"[...] Auch wenn Algerien im Wahlkampf um die Präsidentschaft kaum erwähnt wurde, bleibt es im Hintergrund präsent. Amtsinhaber Emmanuel Macron hat den in der Kolonie geborenen Zeithistoriker Benjamin Stora mit Vorschlägen zur Aussöhnung mit Algerien beauftragt. Doch hat sich der Präsident, der den Kolonialismus deutlicher als alle Vorgänger als Verbrechen eingestuft hat, auf die Rehabilitation zweier Schlüsselfiguren beschränkt: Maurice Audin, ein der kommunistischen Partei angehöriger Mathematikdozent französischer Herkunft, der 1957 während der „Schlacht um Algier“ von Fallschirmjägern zu Tode gefoltert wurde, und der algerische Anwalt Ali Boumendjel, der dasselbe Schicksal erlitt. Der algerischen Regierung war das zu wenig, wobei anzumerken ist, dass auch sie Akten nur zögerlich freigibt und krampfhaft am Mythos des einmütigen Widerstands festhält.
Macron nimmt Rücksicht auf die „nostalgériens“, Nachfahren der pieds-noirs titulierten Algerienfranzosen, die sich nach ihrem Massenexodus vor allem in Südfrankreich angesiedelt haben und dort auch nach 60 Jahren einen beachtlichen Wählerblock für Marine Le Pen bilden. Wie ihr Vater verwandelt sie die so empfundene Schmach der Niederlage 1962 in ein dauerhaftes antiarabisches, dann antiislamisches Ressentiment."
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