Freitag, 31. Mai 2019

Merkel in Harvard über ihre Sicht der Welt

https://www.nytimes.com/2019/05/30/world/europe/merkel-harvard-speech.html

Interessante Weltkarten

https://www.farandwide.com/s/amazing-world-maps-74d6186e6d0e414b

Avaaz berichtet über seinen Einsatz gegen Desinformation bei der EU-Wahl

"Unser 30-köpfiges Team hat aus unserem Lagezentrum in Brüssel geschafft, was 30.000 Facebook-Mitarbeitenden nicht gelungen ist: Wir haben ein riesiges Geflecht von Desinformations-Netzwerken aufgespürt, die ihr Gift im Herzen Europas verbreitet haben. Über 700 Seiten - mit detaillierten Untersuchungsergebnissen - haben wir an Facebook geschickt. Darin wird aufgezeigt, wie diese Netzwerke funktionieren, sich koordinieren und gefälschte Konten nutzen, um uns irrezuführen. 

Und wir haben sie nicht nur gefunden -- wir haben es soweit gebracht, dass sie vom Netz genommen wurden! In Deutschland, Spanien, Italien, Polen, den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich - die Wirkungen unserer Aktionen waren überall zu spüren. Insgesamt hat Facebook Netzwerke zerschlagen, die in einem einzigen Jahr 3 Milliarden (!!!) Aufrufe verbuchen konnten. Genug Reichweite, um jede/n einzelne/n Wähler/in in Europa über zwanzig mal zu erreichen! [...]
Zuletzt kamen jeden Tag hochrangige EU-Politiker/innen, Journalisten/innen und Sicherheitsexperten/innen zu unserem Büro in Brüssel, um Informationen und Briefings zu erhalten. Und Facebook hat sich öffentlich bei uns bedankt. Avaaz ist heute das Epizentrum der globalen Bemühungen zur Bekämpfung von Desinformation

Und unsere Arbeit hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt: von der Top-Story im The Guardian, der Titelseite der The New York Times bis hin zu Le Monde, dem SpiegelEl Mundo und vielen anderen. Kurz vor den Wahlen haben wir so mehrere hundert Millionen Europäer/innen vor den Gefahren der Desinformation warnen können." (Avaaz Newsletter, 30.5.19)

Montag, 27. Mai 2019

Isaac de La Peyrère und die Präadamiten

Isaac de La Peyrère (1596-1676) vertrat die Auffassung, dass Gott schon vor der Erschaffung Adams Menschen erschaffen haben müsste, weil sonst alle Menschen auf den gemeinsamen Urvater Adam zurückgehen müssten, der aber doch nicht Vorfahr der Menschen der "Neuen Welt", der Indianer sein könne, weil damals eine vorgeschichtliche Wanderung von Menschen über den Atlantik nicht vorstellbar war.

Vgl. auch Prä-Adamiten-Hypothese

Liebe @spdde , wir müssen reden.

Liebe @spdde , wir müssen reden. Ich habe gerade als parteilose Kandidierende für Euch Kommunalwahlkampf gemacht. Wisst Ihr eigentlich, was Ihr Eurer Basis da zumutet? Bei jedem Gespräch wird man sofort auf die miserable, unsoziale und feige Bundespolitik angesprochen. (1/x)

mehr im thread reader

zur anschließenden Diskussion

Viele SPD-Mitglieder hatten sehr viel Verantwortungsbewusstsein. Z.B. die Ex-Justizministerin Katarina Barley. Manchmal nutzt das weder ihnen noch der SPD.

Von außen ist es schwer zu bestimmen, wo die Solidarität aufhört und politisches Kamikaze anfängt. Von innen vermutlich auch.

Sonntag, 26. Mai 2019

Wir sind nicht hilflos!

#scientistsforfuture

Freilich alle bisher von Politikern vorgeschlagene Maßnahmen sind unzureichend.
Aber man könnte das ändern.

Samstag, 25. Mai 2019

70 Jahre Grundgesetz: Unsere Grundrechte


Artikel 16 und 17 des GrundgesetzesAuf dem Berliner Reichstagsgelände sind die Grundrechtsartikel 1 – 19 ausgestellt. Artikel 16a, der das Asylrecht ganz erheblich einschränkt, freilich fehlt hier.
Will man den Besuchern vormachen, das Asylrecht gälte noch so, wie es 1949 unter dem Eindruck der Judenverfolgung beschlossen wurde? Oder schämt man sich dieses Artikels?
Zur Information füge ich den Artikel 16a an (Hervorhebungen von mir):

Art 16a 
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Freitag, 24. Mai 2019

Kessler: Die Kunst, den Kapitalismus zu verändern

Eine Annäherung in 5 Schritten, Publik Forum, Nr.10, 24.5.19, S.12-15

1. Stoppt das Diktat der Rendite! Pflege, Gesundheit, Wohnen, Wasser, Strom und öffentlicher Verkehr sind Güter, die nicht unbezahlbar werden dürfen
"Inzwischen reagiert ein rasender Finanzkapitalismus die Welt. Wenige Megafonds und Weltkonzerne unterwerfen die ganze Menschheit dem Diktat der Rendite. Und die Politik öffnet diesen Investoren die Türen. In Deutschland kaufen Investoren Wohnungen und treiben Mieten und Bodenpreise in schwindelnde Höhen. Beispiel Berlin: Da erwarb die Deutsche Wohnen in den letzten 15 Jahren mithilfe der Investmentbank Goldman Sachs 51.000 Wohneinheiten für 2 Milliarden Euro. Dann modernisierte sie die Wohnungen und trieb dem mitten in die Höhe. Inzwischen beträgt der Wert der Wohnungen 7 Milliarden Euro. – 5 Milliarden Euro Wertsteigerung auf Kosten der Mieter.
Mit dem gleichen Ziel erwerben Investoren Pflegeheime und Krankenhäuser. Ihr Interesse gilt weder den Pflegebedürftigen noch den Kranken, sie wollen nur das Geld ihrer Investoren vermehren." (S.12)

2. Führt ein Grundeinkommen ein! Menschen hätten mehr Unabhängigkeit und Sicherheit
3. Schafft eine gerechte Klimapolitik! Preise müssen ökologisch angemessen sein, dafür muss aber auch ein sozialer Ausgleich geschaffen werden.
4. Etabliert einen öko-fairen Welthandel! Zollfreiheit nur bei fair gehandelter Bioware.
5. Investiert in die Armen! Wenn Arme Geld haben, um ihr Überleben zu sichern, können sie Aufbauarbeit leisten und kaufen Waren, was die Wirtschaft ankurbelt.

