Lesenswerte Antworten nach dem Kulturbruch zwischen Antike und Mittelalter werden auf gutefrage.net gegeben.
Mir ist das freilich zu detailliert und nicht grundsätzlich genug. Es gab einen Kultur- und Zivilisationsbruch am Übergang von der Antike zum Mittelalter.
1. weil das weströmische Reich zusammenbrach
Deshalb fehlte die zentrale Organisation, die genügend Kapital und Arbeitskräfte bereitstellen konnte, die Infrastruktur auf dem gesamten Reichsgebiet aufrechtzuerhalten.
Außerdem führte das dazu, dass die Einheit der Kirche verloren ging. Das Schisma von 1054 stand an Ende eines längeren Prozesses. (Eine umfassende Einheit der Kirche hatte es freilich schon sehr früh nicht mehr gegeben: Ende der Urgemeinde um das Jahr 50.)
2. weil mit der Entstehung der römischen Staatskirche die Autorität der heidnischen Wissenschaft nachhaltig infrage gestellt wurde.
Interessanterweise wurden auf oströmischen Gebiet, wo das Reich seine Kontinuität behielt, die antiken Schriften sehr viel besser überliefert als im Westen, ja sogar sehr erfolgreich an das arabische Kalifat weitergegeben. So konnte in der Renaissance nicht nur an die Weiterentwicklung des antiken Denkens im byzantinischen Reich, sondern auch an die in den arabischen Kalifaten angeknüpft werden.
Bemerkenswert ist dabei, dass die Autorität des Aristoteles im Mittelalter umfassender galt als in der Zeit der konkurrierenden Wissenschaftsschulen in der Antike. So galten die Aussagen der aristotelischen Schriften als beweiskräftiger als die Beobachtungen in der Wirklichkeit.
Einen in mancher Weise vergleichbaren Kulturbruch hat es mit dem Ende der Sowjetunion gegeben:
Ende der Autorität des Marxismus-Leninismus auf dem gesamten Gebiet der ehemaligen SU und Ende des Warschauer Paktes und der russischen Hegemonie insbesondere in großen Teilen Osteuropas.
Wegen des Fortbestandes der Herrschaft der kommunistischen Partei ist der Umbruch in China (trotz des Abweichens vom Maoismus) zwar nicht so radikal, doch wegen der sehr erfolgreichen Einführung privatkapitalistischer Strukturen ist er aber weltwirtschaftlich noch folgenreicher.
Die Vorstellung, im Mittelalter sei die zivilisatorische und wissenschaftliche Entwicklung zusammengebrochen, ist freilich oberflächlich. Was wegen der Autorität der Kirche erschwert war, war der wissenschaftliche Austausch und der Ideenwettbewerb. Dies Phänomen ist freilich bei allen Reichsbildungen zu beobachten und gilt in mancher Hinsicht auch im Bereich der us-amerikanischen Hegemonie (insbesondere im Bereich der Wirtschaftswissenschaften).
Seiten
Samstag, 31. März 2018
Freitag, 30. März 2018
Was uns gesund und geistig beweglich erhält: die 4 B's
Der Neurobiologe und Hirnforscher Gerald Hüther weist auf vier große B's hin, die uns gesund und geistig beweglich halten:
1. Begegnungen und Beziehungen mit anderen Menschen (nicht zuletzt solche, die Denkgewohnheiten infrage zu stellen helfen)
2. Bewegung (Körperliche Aktivität hilft den Dopaminspiegel (des Glückshormons) aufrechtzuerhalten.)
3. Bedeutung und Begeisterung (Alles, was uns wichtig ist und wofür wir uns begeistern können, mobilisiert neue Kräfte und stärkt unsere Gehirnleistung.)
4. Belohnung (Jede Herausforderung, der wir uns gestellt und die wir bewältigt haben, aktiviert einen Ort im Gehirn, den Nucleus accumbens, der wiederum Botenstoffe aussendet, die uns stärken und unsere Selbstheilungskräfte mobilisieren.)
Donnerstag, 29. März 2018
In Frankreich wird Vorschulpflicht geplant
Schulpflicht ab drei Jahren SZ 28.3.18
Mittwoch, 28. März 2018
Datenschutz - DSGVO für Einzelunternehmer und Freelancer
https://www.content-iq.com/2018/03/22/dsgvo-fuer-einzelunternehmer-und-freelancer/
Tendenziell kommt das auch auf Vereine zu, nicht nur auf den ADAC.
