Noch nie gab es so wenige junge Menschen wie heute. Gegen die Übermacht der Alten wehren sie sich mit moralischer Rigidität.
Daraus über das Selbstverständnis
der Jugend:
"Protest gegen die moralische Verfasstheit der
Erwachsenenwelt: deren Rassismen, Sexismen, kolonialistische
Überheblichkeiten. Allerdings zeugt dieser Protest ebenso wenig von
jugendlichem Übermut und Freiheitsgenuss, sondern von gesteigertem
Ernst, gesteigertem Verantwortungsbewusstsein. Die Jugend will nicht
ihre Freiheit erweitern, sondern die unanständigen Freiheiten der
Mehrheitsgesellschaft einschränken.
Manches
spricht dafür, dass in dem aggressiven Überschuss, den die "woke",
für Kränkungen und Ungerechtigkeiten überwache Jugend dabei
produziert, auch die Empörung über Unbeweglichkeit und
Unbelehrbarkeit der alternden Gesellschaft steckt. Und tatsächlich
scheint sich diese mit ihrer Erstarrung längst abgefunden zu haben.
Sie kennt den Befund, dass sie altert, bereits so lange, dass er
niemanden mehr aufregt; schon gar nicht die Alten. [...]
Es
könnte durchaus sein, dass bei Weitem zu viel Aufmerksamkeit den
Übertreibungen und Bizarrerien der woken Verbotskultur gewidmet
wird, anstatt auf deren systemischen Sinn zu achten. In Zeiten
ernster Herausforderungen muss es vor allem darum gehen, diesen Ernst
überhaupt erst durchzusetzen, den Individuen die Gewohnheit frivoler
Spielräume zu nehmen, sie am Beispiel verbotener Wörter und
Redeweisen auf andere, womögliche einschneidendere Verbote
vorzubereiten – oder ihnen generell erst einmal einen Schrecken
einzuflößen, der ihnen die Unbefangenheit nimmt. Der Verlust des
unbeschwerten Konversationstons wäre so gesehen ein pädagogischer
Gewinn.
In
der Regulierung von Sprech- und Verhaltensweisen hat die Jugend das
Machtmittel gefunden, mit dem die Mehrheitsgesellschaft
eingeschüchtert werden kann
Vielleicht
hat die Jugend, der im demokratischen Prozess die Machtmittel fehlen,
in der Regulierung von Sprech- und Verhaltensweisen, ganz allgemein
in der öffentlich geforderten Moral das Machtmittel gefunden, mit
dem die Mehrheitsgesellschaft eingeschüchtert werden kann.
Moralische Forderungen sind ein höchst invasives Mittel, es kann bis
in die Kapillaren des Seelenlebens vordringen und jeden Einzelnen in
seinem Selbstbewusstsein erschüttern."
"[...] „Wenn Deutschland also erfolgreich in die quartäre Exzellenzgesellschaft will, muss es sich kompromisslos entscheiden, im Ganzen ein Y-Klima herbeizuführen“, fordert Dueck. Und er will diese Kultur des selbstverantwortlichen, integren Menschen mit einem starken Sinn für die Gemeinschaft und für Ethik allgemein schon mal im Grundgesetz verankern. [...]
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