Wolfgang Kessler: 
Die Kunst, den Kapitalismus zu verändern, 2019

"Klar, der Weg vom Umdenken zum anders Handeln ist schwierig. Und nur die wenigsten können ihn konsequent beschreiten. Doch das ist gar nicht erforderlich. Wenn alle Zeichen für eine gerechtere, ökologische Wirtschaft im Dienste der Menschheit und nicht nur der Investoren setzen, werden diese Zeichen gesehen und gehört." (Seite 111)

"Und doch ist es wichtig, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger den Satz des gewaltfreien indischen Freiheitshelden Mahatma Gandhi beherzigen: "Wenn wir uns selbst verändern, werden sich auch die Entwicklungen auf der Welt verändern. [...]  Wir sollten dabei nicht warten, was die anderen tun." (Seite 112)

Und plötzlich geht es doch:
"Die großen vier Energiekonzerne mussten erheblich Macht abtreten, dafür sind Hausbesitzer und Bürgergenossenschaften zu Energielieferanten geworden. In einigen Jahrzehnten wird Energie fast nur noch aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen – und die sind hoffentlich verstärkt in Bürgerhand.
Tiefgreifende Veränderungen des Systems sind also auch in Demokratien möglich." (Seite 118)

"Deshalb braucht der Übergang, die Transformation hin zu einer humanen und ökologischen Wirtschaftsweise eine breite und offene Diskussion über die Werte, auf denen das Zusammenleben in Zukunft beruhen soll." (Seite 121/22)

"Die Abkehr vom Materialismus wird nur gelingen, wenn sich auch jene verändern, die Werte vermitteln. In den Schulen sollten Schüler und Lehrer mindestens so intensiv über ethische Fragen reden wir über Fachthemen. [...] 

Kein Zweifel, es braucht neue politische Rahmenbedingungen für den Umbau dieses Wirtschaftssystems zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Doch tragfähig sind solche Veränderungen nur, wenn sich die Menschen langsam, aber konsequent vom Alten verabschieden und das Neue mit Leben füllen – auch und gerade dann, wenn es unbequem ist.
Auch diese Erkenntnis gehört zur Kunst, den Kapitalismus zu verändern." (Seite 122)

"Irrtümlicher" Copyrightverstoß: CDU muss dutzende Youtube-Videos löschen - derstandard.at/2000103731687/Irrtuemlicher-Copyrightverstoss-CDU-muss-dutzende-Youtube-Videos-loeschen

"Die Partei, die sich federführend für die umstrittene Reform des EU-Urheberrechts starkgemacht hatte, nutzte zahlreiche Clips von ARD und ZDF" 
(Der Standard.at 24.5.19) 

Dienstag, 21. Mai 2019

Raj Patel, ‎Jason W. Moore: Entwertung: Eine Geschichte der Welt in sieben billigen Dingen

"Wenn der Mensch etwas herstellt, wirkt die Natur unmittelbar als eine Art Koproduzent daran mit: Nahrung, Kleidung, Wohnhäuser und Arbeitsplätze, Straßen und Eisenbahnen und Flughäfen, sogar Telefone und Apps. Offensichtlich ist, dass bei einer Sache wie der Landwirtschaft die Arbeit von Menschen auf die Arbeit des Bodens trifft und dass dabei physische Prozesse und menschliches Wissen zusammenwirken. Wenn die Maßstäbe größer werden, fällt es leichter, von «sozialen» oder «natürlichen» Prozessen zu sprechen, als ob sie unabhängig voneinander stattfänden. Der unmittelbare Bezug zu Arbeit und Boden ist im Falle eines Bauernmarkts einfacher zu erfassen als im Falle des globalen Finanzmarkts. Aber die Wall Street ist genauso aus einer Koproduktion mit der Natur entstanden wie der Bauernmarkt. Mehr noch, die Wall Street ist mit ihren globalen Finanzoperationen in ein weltweites Netz von ökologischen Beziehungen verwoben, wie man es sich in früheren Epochen nicht hätte vorstellen können. Geschichte ereignet sich nicht dadurch, dass Menschen von der Natur getrennt werden, sondern indem beide immer wieder neue, unterschiedliche Konfigurationen eingehen." (S.32)

"Die Beziehung zwischen dem weiten Netz des Lebens und dem Kapitalismus ist Gegenstand dieses Buches. Der Kapitalismus grenzt zwangsläufig an eine größere Welt der Lebenserzeugung. Für ihn kommt es darauf an, dass die Zahlen, die in Geschäftsbücher Eingang finden - Arbeiter sind zu entlohnen und mit angemessener Nahrung zu versorgen, Energie und Rohmaterial müssen eingekauft werden -, möglichst niedrig ausfallen. Der Kapitalismus kann nur bewerten, was sich auch zählen lässt, und zählen lassen sich Dollars oder Euros. Jeder Unternehmer will so wenig wie möglich investieren und so viel Rendite wie möglich erzielen. Das Gesamtsystem gedeiht, wenn mächtige Staaten und Kapitalgeber die Natur im globalen Maßstab umorganisieren können, möglichst wenig investieren müssen und möglichst wenigen Hindernissen begegnen, während sie so viel Nahrung, Arbeit, Energie und Ressourcen erhalten wie möglich." (S.32-33)

