Samstag, 24. Februar 2024

Was ist Hate Speech? Sollte man die, die sie verwenden, anonym anzeigen dürfen?

Zum Thema dieses Artikels habe ich auf gutefrage.net die Frage gestellt:

Was ist im Zusammenhang mit Hate Speech sinnvoll?

Unter der hier verlinkten Frage kann man schon jetzt recht unterschiedliche Antworten finden.

Unter dem NS-Regime gab es weniger bezahlte Spitzel als unter der SED-Herrschaft. Deshalb brauchte das NS-Regime keine Stasi mit einem Heer von informellen Mitarbeitern, sondern nur die Gestapo. Das lag daran, dass damals genügend Leute freiwillig andere anschwärzten (Denunziation).

In Hessen gibt es eine Meldestelle, in der man Hate Speech anonym melden kann, aber angeben darf, von wem sie ausgegangen ist. In anderen Bundesländern ist das bei entsprechenden Meldestellen nicht möglich. 

Ist das sinnvoll oder nähert es sich zu sehr der Praxis im NS-Regime?

Link zur hessischen Meldeplattform

und im Sinne der Bequemlichkeit der Text zu Hate Speech und ihrer Strafbarkeit.

Wird hier eine Grenze überschritten?


 Äußerungen, die sich durch eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auszeichnen, werden im Allgemeinen als Hate Speech (oftmals auch als Hassrede) bezeichnet.

Wir verstehen unter Hate Speech im Speziellen jegliche Ausdrucksformen, zum Beispiel in Form von Text- und Audiobeiträgen, Kommentaren, Bildern und Videos, die Personen oder Personengruppen aufgrund von Merkmalen, die ihnen zugeschrieben werden, verunglimpfen, herabwürdigen, beleidigen, stigmatisieren, bedrohen oder angreifen. Die Meldestelle orientiert sich hierbei an der Definition der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI).

Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der Äußerungen bezieht sich dabei häufig, aber nicht ausschließlich, auf

  • die physischen, psychischen oder mentalen Merkmale
  • die Religionszugehörigkeit oder die religiöse Überzeugung
  • die Staatsangehörigkeit
  • die nationale oder ethnische Herkunft
  • die Abstammung
  • die sexuelle Identität (biologisches, soziales, physisches Geschlecht und sexuelle Orientierung)
  • den Beruf und/oder das Ehrenamt
  • die politische Einstellung
  • das persönliche Engagement und Interesse
  • den sozialen Status
  • die Weltanschauung


Ist Hate Speech strafbar?

Hate Speech bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und den Schranken, die sich aus den allgemeinen Gesetzen, z.B. dem Strafgesetzbuch, ergeben. Besonders schwerwiegende Formen von Hate Speech können daher strafrechtlich relevant sein. In Betracht kommen insbesondere die Straftatbestände

  • § 86 StGB Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
  • § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
  • § 90a StGB Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole
  • § 90b StGB Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen
  • § 111 StGB Öffentliche Aufforderung zu Straftaten
  • § 126 StGB Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten
  • § 126a StGB Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten
  • § 127 StGB Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet
  • § 130 StGB Volksverhetzung
  • § 131 StGB Gewaltdarstellung
  • § 140 StGB Belohnung und Billigung von Straftaten
  • § 166 StGB Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
  • § 185 StGB Beleidigung
  • § 186 StGB Üble Nachrede
  • § 187 StGB Verleumdung
  • § 188 StGB Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung
  • § 189 StGB Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener
  • § 192a StGB Verhetzende Beleidigung
  • § 201a StGB Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen
  • § 240 StGB Nötigung
  • § 241 StGB Bedrohung

Als extremistisch werden Aktivitäten bezeichnet, die darauf abzielen, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen.

Darunter fallen unter anderem rassistische, nationalistische, antisemitische und fremdenfeindliche Aktivitäten oder solche, die die Menschenrechte in Frage stellen. Neben rechtsextremistischen Bestrebungen dieser Art, kommen auch islamistische/salafistische Bestrebungen, die einen Gottesstaat anstreben, in Betracht.

Ebenso bedeutsam sind Betätigungen von Gruppierungen, deren Handeln durch extremistische und gewalttätige politische Entwicklungen und Aktivitäten im Ausland bestimmt wird. Von Relevanz sind darüber hinaus auch linksextremistische Aktivitäten, die die Freiheitsrechte über den Klassenkampf aushöhlen wollen.


geplante Meldestellen in NRW

Welt.de Kommentar:


und die Kritik daran:

I. Mangold wendet sich dagegen, dass Organisationen dauerhaft unterstützt werden, wenn sie sich für die Stärkung der Demokratie einsetzen. Viel von seiner Kritik kann ich gut verstehen. Etwa, wenn er darauf hinweist, dass während der Coronakrise Äußerungen von Wissenschaftlern gelobt wurde, die die Regierungsmaßnahmen befürworteten, und andere zurückgewiesen und als unwissenschaftlich denunziert wurden, die Kritik daran übten. 

Höchst fragwürdig erscheint mir allerdings, wenn er das Gewaltmonopol des Staate als Begründung dafür heranzieht, er dürfe Demokratie nicht fördern:
"Es gibt auch so etwas wie den Stolz der Demokratie. Zu diesem Stolz gehört es, nicht aus Angst vor dem Untergang ihre Grundprinzipien zu kassieren. Sie kann mehr ab an echter Meinungsvielfalt und Uneinigkeit, als ihr die meisten NGOs auf dem Ticket des Familienministeriums zutrauen. Erst wenn sie diesen Stolz verliert, wird sie wirklich schwach und gefährdet."
Es gibt sogar - m.E. zu Recht - seit Jahrzehnten die Bundeszentrale für politische Bildung, die sich ganz dieser Aufgabe widmet. Sie gerät zwar immer wieder einmal wegen einzelner Maßnahmen in Kritik, wieso auch nicht, es werden immer wieder Fehler gemacht. Aber die Institution also solche wurde meines Wissens nicht infrage gestellt, denn sie hält sich strikt an das Überwältigungsverbot
Vor staatlicher Gewalt müssen die Grundrechte schützen (Schutzrecht), aber die Unterrichtung über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten darf man sehr wohl dem Staat überlassen. Da ist es eher fragwürdig, wenn er dies zum Zweck der Demokratieförderung  an Nichtregierungsorganisationen abgibt, denn die haben das Recht, ihre  eigenen Ziele zu verfolgen, und sind nicht wie staatliche Organisationen zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet. 

Freilich: So ein Podcast wie dieser von der Bundeszentrale ist für manche zu schwer zu verstehen, für mich gegenwärtig nicht von Interesse, weil ich so etwas lieber lese, weil ich schneller merke, wo er etwas für mich Interessantes enthält. Das ändert aber nichts daran, dass er für manche nützliche Informationen enthält und dass er keine egoistischen Interessen verfolgt. 

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