Aber die meisten Vereine dürften damit noch auf einige Zeit nichts zu tun haben.
Tendenziell kommt das auch auf Vereine zu, nicht nur auf den ADAC.
Aber die meisten Vereine dürften damit noch auf einige Zeit nichts zu tun haben.
Dienstag, 27. März 2018
Bach? Meer sollte er heißen.
ZEIT online 27.3.18
"[...] Johann Sebastian Bach starb 1750. Danach war er ziemlich tot. Bis auf ein paar Schüler und Musikexperten interessierte sich erst mal niemand mehr für ihn. Auf Bachs Grab in Leipzig stand noch nicht einmal ein Stein, die Familie hatte sich keinen leisten können, der Stadt schien der Tote einer solchen Ehre nicht wert. Ab und zu wurde in Leipzig noch eine Bach-Kantate aufgeführt. Aber die meisten von Bachs Noten moderten lange in irgendwelchen Schubladen und Archiven vor sich hin. Da hatte halt einer Musik gemacht für seine Mitmenschen und war dann unter die Erde gegangen. [...]
Mozart: "Bach ist der Vater, wir sind die Buben. Wer von uns was Rechtes kann, hat’s von ihm gelernt."
"[...] Johann Sebastian Bach starb 1750. Danach war er ziemlich tot. Bis auf ein paar Schüler und Musikexperten interessierte sich erst mal niemand mehr für ihn. Auf Bachs Grab in Leipzig stand noch nicht einmal ein Stein, die Familie hatte sich keinen leisten können, der Stadt schien der Tote einer solchen Ehre nicht wert. Ab und zu wurde in Leipzig noch eine Bach-Kantate aufgeführt. Aber die meisten von Bachs Noten moderten lange in irgendwelchen Schubladen und Archiven vor sich hin. Da hatte halt einer Musik gemacht für seine Mitmenschen und war dann unter die Erde gegangen. [...]
Mozart: "Bach ist der Vater, wir sind die Buben. Wer von uns was Rechtes kann, hat’s von ihm gelernt."
Beethoven: "Nicht Bach, sondern Meer sollte er heißen!"
Wagner: "Das erstaunlichste musikalische Wunder aller Zeiten." [...]
David Cope "wurde vor einer Weile gefragt, warum Bach auf der Liste seiner fünf liebsten Komponisten nicht auftauche. "Ich würde in die Liste der fünf größten Religionsstifter ja auch nicht Gott aufnehmen", antwortete Cope. [... ]
Johannes Brahms, der diese Musik 1877 entdeckte und danach an Clara Schumann schrieb: "Hätte ich das Stück machen, empfangen können, ich weiß sicher, die übergroße Aufregung und Erschütterung hätten mich verrückt gemacht."[...]"
Offenbar ist es relativ gleichgültig, ob man selbst gläubig ist oder nicht, Bach führt zum Gedanken an Gott. Der weltbekannte Bach-Dirigent John Eliot Gardiner hat gesagt, dass er Bachs Musik nicht aufführen kann, ohne zumindest während der Darbietung gläubig zu werden. Selbst Nietzsche, Totengräber Gottes, schrieb in einem Brief: "In dieser Woche habe ich dreimal die Matthäuspassion des göttlichen Bach gehört, jedes Mal mit dem Gefühl der unermesslichen Verwunderung. Wer das Christentum völlig verlernt hat, der hört es hier wirklich wie ein Evangelium."
Bach selbst sah das so: "Wenn man Gott mit seiner Musik nicht ehrt, ist die Musik nur ein teuflischer Lärm und Krach." Das sind Gedanken, mit denen man im 21. Jahrhundert im Zweifelsfall nicht mehr sonderlich viel anfangen kann. Man hört in diesen Worten sehr deutlich, dass Bach ein Mensch der Voraufklärung war. Kein Humanist. Im Zentrum seiner Welt stand nicht der Mensch, sondern Gott.
Wenn man aber für einen Moment von der Frage absieht, ob man selbst mit der Idee "Gott" etwas anfangen kann – wie geht das dann eigentlich, bitte schön: den Teufel in der Musik vermeiden, Gott ehren? Wie drückt man Gott musikalisch aus? Muss man beim Komponieren einfach ganz feste glauben? Das kann es ja kaum sein.
"Bach war jenseits aller anderen Komponisten"
Könnte die Präsenz Gottes in Bachs Musik trotzdem der wesentliche Grund für deren Unsterblichkeit sein?