"Unser Blick auf Kapitalismus, Lebenserzeugung und die sieben billigen Dinge folgt einer Perspektive, die wir als «Weltökologie» bezeichnen. Statt mit der Abspaltung der Menschen vom Netz des Lebens zu beginnen, wollen wir fragen, welchen Platz Menschen- und ihre von Macht und Gewalt, Arbeit und Ungleichheit geprägten Organisationsformen - innerhalb der Natur einnehmen. Der Kapitalismus ist nicht nur Teil einer Ökologie, er ist eine Ökologie - ein Bündel von Beziehungen, in dem Macht, Kapital und Natur miteinander verflochten sind. [...] Das Konzept der Weltökologie schärft unseren Blick dafür, wie die von Gewalt und Ausbeutung geprägten Beziehungen der modernen Welt in fünfhundert Jahren Kapitalismus verankert sind und inwiefern diese Organisationsformen der Ungleichheit - selbst die, die uns heute zeitlos und
notwendig vorkommen - gerade keine Notwendigkeit darstellen und im Zentrum einer nie dagewesenen Krise stehen. Weltökologie eröffnet aber nicht nur eine neue Sicht auf den Kapitalismus, die Natur und die Richtungen, in die sich unsere Welt in Zukunft entwickeln könnte. Weltökologie zeigt auch, wie Menschen im Laufe der Moderne ihre Umwelt schufen und wie Umweltbedingungen im Gegenzug die Menschen prägten. Dies schafft den nötigen Freiraum, um darüber nachzudenken, wie unsere traditionelle Betrachtungsweise des ökologischen, wirtschaftlichen und sonstigen Wandels selbst mit den Krisen unserer Zeit verflochten ist. Dabei geht es auch darum, das Verhältnis zwischen der Benennung einer Sache und dem Handeln in der Welt zu verstehen. Bewegungen, die für soziale Gerechtigkeit eintreten, bestehen seit jeher auf der «Benennung des Systems», weil Denken, Sprache und Befreiung eng verknüpft und von fundamentaler Bedeutung für die Ausübung von Macht sind. Weltökologie führt uns vor Augen, inwiefern Konzepte, die wir als gegeben voraussetzen - allen voran Natur und Gesellschaft - problematisch sind. Sie vernebeln nicht nur den Blick auf das Leben im Einzelnen, sondern auch auf die Geschichte als Ganze, weil sie aus der Gewalttätigkeit von Kolonialismus und Kapitalismus hervorgegangen sind. [...] Die Spaltung von Natur und Gesellschaft bildete die Basis für eine neue Kosmologie,in der der Raum flach, die Zeit linear und die Natur äußerlich war. [...]
 Anders als neoliberales Geschwätz uns glauben machen möchte, sind Unternehmen und Märkte allein längst nicht dazu in der Lage, den Kapitalismus am Laufen zu halten. Kulturen, Staaten und wissenschaftliche Komplexe müssen zusammenwirken, damit Menschen sich Geschlechts-, Rassen- und Klassennormen fügen. Neue Ressourcenquellen müssen kartiert und gesichert, wachsende Schulden zurückgezahlt und Währungen verteidigt werden. Die Weltökologie leitet dazu an, diese Zusammenhänge zu erkennen, das Leben und die Mühen der Menschen wie anderer Lebewesen im Netz des Lebens in Erinnerung zu rufen - und neu zusehen.(S.54-56)

Im Folgenden wird ausgeführt, dass ein grundsätzlicherer Wandel nötig sei:

"Wir bestreiten nicht, dass die Politik, wenn sie sich um Veränderung bemüht, die Leute dort abholen muss, wo sie sich gerade befinden. Aber wir können uns nicht länger mit den Abstraktionen zufriedengeben, die der Kapitalismus aus Natur, Gesellschaft und Wirtschaft gemacht hat. Wir müssen eine Sprache und eine Politik für neue Zivilisations- und Lebensformen finden, die den durch die kapitalistische Ökologie verursachten Zustandswechsel überdauern. Deshalb formulieren wir am Ende dieses Buches eine Reihe von Ideen, die helfen sollen, auf dem Weg der Reparation den Platz des Menschen in der Natur neu zu bestimmen.  Nur das Eingeständnis jahrhundertelanger Ungerechtigkeit und Ausbeutung ermöglicht dem Menschen die Rückkehr in das Netz des Lebens. " (S.60).

Kapitel 2: Geld:
"Was am Kapitalismus neu ist, ist nicht sein Streben nach Profit, sondern das Beziehungsgefüge zwischen Gewinnstreben, Finanzierung und Regierungen. Diese Beziehungen sollten den Planeten umgestalten [...]  Weder Weltmarkt noch Weltmacht kamen ohne das Finanzwesen aus. Es war für imperiale Ambitionen und den Güteraustausch unverzichtbar, ohne diese beiden Kräfte aber auch machtlos. " (S.91)

"Im Laufe der Geschichte haben sich billiges Geld und neue Grenzziehungen immer wieder gegenseitig befeuert. Wenn die Renditechancen in einer etablierten Produktions- und Abbauregion zurückgingen, zogen Kapitalisten ihre Gewinne ab und steckten sie in den Geldhandel. Und so setzte nach jedem großen Boom der Weltwirtschaft - für die Holländer Mitte des 17.Jahrhunderts, für die Briten Mitte des 18.Jahrhunderts und für die Amerikaner im Zuge des Nachkriegsbooms - ein Prozess ein, den Sozialwissenschaftler «Finanzialisierung» nennen. In solchen Perioden lassen Kapitalisten von älteren und weniger profitablen industriellen und gewerblichen Aktivitäten ab und wenden sich Formen des Geldhandels zu. " (S.93)

Mangel an Silber habe die notwendige Absicherung des Papiergeldes untergraben:

"Der Silberboom sorgte nicht nur für reichlich Geld- auch eine der ersten modernen Arbeiterklassen und der früheste große Arbeiter- und Bauernaufstand der Moderne, der Deutsche Bauernkrieg von 1525, gehen auf sein Konto." (S.99)

"War die Herstellung neuer Kanonen bereits teuer, so war es ihr Gebrauch erst recht: Im 17. Jahrhundert kostete ein einziger Kanonenschuss «ungefähr so viel (...) wie ein Infanterist pro Monat». In einer einzigen größeren Schlacht - etwa bei der fünfundfünfzig Tage dauernden Belagerung von Boulogne durch die Engländer im Jahr 1544- dürften ungefähr 150 000 Kanonenschüsse abgefeuert worden sein. Für die Erneuerung von Festungen und städtischen Verteidigungsanlagen wurden überall in Europa Unsummen ausgegeben." (S.105/06)

"Die Uhr - und nicht das Geld wurde zu der Schlüsseltechnologie, mit der sich der Wert von Arbeit messen ließ. Diese Klarstellung ist sehr wichtig; denn es wäre zu kurz gedacht, in der Lohnarbeit das Charakteristikum des Kapitalismus zu sehen. Sie ist es nicht: Schon im England des 13.Jahrhunderts war ein Drittel der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung auf Lohnarbeit angewiesen, um zu überleben," Dass Löhnen damit eine so entscheidende Rolle bei der Strukturierung von Leben, Raum und Natur zukam, ist einem neuen Modell von Zeit geschuldet. " (S.133)

