Noch ist - wie bei den fossilen Energien und der Atomkraft - nicht die Technik das Problem, sondern der Mensch. Denn Computer lassen sich abschalten. Beruhigend ist auch, dass in diesem Fall die Erfinder selbst vor den Gefahren warnen. Das war bei der Nutzung der fossilen Energien nicht der Fall, weil niemand die Entwicklung über 200 Jahre voraussehen konnte. Bei der friedlichen Nutzung der Atomkraft haben die Warnungen nach einigen Katastrophen zu einem gewissen Umdenken geführt. Beim Klimawandel, der aufgrund der Nutzung der fossilen Energien entstanden ist, hat die Menschheit dreißig Jahre, nachdem das Problem weltweit bekannt war, immer noch keinen erfolgreichen Lösungsweg beschritten. Die Frage ist: Lassen sich die Gefahren der künstlichen Intelligenz (z.B. verdeckter Rassismus) eindämmen, ohne dass die Weiterentwicklung erst einmal gestoppt werden muss?
Dazu ein paar Hinweise: Ein Computerprogramm stürzt ab, wenn es falsch programmiert ist, die KI verbessert ihre Funktionsweise selbst. Kann sie auch Fehler ihres Programms aufzeigen? Der Mensch ist oft in Versuchung, sich mehr zuzutrauen, als er zu leisten imstande ist. Kann das der KI auch passieren? Bisher deutet der ChatGPT am Schluss seiner Antworten mit allgemeinen Formeln an, dass seine Antwort nicht letztgültig ist. Kann man ihm beibringen, konkreter aufzudecken, welche Aspekte er nicht bearbeiten konnte?
Und weil es so beliebt ist, irgendwo etwas zu finden, was der Mensch besser kann als eine Maschine. KI kann sich gewiss auf absehbare Zeit nicht wie Rilke vornehmen, "das Unsagbare zu sagen".
Doch die größte Gefahr, die von KI ausgeht, ist vielleicht, dass sie uns dazu verführt, oberflächlich zu lesen. Maryanne Wolf macht darauf aufmerksam, dass digitale Texte schneller gelesen werden, weil sie auf Verwertbarkeit hin gelesen werden. Oft steht bei dem Link zum Text sogar schon die Lesezeit, die man dafür vermutlich brauchen wird, denn der Leser fragt sich ja fast immer: Lohnt es sich, den Text zu lesen, oder kann ich dieselbe Information auch schneller erhalten?
Anspruchsvolle Texte aber müssen langsam und oft mehrmals gelesen werden, bis man merkt, welche ganz persönlichen Empfindungen sie in einem wachrufen. Sie können in der Tat mehr sagen, als der Verfasser ausdrücken konnte, weil sie jedem Leser etwas anderes sagen.
Geht uns das verloren, wenn wir für jedes Informationsinteresse künstliche Intelligenz zur Hilfe nehmen können?
Sieh auch:
Relativ einfache Aufgaben, die künstliche Intelligenz bisher noch nicht lösen kann:
Das löst jeder. Nur die KI nicht ZEIT Nr.23 1.6.23
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