Vielleicht gibt es sogar eine Möglichkeit, einen halbwegs säkularen Weg zu diesem Gedanken zu finden. Einen Weg, den Gläubige und Atheisten gemeinsam gehen können, zumindest sehr weit.
Dieser Weg führt, es geht leider nicht anders, über die Musiktheorie. Zum Trost: Der Mann, der ihn hier weisen soll, ist David Cope. Viele Menschen haben Bachs Kompositionstechniken en détail studiert, aber vermutlich hat keiner sie so gründlich verstanden wie dieser Mann. Denn David Cope ist der größte, meistgehasste, schamloseste und genialste Kopist, den Bach je hatte.
Bis zum Ende der siebziger Jahre war Cope ein sozusagen regulärer zeitgenössischer Komponist. Er hatte Erfolg, seine Werke wurden in der Carnegie Hall aufgeführt, die Kritiker mochten ihn. Cope selbst war süchtig nach Musik, er spielte Klavier, seitdem er vier Jahre alt war. Dann, er war 39 Jahre alt, befiel ihn eine Schreibblockade. Monatelang saß er stumm vor dem Notenpapier. Nichts kam mehr. Sein Lebensinhalt drohte einfach zu verschwinden. Um sich abzulenken, zu trösten, vielleicht auch aus Verzweiflung begann Cope damals, an einem Computerprogramm zu schreiben, das komponieren kann.
Das Ergebnis dieser Arbeit, die Jahre dauerte, nannte Cope EMI –Experiments in Musical Intelligence. Das Programm EMI war eine künstliche Intelligenz. Sie erfand nichts, aber sie imitierte perfekt. Man fütterte EMI mit Noten, dann analysierte und zerlegte es diese Noten und setzte sie nach jenen musikalischen Gesetzen neu zusammen, die Cope erkannt und dem System beigebracht hatte. EMI konnte den Stil der unterschiedlichsten Komponisten nachahmen, je nachdem, mit welchem Material man es versorgte. Es komponierte rasend schnell und ohne Fehler. Und der erste Komponist, den EMI zu kopieren lernte, war Bach. Einmal schmiss Cope EMI an, ging einen Kaffee trinken, kam nach einer entspannten Stunde zurück, und EMI hatte in dieser Zeit fünftausend Choräle im Stil von Bach geschrieben. [...]"
Wie hoch muss die Arbeitslosigkeit mindestens sein? 5,7% sind zu wenig, schreibt
die FAZ, 27.3.18
Sonntag, 25. März 2018
Lehrermangel? Kein Wunder!!!
Es ist das Land Baden-Württemberg, das nicht zahlen will.
Eine höchst verständliche Reaktion:
Erst führt man in Kenntnis der kommenden Schülerzahlen Lehrermangel herbei, beklagt sich lautstark über das unverdiente Unglück und dann tut man mit solchen Methoden alles, ihn zu vergrößern!
Das wäre einmal ein passender Anlass für einen Shitstorm.
Donnerstag, 22. März 2018
Wikipedianer
Für Wikipedianer, die sich zu ihrer politische Einstellung bekennen, scheint die Identifikation mit der Wikipedia nach einer Studie vom 3.4.2013 größer zu sein als die zu Personen mit gleicher politischer Einstellung. Es ist freilich nicht unwahrscheinlich, dass sich das zumindest seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten merklich geändert hat. Allerdings könnte es auch sein, dass sich extrem wenige Wikipedianer als Fans von Trump bekennen.
Dienstag, 20. März 2018
Wieder einmal Facebook
Über Facebook soll die Wahlkampagne Donald Trumps mit Daten von 50 Millionen Nutzern versorgt worden sein, die es ermöglichten, den Wahlkampf entsprechend auszurichten.
Dazu schreibt die Bildzeitung, die nicht gerade nicht als übermäßig an Datenschutz interessiert gilt:
Dazu schreibt die Bildzeitung, die nicht gerade nicht als übermäßig an Datenschutz interessiert gilt:
Facebook erhält Zugang zu allen gespeicherten Kontakten auf dem Handy, zu privaten SMS, dem Standort, Fotos und sogar Telefongesprächen. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern ein Fakt, den man in den App-Daten einsehen kann: „Zwar lässt sich der Datenumfang begrenzen, den Apps aus dem eigenen Profil auslesen können, die von Freunden verwendet werden, wenn man sich zu der entsprechenden Stelle tief in den Einstellungen vorarbeitet“, erklärt der Datenschutzbeauftragte Caspar. „Standardmäßig ist allerdings der Zugriff für Apps anderer Nutzer auf fast alle Informationen zugelassen." (Bild 20.3.18)
Erst wäg's, dann wag's
http://www.sueddeutsche.de/auto/meinung-am-mittag-autonomes-fahren-menschen-machen-fehler-maschinen-auch-1.3913536
Ethisches Dilemma:
Es müssen noch viele Versuche gemacht werden, bevor man künstlicher Intelligenz autonomes Fahren anvertrauen darf.