 «Die Spezialisierung nach Fertigkeit und Aufgabe und die Unterteilung der Arbeitskräfte nach Alter, Geschlecht und körperlicher Verfassung in Gruppen, Schichten und Kolonnen, verbunden mit einem starken Akzent auf Pünktlichkeit und Disziplin, das sind Merkmale, die man eher in der Industrie als in der Landwirtschaft erwartet», wie Sidney Mintz feststellt, und das gilt insbesondere vor der industriellen Revolution." Der Zuckeranbau bereitete nicht nur der heutigen industriellen Landwirtschaft den Weg,sondern auch der modernen Fabrik.Die Zuckerplantagen der Frühmoderne waren bereits hochmechanisiert und mit großen, brennstoffintensiven Heizkesseln und Hochleistungswalzmühlen ausgestattet, die den Zuckerrohrsaft aus den Stängeln pressten. Sie leisteten damit einer «Vereinfachung» Vorschub - einer Vereinfachung einzelner Handlungen, indem Arbeitern (zumeist Sklaven)einfachere Aufgaben zugewiesen wurden, und einer Vereinfachung der Felder, die auf Zuckerrohr-Monokulturen umgestellt wurden. So wie heute Arbeiter in der Automobilindustrie am Fließband einfache und austauschbare Teile montieren und Angestellte in Fastfood-Restaurants standardisierte Burger zubereiten, verrichteten auch afrikanische Sklaven sehr kleinteilige Aufgaben in einer vereinfachten Zucker-Monokultur-Landschaft.
Das Verhältnis von Arbeit, Natur und dieser modernen Logik der Vereinfachung erlaubt es uns, eine längere Entwicklung zu überblicken. Die Grenzräume des frühen Kapitalismus, in denen Zucker, Silber, Kupfer, Eisen, Forstprodukte, Fische und sogar Getreide produziert wurden, waren Experimentierfelder, auf denen Strategien der Arbeitskontrolle erprobt werden konnten.  (S.134/35)

"«Jobs»und«Umwelt»als Streitobjekte in einem Nullsummenkonflikt zu sehen ist ein analytischer Irrtum.42 (S.136)

" Der Fordismus kam auf der Farm zur Welt. Seine Neuerungen bauten unmittelbar auf der Industrialisierung der Familienfarmen des 19.Jahrhunderts auf, auf den Verschiebungen, die eine solche Landwirtschaft anstieß, und auf den Technologien, die in der nachgelagerten lebensmittelverarbeitenden Industrie entwickelt wurden - wohl vor allem auf der «disassembly line», in der Fleisch zerlegt wird. (S.139)

"Frauen, die ihre Baumwollmühlen auf Rhode Island verließen, führten 1824 den ersten Streik in der Geschichte der USA an. Es dürfte kein Zufall sein, dass am anderen Ende der Herstellungskette, nämlich auf den Feldern, auf denen die Baumwolle gepflückt wurde, Sklaven rebellierten." S.141)

In den Anfängen des Kapitalismus wurden dieselben Strategien, mit denen man Ureinwohner in das Gehege der Natur einpferchte, auch dazu eingesetzt, eine Kategorie von Menschen aufzubauen und zu lenken, die unbezahlte Fürsorgearbeit leisten sollten: die Frauen. Menschen wurden, manchmal ärztlich, aber immer rechtlich, einer von zwei unvermeidlichen Kategorien zugewiesen, sie waren entweder Männer oder Frauen. Allgegenwärtige Dualismen wie Gesellschaft und Natur, Mann und Frau, bezahlte und unbezahlte Arbeit verengten das Denken der Menschen in der kapitalistischen Weltökologie so, dass lediglich Lohnarbeit als «wirkliche Arbeit» wahrgenommen wurde - ohne anzuerkennen, dass die Fürsorgearbeit all dies erst ermöglichte. Damit soll keineswegs behauptet werden, dass damals wie heute alle Frauen Fürsorgearbeit leisten oder dass Fürsorgearbeit notwendig eine Sache der Frauen ist. Vielmehr geht es darum zu verdeutlichen, wie die kapitalistische Weltökologie dazu geführt hat, dass solche Verquickungen als normal erscheinen. Eine Geschichte der Arbeit zu schreiben, ohne die Fürsorgearbeit zu erwähnen, wäre, wie eine Ökologie der Fische zu schreiben und das Wasser wegzulassen. Von Beginn an hatte die kapitalistische Ökologie ein reges Interesse an Sex, Macht und Fortpflanzung - und es ist gerade der Umstand, dass das Wissen um dieses Interesse und seine Geschichte so gründlich unterdrückt und allzu leicht vergessen wurden, der zeigt, welche Bedeutung es hat. Diese Geschichte fängt gerade erst an, neu entdeckt zu werden." (S. 154/55)

"Europa entschied sich für den Weizen, der den Boden zerfraß und eine regelmäßige Brache erzwang, die ihrerseits wieder die Viehhaltung implizierte beziehungsweise ermöglichte. Die Geschichte Europas lässt sich folglich kaum ohne Haustiere, Pflugscharen, Gespanne und Fuhrwerke denken. Der Reis entstand demgegenüber aus einer Art Gartenbau, einer intensiven Landwirtschaft, in welcher der Mensch den Tieren keinen Platz ließ. Daraus erklärt sich, dass in den Gegenden, wo man Reis anbaute, Fleisch nur eine untergeordnete Rolle spielte. Der Mais schließlich war das am bequemsten und leichtesten anzubauende Grundnahrungsmittel. Daraus ergab sich ein Überschuss an Zeit, der es ermöglichte, die Bauern zu Zwangsarbeit zu verpflichten. Die riesigen mittelamerikanischen Bauwerke geben dafür ein Beispiel. Die Gesellschaft eignete sich also ein Arbeitskräftepotenzial an, das brach lag,"
Wer bei dem Begriff «Kapitalismus» eher an Revolutionen denkt, die von Kohle und Öl befeuert wurden, übersieht leicht, dass es davor zunächst zu Veränderungen im Ernährungssystem kam. (S. 186/87)
(Raj Patel, ‎Jason W. Moore: Entwertung: Eine Geschichte der Welt in sieben billigen Dingen)

Samstag, 18. Mai 2019

Zu den britisch-spanischen Beziehungen


Die Beziehungen zwischen Spanien und dem Vereinigten Königreich schließen die internationalen Beziehungen zwischen den Vorgängern beider Staaten ein.
Weder das Vereinigte Königreich noch Spanien haben nur einen einzigen verfassungsmäßigen Vorgänger. Das Vereinigte Königreich wurde ursprünglich durch die Vereinigung der Königreiche England und Schottland (und später mit Irland) geschaffen, während Spanien ursprünglich durch die Vereinigung der Krone von Kastilien und Aragon entstand. Sie sind auch deswegen komplex, weil sowohl Großbritannien wie Spanien globale imperiale Mächte waren, manchmal die gleichen Gebiete beanspruchten, eine Situation, die auch heute noch im Streit um Gibraltar [im Süden der Iberischen Halbinsel] eine Rolle spielt .

