Montag, 22. Mai 2023

Wie rechtfertigen Menschen mit großem CO2-Fußabdruck ihren privilegierten Lebensstil?

Laut den Daten des World Inequality Lab, einer Denkfabrik um den französischen Ökonomen Thomas Piketty, sind die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung für die Hälfte aller globalen Treibhausgase verantwortlich. 

Das reichste Hundertstel kommt sogar auf 17 Prozent aller Emissionen und damit deutlich auf mehr als die ärmste Hälfte der Menschheit zusammen.

Zwar ist den Befragten sehr wohl bewusst, dass ihr Energieverbrauch besonders hoch ist. Doch sie sprechen darüber, als sei ein solcher Lebensstil völlig normal, und wehren jede Infragestellung ab.
"Wir tun alles, was wir können", nennt die Studie diese Rechtfertigungsstrategie, die kleine Effizienzgewinne als große Taten darstellt.

Das Studienteam stellte eine ganze Reihe von Argumentationsmustern fest, die in der Forschung als "Diskurse des Nichtstuns" und "Diskurse der Verzögerung" bekannt sind. Hier ein paar Schlussfolgerungen, sozusagen die Typologie der Ignoranz
  • Whataboutism: Man verweist auf andere, die noch weniger tun und noch mehr emittieren. Im Interview hieß es: "Wir produzieren nur etwa ein Prozent der weltweiten Umweltverschmutzung. Also, es funktioniert nur, wenn alle Länder der Welt das Gleiche tun."
  • Die Ausrede vom Trittbrettfahrer: Vor allem Befragte, die in der Wirtschaft tätig sind, verwiesen auf Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit durch Klimaschutzmaßnahmen: "Ich denke, wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir uns nicht in eine benachteiligte Position bringen."
  • Perfektionismus. Man fordert perfekt ausgearbeitete Lösungen, die von allen mitgetragen werden: "Was immer wir planen, es wird andere unvorhergesehene Konsequenzen geben, an die niemand von uns gedacht hat."
  • Appell an das Wohlergehen. Man betont mögliche unerwünschte Folgen durch Veränderungen: "Wenn die Zahl der Flüge in der Welt um, sagen wir, 80 Prozent zurückgeht, wird es eine massive Arbeitslosigkeit geben."
  • Scheinlösungen hervorheben: "Es gibt einige interessante Technologien, die sich abzeichnen, etwa um die Plastikabfälle in saubereren Flugzeugtreibstoff zu verwandeln."
  • Viel reden, wenig handeln: "Ich denke, die meisten Regierungen der Welt haben sich jetzt ziemlich aggressiv verpflichtet, die CO2-Emissionen zu reduzieren."
  • Fossile Brennstoffe als Teil der Lösung: "Wir sind sozusagen umweltfreundlich, denn wir haben zwar einen großen Spritfresser, aber ich habe auch ein Hybridauto, also trage ich auch dazu bei."
  • Zuckerbrot statt Peitsche: "Die Leute müssen auf eine positive Art und Weise angeregt werden."

(Quelle: Klima-Newsletter der Frankfurter Rundschau)

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