"[...] Die ökologische und ökonomische Bilanz von Pflanzenkohle hängt von der Art der eingesetzten Biomasse und von der Verwendung ab, ebenso wie von wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Da die Produktion nachwachsender Rohstoffe teuer sein kann, werden vor allem Reststoffe verwendet, die einen sehr geringen Wert besitzen oder deren Entsorgung andernfalls Schwierigkeiten oder Kosten verursachen würde.[14]
Pflanzenkohle als Bodenverbesserer
Pflanzenkohle trägt bereits seit über 2500 Jahren in zahlreichen Regionen der Welt zur Bodenverbesserung bei.[18] Meist wurde die Pflanzenkohle dabei in Kombination mit anderen organischen Reststoffen wie Viehmist, Kompost oder Bokashi, das sind kommerzielle Mischungen aus verschiedenen, universell vorkommenden aeroben und anaeroben Mikroorganismen aus der Lebensmittelindustrie, in den Boden eingebracht. Die Pflanzenkohle diente dabei vor allem als Trägermittel für Nährstoffe sowie als Mikrohabitat für Bodenmikroorganismen wie Bakterien und Pilze. Das bekannteste Beispiel für den Einsatz von Pflanzenkohle zur nachhaltigen Verbesserung verwitterter Böden ist Terra preta.
Durch den Eintrag von aktivierter Pflanzenkohle in landwirtschaftlich genutzte Böden lassen sich Auswirkungen auf die Bodenaktivität, Bodengesundheit und Ertragskapazität erzielen. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnten unter anderem folgende Vorteile für die Bodenkulturen nachgewiesen werden:
- Verbesserung des Wasserspeichervermögens der Böden[19][20][21]
- Zuwachs der Bodenbakterien, die in den Nischen der hochporösen Kohle einen geschützten Lebensraum finden, wodurch die Nährstoffumsetzung für die Pflanzen gefördert wird.[22][23]
- Zunahme der Mykorrhizen, wodurch eine verbesserte Wasser- und Mineralstoffaufnahme sowie wirksamer Schutz gegen Pflanzenschädlinge gewährleistet wird.[23][24]
- Adsorption toxischer Bodenstoffe wie organische Schadstoffe und Schwermetalle, wodurch die Lebensmittelqualität und der Grundwasserschutz verbessert werden.[25][26]
- Höhere Bodendurchlüftung sowie bessere Aktivität von N-Bakterien und somit deutliche Reduktion der klimaschädlichen Methan- und Lachgas-Emissionen.[1][27][28][29]
- Effizientere Nährstoffdynamik, die sowohl für erhöhtes Pflanzenwachstum als auch für verminderte Nährstoffauswaschung sorgt[30][29]
- Verbesserung der Pflanzengesundheit durch induzierte Resistenz[31]
Das deutsche Umweltbundesamt (UBA) und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) warnen angesichts der Vielzahl der Ausgangsstoffe, Herstellungsverfahren und Anwendungsbereiche vor potenziellen Risiken bezüglich der Bildung organischer Schadstoffe bei der Biokohleherstellung sowie der Wirkungen auf Böden und Kulturpflanzen.[14][32] Das deutsche UBA empfahl im Jahr 2016 weitere systematische Untersuchungen sowie die Etablierung eines Zertifizierungssystems.[32]
Kohlenstoffsenke
Pflanzenkohle besteht zum überwiegenden Anteil aus reinem Kohlenstoff, der von Mikroorganismen nur sehr langsam abgebaut werden kann. Wird diese Pflanzenkohle in landwirtschaftliche Böden eingearbeitet, bleibt ein Anteil von über 80 % des Kohlenstoffes für mehr als 1000 Jahre stabil[1][33][34] und stellt somit eine Möglichkeit dar, das ursprünglich von Pflanzen assimilierte CO2 langfristig der Atmosphäre zu entziehen und dadurch den Klimawandel abzubremsen.
Im Rahmen der pyrogenen CO2-Abscheidung und -Speicherung könnten entsprechende Verfahren beim Kampf gegen die globale Erwärmung verwendet werden.[35]
Biologische Reststoffe wie Grünschnitt, Trester oder Mist werden derzeit entweder der Kompostierung, Fermentierung oder Verrottung zugeführt. Beim Kompostieren und Verrotten entweichen ca. 60 % des in der Biomasse enthaltenen Kohlenstoffs als CO2 und Methan. Bei der dezentral einsetzbaren Pyrolyse entstehen aus der ursprünglichen Biomasse ca. 30 % Pflanzenkohle. Da zudem die Energie des Synthesegases zur Elektrizitätsgewinnung eingesetzt werden kann und somit fossile Brennstoffe ersetzt, ist die Klimabilanz bei der Pyrolyse von biologischen Reststoffen im Vergleich zu deren bloßer Verrottung klimapositiv. Die Pyrolyse kann zudem in der Reststoffverwertung eingesetzt werden. So lassen sich Reststoffe aus Biogasanlagen, Pressreste aus der Sonnenblumen-, Raps- oder Olivenöl-Herstellung und Gärreste aus der Bioethanolherstellung verwenden.
