Donnerstag, 8. Juni 2023

Zur Vorgeschichte des Ukrainekriegs

 "[...] Ein Bericht über das Treffen der NATO-Außenminister in Oslo, wo man sich einig war, „dass die Ukraine künftig Teil des Bündnisses werden soll. Wann, ist allerdings unklar.“ Die Tür sei offen. „Alle sind einverstanden, dass die Ukraine NATO-Mitglied wird“, so Generalsekretär Jens Stoltenberg. Allerdings erst an einem ominösen „Tag X in der Zukunft“ nach dem Ende des Krieges, [...] Tagesschau-Reporter Michael Grytz, dem diese nebulöse Perspektive offenbar unerträglich war, konnte nicht mehr an sich halten und schob – fast bockig – nach:

„Dabei arbeiten NATO und Ukraine seit 25 Jahren eng zusammen. Obwohl nicht Mitglied, hat die Ukraine sogar an NATO-Militäroperationen teilgenommen, etwa im Kosovo.“

Hand aufs Herz: Hätten Sie diese Sätze, diese „True News“, ausgerechnet in der Tagesschau erwartet? Seit einem Vierteljahrhundert arbeiten also beide Seiten – und zwar „eng“ – zusammen! Und nun erinnern Sie sich mal an Ihren Mathematikunterricht in der zweiten Klasse: 2023 minus 25 ist gleich 1998. Hatten Sie damals schon mal den Namen Wladimir Putin gehört?

Kurze Rückblende

Bereits im März 1997 hatte der Westfreund Boris Jelzin den USA gedroht, spätestens mit einem NATO-Beitritt der Ukraine würde für Russland eine rote Linie überschritten. Man sieht hier (1), wie alt diese Option für den Westen bereits ist, und (2), wie alt die russischen Ängste vor dieser Option sind! Die theoretischen Grundlagen der US-Strategie hatte, ebenfalls 1997, der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzeziński in seinem Buch „The Grand Chessboard“ geliefert.

1998: Da war Putin, der ja angeblich die Sowjetunion wiederherstellen will, noch gar nicht an der Macht. Er hatte weder seine mit Standing Ovations gefeierte Rede im Berliner Reichstag – ein wahres Liebeswerben um eine intensive deutsch-russische Zusammenarbeit – noch seine Brandrede vor der Münchner Sicherheitskonferenz – eine klare Warnung vor dem Unilateralismus der USA – gehalten, noch hatte Russland, wie immer noch fälschlicherweise berichtet wird, Georgien „überfallen“ oder die Krim „annektiert“. Schon gar nicht hatte Putin zu diesem Zeitpunkt einen „Vernichtungskrieg gegen die Ukraine“ vom Zaun gebrochen.

Seit Mitte der Neunzigerjahre – da waren die Tagesschau-Hintergrundinformationen einen Tick ungenau – führen allerdings die USA bereits unter dem Etikett „Rapid Trident“ (früher: „Peace Shield“) auf dem Gebiet der Westukraine jährlich Manöver mit ukrainischen Truppen durch – und seit 1997, ebenfalls jährlich, die Marinemanöver „Sea Breeze“ vor der ukrainischen Schwarzmeerküste. Marineinfanteristen übten damals in den Regionen Odessa und Mykolajiw Landeoperationen unter Einsatz von Schiffen, Flugzeugen und Panzern. (Im Sommer 2021 waren an diesem Manöver mittlerweile Einheiten aus nicht weniger als 32 Staaten beteiligt.) Und zwischen 2003 und 2008 beteiligten sich Tausende ukrainische Soldaten an George W. Bushs „Koalition der Willenlosen“ im Irak. [...]"

