[...] Friedman: Die junge Generation trägt weder Schuld noch Verantwortung für das, was ihre Eltern in Hitlerdeutschland getan haben. Sie trägt allerdings Verantwortung für ihr eigenes Leben, für das, was sie heutzutage tut oder unterlässt. Geschichte kann einem dabei helfen, die Untaten der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Mein Motiv, mit den jungen Menschen über die Schoa und über Auschwitz zu reden, ist nicht auf die Vergangenheit gerichtet, sondern in die Zukunft. Indem wir gemeinsam sensibilisieren für die vielen Anfangserscheinungen der Gewalt, die zum Judenmord geführt haben – und davon gibt es mittlerweile wieder sehr viele –, um diesen entgegenzutreten. Die Verantwortungskompetenz in der Gegenwart zu schärfen ist das Motiv für mein Engagement.
Walser: Herr Friedman, ich kenne das von Ihnen, mich hat auch immer Ihr pädagogischer Eros beeindruckt. Aber das ist etwas ganz anderes als meine Herangehensweise. Ich finde das ganz toll, wie Sie das machen, ich habe das auch beobachtet. Aber ich sage auch: Ich komme als erziehendes Element nicht infrage. Ich habe mich immer nur vor die Leute hingestellt und gesagt: Mir geht es so und so. Mach daraus, was du willst und was du kannst. In den Sechzigerjahren bin ich umhergereist und habe eine Organisation gegründet gegen den US-amerikanischen Krieg in Vietnam. Da habe ich nie gesagt: Du musst jetzt unbedingt … Das ist nicht meine Art. [...]
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