"Karten bilden nicht ab. Sie erklären. Sie zeigen, was nicht zu sehen ist. Bei Schedel den unsichtbaren Himmel, der den sichtbaren umschließt. Auf einer großartigen Karte von Galka sieht man eine dunkle Welt mit ein paar hellen Flecken. Die zeigen die bevölkerungsstärksten Metropolen der Welt. Die Hälfte der Weltbevölkerung lebt auf gerade mal einem Prozent der Landfläche. Auf dieser Karte sieht man mit einem Blick wo: Nordchina, Bangladesch, Nordindien. Afrika ist abgesehen von Kairo, Nairobi und Lagos bis auf ein paar gelbe Flecken ein schwarzer Kontinent. Also mit weniger als 900 Einwohnern pro Quadratmeile. [...] Es gibt ein Bild, eine Karte des englischen Theosophen Robert Fludd (1574 – 1631). Sie zeigt die Welt vor der Schöpfung. Ein schwarzes Quadrat, an dessen vier Kanten steht: Et sic in infinitum. Das schwarze Quadrat ist nicht schwarz, schwarz, schwarz. Es gibt Abstufungen des Schwarz, ja weiße Striche darin. Es ist die Abbildung, die Vergegenwärtigung einer weit entfernten Vergangenheit. Jener Zeit, wenn man sie denn Zeit nennen darf, da Licht und Finsternis noch nicht geschieden waren. Ich bin auf dieses großartige Bild gestoßen in dem ganz und gar unverzichtbaren Buch von Michael Benson: „Cosmigraphics – Picturing Space Through Time“ (Abrams, New York). Leider gibt es darin keine Darstellung einer Welt vor dem Urknall. Das wäre ja die Parallele zu Fludds einzigartigem Bild. Es entstammt übrigens dessen Buch mit dem schönen – in mein holpriges Deutsch übertragenen – Titel: „Die metaphysische, physikalische und technische Geschichte beider Kosmen, des Makro- und des Mikrokosmos.“ [...] " (Arno Widmann: Das schwarze Quadrat, FR 8.2.16)
Lehrreiche Landkarten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen