Samstag, 3. September 2022

Christopher Street Day

"[...] Die Angst war oft dabei. Im Hintergrund zwar, die großen Pride-Paraden zum Christopher Street Day sind schließlich rauschende Partys, aber eben doch da: die Angst der Teilnehmenden vor einem Anschlag. Ende Juni dieses Jahres hatte ein Mann in Oslo am Vorabend des dortigen CSD auf Besucher eines LGBT-Clubs geschossen und zwei Menschen getötet, 21 Gäste wurden verletzt. Als wenige Tage später 1,2 Millionen Menschen auf dem CSD in Köln feierten, war das Polizeiaufgebot verstärkt worden, viele Paraden in diesem Sommer wurden für Schweigeminuten unterbrochen. Sie blieben ungestört.

Doch nun ist ein Mann tot, und das, obwohl niemand eine Waffe besorgt oder ein Bekennerschreiben verfasst hat. Gut möglich, dass der Täter nicht einmal den Plan gefasst hatte, einen Teilnehmer des CSD Münster am vergangenen Samstag zu töten. Doch das ist keine beruhigende Nachricht: Der ganz alltägliche Hass auf queere Menschen tötet, auch im Jahr 2022.

Malte C., ein 25 Jahre alter trans Mann, hatte am vergangenen Samstag an dem CSD in Münster teilgenommen. Es sei ein schöner Tag für C. gewesen, "er hat bei der Demo unser Banner getragen. Er war so glücklich wie lange nicht mehr", sagte Felix Adrian Schäper, Vorstand des Vereins Trans*-Inter*-Münster, der Nachrichtenagentur dpa.

Bis ein Mann am Rande der Parade plötzlich Teilnehmerinnen anpöbelte. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft beschimpfte er mehrere Frauen homophob und ging drohend auf sie zu. Malte C. sei dazwischengegangen, habe den Mann gebeten, die Beleidigungen zu unterlassen. Er zeigt jene Zivilcourage, ohne die eine Gesellschaft keine Gesellschaft ist, sondern nur ein Haufen von stumpfen, zufällig zusammengerotteten Individuen.

Doch der Mann schlägt zu, unvermittelt, mindestens einmal mit der Faust, so die Polizei. Malte C. geht zu Boden und schlägt mit dem Kopf auf den Asphalt. Am Freitagmorgen stirbt Malte C. im Krankenhaus. Ein junger Mann, der feiern wollte, stolz war und anderen zu Hilfe kam. [...]"

(Kommentar von Frida Thurm ZEIT, 3.9.33)


 

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