Ethisches Dilemma:
Es müssen noch viele Versuche gemacht werden, bevor man künstlicher Intelligenz autonomes Fahren anvertrauen darf.
Neues vom generischen Pralinchen
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Montag, 19. März 2018
Was bringt eine Twitterdiskussion zu Geschichtsunterricht?
Ich denke, einige Aspekte sind angesprochen. Nicht jede Schülerreaktion, die Lehrer enttäuscht, muss objektiv problematisch sein.
Außerdem: Was im schlimmsten Fall zu Verschwörungstheorien führt, kann im besten Fall ein sehr erfreuliches Ergebnis von Geschichtsunterricht sein. Die Mühe lohnt trotz alledem und alledem.
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Inwiefern ist die Digitalisierung "vorbei"?
"Überwacht wird fast alles – unabhängig davon, ob es direkt digital erfolgt oder erst in Daten übersetzt werden muss.
Probleme bei der Digitalisierung von Schulen
Die Einsicht, dass die Digitalisierung vorbei ist, hat keine moralische Komponente. Man muss das weder gut noch schlecht finden – es ist einfach passiert. Man kann es erklären – und im Umgang damit eine ethische Position vertreten."
Die Digitalisierung ist vorbei http://schulesocialmedia.com/2018/03/19/die-digitalisierung-ist-vorbei/ …
Es ist eine anregende These; aber "vorbei" ist nicht vorbei. Die atomare Bewaffnung der Supermächte ist in den 1940ern gelaufen; dennoch hatte der Atomwaffensperrvertrag Sinn.
Freihandel ist alt, aber nicht alles muss Handelsgut werden.
Die Graphik, die Wampfler anführt, beschreibt einen Ablauf, nicht aber den Vorgang in seiner historischen Dimension.
Gern mache ich Reklame für sein Buch:
"Das Buch analysiert die Kommunikation im Internet und wie wir Menschen damit umgehen. Der Autor gibt Tipps, wie wir im Internet kommunizieren könnten, damit auch da gehaltvolle, produktive und gesunde Kommunikation möglich ist.
Das Ziel ist klar: Dem Nonsens soll durch kreative und kluge Beiträge, durch klare Begriffe, saubere Argumente und transparente Abbildung der Wirklichkeit entgegengetreten werden. [...] Der Nonsens verschwindet nur, wenn wir uns gemeinsam gegen die Verbreitung von falschen Informationen im World Wide Web stemmen."
Sonntag, 18. März 2018
Vom Mittelalter zum Humanismus: Ambraser Heldenbuch
Bei einem kurzen Blick auf die Übergangszeit vom Mittelalter zum Humanismus stieß ich auf das Ambraser Heldenbuch, das wir der Initiative Maximilians I. verdanken.
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Freitag, 16. März 2018
Rückgang der Schülerzahlen. Aber bis 2025 vielleicht 1 Million mehr, als gedacht
"Die steigende Zahl ausländischer Schüler hat insgesamt nicht für überfüllte Klassenzimmer gesorgt. Im laufenden Schuljahr werden laut Statistischem Bundesamt rund elf Millionen Schüler an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen unterrichtet. Das sind 0,4 Prozent weniger als im vorherigen Schuljahr. Damit setzte sich der rückläufige Trend seit dem Schuljahr 2000/2001 weiterhin fort. [...]
Langfristig könnten die Schülerzahlen jedoch wieder deutlich steigen. Seit Jahren werden immer mehr Kinder eingeschult, die dann irgendwann auf die weiterführenden Schulen drängen. Laut einer Analyse der Bertelsmann Stiftung könnte es bis 2025 eine Million Schüler mehr geben als gedacht. Bildungsforscher warnen vor dramatischen Engpässen bei Lehrern und Schulgebäuden." (Bildung SPON 13.3.18)
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Mittwoch, 14. März 2018
Wie viele Juden wurden im Holocaust ermordet?