Mittels einer Pyreg-Pyrolyse-Anlage lassen sich beispielsweise aus je zwei Tonnen Grünschnitt rund eine Tonne CO2 langfristig der Atmosphäre entziehen.[36] Alle Energieaufwendungen wie für den Transport des Grüngutes, dessen Zerkleinerung, den Betrieb der Anlage sowie das Einbringen der Pflanzenkohle in den Boden sind dabei bereits berücksichtigt. Die verwendete Pyrolyse-Anlage ist energieautark und wird im kontinuierlichen Prozess betrieben. Die Energie, die zur Aufheizung der Biomasse auf über 400 Grad Celsius benötigt wird, stammt aus der Biomasse selbst und wird durch die Verbrennung des bei der Pyrolyse entstehenden Gases erzeugt.[37] Manche Anlagen nutzen zur Karbonisierung der Biomasse die Abwärme anderer Systeme. Solche Systeme sind z. B. Biogasanlagen. Zur Karbonisierung der Biomasse werden hier die heißen Abgase der Verbrennungsmotoren genutzt. Das gesamte durch die Pyrolyse entstehende Gas wird den Verbrennungsmotoren zur klimapositiven Stromerzeugung zugeführt, da es nicht mehr zur Karbonisierung der Biomasse benötigt wird. Die Pyrolyse-Anlage kann sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich betrieben werden, da durch die Abwärmenutzung die Anlage immer auf Betriebstemperatur gehalten wird und so Aufheizphasen entfallen.
Pflanzenkohle eingebracht ins Erdreich kann dort Jahrtausende überdauern.[2][38][39][40][41]
Modellrechnungen zufolge ist es bei nachhaltiger Pflanzenkohleerzeugung theoretisch möglich, CO2-, Methan (CH4)- und Distickstoffmonoxid (N2O)-Emissionen von bis zu 6,6 Pg[42] CO2-Äquivalent (CO2e) zu kompensieren, das entspricht 12 % der jährlichen, anthropogenen Treibhausemissionen. Im Verlauf eines Jahrhunderts könnte eine Menge Pflanzenkohle hergestellt werden, die Gesamtemissionen in Höhe von 480 Pg CO2e entspricht, ohne dabei Ernährungssicherheit, Biodiversität und die Stabilität von Ökosystemen zu gefährden.[43] Nur ein Teil dieser potentiellen Pflanzenkohleerzeugung ist wirtschaftlich möglich. Schätzungen für Deutschland ergaben, dass – wenn die Emission einer Tonne CO2 im Jahr 2050 etwa 75 Euro kostet – circa ein Drittel des in Deutschland vorhandenen Potentials wirtschaftlich produziert werden könnte.[44]
Hinsichtlich der Frage, ob Böden nach der Einbringung von Pflanzenkohle eine größere oder aber eine kleinere Menge der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas abgeben als zuvor, zeigen die Ergebnisse von Studien ein uneinheitliches Bild.[45]
Denkbare Verwendung in Kohlenstoff-Brennstoffzellen
In Kohlekraftwerken wird Kohlenstoff (bisher aus fossiler Kohle) verbrannt, aus der Wärme kann mit einer Wärmekraftmaschine elektrische Energie erhalten werden. Es ist aber auch möglich, die chemische Energie von Kohlenstoff in einer Brennstoffzelle, in diesem Fall eine Kohlenstoff-Brennstoffzelle, direkt in elektrische Energie zu wandeln, woraus sich theoretisch ein höherer Wirkungsgrad ergibt. Die Verwendung von Pflanzenkohle als regenerative Energiequelle für diese denkbare Anwendung wird intensiv erforscht, wie eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2018 zeigt.[46]
Weitere Anwendungen
Pflanzenkohle ist aufgrund ihrer Adsorptionskapazität dazu geeignet, in der Wasseraufbereitung eingesetzt zu werden, insbesondere zur Entfernung von Schwermetallen.[47] In der Europäischen Union und der Schweiz ist Pflanzenkohle unter der Nummer E 153 als Lebensmittelzusatzstoff (Farbstoff) zugelassen.
In Kalifornien wird Holz mittels thermochemischer Vergasung zu Biokohle verarbeitet, die der Bodenverbesserung oder als Filtermaterial dient. Dabei wird elektrische Energie gewonnen, aber zur Gewinnung der Biokohle auf die maximal mögliche Energieausbeute des Brennstoffs verzichtet. Als Ausgangsmaterial dient Holz, das für Brandschneisen geschlagen wird. In Kalifornien wäre solches Holz früher an Ort und Stelle verbrannt worden.[48]" (Wikipedia)