Samstag, 12. Dezember 2015

Jesus und der Islam

In Arte gab es eine Sendefolge mit 7 jeweils knapp einstündigen Sendungen zu dem Thema. Außerdem liegt dazu ein Buch vor, bisher nur auf Französisch: Gérard Mordillat, Jérôme Prieur: Jésus selon Mahomet, 2015 E-Buch, über die Sicht auf Jesus im Koran[3]

Hier veröffentliche ich meine stark verkürzte Mitschrift der Sendefolge:

1. Sendung:
Die Hadithen erklären den Koran und heben manche Aussagen hervor. Sie sprechen sehr viel über seine Rolle als Weltenrichter (bereits im Koran) und beschäftigen sich mit der Frage, wieso die Juden glaubten, sie hätten Jesus getötet, obwohl sie es laut Koran nicht wirklich taten. Außerdem schreiben sie erstaunlich viel über sein Aussehen, obwohl dazu nichts im Koran steht. Insbesondere schreiben sie viel über die Schönheit seines Haares und sprechen fast immer davon, dass Wasser davon herunter tropft.
Jesus/Isa ist im Koran in mancher Hinsicht wichtiger als Mohammed. Er ist das Wort Gottes, er hat Wunder getan, er ist im Unterschied zu Mohammed nicht gestorben und nicht begraben, er wird als Weltenrichter kommen. Was Mohammed Jesus voraus hat, ist, dass dieser nur der vorletzte Gesandte Gottes war, und dass er die endgültige Offenbarung Gottes, den Koran, den Menschen gebracht hat.
Jesus ist derjenige, der dem Islam zum endgültigen Sieg verhelfen wird, indem er ihn gegen die "Leute des Buches", Juden und Christen, durchsetzt.

Die Juden behaupten zu Unrecht, sie hätten Jesus getötet/gekreuzigt. Die arabische Formulierung dazu lässt sich übersetzen mit "Es erschien ihnen so" oder mit "Bei ihnen wurde der Eindruck erweckt, dass es so sei." Viel spricht dafür, dass Gott selbst das Geschehen bewirkt hat, was die Juden für die Kreuzigung halten mussten.
Im Arabischen glaubt man dem Gehörten [durch die persönliche Autorität des Sprechers Verbürgten - Zusatz Fontanefan] mehr als dem Gesehenen (Möglichkeit der optischen Täuschung, Luftspiegelung, im konkreten Fall Jesus könnte ein Doppelgänger gekreuzigt worden sein.)
Nach einer Version im Barnabasevangelium wird Judas anstelle von Jesus hingerichtet und Jesus gibt ihm sein Aussehen, so dass die Umstehenden getäuscht werden. Im Christentum gab es schon im 2. Jahrhundert Spekulationen darüber, dass es nur so geschienen habe, als wäre Christus gekreuzigt worden. Aber die Version des Koran ist vermutlich unabhängig von diesen Spekulationen entstanden.

2. Sendung:
Jesus wird im Koran auf drei Weisen genannt: Isa, Ben Mariam und der Gesalbte (hebräisch: Messias, griechisch: Christos).
Dabei hat "der Gesalbte" im Koran natürlich eine ganz andere Bedeutung als der Messias, der Befreier Israels, bei den Juden und Christus bei den europäischen Christen, für die Christus nicht mehr der Gesalbte bedeutet, sondern wie der Teil eines Eigennamens Jesus Christus für den auferstandenen Herrn, den Sohn Gottes, steht.
Das arabische Massiach [meine sicher falsche Umschrift des arabischen Wortes im Unterschied zu "Messias" - Fontanefan] im arabischen Neuen Testament hat für die syrischen Christen freilich nicht die aufgeladene Bedeutung von Christos/Christus, sondern heißt für sie auch schlicht der Gesalbte wie im Koran.
Wenn in Sure 4, 157 über die Juden gesagt wird: "Ihre Aus­sage lautete: «Wir haben Isa, den Sohn Maryams, den Ge­sandten Gottes, getötet.»", dann ist das klar erkennbar kein historisches Zitat, denn sie hätten Jesus natürlich nie "den Gesandten Gottes" genannt. Das ist Sprache des Koran. Bezeichnend, dass der Koran ihnen diese Selbstbeschuldigung in den Mund legt, die historisch - zu Unrecht - bei den frühen Christen in der Auseinandersetzung mit den Juden aufkam. Denn wenn der Koran auch in diesem Kontext den Juden vorwirft, sie hätten immer wieder ihre Propheten getötet, bzgl. Jesus kann er es ihnen ja gerade nicht nachsagen, wo er doch Wert darauf legt, dass gilt: "Aber sie haben ihn weder getötet noch gekreuzigt, doch kam es ihnen so vor. Diejenigen, die über ihn uneins sind, zweifeln an ihm. Sie haben kein Wis­sen über ihn, sondern gehen Vermutungen nach. Sie haben ihn ganz sicher nicht getötet. Nicht doch, Gott hat ihn zu sich erhoben." (Zitate nach ZUM-Wiki
Die Kritik des Korans an den Juden ist, dass sie ihre Propheten getötet hätten (darin folgt der Koran frühen syrischen christlichen Quellen), und dass sie an den Gesetzen festhalten, die Jesus aufgehoben hat. Für die heutige Einschätzung des Judentums durch Muslime spielt diese alte Kritik freilich kaum noch eine Rolle. Insgesamt sei für den Islam kein Anti-Judaismus charakteristisch, wie er sich im Christentum schon früh herausgebildet hat.

Der Vorwurf an die Christen ist, dass sie an die Göttlichkeit Jesu glauben, obwohl dieser selbst nicht daran geglaubt hat. 

Fortsetzung der Mitschrift hier



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