"Im Holocaust wurden zwischen 5,5 und 6,3 Millionen jüdische Menschen ermordet
Die Zahl 6 Millionen wurde wohl zuerst von Adolf Eichmann verwendet
Eine genaue Zahl wird sich wegen der Quellenlage nicht ermitteln lassen [...]"
Die Zahl 6 Millionen wurde wohl zuerst von Adolf Eichmann verwendet
Eine genaue Zahl wird sich wegen der Quellenlage nicht ermitteln lassen [...]"
GeschichtsCheck 11.10.216
Im weiteren Text wird erläutert, dass Historiker die Zahl zunächst niedriger schätzten und wie man zu der heutigen Schätzung kommt.
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Dienstag, 13. März 2018
Papst Franziskus
euro|topics.net:
Seit fünf Jahren sitzt Jorge Bergoglio auf dem Heiligen Stuhl. Wie stark Franziskus' Pontifikat den Vatikan und die katholische Kirche verändert hat, ist unter Europas Medien umstritten.
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An der Seite der Vergessenen
Jornal de Notícias lobt den Papst für seine Menschlichkeit:
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Vom Ende der einheitlichen Lehre
Verändert Papst Franziskus die kirchliche Lehre? Gazeta Wyborcza versucht sich an einer Antwort:
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Mut zur Tat fehlt noch
Noch nicht in allen Bereichen sind den schönen Worten des Papstes auch mutige Taten gefolgt, klagt hingegen La Vanguardia:
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Ein Beispiel für massive Kritik an Papst Franziskus,
die sich als "Papsttreue" gibt.
Hier wird Franziskus mit dem Zwergenkönig Thorin aud Tolkiens Hobbit verglichen.
Über Thorin wird gesagt:
"der edle Thorin verfällt dem Rausch der Macht und des Goldes. Er verweigert die Herausgabe von Schätzen, die ihm nicht gehören. Er verweigert sich Mitgefühl und Barmherzigkeit gegenüber Notleidenden. Er bricht sein Wort, auf das man vorher hätte bauen können, weil ihn nur noch die Gier beherrscht. Und der Arkenstein, der noch mehr Loyalität an Thorin binden würde, würde einen unsinnigen und unnötigen Krieg auslösen."
Über Franziskus wird gesagt:
"Richtigstellungen bzw. Anmerkungen zu Aussagen sind nicht nur erlaubt sondern auch notwendig. Aggressionen gegen die Person sind es nicht. Auch dann nicht, wenn die Person in Autoritä [sic!] selbst sich ungerecht verhalten sollte
Es ist eine große Herausforderung, die Mut und Demut verlangt, die helfen kann mit eigenen Bequemlichkeiten und unguten Kompromissen zu brechen. Beten wir um Weisheit!"
Es ist eine große Herausforderung, die Mut und Demut verlangt, die helfen kann mit eigenen Bequemlichkeiten und unguten Kompromissen zu brechen. Beten wir um Weisheit!"
Uwe Tellkamp und die Rezeption seiner politischen Äußerungen
In der Wikipedia heißt es über Tellkamp:
"Elmar Krekeler meint zu Tellkamps politischer Haltung:[25] „Er ist immunisiert gegen Ostalgie und frei von überflüssiger Euphorie über das wiedervereinigte Deutschland“. Krekeler bescheinigt dem Autor einen Hang zur „Hermetik“, d. h. zu Aussagen, die nicht gänzlich dechiffriert werden können. Diesen Hang erklärt Krekeler durch einen doppelten Ausschluss Tellkamps von der ihn umgebenden Welt: erstens die zwangsweise Trennung des DDR-Bürgers durch Mauer und Stacheldraht vom Westen und zweitens die freiwillige Absonderung des Angehörigen des Bildungsbürgertums, das in Ostdeutschland auf eine im Westen oft als „museal“ empfundene Weise erhalten geblieben sei, von der Gesellschaft der DDR.[26] Dadurch stehe Tellkamp seinen Kollegen im ehemaligen Ostblock geistig näher als seinen deutschsprachigen Kollegen in den alten Bundesländern, in Österreich und der Schweiz."
Am 8.3. 18 findet eine Podiumsdiskussion „Streitbar! Wie frei sind wir mit unseren Meinungen?“ mit Tellkamp statt (knapp 2 Stunden)
Ein Recherchekollektiv Dresden stellt dazu eine Kurzfassung polemischer Äußerungen Tellkamps von gut 20 Minuten ins Netz und es kommt zu einer Empörungswelle im Internet.
