watch?v=Ljcz4tA101U 

Wie es möglich ist, dass die Mehrheit der Wähler sich von dieser erschreckenden Lage ablenken lassen, scheint während Anhören des Videos kaum vorstellbar. 

Dabei wissen wir von uns selbst, wie schwer es ist, sich von Denkgewohnheiten und Handlungsgewohnheiten zu lösen. Lieber reden wir uns ein, es wäre billiger, nicht umzusteuern. 

Wahlentscheidungen sind noch das Einfachste, auch wenn natürlich keine Partei vor der Wahl zugeben will, wie viel geändert werden muss, damit uns in Deutschland ein ähnliches Leben erhalten bleiben kann, wie das, was wir dank einer Fülle von unverdienten Vorrechten noch haben. 


Longtermism - eine fragwürdige Rechtfertigung des Elends

 Eine utilitaristische Ethik, die das Elend vieler Generationen mit dem Blick auf mögliche kommende Generationen rechtfertigt:

https://www.philomag.de/artikel/longtermism-eine-neue-theorie-fuer-die-zukunft

Freitag, 3. September 2021

Carlos Mugica

 engl. Wikipedia

Maschinenübersetzung von Google:

"Den größten Teil des Jahres 1960 verbrachte er in einer Pfarrei in der Provinz Chaco (eine der am wenigsten entwickelten Argentiniens) und wurde dann zum Vikar des Erzbischofs von Buenos Aires, Antonio Kardinal Caggiano, ernannt. Kardinal Caggiano übertrug seinen neuen Vikar eine Reihe von sowohl katholischen als auch säkularen Institutionen, darunter die Universität von Buenos Aires, wo er 1965 ein Symposium mit dem Titel "Dialog zwischen Katholiken und Marxisten" sponserte. Er lehrte als Professor für Theologie, Kinderpsychologie und Recht an der renommierten Universidad del Salvador und wurde durch seine wöchentlichen Predigten im Städtischen Radio bekannt. Mugica nahm jedoch auch den Posten des Kaplans an der Paulina de Mallinkrodt School an – einer gemeinnützigen Einrichtung im Slum neben dem Hafen der Stadt.

Mugica wurde regelmäßiger Gast bei der linken Organisation Young Catholic Students (JEC), mit der er in einer ländlichen Mission in der Provinz Santa Fe arbeitete. Einige Mitglieder des JEC gründeten jedoch 1968 die gewalttätige Montoneros-Organisation, und Mugica distanzierte sich von diesen Personen, obwohl er nicht ganz mit ihnen brach. Sowohl in der Fakultät der Universität von Buenos Aires (insbesondere Professor José Alfredo Martínez de Hoz, Professor für Agrarrecht) als auch in der örtlichen Erzdiözese (insbesondere Bischof Juan Carlos Aramburu, der zunehmend die Aktivitäten des alternden Kardinals Caggiano leitete), geriet er zunehmend in Konflikt mit Konservativen. Diese Reibungen wurden durch Mugicas Mission 1967 nach Bolivien verschärft, wo er die sterblichen Überreste des revolutionären Che Guevara bergen wollte.

Ein Priester der Dritten Welt

Er hielt sich in Paris auf, um die historischen Proteste vom Mai 1968 zu unterstützen. Während dieses Aufenthalts besuchte er den im Exil lebenden populistischen Führer Argentiniens, Juan Perón, in seinem Haus in Madrid. Perón, der zu dieser Zeit mit der Pflege von Bündnissen mit der extremen Linken in Argentinien beschäftigt war, verbrachte zehn Tage in Kuba mit Pater Mugica, der sich nach seiner Rückkehr nach Paris der Bewegung der Priester für die Dritte Welt anschloss.

Mugicas wachsendes Engagement in der Politik führte zu seiner Ablösung an der Mallinkrodt-Schule, worauf er eine Anstellung in der neuen "Christus der Arbeiter"-Kapelle des Slums sowie die Ordinierung von Kardinal Caggiano für den Posten erhielt. Er unterrichtete weiterhin Universitätsklassen und diente auch als Vikar der San Francisco Solano Parish im Arbeiterviertel Villa Luro in Buenos Aires. Sein anhaltender Aktivismus als Dritte-Welt-Priester brachte ihm jedoch den wachsenden Widerstand von Bischof Armaburu ein, und 1970 verbot der Bischof die Organisation in der Erzdiözese. Diese Differenzen erreichten einen Höhepunkt, als ein anderer JEC-Priester, Pater Alberto Carbone, unter dem Vorwurf der Mittäterschaft an der Ermordung des ehemaligen Präsidenten Pedro Aramburu durch die Montoneros festgenommen wurde. Mugica wurde zunehmend zur Zielscheibe, wurde in konservativen argentinischen Zeitungen regelmäßig für seine "Rechtfertigung von Gewalt" kritisiert und vom staatlichen Geheimdienst überwacht.