Anglo-Portugiesische Allianz
Seit Jahrhunderten wurde die Rolle von England auf der Iberischen Halbinsel durch die portugiesisch-britische Allianz von 1373 bestimmt. Die britischen Beziehungen zu Portugal waren immer besser als die zu Spanien, und Spanien und das Vereinigten Königreich gerieten zweimal in Konflikt über die Frage der Unabhängigkeit Portugals.
Im Jahre 1384, während des Hundertjährigen Krieges, half England König  Johann I. von Portugal, was die von Frankreich unterstützte kastilische Invasion vereitelte. Beide Seiten trafen sich in der entscheidenden Schlacht von Aljubarrota, die sich als entscheidend dafür erwies, dass Portugal seine Unabhängigkeit vom größeren Nachbarn bewahren konnte.
Diese Allianz geriet in eine Krise, als Portugal während des Kastilischen Erbfolgekrieges (1474-1479) Juana la Beltraneja statt ihrer Tante Isabel von Kastilien unterstützte, da Frankreich ebenfalls Johanna favorisierte. In der Folgezeit arbeitete England mit den katholischen Königen, Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von  Aragon zusammen. So kam es zu Hochzeiten zwischen den englischen und kastilischen Fürsten. Außerdem gab es sogar eine kleine englische Abteilung, die während der Eroberung Granadas für die kastilische Sache kämpfte. Allerdings brachte der Kampf von Elizabeth I von England gegen Philipp II von Spanien im sechzehnten Jahrhundert eine neue englische Unterstützung für die portugiesischen Interessen

Sieh: 
Spain–United Kingdom relations
Relaciones entre España y Reino Unido

Donnerstag, 16. Mai 2019

Hedwig Richter über Twitter in der Geschichtswissenschaft

https://www.zeit.de/2019/21/twitter-wissenschaft-forschung-austausch-aufmerksamkeit/komplettansicht

"Als ich in meinem Demokratie-Thread darüber reflektierte, ob am Anfang der Demokratie immer eine Revolution gestanden habe, wies mich die Historikerin @BirteFoerster auf den US-Historiker Hayden White hin. [...]
Widerspruch stellt sich immer ein, und vielen ist es eine Freude, wider den Stachel zu löcken. Präsentiert man etwa einen Gedanken als neu, findet sich gewiss eine in der Timeline, die sogleich auf einschlägige Literatur verweist. Eine wunderbare Serviceleistung, für die allein es sich lohnt, auf Twitter zu sein. [...]
Twitter lebt eben vor allem von den anderen. In meinem Fall empfahl die Schriftstellerin @KathrinPassig (33.500 Follower!) meine Vorlesung und nannte sie: "Kleine Twitter-Uni im Thread".
Früher, so schreibt der Historiker @PaulNolteBerlin in einem seiner Bücher, habe man meist nicht vor Fertigstellung der Habilitation mit dem Publizieren begonnen. Der Wissenschaftler sprang als fertiger Mensch mit fertigen Thesen in die Welt. Ganz anders heute, auf Twitter: wilde Thesen, altkluge Promovierende, steile Behauptungen, irre Geistesblitze.
Wissenschaft im Dialog – als Spiel, aber im Ernst."

Mittwoch, 15. Mai 2019

Doppelnamen und Doppeldeutschland

"Männernamen sind immer toll. Und Frauennamen sind immer scheiße. Und Doppelnamen sind doppelt scheiße?"
Sie haben sicher davon gelesen: Mit dieser Frage hatte sich Gabriele Möller-Hasenbeck in der vergangenen Woche im Kölner Gürzenich überraschend auf die Bühne begeben, um den dort auftretenden Comedian Bernd Stelter auf ihren Unmut über seine Scherze hinzuweisen. Stelter hatte sich zuvor im Zusammenhang mit der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer über Doppelnamen lustig gemacht.
Es ist keineswegs übertrieben, wenn ich sage, dass dieser in der Weltpolitik vergleichsweise harmlos erscheinende Vorfall und all seine bisherigen Begleiterscheinungen großes Interesse bei mir hervorgerufen haben. Das "Steltergate", wie es in den sozialen Netzwerken schnell genannt werden sollte, fördert nämlich Probleme verschiedenster gesellschaftlicher Ebenen zutage und nicht zuletzt auch einen bedauerlichen, noch immer bestehenden Graben zwischen Ost und West.[...]
Worin besteht nun der Unterschied zur ostdeutschen Frau?
Es ist im Osten ja nicht so, dass wir keine Frauen mit Doppelnamen gekannt haben. Schon der Name Irma Gabel-Thälmanns, die bereits jedem Jungpionier bekannte Tochter des kommunistischen, in der DDR-Erinnerungskultur gehypten Widerstandskämpfers Ernst Thälmann, spricht für sich. Und mit der populären Langläuferin und Biathletin Simone Greiner-Petter-Memm schoss die zielsichere DDR-Sportlerin mit einem Dreifach-Namen einmal über selbiges hinaus.
Ja. Doppel- und sogar Mehrfachnamen gab es in der DDR, aber besonders häufig waren sie nicht. Vielleicht weil sich die Emanzipation der ostdeutschen Frauen bis heute eher wenig über Sprache definiert. In diesem Zusammenhang wage ich zu behaupten, dass die Generationen der bis etwa 1980 geborenen ostdeutschen Frauen mit Gender-Sternchen und Innen-Endungen eher wenig am Hut hat. Meiner Mutter zum Beispiel war es völlig gleich, ob sie Zahnarzt oder Zahnärztin genannt wurde. Sie hatte Zahnmedizin studiert und diesen Beruf ausgeübt. Fertig. Einem Mann gegenüber habe sie sich noch nie unterlegen gefühlt, sagt sie. Und dieses Gefühl teile ich mit ihr uneingeschränkt. Es sind aber Wahrnehmungen. Es ist unsere Wirklichkeit. Es liegt mir fern, diese als einzig geltende darzustellen." (Doppeldeutschland. Was die Diskussion über Witze auf Kosten von Frauen mit Doppelnamen über Ost und West verrät von Ulrike Gastmann, ZEIT 6.3.19)