In der FAZ schreibt mit einem Künstlernamen "Don Alphonso" ein Kommentator am 10.3.:
"Rechte Wahlerfolge und linke Empörungskultur schließen sich nicht aus, und vielleicht, möchte ich vorsichtig anregen, ist es gar nicht so klug und weise, undifferenziert jeden in einen schlimmstmöglichen Topf zu werfen und abzuurteilen, nur weil er halt anders denkt und lebt und Sachen sagt, die man selbst nicht sagen würde. Weil das die anderen erst zusammen bringt."
Zur Meinungsfreiheit hat schon Voltaire sich deutlich geäußert:
„Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften.“ (zitiert nach: Was hat Voltaire wirklich zur Meinungsfreiheit gesagt?, 15.1.2011; dort auch der Hinweis auf die Quelle des ihm fälschlich zugeschriebenen Zitats)
Wenn Tellkamp allerdings, wie es klingt, der Meinung sein sollte, man dürfe ihm nicht in aller Schärfe widersprechen, dann stellt er sich selbst gegen Meinungsfreiheit.
Die Empörungswelle ist m. E. zum Teil überzogen. Wie er nach den erschreckenden Folgen des Flüchtlingspakts zwischen Bundesrepublik Deutschland und der Türkei noch davon sprechen kann, es würde nicht genügend dazu getan, die Zahl der Flüchtlinge* einzugrenzen, ist mir freilich schwer nachvollziehbar. (Ich weiß aber, dass ich mich in Erregung zu völlig unhaltbaren Aussagen versteigen kann, die ich nachher bereue.)
Adam Soboczynski hat in der ZEIT vom 22.3.18 unter dem Titel "Der neue Ostblock" analysiert, wie aufgrund unterschiedlicher Verletzungserfahrungen "der Westen den Osten Deutschlands, Ungarn und Polen als rechts ansieht, während "der Osten einfach nicht versteht, warum er immerzu als rechts angesehen wird". Am Schluss führt er an, wie auf hohem Niveau sogar zwischen Jürgen Habermas und Christa Wolf kein gegenseitiges rechtes Verstehen erreicht wurde.
"Christa Wolf hatte zuvor Habermas die ostdeutschen "Thesen für eine Vereinigte Akademie der Künste Berlin-Brandenburg" überreicht, in denen von ungleichen, aber gleichwertigen Beschädigungserfahrungen in Ost und West die Rede ist: Das Denken sei "auf beiden Seiten" beengt gewesen. Auf beiden Seiten habe es Weltmächte gegeben: "Anpassungen, die Spuren hinterlassen haben und die zu einer Differenz der Identitäten von Ostdeutschen und Westdeutschen geführt haben." Habermas führt in seinem Brief aus, wie sehr ihn diese "merkwürdige Konvergenzthese" befremdet. Keineswegs habe die Westorientierung, die er selbst vollzogen habe, eine "Verkrümmung der deutschen Seele bedeutet, sondern die Einübung in den aufrechten Gang". Er suggeriert damit: Die Weltoffenheit des Westens ist mit den beengten ostdeutschen Erfahrungen nicht auf eine Stufe zu stellen.
*Hier mein Beitrag zum Thema Flüchtlinge.
"Elmar Krekeler meint zu Tellkamps politischer Haltung:[25] „Er ist immunisiert gegen Ostalgie und frei von überflüssiger Euphorie über das wiedervereinigte Deutschland“. Krekeler bescheinigt dem Autor einen Hang zur „Hermetik“, d. h. zu Aussagen, die nicht gänzlich dechiffriert werden können. Diesen Hang erklärt Krekeler durch einen doppelten Ausschluss Tellkamps von der ihn umgebenden Welt: erstens die zwangsweise Trennung des DDR-Bürgers durch Mauer und Stacheldraht vom Westen und zweitens die freiwillige Absonderung des Angehörigen des Bildungsbürgertums, das in Ostdeutschland auf eine im Westen oft als „museal“ empfundene Weise erhalten geblieben sei, von der Gesellschaft der DDR.[26] Dadurch stehe Tellkamp seinen Kollegen im ehemaligen Ostblock geistig näher als seinen deutschsprachigen Kollegen in den alten Bundesländern, in Österreich und der Schweiz."
Am 8.3. 18 findet eine Podiumsdiskussion „Streitbar! Wie frei sind wir mit unseren Meinungen?“ mit Tellkamp statt (knapp 2 Stunden)
Ein Recherchekollektiv Dresden stellt dazu eine Kurzfassung polemischer Äußerungen Tellkamps von gut 20 Minuten ins Netz und es kommt zu einer Empörungswelle im Internet.