Er widersetzte sich den Befehlen, indem er im September 1970 die Beerdigung einer Reihe von hingerichteten Montoneros-Figuren leitete, die zu seiner 30-tägigen Suspendierung durch Bischof Aramburu führte. Nach der Suspendierung begann Aramburu, Mugica aktiv zu drängen, seine Gelübde aufzugeben, und Mugica begann immer kompliziertere Schritte zu unternehmen, um seinen Aufenthaltsort in der Nacht zu verbergen. Er improvisierte provisorische Quartiere im Wohnhaus seiner Eltern im Bezirk Recoleta; aber am 2. Juli 1971 explodierte eine Bombe an der Adresse. Anschließend teilte er seine Zeit zwischen dem Slum im Hafengebiet und Monasterio Benedictino Santa María auf, dem Benediktinerkloster von Bruder Mamerto Menapace in Los Toldos (einer Pampasstadt, die als Geburtsort der ehemaligen First Lady Eva Perón bekannt ist). Während einer Pressekonferenz nach der Explosion erklärte er:

Nichts und niemand wird mich daran hindern, Christus und seiner Kirche zu dienen, indem ich an der Seite der Armen für ihre Befreiung kämpfe. Wenn der Herr mir das Privileg gewährt – das ich nicht verdiene –, mein Leben bei diesem Unterfangen zu verlieren, werde ich zu seiner Verfügung stehen."

"Carlos Mugica wurde 1974 von einer paramilitärischen Terroreinheit, der Allianza  Anticommunista Argentina, außerhalb der Kirche getötet, in der er gerade eben noch die Messe gefeiert hatte, als er mit einem jungen Paar über dessen bevorstehende Hochzeit sprach."
Paul Vallely: Papst Franziskus. Vom Reaktionär zum Revolutionär, S. 110

"Viren sind U-Boote des Wissens"

"Viren sind U-Boote des Wissens" (ZEIT 24.7.21)