Bevölkerungsdichte europäischer Länder




Niederlande 412 E/km²
Belgien 373 E/km²
Malta 316 E/km²
Luxemburg 232 E/km²
Deutschland 231 E/km²

Dienstag, 14. Mai 2019

Elektro-Tretroller wollen auch deutsche Städte erobern

"Das ist gut so – und längst überfällig. [...] Die Verleiher können es kaum erwartenFAZ 14.5.19

Der Wille der Tretroller ist uns Gesetz. 
Wer könnte in Zeiten von Fridays for Future schon auf etwas anderes kommen?!
Nicht die FAZ.
Scheuer würde sagen: "Alles andere wäre gegen jeden Menschenverstand."

Wohinter steckt ein kluger Kopf?
Vorzügliches Feuilleton und [...] Kommentare. 

Mittwoch, 8. Mai 2019

Selbststilisierung Emil Noldes

https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/emil_nolde

Zulässiger Selbstschutz oder unzulässige Täuschung?

Sieh auch:
https://fontanefansschnipsel.blogspot.com/2013/09/emil-nolde.html

Auch individuell kann man beim Verkehr viel CO2 einsparen

Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung Blog Postwachstum:

Suffizienz in der Mobilität von Markus Profijt 25. April 2019


Laut Klimaschutzplan will die deutsche Bundesregierung die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80-95 % bezogen auf 1990 senken (BMUB, 2016, S. 7). Als wesentlicher Verursacher mit einem Anteil von 18,4 % emittierte der Verkehrssektor, diesem Plan konträr, im Jahr 2016 sogar 2 Mio. t Treibhausgase mehr als 1990 (UBA, 2017, S. 1 u. 4). Da technische Errungenschaften der letzten 26 Jahre hier keine Minderung herbeiführen konnten, stellt sich die Frage, ob ein geändertes Konsumverhalten dieses erreichen kann. [...]
Das ermutigende Ergebnis der Studie ist, dass Konsumreduktion oder -verlagerung auch im Bereich der Mobilität sofort – ohne weiteres Warten auf technische Innovationen – zur Reduktion des Umweltverbrauches führen kann. So kamen die Proband/innen allein durch ihr suffizientes Mobilitätsverhalten zu weit unterdurchschnittlichen Treibhausgasemissionen. Dabei benötigt suffizientes Verhalten im untersuchten Bereich der Alltagsmobilität keinen Aktivitätsverzicht und kann einen Zuwachs an Lebensqualität mit sich bringen, der nach Linz (2002, S. 13) einen gesellschaftlichen Wandel zu mehr Suffizienz erst ermöglicht. Dazu braucht es auch von Unternehmensseite passende Angebote, die die Nachfrage der Mobilitätssuffizienten gezielt bedienen und damit mehr Suffizienz ermöglichen.

Dienstag, 7. Mai 2019

Frauen am Bauhaus


Alma Buscher

"[...] Für das Musterhaus Am Horn zur Bauhaus-Ausstellung 1923 entwarf sie zusammen mit Erich Brendel das Kinderzimmer aus Funktionsmöbeln, die viel Aufsehen erregten.[1] Zu ihren bekanntesten Arbeiten am Bauhaus zählen das Kleine Schiffbauspiel (1923), das aus 32 farbigen hölzernen Spielsteinen besteht, und das aus 39 Teilen bestehende Große Schiffbauspiel (1924). Für Kinder entwarf sie Wurfpuppen (1923), die Bastelbögen Kran und Segelboot (1927 im Otto Maier-Verlag Ravensburg veröffentlicht) und Malfibeln (1930). [...]"

Lotte am Bauhaus (Film 2019)

