Samstag, 17. August 2019

Kathrin Passig, Kreol-Sprachen, Shakespeare und Digitalisierung

Obwohl ich damit hadere, dass viele Befürworter der Digitalisierung so tun, als ob sie per se unvermeidbar wäre, bin ich auf dem Weg, ein Fan von Kathrin Passig zu werden, die Elektroroller verteidigt und meint, man könne ja abwarten, ob sie sich durchsetzen.
Als ob es richtig gewesen wäre, dass man abgewartet hat, ob Billigfluglinien sich durchsetzen. Und - und da sind wir bei der Digitalisierung - als ob man abwarten dürfte, ob sich computergesteuerte Autos durchsetzen.
Man darf es nicht angesichts des hohen Energieaufwands für eine Aufgabe, die ähnlich effektiv von Menschen übernommen werden kann und angesichts der Gefahren, die bei einer solchen Technologie durch Stromausfall oder Computermanipulation entstehen.

Kathrin Passig berichtet, dass Jaron Lanier 2012 davor gewarnt hat, dass Maschinenübersetzungen dazu führen könnten, "dass Muttersprachler [...] nach einer Weile bevorzugt Ausdrücke verwenden, die sich zuverlässig übersetzen lassen? Werden nicht die Vorgaben der Übersetzungssoftware allmählich die übersetzten Sprachen verändern?" (FR 17./18.8.19)
Dann schreibt sie weiter: "Jaron Lanier ist zwar selbst so eine Art Software zum Hervorbringen vorhersehbarer Technikkritik. Aber als Herstellerin eventuell genauso vorhersehbarer Technikverteidigung will ich ihm da keine Vorwürfe machen".
Solange ich nicht weiß, dass es schon Algorithmen zur Herstellung solcher selbstironischen  Formulierungen gibt, freue ich mich einfach daran. Umso mehr, als sie darauf verweisen kann, dass sie ihrerseits bei der Herstellung von Übersetzungen zur Synchronisierung von Filmen bemerkt hat, dass man dabei auch als menschlicher Übersetzer möglichst nah bei der Wortgestalt des Ausgangstextes bleibt und dass so einige Formulierungen, die so entstanden sind, schon nach kurzer Zeit in die deutsche Umgangssprache eingedrungen sind.
Ihren Optimismus, dass Kreol-Sprachen keinen großen Verlust gegenüber den Ausgangssprachen darstellen, teile ich zwar nicht; aber sie versteht mit Sicherheit mehr von Sprachen als ich. Und wenn man das Shakespeare-Englisch als Kreol-Sprache aus Angelsächsisch und Anglonormannisch versteht, dann wäre Shakespeare der beste Beweis, dass Kreol-Sprachen an Ausdrucksfähigkeit hinter keiner Originalsprache zurückzustehen brauchen.

Angesichts des Klimawandels müssen wir aber jede unnötigen CO2-Ausstoß vermeiden und dürfen deshalb alles, was ähnlich effektiv von Menschen übernommen werden kann, nicht Maschinen übertragen.
Allerdings glaube ich, dass Digitalisierung, wo sie effektiver ist als menschliche Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten kann, wenn man sie konsequent genug dafür einsetzt und optimiert.



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