"[...] Es gibt genügend Viren, die man sehr fürchten muss. Aber für mich als Wissenschaftler waren und sind Viren ein Weg zur Erkenntnis. Sie sind U-Boote des Wissens. Viren brauchen die Zellen zum Überleben, wer sie beobachtet, versteht, wie alles funktioniert. Über die Betrachtung der Viren kann man die komplizierten Zusammenhänge in einer Zelle begreifen. Ohne die Virusforschung wären die Fortschritte in der modernen Biologie nicht möglich gewesen. [...] Als die neuen Verfahren entwickelt wurden, die Reihenfolge der Bausteine im Erbgut zu lesen, war die Lesegeschwindigkeit in den ersten Jahren naturgemäß noch gering. Es lag daher nahe, das Lesen zunächst an eher kleinen Genomen zu üben, also an Material, das nur aus wenigen Genen besteht. Und so wurden Viren und ihre Genome zu einem idealen Übungsobjekt. Kein Wunder also, dass virale Genome zu den ersten zählten, die vollständig gelesen und entziffert waren. Es gibt so viele Beispiele für die Bedeutung der Viren, etwa bei der Krebsforschung. Oder nehmen Sie das revolutionäre Crispr-Verfahren, die sogenannte Genschere, mit der man beschädigtes Genmaterial aus Genomen herausschneiden kann: Dabei spielt ein Bakterienvirus eine entscheidende Rolle. Man benutzt Viren, um Informationen in eine Zelle zu schleusen – eine grundlegende Methode, damit Gentechnik, also die gezielte Veränderung von Erbgut, überhaupt funktioniert. ZEIT Wissen: Die Bedeutung der Viren für die Forschung haben wir verstanden. Wie würden Sie insgesamt die Beziehung zwischen Virus und dem Menschen beschreiben? Winnacker: Viren und ihre Wirtszellen pflegen ein sehr vielfältiges und intimes Verhältnis. Wenn Sie wollen, können Sie das Wort Wirtszelle auch durch das Wort Mensch ersetzen. Man muss sich gegenseitig schon sehr gut kennen, um sich an den jeweiligen Partner anpassen zu können. Wer in dieser Auseinandersetzung die Oberhand behält, das Virus oder sein unfreiwilliger Wirt, muss immer wieder und in jedem Einzelfall neu getestet werden. In diesem ewigen Kampf wird mit allerlei Tricks gearbeitet, und leider geht man dabei auch im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen. ZEIT Wissen: Sie haben die Gefährlichkeit von Viren wiederholt am eigenen Leib verspürt. Sie wären als Kind beinahe an einer verunreinigten Impfung gegen Pockenviren gestorben. Später mussten Sie die schwere Erkrankung Ihrer Frau miterleben. Winnacker: Es war im Jahr 1968, ich war junger Wissenschaftler an der Universität von Kalifornien in Berkeley, und wir hatten gerade geheiratet. Es war um Weihnachten herum, eine Art Hochzeitsreise: Wir wollten die klassische Tour machen – Death Valley, Las Vegas, Naturschutzparks. Mitten in der Wüste fing meine Frau, sie war damals 24, furchtbar zu zittern an. Ich bin kein Arzt, sondern Biochemiker, aber ich wusste, das ist kein gutes Zeichen. Ich holte mir aus irgendeinem gottverlassenen Drugstore ein Fieberthermometer. Sie hatte hohes Fieber, wir rasten zurück nach Oakland. Sie hatte die Hongkong-Grippe, die damals in Kalifornien brutal grassierte: In vier Wochen starben 16.000 Menschen. Die Mitpatientinnen in ihrem Krankenhauszimmer sind alle an dieser Influenza gestorben. Meine Frau hat überlebt, aber ihre Lunge war geschädigt, sie hatte zeit ihres Lebens Probleme mit der Atmung. [...] ZEIT Wissen: Es hat also vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie genügend Warnungen vor möglichen Pandemien gegeben. Winnacker: Man kannte die Gefahr, natürlich. Als 2003 die erste Sars-Pandemie in China ausgebrochen war, baten chinesische Wissenschaftler um Unterstützung. Wir stellten eine Delegation zusammen und flogen in das gespenstische Peking, in dem zur Abriegelung an vielen Straßenecken Panzer standen. Zu der Delegation gehörte übrigens ein aufstrebender junger Forscher namens Christian Drosten. Er hatte wenige Wochen zuvor einen Test erfunden, der das Sars-Virus erkennbar machte. Hätte er daraus eine Start-up-Firma gemacht, wäre er heute mindestens Millionär. Er hat den Test einfach der Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Ich halte bis heute außerordentlich viel von Christian Drosten. ZEIT Wissen: Sie haben 2005 in einem Interview Alarm geschlagen: Deutschland müsse sich dringend vorbereiten auf mögliche Pandemien, man müsse schleunigst mit dieser Arbeit beginnen. Außerdem forderten Sie eine Ausweitung der Virenforschung, Sie beklagten eine "katastrophale Situation". Winnacker: Leider ist es genau so gekommen. Die Corona-Pandemie hat Deutschland vollkommen unvorbereitet erwischt. Ich bin mir keinesfalls sicher, ob wenigstens jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden. "Wir brauchen einen vielfältigen Ausbau der Forschung" ZEIT Wissen: Wie meinen Sie das? Winnacker: Ich hoffe, dass nicht wieder alles verdrängt wird, wenn Corona vorbei ist. Ich finde die Feuerwehr eine fabelhafte