Lindner: Digitale Transformation in den Unternehmen

"[...] Wenn sich große Teile des betrieblichen Lernens zu den digital vernetzten Arbeitsplätzen verschieben, werden Räume und Zeiträume frei, die für herkömmliche Weiterbildung vorgesehen waren. [...] man kann das nun ganz anders füllen – nicht mehr mit Kursen und Seminaren im alten Stil, sondern mit Einzelveranstaltungen, Barcamps und agilen Workshops. Das folgt der Logik des Netzes: Treffen von Angesicht zu Angesicht werden seltener, aber zugleich wertvoller und intensiver. Hier bilden sich Keime für Netz-Communities. Hier entspinnen sich Konversationen, die über den alltäglichen Horizont hinausgehen. Hier holt man sich Impulse, die dann ein halbes Jahr lang weiterwirken und online gepflegt werden. [...]
Derzeit sieht es so aus, als würden zukunftsweisende Formen der Bildung und Weiterbildung vor allem abseits des akademischen Raums entstehen. Inwiefern die neue Lernkultur bei Adidas wirklich gelebt wird, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen, aber der Start war jedenfalls verblüffend konsequent und dynamisch. [...]
"Die eigentliche Adidas-Universität ist kein Marmor-Gebäude, sondern das Smartphone, das jeder ohnehin dabei hat". [...]
Die Adidas-Zentrale ist also eine Art Luftschloss, und das passt natürlich gut in eine digital entkörperlichte Welt. Das Durchschnittsalter liegt bei 30 Jahren. Es ist klar, dass sich in postmodernen Firmen dieser Art die digitale Transformation viel radikaler vollzieht als in den herkömmlichen Industrien und Bürokratien. [...]
Eine Aussage aus einem konventionelleren Unternehmen, aus Continental:
"[...] Wenn man autonomes Fahren mitentwickeln will, muss man den ganzen Prozess über die ganze Organisation verteilen. Alle 215.000 Leute tragen dann im Idealfall dazu bei, jeder ein kleines Stückchen. Und dafür brauchen Sie eben Systeme, die dieses gemeinsame Denken und diese Kollaboration ermöglichen und abbilden." [...]
Wer das Lernen im Arbeitsprozess fördern will, muss E-Mails zurückdrängen. Je mehr mit E-Mails abgewickelt wird, desto weniger kann Wissen zirkulieren und weiter wachsen. [...]
E-Mails sind für die wenigen Inhalte da, die gerade nicht ins Netz gehören, weil sie vertraulich oder schwierig sind. Das heißt umgekehrt: Alle anderen Inhalte und Impulse müssten in sozialen Netzwerken und auf durchsuchbaren, verlinkten Webseiten ausgetauscht werden. An den vernetzten Arbeitsplätzen der Zukunft gilt die Maxime "So offen wie möglich, so geschlossen wie nötig". Nur dann kann auch eine neue Lernkultur entstehen."
Working Out Loud: "Der Blogger Bryce Williams brachte das [Working Out Loud] auf eine Formel: "observable work + narrating your work = working out loud". "Laut arbeiten" bedeutet also, die eigene Arbeit nach außen wahrnehmbar zu machen (passiv) und sie zusätzlich auch selbst in Worte zu fassen (aktiv). [...]
Auch die Grenzen zwischen Arbeiten und Lernen werden auf diese Weise fließend. Harold Jarche, einer der Vordenker des neuen digital-vernetzten Corporate Learning, spricht deshalb ausdrücklich von Learning Out Loud. Das Besondere sieht er darin, dass so ein zweiter von der eigentlichen Alltagsarbeit getrennter Raum entsteht: [...] Vertrauensvolle Räume, wie etwa die Communities of Practice, geben uns einen Platz, um ohne Risiko auch halbgare Ideen auszuprobieren. [...]
Um diesen Mentalitätswandel zu erleichtern, kreierte der Berater John Stepper eine Methode, die er ebenfalls "Working Out Loud" (WOL) nennt und in einem gleichnamigen Buch beschrieben hat: Working Out Loud: for a better career and life (2015). Hier findet das offene Arbeiten getrennt vom eigentlichen Arbeitsprozess in kleinen, geschützten Selbsthilfegruppen statt. Jedes der drei bis fünf Gruppenmitglieder setzt sich ein persönliches Ziel, das mit digitaler Kollaboration zusammenhängt, und dann trifft man sich 12 Wochen lang jede Woche, um zu reflektieren, wie weit man jeweils damit gekommen ist. [...]
Wenn man auf der individuellen Ebene der euphorischen Selbstverbesserung stehen bleibt, ergibt sich das typische Diät-Problem. Die Gefahr ist, sich etwas vorzunehmen, an dem man nur scheitern kann, und dann versinkt man erst recht in Frustration und neurotischen Ausweichmanövern. Es geht aber zuerst darum, ein stützendes Gerüst von Strukturen zu schaffen und dann mit Geduld und Frustrationstoleranz langsam die eigenen Routinen zu verändern. [...]
BuurtzogWikipedia-logo.png ist dagegen eine verteilte Organisation, die Pflegeteams sind im ganzen Land verstreut. [...] Wenn jemand ein schwieriges Problem hat, etwa Wie gehe ich mit Patienten umgeht, die lebensrettende Medikamente nicht einnehmen?, Dann können sie einzelne KollegInnen oder das Team um Hilfe bitten. Wenn systematischer Weiterbildungsbedarf entsteht, etwa zu neuen Medizintechnologien oder neuen Krankheitstherapien, kann man ein Training machen, wenn es dem eigenen Team (jeweils zwischen 4 und 12 Leute) gerechtfertigt erscheint. Die Budgetverantwortung liegt bei dem Team selbst. Drei Prozent der Einkünfte sind für die Weiterbildung reserviert, und bei Bedarf kann man mehr anfordern. Herkömmliches Weiterbildungsmanagement gibt es nicht. Die Zentrale versteht sich nicht als Planungszentrale, sondern als unterstützende Plattform, die Netzwerkeffekte zum Nutzen aller ausnützt. [...]
Es gibt keinen Unterschied zwischen Arbeit und Lernen, keine Kluft zwischen Online-Vernetzung und Offline-Weiterbildung. Leitbild ist die selbstständige Fachkraft, die auch beim Lernen alle wichtigen Entscheidungen selbst trifft. Im Zentrum stehen resources, not courses.
Die Industriearbeiter von FAVI und die KrankenpflegerInnen von Buurtzog sind bessere Modelle für die lebenslang lernenden MitarbeiterInnen der Zukunft als etwa die Google – MitarbeiterInnen oder die forschenden Ingenieure der schweizerischen Hightech-Firma Zühlke. Dort ist es ganz selbstverständlich, dass 20 % der Arbeitszeit dem Lernen in Communities auf Practice gewidmet sind, und die frühe Einführung eines ESN war nur die logische Konsequenz aus der immer schon vernetzten, agilen und projekthaften Arbeitsweise.
Doch Lalouxs Fallbeispiele zeigen, das es gar keinen Grund gibt, anspruchsvolle Selbstlern-Konzepte und Formen der Selbstorganisation auf Führungskräfte oder innovative WissensarbeiterInnen in der F&E-Abteilung zu beschränken. [...]
Natürlich sieht die Vision der lernenden Organisation aus der Perspektive von LeiharbeitnehmerInnen ganz anders aus, die für ein paar Jahre für weniger Geld neben den abgesicherten Regelarbeitsplätzen arbeiten und bei jeder Krise damit rechnen müssen, auf der Straße zu stehen."
Zum Kontext:
Martin Lindner: Die Bildung und das Netz

Demokratisierung des Digitalen

„Nicht etwa die Digitalisierung der Demokratie, sondern die Demokratisierung des Digitalen – das ist die drängendste Aufgabe!“ (Steinmeier auf republica 2019)

Sonntag, 5. Mai 2019

Quakers in Science and Industry

J. A. C. (1951). Quakers in Science and Industry, being an Account of the Quaker Contributions to Science and Industry during the 17th and 18th Centuries. By Arthur Raistrick, M.Sc., Ph.D. Pp. 361; with 17 plates and 10 charts. London, 1950: The Bannisdale Press. 21s. Bulletin of the British Society for the History of Science, 1(5), 116-116. doi:10.1017/S0950563600000488

