Mittwoch, 22. Januar 2014

Lanz, Jörges und Wagenknecht

Stefan Niggemeier fasst seine Zitate [als Nichthörer kann man kaum glauben, dass es so zugegangen ist] so zusammen:
Es war, als würde man versuchen, eine inhaltliche Diskussion mit einem Sechsjährigen zu führen, der als Argumente zweihundert Fleischbällchen in Tomatensoße hat und bereit ist, jedes einzelne abzufeuern. Niggemeier: Wie Markus Lanz ein paar Mal bei der »schönsten Linken aller Zeiten« einhaken musste
Ich hätte nicht geglaubt, dass man die Lanz-Satire auf sich selbst noch übertreffen könnte. Aber mir werden bei Lanz Rüpeleien von jetzt ab die Fleischbällchen in Tomatensoße vor Augen stehen.

Nachdem ich den betreffenden Ausschnitt der Sendung angesehen habe, muss ich meinen Eindruck, den ich aus Niggemeiers Darstellung gewonnen habe, korrigieren. Wagenknecht wurde zwar immer wieder unterbrochen und zur Entscheidung zwischen Alternativen aufgefordert, die es in dieser Form nicht gibt. Ihr wurde auch immer wieder Populismus vorgeworfen, während in Wirklichkeit Lanz und Jörges zu verfälschenden Vereinfachungen griffen. Aber über erhebliche Strecken haben Lanz und Jörges sie auch reden lassen, so dass sie eine ganze Menge differenzierte Argumentation vortragen konnte.
Ich meinerseits hätte völlig den Faden verloren, wenn ich viermal unterbrochen worden wäre und versucht hätte, die zusammenhanglosen Fragen zu beantworten.

Die Zuschauerredaktion des ZDF hat nach der Sendung verbreitet:
[...] Und wir können insofern versichern, dass Sahra Wagenknecht mit der, wenngleich sehr intensiven Auseinandersetzung sehr zufrieden war und nicht den Eindruck hatte, ihre Position nicht ausreichend darlegen zu können.“ (Focus  online: Wagenknecht widerspricht ZDF nach Eklat bei Lanz, 21.1.14)
Wagenknecht twitterte daraufhin:
Liebes ZDF, nach dem breiten Protest gegen Markus ´ Gesprächsstil zu behaupten, ich sei zufrieden gewesen, ist doch etwas arg frech. (Wagenknecht, 20.1.14)
Das Wort "frech" hat sie von Lanz aufgegriffen, der gesagt hatte, sie sei frech gewesen.

Focus online berichtet weiter, Wagenknecht habe bei Bild.de gesagt:
"Ich verstehe die Empörung vieler Zuschauer. Sie haben ein Gefühl für Fairness. Da ich mir die Sendung ansonsten nicht ansehe, kann ich nicht beurteilen, ob es immer so zugeht.“

und fährt fort: 
Eine Beschwerde werde sie hingegen nicht gegen Lanz und das ZDF einlegen.

Ich habe die Sendung nicht gesehen und hätte vermutlich auch nichts geschrieben, wenn ich sie gesehen hätte. Bemerkenswert fand ich den Vorgang nur, als ich von einer Petition "Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!" erfuhr (im Augenblick 67 949 Unterstützer in Deutschland).
Meiner Meinung nach geschieht Lanz persönlich durchaus Unrecht, denn er hat ja nur ungeschickt und angreifbar getan, was seine Kollegen in ähnlicher Form immer wieder tun. Aber die Institution öffentliches Fernsehen sollte angesichts dieser Auswüchse unbedingt angegriffen werden. Für die organisierte Beleidigung demokratischer Politiker möchte ich keine Rundfunkgebühren bezahlen.
Ich zitiere aus der Diskussion zur Petition: "Das Problem heißt nicht Lanz, sondern "ZDF"."

Die Petition habe ich nicht unterschrieben, doch ich verspreche auch nicht, es nicht zu tun. Noch gibt es leider keine Petition, die sich gegen das ZDF richtet. (Jetzt gibt es 68 327 Unterschriften.) Aber woher kommt mein Name samt Anschrift und E-Mailadresse auf die Seite, ohne dass ich auch nur eines der Felder angeklickt hätte?

Vermutlich bin ich reichlich naiv. Aber es wird mir sehr schwer fallen, auf einer solchen Seite ein "unterschreiben" anzuklicken.

0:21:  69 960 Unterschriften in Deutschland
0:25  70 467 in Deutschland, 74 494 insgesamt.(Bis ich zu Ende  getippt hatte, waren es schon weit über 74 500.)
Mehr zur Petition und den Reaktionen auf die Sendung bei SPON, 23.1.14
Mehr als 130 000 Unterzeichner (Stand 23.1.14 16:23)
Tweets zu  #Lanz #Wagenknecht

Zwei Kommentare zu der Sendung auf SPON:
Was sich hier zeigt, ist ein aggressiver Konformismus, der das Programm und das Denken dieses Senders durchzieht und letztlich im öffentlich-rechtlichen Dauergerede über die Quote wieder auftaucht (Diez)

Die Linke sieht sich allzu gern als Opfer der Medien. Sie wittert Zensur, Kampagnen, Totschweigen ihrer Positionen. Und deshalb ist die Causa Lanz wie geschaffen für die Partei, in der gar eine eigene Abkürzung für die ungerechten Medien kursiert. Von der "bbP" ist immer dann die Rede, wenn die Genossen zu den Gemeinheiten der "bösen bürgerlichen Presse" nicht länger schweigen wollen. (Reinbold)
Kommentar in FR vom 25.1.14
Dabei versteht Frau Wagenknecht das Spiel mit den Medien sonst so virtuos wie Sylvie van der Vaart. Ein bisschen Sex, ein bisschen Tabubruch mit dem Wort Kommunismus und ganz viele Auftritte in Talkshows. Sie ist so geübt in Interviewsituationen, dass sie Fragen lediglich als beiläufiges Geräusch wahrnimmt, während sie ununterbrochen spricht. 

"Wetten, dass..?": Lanz spottet über Online-Petition, SPON 25.1.14 (inzwischen mehr als 200 000 Unterzeichner)
Kommentar in ZEIT, 30.1.14

2 Kommentare:

  1. Es war echt unglaublich, hab daraufhin hier unterschrieben: https://www.openpetition.de/petition/blog/raus-mit-markus-lanz-aus-meiner-rundfunkgebuehr

    Klaus ff

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    1. Ich danke für den Kommentar. Aus dem Schluss des Artikels kannst du allerdings entnehmen, dass es mir etwas schwer fällt, zu unterschreiben.

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