"Wenn du diese Problematik vor dem Hintergrund der Zyklen des Nachkriegskapitalismus betrachtest, dann kann festgehalten werden, dass zwischen 1945 und 1975, während der keynesianischen Phase des Nachkriegskapitalismus, die Bürgerrechte der weißen Mittelschicht in den nordatlantischen Ländern an bestimmte wirtschaftliche Garantien gekoppelt waren. Eine davon bestand darin, dass Produktivitätssteigerungen zu einem Anstieg der Löhne führten. Eine andere Garantie umfasste zudem das Sozialsystem, das sich in der Nachkriegszeit herausbildete. [...] Nahezu alle sozialen Kämpfe der 1960er und 1970er drehten sich darum, dass immer mehr Menschen in diese Mittelschicht hineindrängten, da sie nicht Teil dieses ursprünglichen Deals waren, und "Was ist mit uns?" fragten. [...]Und selbstverständlich kann der Kapitalismus so nicht funktionieren, indem eine Mehrheit der Arbeiterschaft durch solch einen Deal sozial ruhiggestellt wird. Deswegen zerbröckelt das System - und dieses Zerbröckeln, diese Krise nimmt die Form von Finanzkrisen, ökologischen Katastrophen und Ölkrisen an. Nachdem dieser Deal aufgekündigt wurde und die Löhne nicht mehr an die Produktivität gekoppelt wurden, stieg die Produktivität immer weiter an, während das Lohnniveau stagnierte - und die Schulden fungierten als eine Art Ersatz."
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Dienstag, 21. April 2015
"Wir haben mehr Macht, als wir denken" - Interview mit David Graeber
Tomasz Konicz Interview mit David Graeber: "Wir haben mehr Macht, als wir denken", 20.4.15
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