Mittwoch, 9. Juni 2021

Frank Schätzing: Was, wenn wir einfach die Welt retten?

Teil 1: Eigentlich - (S.11ff.)

- wollte ich ein ganz anderes Buch schreiben, einen Thriller. 

Dann dachte ich: Wir sind in einem Triller [...]

Als Akteure. [S.11 - Nämlich in der Menschheitsgeschichte]

"Jetzt aber werfe ich sie in ein schwarzes Loch." (S.17)

Teil 2: Frankenstein und die Klimakatastrophe (S.21ff.)

Teil 3: Thriller (S37ff.)

Zukunftsszenarios je nach Umfang der Erwärmung Zeitphasen 2015/20 (bereits historisch), von da ab etwa in Jahrzehnten 2021ff, 2030ff; 2040-54, 2055-70 (S.70), 2071-99 (S.71), 2100 - ? (S.73)

Teil 4: Ursache Wirkung (S.75ff.)

Wo Methan gebunden ist und wie es freigesetzt werden kann

Methan ist im Eis des Permafrostes eingeschlossen und wird freigesetzt, wenn der bis in größere Tiefen auftaut. So geschieht es gegenwärtig in Sibirien, wenn es im Sommer längere Zeit besonders warm ist. Extrem beschleunigt wird das, wenn es bei großer Trockenheit Tausenden Flächenbränden von vielen Quadratkilometer großen Flächen kommt. Bei der extremen Oberflächenhitze taut der Permafrost bis in größere Tiefe auf. (S.86)

Methan ist auch in Methanhydrat gebunden, das in Küstenbereichen durch den Druck des das dort lagernden Sediments verfestigt wird und seinerseits das Sediment davor bewahrt, fortgespült zu werden. Lässt der Druck nach oder steigt die Temperatur an, wird es flüssig und das Methan entweicht in die Atmosphäre. - Ein solcher Vorgang hat etwa 8200 Jahre v. Chr. an der norwegischen Küste zur Storegga-Rutschung geführt, als auf "über 800 km Länge und einem Volumen von etwa 5600 km³" unter der Meeresoberfläche Land ins Rutschen kam. Dabei wurde in einem Tsunami  mit über 10 m hohen Wellen die damals noch bestehende Insel Doggerland im Bereich der heutigen Doggerbank überflutet und eine Steinzeitkultur vernichtet. 

Schöne Bilder und Formulierungen:

 "Viren sind das reiselustigste Völkchen der Welt, machen unentwegt Bekanntschaft mit Spezies, deren Immunsystem nicht auf sie eingestellt ist, übertragen sich von Tier zu Tier, mutieren und springen auf Menschen über, den Rest besorgen interkontinentale Verkehrsmittel. [...]  Was gar nicht in deren Sinne ist. Könnten sie denken, würden sie sagen, stopp! - wir wollen niemanden töten! Wir sind doch nicht bescheuert und töten den Wirt, der uns ernährt." (S.88)

Schön formuliert, auch wenn die Vermenschlichung zu einem Widerspruch führt: Eben waren sie noch "reiselustig", dann rufen sie: Stopp!

Teil 5: Die Guten - und die Bösen (S.91ff)

Mutter Erde hat Millionen Jahre liebevoll Kohlenstoff für uns eingezahlt: Jedes umgefallene Bäumchen unter geothermischen Druck verkohlen lassen, alle sterbenden Algen und Kleinstlebewesen zu Öl und Gas gemacht. 

Und wir haben "Binnen weniger Hundert Jahre die Dividenden mehrerer Erdzeitalter verprasst. [...] Wie bescheuert kann man sein? Zurück auf die Bäume, möchte man rufen, aber die haut Bolsonaro gerade ab." (S.97)

Teil 6: Handeln (S.183ff)

Vernunftgemäß sind wir vernünftig und wir wollen gut sein. Daran hindert uns unser "Reptiliengehirn" (Hirnstamm), das uns ständig dazu bringen will, egoistisch zu handeln. 

Dadurch kommt es zur Tragik der Allmende [die freilich nicht unvermeidbar ist].

"Im Nordpazifikwirbel zwischen Asien und Amerika treiben auf einer Fläche von über anderthalb Millionen Quadratkilometern (das sind ungefähr drei Frankreichs) geschätzt 1,8 Billionen Plastikteilchen [...] zusammen die sechsfache Menge allen Planktons der Welt." (S. 224) [Und das sind  nicht einmal 0,14 % des gesamten Plastikmülls in den Meeren. (Wikipedia)]

Teil 7: Wie wir wachsen oder auch nicht (S.277ff.)

Ein Mentalitätswandel zu Kooperation könnte die bei Effektivitätsgewinnen (Faktor vier) gefährlichen Reboundeffekte (Mehrverbrauch, der Effektivität zunichte macht, z.B. SUV) verhindern und bei der Bemühung um Nachhaltigkeit (Veggieday) Backfireeffekte ("Verbotskultur") vermeiden. Prognosen, die heute noch den Reboundeffekt einrechnen müssen, könnten sich bei gesamtgesellschaftlichem Nachhaltigkeitsbewusstsein als viel zu pessimistisch erweisen, wenn es dann schick ist, alle Einsparungsmöglichkeiten wirklich effektiv zu nutzen. (S.282)

Teil 8: Science-Faction

Im letzten Abschnitt leistet Schätzing sich den Spaß, vorhandene Lösungsansätze geradlinig zu extrapolieren, um zu lauter Lösungen für Umweltprobleme zu kommen.

Ein Beispiel für viele: "Künstliche Intelligenz wird Extremwetter und Naturkatastrophen vorhersagen, Ökosysteme durch Auswertung von Satellitendaten lückenlos überwachen und gezielt Strategien gegen Artensterben, marine Vermüllung, Wilderei und Überfischung zu entwickeln." (S.321)

Die Lösungsansätze wie CO2-Bindung durch Algen (S.308/09), Zentrale Steuerung sich den Nutzerwünschen anpassender Fahrzeuge gibt es (S.312). Schätzing überspringt bei seiner Utopie für 2050 nur alle nur denkbaren Hindernisse, um uns eine denkbare Lösung vorzuführen. 
So plädiert er für sicherere Atomspaltungs- und -fusionsreaktoren als Übergangstechnologie, weil außerhalb Deutschlands so und so neue Atomreaktoren entstehen* (S.325-27).

"Gibt es ein Best–Case–Szenario? Ich weiß es nicht. 
Lohnt es, dafür zu kämpfen? 
Unbedingt!" (S.332)

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