"Rechte Wahlerfolge und linke Empörungskultur schließen sich nicht aus, und vielleicht, möchte ich vorsichtig anregen, ist es gar nicht so klug und weise, undifferenziert jeden in einen schlimmstmöglichen Topf zu werfen und abzuurteilen, nur weil er halt anders denkt und lebt und Sachen sagt, die man selbst nicht sagen würde. Weil das die anderen erst zusammen bringt."
Zur Meinungsfreiheit hat schon Voltaire sich deutlich geäußert:
„Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften.“ (zitiert nach: Was hat Voltaire wirklich zur Meinungsfreiheit gesagt?, 15.1.2011; dort auch der Hinweis auf die Quelle des ihm fälschlich zugeschriebenen Zitats)
Wenn Tellkamp allerdings, wie es klingt, der Meinung sein sollte, man dürfe ihm nicht in aller Schärfe widersprechen, dann stellt er sich selbst gegen Meinungsfreiheit.
Die Empörungswelle ist m. E. zum Teil überzogen. Wie er nach den erschreckenden Folgen des Flüchtlingspakts zwischen Bundesrepublik Deutschland und der Türkei noch davon sprechen kann, es würde nicht genügend dazu getan, die Zahl der Flüchtlinge* einzugrenzen, ist mir freilich schwer nachvollziehbar. (Ich weiß aber, dass ich mich in Erregung zu völlig unhaltbaren Aussagen versteigen kann, die ich nachher bereue.)
Adam Soboczynski hat in der ZEIT vom 22.3.18 unter dem Titel "Der neue Ostblock" analysiert, wie aufgrund unterschiedlicher Verletzungserfahrungen "der Westen den Osten Deutschlands, Ungarn und Polen als rechts ansieht, während "der Osten einfach nicht versteht, warum er immerzu als rechts angesehen wird". Am Schluss führt er an, wie auf hohem Niveau sogar zwischen Jürgen Habermas und Christa Wolf kein gegenseitiges rechtes Verstehen erreicht wurde.
"Christa Wolf hatte zuvor Habermas die ostdeutschen "Thesen für eine Vereinigte Akademie der Künste Berlin-Brandenburg" überreicht, in denen von ungleichen, aber gleichwertigen Beschädigungserfahrungen in Ost und West die Rede ist: Das Denken sei "auf beiden Seiten" beengt gewesen. Auf beiden Seiten habe es Weltmächte gegeben: "Anpassungen, die Spuren hinterlassen haben und die zu einer Differenz der Identitäten von Ostdeutschen und Westdeutschen geführt haben." Habermas führt in seinem Brief aus, wie sehr ihn diese "merkwürdige Konvergenzthese" befremdet. Keineswegs habe die Westorientierung, die er selbst vollzogen habe, eine "Verkrümmung der deutschen Seele bedeutet, sondern die Einübung in den aufrechten Gang". Er suggeriert damit: Die Weltoffenheit des Westens ist mit den beengten ostdeutschen Erfahrungen nicht auf eine Stufe zu stellen.
Im Rückblick haben interessanterweise beide recht, allerdings in zwei verschiedenen Aspekten der Auseinandersetzung. Man kann wohl behaupten, dass den Ostdeutschen die unbegrenzten Weiten des Westens verschlossen blieben, die Einübung in die Toleranz gegenüber fremden Kulturen und manch intellektueller Einfluss. Dem Westen fehlt dafür bis heute das Bewusstsein für die Fragilität des eigenen Systems, das nicht naturgegeben ist und herausgefordert werden kann.
In einem war Christa Wolf gewiss hellsichtig: in ihrer Annahme, dass die Identitäten von Ost und West manifest und langlebig sind – und es noch lange nicht ausgemacht ist, ob die Unterschiede fruchtbar werden oder auf dramatische Weise spaltend."
Dass Uwe Tellkamp und Durs Grünbein in einem öffentlichen Gespräch nicht zusammenfinden konnten, liegt allerdings nach meiner Einschätzung auch an unterschiedlichen Verletzungs- und Befreiungserfahrungen.
Die Verletzung durch die realsozialistische Diktatur teilen beide, die Befreiung aber war für Tellkamp stärker mit er Nichtanerkennung der ostdeutschen Erfahrungen, für Grünbein stärker mit der Integration in eine "Weltkultur" verbunden.
