"[...] EWI ist ein sogenanntes An-Institut. Es wird knapp zur Hälfte von den Energieriesen E.on und RWE finanziert. Bereits im Jahr 2010 hat das EWI eine Studie über die Bedeutung der Kernenergie erstellt, die von der schwarz-gelben Bundesregierung maßgeblich zur Begründung der ursprünglich geplanten Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke herangezogen wurde.
Felix Höffler ist einer der Leiter des EWI. [...]
Den Vorwurf, das EWI lasse sich für Studien kaufen, der seit den beiden Untersuchungen zur Atomkraft über dem Institut hängt, empfindet Höffler als ungerecht. "Fachlich ist unsere Arbeit einwandfrei."
Aber Höffler sagt auch: "Unser Institut ist in der öffentlichen Meinung klar positioniert." Das EWI steht der Atomkraft nicht ablehnend gegenüber. Höffler fügt hinzu: "Wir vertreten einen marktwirtschaftlichen Ansatz. Das berücksichtigen Auftraggeber natürlich, bevor sie einen Auftrag erteilen." [...]
Es ist etwas Erstaunliches passiert, seit die Wirtschaft in die Universitäten gelangt ist: Auf den Fluren der Hochschulen begegnet man neuerdings nicht nur Managern und Unternehmern – sondern auch anderen Professoren als früher. Ein neuer Prototyp von Wissenschaftler ist entstanden, einer, der sich nicht so sehr als unabhängiger Forscher sieht, sondern eher als pragmatischer Dienstleister seines Auftraggebers.
Noch betreffen all diese Fälle nur einen kleinen Teil der Wissenschaft. Umso mehr müssten die Universitäten daran interessiert sein, den Eindruck zu vermeiden, in ihren Instituten werde wertloses Wissen erzeugt. Denn fragwürdige Studien und Forscher, die sich an den Bedürfnissen des Marktes ausrichten, haben die Macht, den ganzen Wissenschaftsbetrieb in Misskredit zu bringen. [...]
Philipp Mimkes, 46, ist Physiker und arbeitet hauptberuflich für den Verein "Coordination gegen Bayer-Gefahren". Er wollte von der Uni Köln wissen, welche Regelung es für die Veröffentlichung von Testergebnissen gibt. Hat Bayer die Macht, negative Ergebnisse zu unterdrücken? [...]
Mimkes zog vor Gericht. "Eine aus Steuergeldern finanzierte Institution muss öffentlicher Kontrolle unterliegen", sagt er, "zumal in einem so sensiblen Bereich wie der Pharmaforschung."
Im Dezember 2012 schlug sich das Verwaltungsgericht Köln jedoch auf die Seite der Universität. Die Wissenschaft sei frei, auch in der Frage, mit wem sie kooperiere, daher unterliege sie in diesem Fall nicht der Pflicht zur Offenlegung des Vertrags.
Mimkes hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Die Entscheidung steht noch aus.
Folgt man der Argumentation des Kölner Gerichts, genießt die Wissenschaft also die Freiheit, sich selbst ihrer Unabhängigkeit zu berauben. Die Frage ist nur: Wer schützt dann noch die Gesellschaft vor den Ergebnissen dieser neuen Art von Wissenschaft? [...]
Wer als Wissenschaftler heute keine Kontakte zu Unternehmen hat, wer keine Kooperationen organisieren kann, hat es häufig schwer, im Wissenschaftsbetrieb Fuß zu fassen. Wie verhält man sich da als Professor, dem seine Studenten am Herzen liegen? [...]
"Ich bin über 60, aber für meine Studenten ist der Kontakt zu Unternehmen wie Google wichtig. Der Staat zieht sich immer stärker aus der Wissenschaftsfinanzierung raus. Damit die Studenten später ein Auskommen haben, sind sie auf Kontakte zu Unternehmen wie Google angewiesen." [...]
Das Fazit: "Die Europäer gehen mit großer Entschiedenheit davon aus, dass man nicht darauf vertrauen kann, dass Wissenschaftler bei kontroversen wissenschaftlichen und technischen Problemen die Wahrheit sagen, weil sie zunehmend von den Fördermitteln der Industrie abhängig sind."
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