"Argumentiert nun unser Goldreservist so, dass er sich sagt: die Geltungskraft des in Deutschland umlaufenden Papiergeldes ist an die Existenz des Deutschen Reichs, zum mindesten an die Integrität der Reichsbank und der deutschen Reichsfinanzen, geknüpft, das Gold behält Goldeigenschaft auch über den Bestand des Vaterlandes hinaus, so hat er theoretisch mit diesen Erwägungen recht. Zu erwidern wäre ihm jedoch: 1. dass er ein erbärmlicher Lump sei, wenn er an die ökonomische Erhaltung seiner werten eigenen, n belanglosen Person denkt, auch für den Fall, dass Deutschland staatlich oder wirtschaftlich zugrunde geht; 2. dass er Möglichkeiten ins Auge fasst, deren Verwirklichung außer dem Bereich aller Wahrscheinlichkeit liegt. Denn selbst im Falle, dass das Kriegsglück gegen uns entscheidet, wäre an einen völligen Zusammenbruch der deutschen Finanz- und Kreditwirtschaft doch nicht im entferntesten zu denken. Aber auch selbst die Gefahr besteht kaum, die ein ganz Schlauer vielleicht wittert, wenn er sein Goldhäschen verpackt, dass unser Papiergeld im eigenen Lande wesentlich „entwertet“ werden sollte. Diese Angst vor starker „Entwertung“ des Papiergeldes spukt ja immer noch in unseren Köpfen, die vielleicht gerade gebildet genug sind, um von der „Assignatenwirtschaft“ während der französischen Revolution gehört zu haben, und die deshalb schon einen Zustand wiederkehren sehen, wie damals in Frankreich, als das Pfund Butter einen Silberfranken oder 300 Papierfranken kostete.
Solche Missgriffe, wie sie zur Entwertung der Assignaten führten, sind in keinem anderen Lande, geschweige denn in Deutschland, dem bestgeordneten Lande der Welt, denkbar."
( Text: Geld und Vermögen in Kriegszeiten von Werner Sombart Quelle: Berliner Tageblatt 27. August 1914)
Die Frage "Wie kommt ein Wissenschaftler dazu, solch einen Text zu schreiben?" ist relativ leicht zu beantworten.
Dennoch hier noch zwei Links:
Gold gab ich für Eisen
Inflation 1914-1923
Ein Zitat aus dem Artikel des 2. Links:
"Die Reichsregierung hob kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges am 4. August 1914 die gesetzliche Noteneinlösungspflicht der Reichsbank in Gold (siehe Goldmark) auf. Außerdem wurden die staatlichen Möglichkeiten zur Schuldenaufnahme und der Vermehrung der Geldmenge bei den Scheidemünzen und Banknoten durch die Aufhebung des Goldankers (= gesetzliche Dritteldeckung der Reichsbanknoten durch Gold) ausgeweitet. Der Plan war vor Kriegsbeginn insgeheim entstanden; er wurde von der sogenannten„nationalen Begeisterung“ getragen (siehe auch Hurra-Patriotismus). Diese Geldvermehrung sollte durch Kriegsanleihen anstatt durch Steuern gegenfinanziert werden, da der Aufmarsch und die Versorgung millionenstarker Streitkräfte nie dagewesene Kosten mit sich brachten.
Gleichzeitig sollte die Kaufkraft der Bevölkerung für den Militärbedarf abgeschöpft bzw. stillgelegt werden, um bei der vorauszusehenden kriegsbedingten Güterverknappung im Inland der Schwarzmarktbildung durch Geldverknappung bei den Bürgern entgegenwirken zu können. Um an zusätzliches Geld und Gold zu kommen, wurden mehrere Kriegsanleihen und die Aktion Gold gab ich für Eisen aufgelegt. Anders als in Großbritannien und Frankreich, wo der Krieg durch Vermögenssteuern finanziert wurde, sollten diese Kriegsanleihen nach dem „Siegfrieden“ mit der „Kriegsbeute“ in Form von Reparationen dann wieder abgelöst werden. Die hohen Reparationen, die Frankreich nach dem verlorenen Krieg 1870/71 zahlte, waren vielen noch in Erinnerung (Gründerzeit)."
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