(Genudelten Konsumenten schadet sogar die Wahrheit nicht! – 

oder: Neues von der Tagesschau von Leo Ensel, nachdenkseiten 8.6.23)

An der Wortwahl und am Stil merkt man, dass der Verfasser keinen gesteigerten Wert darauf 
legt, unparteiisch und seriös zu wirken.
Doch man wird daran erinnert, dass auch nach dem Ende der Sowjetunion Russland und die 
Ukraine in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten seit Dezember 1991 eng 
zusammengearbeitet haben.
Erst 2008 kam es im Zusammenhang mit dem Austritt Georgiens auch von ukrainischer Seite 
zu einer Distanzierung von der GUS. Dazu die Wikipedia:
"Das Büro des ukrainischen Staatspräsidenten erklärte etwa gleichzeitig zur Austrittserklärung Georgiens [2008], die Ukraine betrachte sich nicht mehr als GUS-Mitglied, da das Land die GUS-Satzung nicht ratifiziert habe,[5] Präsident Wiktor Juschtschenko äußerte sich selbst dazu jedoch nicht. Unter dem Eindruck des Konfliktes zwischen Russland und Georgien brachten jedoch Abgeordnete der Regierungskoalition auch formal einen Gesetzentwurf über die Aufkündigung der GUS-Mitgliedschaft ins ukrainische Parlament ein.[6] Laut Artikel 9 des GUS-Statuts ist ein Austritt erst 12 Monate nach dessen schriftlicher Ankündigung beim Depositar des Statuts (Belarus) möglich.[7] Die Ukraine wollte jedoch zunächst weiter im GUS-Exekutivrat mitarbeiten, so das ukrainische Außenministerium.[8] Der Gründerstaat Ukraine war „ein Teilnehmerstaat, kein Mitgliedstaat“, so der damalige Außenminister Wolodymyr Ohrysko 2008.[9]
Beim EU-Gipfel in Prag am 7. Mai 2009 schlossen die sechs GUS-Mitglieder  Armenien,    AserbaidschanGeorgienMoldauUkraine und Belarus mit der Europäischen Union die Östliche Partnerschaft. Russland legte gegen diesen Schritt Protest ein.[10]"


Zur Frage der Atomwaffen in der Ukraine heißt es in der Wikipedia: "Nach der Unabhängigkeit wurde die Ukraine aus der Hinterlassenschaft der Sowjetunion mit 130 Interkontinentalrakete UR-100N (SS-19) und 46 vom Typ RT-23 (NATO-Codename: SS-24) zur drittgrößten Atommacht der Welt.

Im Mai 1992 begann auch der Abtransport der in der Ukraine stationierten taktischen  Kernwaffen nach Russland.

Am 2. Juli 1993 enthielt eine Grundsatzerklärung offiziell den Verzicht auf die Atomwaffen und dass die Ukraine zukünftig atomwaffenfrei sein soll. Am 15. Juli 1993 begann der Abbau der auf dem ukrainischen Territorium stationierten SS-19. Die Raketen wurden zur Verschrottung nach Russland gebracht. Die Gefechtsköpfe blieben anfangs noch in der Ukraine, bis der Nachfolgestatus der Sowjetunion und Russlands in Bezug auf die Atomwaffen international geklärt war. Die Ukraine forderte für ihren Verzicht auf Atomwaffen von den Atommächten Sicherheitsgarantien für ihr Land und finanzielle Unterstützung.

Am 14. Januar 1994 unterzeichneten die Präsidenten Russlands, der Ukraine und der Vereinigten Staaten von Amerika die Trilaterale Erklärung zur Vorbereitung für das Abkommen über die Vernichtung der auf ukrainischem Staatsgebiet stationierten Kernwaffen, womit der nichtnukleare Status der Ukraine endgültig bestätigt wurde. Das Budapester Memorandum wurde schließlich am 5. Dezember 1994 in Budapest im Rahmen der dort stattfindenden KSZE-Konferenz unterzeichnet.

Im Gegenzug erhielt die Ukraine Sicherheitsgarantien von Russland und den USA. Dazu gehörte die Anerkennung ihrer UnabhängigkeitSouveränität und territorialen Integrität sowie die Zusage, keine Atomwaffen gegen sie einzusetzen." (Geschichte der Ukraine)

Diese Garantien wurden also unter der Präsidentschaft Jelzins gegeben, der bis Ende 1999 Präsident war. 

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