Stefan Schmitt: Klimawandel Wie geht es dem Klima, ZEIT 17.1.19
"Im Jahr 1957 hatte der Chemiker Charles David Keeling auf dem hawaiianischen Vulkan Mauna Loa ein Messgerät postiert, das eines der berühmtesten Diagramme der Wissenschaftsgeschichte hervorbrachte, die "Keeling-Kurve". Sie belegt, was überall geschieht: Kontinuierlich ändert sich das Mischungsverhältnis der Lufthülle. Bald liegt die CO₂-Konzentration anderthalbmal so hoch wie in vorindustrieller Zeit.
Auch dass dieser zusätzliche Kohlenstoff aus Auspuffen und Fabrikschloten stammt, nicht etwa aus natürlichen Quellen, kann man dank des "Suess-Effekts" sicher sagen. Dem Chemiker Eduard Suess war aufgefallen, dass unter den verschiedenen Kohlenstoff-Isotopen in der Luft der Anteil zweier bestimmter zurückgeht (sie heißen "13C" und "14C"). Weil Kohle und Öl nur wenig 13C und gar kein 14C enthalten, belegt diese Verdünnung für die Fachleute: Was die Keeling-Kurve nach oben treibt, ist das Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Energieträger – der Klimawandel der Gegenwart, er ist menschengemacht. [...]
Ökosysteme sind komplex, die Natur ist träge. Niemand kann sagen, wann genau das Klima zu Katastrophen führt. [...]
Als der spätere Chemie-Nobelpreisträger Svante Arrhenius im Jahr 1895 seine bahnbrechende Berechnung über den Zusammenhang von Verbrennungsgasen und Treibhauseffekt präsentierte, hieß es darin: Verdoppelt sich der Kohlendioxid-Anteil in der Atmosphäre, so steigt die globale Durchschnittstemperatur um zwei bis sechs Grad Celsius an. Als in den 1970er-Jahren die US-amerikanische National Academy of Sciences als erste große Forschervereinigung vor dem Treibhauseffekt warnte, bezifferte sie den Effekt einer CO₂-Verdopplung auf plus 1,5 bis plus 4,5 Grad Celsius – eine riesige Spannweite. Bis heute hat man sie kaum verkleinern können.
Hier liegt das Problem jeder Prognose. Keine seriöse Forschung stellt noch den Treibhauseffekt infrage. Aber wie schnell welche Folgen genau eintreten werden, das ist die große Unbekannte."
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