Einrichtung. Sie gibt es überall, meistens tut die Feuerwehr: "nichts". Aber wenn die Gefahr da ist, wenn es brennt, ist sie da. So etwas brauchen wir auch in Sachen Pandemie: Wir müssen vorbereitet sein. Dazu brauchen wir einen vielfältigen Ausbau der Forschung. Kennen Sie die "Kränkungen der Menschheit" von Sigmund Freud? ZEIT Wissen: Erzählen Sie. Winnacker: Freud sprach von drei großen Kränkungen: die Feststellung des Astronomen Kopernikus, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums ist; die Entdeckungen von Charles Darwin, wonach der Mensch vom Affen abstammt; sowie die psychologische Kränkung, die von Freud selbst formulierte Libidotheorie des Unbewussten, nach der sich Teile unseres Unbewussten der Herrschaft unseres Willens entziehen. Ich möchte dieser Liste jetzt die vierte Kränkung hinzufügen, die virologische: Ein Virus bringt die Welt durcheinander, und obwohl wir in einer Wissenschaftsgesellschaft leben, fällt es uns schwer, den Erreger unter Kontrolle zu halten. Ist die Pandemie vergleichbar mit der Kopernikanischen Wende? Ist sie derart fundamental, dass sie unser Menschenbild auf Dauer verändert? Ich glaube, ja. [...] "Die Habilitation ist bis heute in erster Linie ein Herrschaftsinstrument. Ausnahmen bestätigen die Regel. Junge Leute werden ausgenützt, in den schlimmsten Fällen werden sie wie geistige Sklaven gehalten. Die Habilitation dauert viel zu lange und schafft oft Abhängigkeiten, die einer freien Forschung entgegenstehen. Es gibt sie nicht in den USA, nicht in den angelsächsischen Ländern, nicht in Schweden, überall da werden die jungen Leute zur Selbstständigkeit erzogen. Bei uns ist es nicht so, weil zu viele von diesem System profitieren. Ich habe versucht, dieses System abzuschaffen, und bin damit gescheitert." [...] Ich würde mich als junger Forscher einem Thema widmen, das ich für das allerinteressanteste halte: dem Immunsystem. Ich bin inzwischen der Ansicht, dass das Immunsystem mindestens so komplex ist wie unser Gehirn. Das Immunsystem ist ein eigenes Organ, dessen Aufgabe darin besteht, unser Überleben zu sichern. Auf diesem Feld gibt es noch so viel zu erforschen. [...] ZEIT Wissen: Sie haben Angela Merkel als Bundeskanzlerin erlebt. Hat man eigentlich gemerkt, dass mit ihr eine Wissenschaftlerin im Amt gewesen ist? Winnacker: Ja, ich finde schon. Sie hat immer die richtigen Fragen gestellt. Sie ist eine außerordentlich kluge Frau. ZEIT Wissen: Wie beurteilen Sie ihr Krisenmanagement während der Pandemie? Winnacker: Ich fand sie in der ersten Phase der Pandemie sehr gut. Sie hat das Richtige gesagt und das Richtige getan. Später hatte ich irgendwann das Gefühl, sie ist irgendwie abgetaucht. Vielleicht hat sie resigniert, irgendwann in diesem Ministerpräsidenten-Strudel. Und es war sicher ein Fehler, und nicht nur ihr Fehler, die Anschaffung der Impfstoffe der europäischen Bürokratie zu überlassen. Das konnte nicht gut gehen, da reden zu viele mit. Diese Bürokratie ist nicht in der Lage, in einer außerordentlichen Situation außerordentliche Wege zu gehen. Dass dies schiefgeht, hätte man wissen müssen. Und das sage ich, obwohl ich ein glühender Anhänger der europäischen Idee bin. ZEIT Wissen: Sie haben früher dafür plädiert, in der Politik eine Art Chief Scientist zu installieren. Immer noch eine gute Idee? Winnacker: Ich finde schon. Er müsste im Kanzleramt angesiedelt sein, damit er eine gewisse Unabhängigkeit hat. Er müsste eine starke Stimme der Wissenschaft sein, direkt der Kanzlerin oder dem Kanzler unterstellt. ZEIT Wissen: Herr Winnacker, sind Sie ein gläubiger Mensch? Winnacker: Nicht in dem Sinne, dass ich die Beichte ablege. Aber der Glaube ist für mich schon ein wichtiges Instrument, mit den Widrigkeiten des Lebens einigermaßen fertigzuwerden. Ich habe große Hochachtung vor Leuten, die das mit Vernunft und Anstand leben. Ernst und Ludwig, meine Vornamen, haben eine Bedeutung, es waren die Vornamen von Familienmitgliedern – und sie waren beide Pfarrer. Ludwig hieß der Vater meiner Mutter. ZEIT Wissen: Der Evolutions-Mathematiker Martin Nowak hat uns mal erzählt, dass er die interessantesten Gespräche über die Wissenschaft mit Kirchenleuten geführt hat. Haben Sie auch solche Erfahrungen gemacht? Winnacker: Ja, zum Beispiel mit Kardinal Joseph Ratzinger, der später Papst Benedikt wurde. Ich habe ihn auch als Papst einmal noch getroffen, aber das interessanteste Gespräch hatte ich mit ihm bei der Einweihung der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt, damals war er noch Chef der Glaubenskongregation ... [...]Als wir uns verabschiedeten, sagte er, Herr Winnacker, vielen Dank, dass Sie mich auf den letzten Stand der Molekularbiologie gebracht haben, aber eines muss ich Ihnen schon noch dazu sagen: Vor 400 Jahren hätten wir Sie verbrannt. Er sagte dies mit einem besonderen, ihm eigenen Lächeln. [...]"

