"Man muss der Welt das Recht einräumen, die Documenta selbst zu perspektivieren. Perspektivieren, wohlgemerkt, heißt nicht Relativieren. Es geht um die Feststellung verschiedener Wahrnehmungen. 1943 wurden in West-Bengalen 1,5 - 4 Millionen Menschen von Churchill wissentlich dem Hungerstod [!] ausgeliefert. Infolgedessen betrachten Inder:nnen die Rolle Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg anders als Europäer:innen. Die Akzeptanz solcher 'gegenläufiger Gedächtnisse' (D..Diner) gehört zu einem Blick auf die Welt, der in der Lage ist, Widersprüche auszuhalten.
Wer in der globalisierten Welt eine 'Weltkunstausstellung' realisieren will, dem kann diese Welt nicht mehr bloße Gegenstand kuratorischen Bemühens sein. Ihre Bewohner:innen sind selbstbewusste Akteur:innen auf der Bühne, auf die man sie eingeladen hat. Dem Divergenten einen Platz zu gewähren, stellt daher die einzige Möglichkeit da, über seine Legitimität oder Illegitimität zu urteilen, denn darüber kann einzig im Diskurs entschieden werden." (Leonhard Emmerling u. Wolf Iro: Quo vadis Documenta? in: Frankfurter Rundschau 5.3.24, S.26/27)
Ich übernehme den Hinweis auf Churchills 'wissentlich' ungeprüft und weise ebenfalls ungeprüft auf das (auf Stalin gemünzte) Wort, gegen Hitler, werde er (Churchill) sich 'mit dem Teufel selbst verbünden' und auf Rolf Hochhuths Angriff auf Churchill im Zusammenhang mit den Bombardierungen (Luftkrieg, bekanntlich von Deutschland begonnen) deutscher Großstädte ('zweite Front') und den Unfall (?) der polnischen Exilregierung bei dem Flug mit einem britischen Flugzeug sowie auf Gandhis Solidaritätsbotschaft an Hitler angesichts der gemeinsamen Gegnerschaft Großbritanniens. Letzteres schreibe ich in der Überzeugung, dass ich Gandhis moralische Autorität damit nicht gefährden kann, um klarzumachen, dass menschliche Perspektiven in einer 'Welt voll Teufeln' (Luther) immer wieder unvereinbar sein werden.
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