Sonntag, 25. Juli 2021

Die erschöpfte Demokratie von Ulrike Guérot

[...] Früher, im Sommer, weit zurück in den 1980er Jahren, als ich in den Sommerferien Praktika bei Zeitungen gemacht habe, sprach man immer von der „Saure-Gurken-Zeit.“ Es war nichts los, was einer Berichterstattung würdig war. Die Bewohner der Bundesrepublik tummelten sich am Strand, Kinder tranken Fanta auf Ferienfreizeiten, der Sommer dehnte sich bis hin zur Langeweile. [...]

Heute jagt ein politischer Superlativ den nächsten und die Demokratie verliert ihre Gemächlichkeit. Die Bürger*innen, die all diese politischen GAUs diskutieren, aushandeln und verarbeiten müssen, kommen nicht mehr zur Ruhe: 2021 ist bereits der zweite Pandemie-Sommer, der jetzt zusätzlich zum Hochwasser-Sommer geworden ist. [...]

Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise, Brexit, Populismus, Krise der Rechtsstaatlichkeit, Fliehkräfte in der EU, Pandemie: das alles und noch viel mehr in einem Jahrzehnt schafft ein politisches System, das nicht mehr zur Ruhe kommt, das keine Behäbigkeit mehr kennt, keine Normalität. Wie lange hält eine Demokratie den permanenten politischen Ausnahmezustand aus?"

(Die erschöpfte Demokratie von Ulrike Guérot Deutschlandfunk 23.7.21)

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