Quaker wurden in ihren Anfängen verfolgt und konnten keine öffentlichen Ämter erreichen. Trotzdem oder gerade deswegen haben sie einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung der Industriellen Revolution und von Naturwissenschaft und Technik der Zeit.
Wichtige Persönlichkeiten 
Abraham Darby IAbraham Darby II (Sohn) und Abraham Darby III (Enkel)
Barclays, Lloyd, Cadbury, Fry, Rowntree:
Barclays
Lloyds_Banking_Group
Fry family
John Cadbury (1801–1889), family patriarch, founder of Cadbury plc
  • Richard Cadbury (1835–1899), manufacturer and philanthropist
  • George Cadbury (1839–1922), younger brother, developed the firm and perfected the recipe for Dairy Milk
    • Egbert Cadbury (1893–1967), First World War flying ace and later managing director of the family firm
      • Peter Cadbury (1918–2006), an entrepreneur who made his own career outside the family firm
      • Adrian Cadbury (1929–2015), businessman and commentator on corporate governance
      • Dominic Cadbury (born 1940), businessman and Chancellor of the University of Birmingham
Bauwerk:

The Iron Bridge

 "[...] Die Idee einer Eisenbrücke wurde vermutlich ab 1773 entwickelt.[5] Die Idee geht vermutlich auf den ortsansässigen Eisenproduzenten John Wilkinson in Zusammenarbeit mit dem Architekten Thomas Farnoll Pritchard zurück.[6] Pritchards schuf 1775 verschiedene Entwürfe für die Brücke. Abraham Darby III war für den endgültigen Entwurf und die Ausführung verantwortlich, könnte aber auch schon die Idee mitentwickelt haben.[5][6] Die Konstruktion dauerte nur drei Monate und wurde Sommer 1779 beendet.[4] Nach anderen Quellen begann der Bau bereits 1777, womit jedoch auch der Beginn der Herstellung der Gussteile gemeint sein könnte.[6][7]
Da bisher noch keinerlei Erfahrungen aus dem Brückenbau mit Eisen vorlagen, wurden Methoden aus dem Zimmermanns-Handwerk angewandt. Die genauen Vorgänge aus dem Baujahr 1779 sind nicht überliefert. Der erste von zwei Brückenbogen überspannte den Fluss Severn am 2. Juli 1779.[4] Anschließend mussten noch die Zufahrtsstraßen gebaut werden. Die Brücke wurde am Neujahrstag 1781 eröffnet.[4][...](Wikipedia)

Mehr über das Buch:
https://www.cambridge.org/core/journals/bulletin-of-the-british-society-for-the-history-of-science/article/quakers-in-science-and-industry-being-an-account-of-the-quaker-contributions-to-science-and-industry-during-the-17th-and-18th-centuries-by-raistrick-arthur-msc-phd-pp-361-with-17-plates-and-10-charts-london-1950-the-bannisdale-press-21s/981FCA1949F237C852DBFD3FCEA273F4

Den Hinweis auf das Buch verdanke ich Bill Bryson: The Road to Little Dribbling, S.320

Samstag, 4. Mai 2019

Die Ökonomie des Alltagslebens - Für eine neue Infrastrukturpolitik

"Gesundheitsversorgung und Bildung sind notwendige Infrastruktur "Doch in den vergangenen Jahrzehnten wurden in ganz Europa immer mehr Krankenhäuser, Schulen, Bahnstrecken oder gleich ganze Verkehrsnetze privatisiert und so der Profitlogik unterworfen – mit bisweilen dramatischen Folgen.

[...] Wir müssen die Ökonomie wieder als etwas begreifen, das zuallererst dem guten Leben der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet ist" (Die Ökonomie des Alltagslebens)

Freitag, 3. Mai 2019

Oxford

Was ich vor über 30 Jahren gesehen habe, was aber laut Bill Bryson inzwischen wunderbar modernisiert worden ist:

Ashmolean Museum
Hier besonders interessant: Linear B Täfelchen mit Erläuterung zur Entzifferung:
"Die Grundlagen der Entzifferung wurden von der Altphilologin Alice Kober zwischen 1940 und ihrem frühen Tod 1950 gelegt. Aufbauend auf ihrer systematischen Vorarbeit gelang 1952 dem britischen Architekten und Sprachforscher Michael Ventris zusammen mit John Chadwick die Entzifferung." (Wikipedia)

Oxford University Museum of Natural History 

Pitt Rivers Museum

Iffley
Roger Bannister running track
Sir Roger Bannister 


Wytham Woods
Wytham village and Wytham Woods have frequently featured in the "Inspector Morse" detective novels by Colin Dexter, most notably in The Way Through the Woods.

Wytham

Donnerstag, 2. Mai 2019

Alain Finkielkraut

"Ich bin kein Opfer" Georg Blume im Gespräch mit Alain Finkielkraut
Am vergangenen Wochenende wurde der jüdische Philosoph Alain Finkielkraut von den Gelbwesten in Paris als "dreckiger Zionist" beschimpft. Ein Gespräch mit dem französischen Intellektuellen über die Macht der neuen Antisemiten in Europa
[...] Die Gelbwesten drücken tatsächlich die Sorgen und die Wut des Teils von Frankreich aus, der zugunsten der großen Metropolen vergessen und vernachlässigt wurde. Ich schließe nicht aus, dass der Antisemitismus die Gelbwestenbewegung teilweise durchdringt. Aber die Leute, die mich am Samstag sofort erkannten und angriffen, hatten Negativbilder im Kopf, die seit Langem in der intellektuellen Öffentlichkeit Frankreichs im Umlauf sind. Nicht wenige Journalisten und Intellektuelle halten mich seit Jahren, auch wenn sie es so nicht sagen, für einen Rassisten und Faschisten. Die Gelbwesten haben nur den Anschuldigungen, die innerhalb der Intelligenzija entwickelt wurden, einen bedrohlichen Charakter verliehen. Deshalb ist es zu einfach, die Gelbwesten zu beschuldigen. In Wirklichkeit stammt die Gewalt der Attacke gegen mich aus der Welt der französischen Kultur. [...]"
(ZEIT Nr.9, 21.1.19)

Mittwoch, 1. Mai 2019

Sprache des Ruhrgebiets

http://www.ruhrgebietssprache.de

Bei Gelegenheit mehr.

HANNA ENGELMEIER über Ann Cotten

"Wer das Buch liest und doof findet, hat aber vielleicht andere Probleme mit dem diesem Text, der vor intellektueller Kraft und Einfallsreichtum einfach nicht richtig laufen kann." (taz 30.4.19)

Offenbar ist es inzwischen beliebt geworden, James Joyce und Arno Schmidt an Schwerinterpretierbarkeit zu übertreffen.
Wohl bekomm's.

Robert Wright: Nonzero

Kurzzusammenfassung in Tweets (engl.)

Wikipediaartikel (engl.)