Donnerstag, 30. Juli 2020

Wissenschaftliche Erkenntnis ist vorläufig

Nichts ist in Stein gemeißelt Von Ulrich Schnabel und Maximilian Probst 29. Juli 2020, DIE ZEIT Nr. 32/2020, 30. Juli 2020
"Forscher widersprechen sich, Erkenntnisse ändern sich. Kann man sich auf die Wissenschaft überhaupt verlassen? Ein Erklärungsversuch [...]
Nehmen wir die berühmte Selbstmordstudie des französischen Soziologen Émile Durkheim. Als er Ende des 19. Jahrhunderts die Suizidraten in europäischen Ländern verglich, fiel ihm auf, dass sie in Italien außerordentlich niedrig war. Woran lag’s? An der Sonne, dem starken Familienzusammenhalt oder der Kraft des katholischen Glaubens? Mitnichten. Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass Suizidenten in Italien ein normales Begräbnis und der Segen der Kirche verwehrt war. Deshalb wurden die Ursachen dieser Todesfälle in den allermeisten Fällen vertuscht und als Krankheiten oder Unfälle deklariert.
Das beweist: Auch scheinbar eindeutige Daten können die Realität falsch abbilden. Denn stets fließen darin (oft unerkannte) Faktoren, Vorannahmen und Auswahlkriterien ein. "Reine" Daten gibt es also nicht, alles bedarf der Einordnung und Interpretation. [...]

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