"[...] Ein Bericht über das Treffen der NATO-Außenminister in Oslo, wo man sich einig war, „dass die Ukraine künftig Teil des Bündnisses werden soll. Wann, ist allerdings unklar.“ Die Tür sei offen. „Alle sind einverstanden, dass die Ukraine NATO-Mitglied wird“, so Generalsekretär Jens Stoltenberg. Allerdings erst an einem ominösen „Tag X in der Zukunft“ nach dem Ende des Krieges, [...] Tagesschau-Reporter Michael Grytz, dem diese nebulöse Perspektive offenbar unerträglich war, konnte nicht mehr an sich halten und schob – fast bockig – nach:
„Dabei arbeiten NATO und Ukraine seit 25 Jahren eng zusammen. Obwohl nicht Mitglied, hat die Ukraine sogar an NATO-Militäroperationen teilgenommen, etwa im Kosovo.“
Hand aufs Herz: Hätten Sie diese Sätze, diese „True News“, ausgerechnet in der Tagesschau erwartet? Seit einem Vierteljahrhundert arbeiten also beide Seiten – und zwar „eng“ – zusammen! Und nun erinnern Sie sich mal an Ihren Mathematikunterricht in der zweiten Klasse: 2023 minus 25 ist gleich 1998. Hatten Sie damals schon mal den Namen Wladimir Putin gehört?
Kurze Rückblende
Bereits im März 1997 hatte der Westfreund Boris Jelzin den USA gedroht, spätestens mit einem NATO-Beitritt der Ukraine würde für Russland eine rote Linie überschritten. Man sieht hier (1), wie alt diese Option für den Westen bereits ist, und (2), wie alt die russischen Ängste vor dieser Option sind! Die theoretischen Grundlagen der US-Strategie hatte, ebenfalls 1997, der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzeziński in seinem Buch „The Grand Chessboard“ geliefert.
1998: Da war Putin, der ja angeblich die Sowjetunion wiederherstellen will, noch gar nicht an der Macht. Er hatte weder seine mit Standing Ovations gefeierte Rede im Berliner Reichstag – ein wahres Liebeswerben um eine intensive deutsch-russische Zusammenarbeit – noch seine Brandrede vor der Münchner Sicherheitskonferenz – eine klare Warnung vor dem Unilateralismus der USA – gehalten, noch hatte Russland, wie immer noch fälschlicherweise berichtet wird, Georgien „überfallen“ oder die Krim „annektiert“. Schon gar nicht hatte Putin zu diesem Zeitpunkt einen „Vernichtungskrieg gegen die Ukraine“ vom Zaun gebrochen.
Seit Mitte der Neunzigerjahre – da waren die Tagesschau-Hintergrundinformationen einen Tick ungenau – führen allerdings die USA bereits unter dem Etikett „Rapid Trident“ (früher: „Peace Shield“) auf dem Gebiet der Westukraine jährlich Manöver mit ukrainischen Truppen durch – und seit 1997, ebenfalls jährlich, die Marinemanöver „Sea Breeze“ vor der ukrainischen Schwarzmeerküste. Marineinfanteristen übten damals in den Regionen Odessa und Mykolajiw Landeoperationen unter Einsatz von Schiffen, Flugzeugen und Panzern. (Im Sommer 2021 waren an diesem Manöver mittlerweile Einheiten aus nicht weniger als 32 Staaten beteiligt.) Und zwischen 2003 und 2008 beteiligten sich Tausende ukrainische Soldaten an George W. Bushs „Koalition der Willenlosen“ im Irak. [...]"
(Genudelten Konsumenten schadet sogar die Wahrheit nicht! –
oder: Neues von der Tagesschau von Leo Ensel, nachdenkseiten 8.6.23)
Im Mai 1992 begann auch der Abtransport der in der Ukraine stationierten taktischen Kernwaffen nach Russland.
Am 2. Juli 1993 enthielt eine Grundsatzerklärung offiziell den Verzicht auf die Atomwaffen und dass die Ukraine zukünftig atomwaffenfrei sein soll. Am 15. Juli 1993 begann der Abbau der auf dem ukrainischen Territorium stationierten SS-19. Die Raketen wurden zur Verschrottung nach Russland gebracht. Die Gefechtsköpfe blieben anfangs noch in der Ukraine, bis der Nachfolgestatus der Sowjetunion und Russlands in Bezug auf die Atomwaffen international geklärt war. Die Ukraine forderte für ihren Verzicht auf Atomwaffen von den Atommächten Sicherheitsgarantien für ihr Land und finanzielle Unterstützung.
Am 14. Januar 1994 unterzeichneten die Präsidenten Russlands, der Ukraine und der Vereinigten Staaten von Amerika die Trilaterale Erklärung zur Vorbereitung für das Abkommen über die Vernichtung der auf ukrainischem Staatsgebiet stationierten Kernwaffen, womit der nichtnukleare Status der Ukraine endgültig bestätigt wurde. Das Budapester Memorandum wurde schließlich am 5. Dezember 1994 in Budapest im Rahmen der dort stattfindenden KSZE-Konferenz unterzeichnet.
Im Gegenzug erhielt die Ukraine Sicherheitsgarantien von Russland und den USA. Dazu gehörte die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität sowie die Zusage, keine Atomwaffen gegen sie einzusetzen." (Geschichte der Ukraine)
Diese Garantien wurden also unter der Präsidentschaft Jelzins gegeben, der bis Ende 1999 Präsident war.
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