Donnerstag, 2. September 2021

Folter zerstörte das Leben des Folterers

Folter in Guantánamo Die ZEIT Nr.36 2.9.21 

Im Kampf gegen den Terror sollte Mister X den Gefangenen Mohamedou Slahi brechen. Er folterte ihn – und ging selbst daran kaputt. [...] 

Wie muss man sich einen Mann vorstellen, der einen anderen foltert? In amerikanischen Akten, zum Beispiel in einem Untersuchungsbericht des Senats, ist aufgeführt, was Mister X getan hat. Es sind Schilderungen von rohester psychischer und manchmal auch physischer Gewalt
Trifft man ihn nun, geschieht etwas Seltsames: Man bringt das Bild, das all die Berichte im Kopf haben entstehen lassen, nicht zusammen mit dem Mann, der vor einem sitzt. Wir wissen mit Sicherheit, dass er Mister X ist. Frühere Kollegen von ihm haben uns seine Identität bestätigt. Doch der Mister X, den wir kennenlernen, ist: ein feinsinniger Kunstliebhaber. Ein gebildeter, geschichtsinteressierter Mann. Insgesamt ein ziemlich netter Kerl. Nach mehreren Tagen, die man mit ihm verbracht hat, kann man sich dem Eindruck nicht entziehen, dass er offenbar auch ein sehr empathischer Mensch ist.
Mister X erzählt, dass er ab und zu Obdachlose ins Restaurant einlädt, auch dass es vorkommt, dass er vor dem Fernseher weint, wenn er Berichte aus Katastrophengebieten sieht. Gerade weil er so gut mitfühlen könne, sei er so gut gewesen als Verhörer, als Folterer. Man müsse sich in sein Gegenüber hineinversetzen. Was fügt ihm noch größere Schmerzen zu? Was könnte ihn noch stärker verunsichern? Wo ist seine Schwachstelle? Gerade wegen der Empathie sei er aber auch daran zerbrochen, was er damals getan habe.
Kurz nachdem er im Winter 2003 Guantánamo verlassen hatte, begann Mister X zu trinken. Nicht selten drei Flaschen Rotwein am Abend. Er verbrachte mehr und mehr Zeit im Bett und sprach weniger und weniger mit seiner Frau und seinen Kindern. Schlaf fand er kaum noch. Er habe mit dem Gedanken gespielt, sich umzubringen, erzählt er. Ein Arzt diagnostizierte eine schwere posttraumatische Belastungsstörung. Ausgerechnet der Folterer hatte sich jenes Trauma zugezogen, das man eher bei seinem Opfer vermuten würde. [...]
Mohamedou Slahi: Ah, wow. Dieser Gefangene auf dem Bild sieht viel besser aus als der wirkliche Gefangene damals. (Slahi lacht)
Mister X: Sie sahen tatsächlich nicht besonders gut aus an diesem Tag. Und dieses Gemälde soll Sie nicht ... es ist dafür da, zu reflektieren, was damals mit Ihnen passiert ist.
Mister X malte das Bild, als er gerade bei der Armee gekündigt hatte. Seine posttraumatische Belastungsstörung war so schlimm geworden, dass er nicht mehr arbeiten konnte. Der Alkohol hatte nicht mehr geholfen, die Medikamente wirkten auch nicht mehr. Nun also Malerei. Er sagt, er habe gehofft, die künstlerische Auseinandersetzung werde eine Katharsis auslösen. Sie habe aber nur Schmerzen gebracht. Also habe er das Bild wieder zerstört. Nur das Foto gebe es noch.
Mister X: Ich muss mit dieser Scham leben. Vielleicht ist das ein kleiner Sieg für Sie, dass ich mit meinem Verhalten leben muss.
Mohamedou Slahi: Ähm, ich weiß nicht ... ich hatte immer den Eindruck, dass Sie ein intelligenter Mensch sind. Und es fiel mir schwer zu begreifen, wie Sie mir so etwas antun konnten.
Slahi stellt exakt die Frage, die Mister X’ Leben bestimmt. Nachdem ihm die Kunst keine Antwort geben konnte, probierte er es mit der Wissenschaft. Er schrieb sich an der Universität für das Fach Creative Studies ein. Er studierte, wie Kreativität für böse Zwecke eingesetzt wird, für Zigarettenwerbung, Massenvernichtungswaffen, Folter. Er las Studie um Studie auf der Suche nach einer Erklärung dafür, warum er zu so viel Grausamkeit fähig war. Aus all den Lektüren hat er mitgenommen: Der Hang zum Grausamen steckt in allen Menschen. Er setzt sich durch, wenn die Umstände es erlauben. Die Umstände in seinem Fall waren: ein Land, das nach Rache gierte. Ein Präsident, der Erfolge forderte. Ein Vorgesetzter, der die Verhörer anspornte. [...]