Wenn hier nahezu dreißig Jahre nach dem Fall der Mauer eine Spaltung auftritt, so hat das gewiss mit unzureichender Gesprächskultur zu tun. Wolf Biermann konnte sich seit 1976 zu einem in die "Weltkultur" integrierten konservativen Kapitalisten entwickeln (sehr zum Ärger seiner westdeutschen Anhänger, die seine Verletzungen nicht teilen mussten), Tellkamp, der nie überzeugter Sozialist war, konnte die Übernahme des Ostens und der Vereinnahmung, für die Folgen des Imperialismus mit verantwortlich zu sein, nicht recht akzeptieren.
*Hier mein Beitrag zum Thema Flüchtlinge.
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Montag, 12. März 2018
Männer und starke Frauen
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Geschlechterverhältnis
Hebe ich mir als Beispiel für innere Widersprüche auf
und das in einer der seriösesten Zeitungen, wenn nicht der Welt, dann zumindest des deutschen Sprachraums:
https://www.nzz.ch/articlef6pw0-1.361531
https://www.nzz.ch/articlef6pw0-1.361531
Brechts Angebot einer Nationalhymne
"Und das Liebste mag's uns scheinen
So wie den andern Völkern ihrs."
Da kommt die "diskriminierungsfreie" Nationalhymnenparodie nicht ran.*
Ich bleibe gern bei vertrauten Texten und die wichtige Erinnerung, die die französische Nationalhymne bietet ("Abgrenzung führt zu Aggression und Terror frisst letzten Endes die eigene Gruppe schneller als die fremde") ginge bei politisch korrekten Hymnen verloren.
Aber "Heimatland" statt "Vaterland" wäre kein Verlust. Denn der Begriff "Mutterland" ist als Kolonialherrenland genauso verseucht wie "Vaterland" durch die vielen Millionen Opfer einer aggressiven Ausbeutungspolitik.
Freilich wenn Seehofer den Begriff "Heimat" in Abschiebungsort für alle Neuankömmlinge, die nicht dringend für den Arbeitsmarkt gebraucht werden, umdeuten sollte, dann wäre auch der Begriff verseucht und eine neue Nationalhymne fällig.
Da bleiben wir vielleicht doch besser bei Vaterland, Weihnachtsmann, Osterhase und Jungfrauengeburt. Wir Menschen versuchen nicht nur unsere Umwelt, sondern auch uns selbst und unsere Sprache so schnell, dass kein Nachkommen ist.
* Inwiefern übertrumpft Brechts Hymne die Aintdiskriminierungsparodie?
Während diese den einzelnen noch Vorlieben gestattet, aus welchem Geschlecht der Liebespartner kommt, stellt Brecht klar, dass die Bevorzugung eines bestimmten Liebeobjektes zwar gestattet ist, aber nur, wenn klar ist, dass es nur eine scheinbare ist ("das Liebste mag's uns scheinen").
So wie den andern Völkern ihrs."
Da kommt die "diskriminierungsfreie" Nationalhymnenparodie nicht ran.*
Ich bleibe gern bei vertrauten Texten und die wichtige Erinnerung, die die französische Nationalhymne bietet ("Abgrenzung führt zu Aggression und Terror frisst letzten Endes die eigene Gruppe schneller als die fremde") ginge bei politisch korrekten Hymnen verloren.
Aber "Heimatland" statt "Vaterland" wäre kein Verlust. Denn der Begriff "Mutterland" ist als Kolonialherrenland genauso verseucht wie "Vaterland" durch die vielen Millionen Opfer einer aggressiven Ausbeutungspolitik.
Freilich wenn Seehofer den Begriff "Heimat" in Abschiebungsort für alle Neuankömmlinge, die nicht dringend für den Arbeitsmarkt gebraucht werden, umdeuten sollte, dann wäre auch der Begriff verseucht und eine neue Nationalhymne fällig.
Da bleiben wir vielleicht doch besser bei Vaterland, Weihnachtsmann, Osterhase und Jungfrauengeburt. Wir Menschen versuchen nicht nur unsere Umwelt, sondern auch uns selbst und unsere Sprache so schnell, dass kein Nachkommen ist.
* Inwiefern übertrumpft Brechts Hymne die Aintdiskriminierungsparodie?
Während diese den einzelnen noch Vorlieben gestattet, aus welchem Geschlecht der Liebespartner kommt, stellt Brecht klar, dass die Bevorzugung eines bestimmten Liebeobjektes zwar gestattet ist, aber nur, wenn klar ist, dass es nur eine scheinbare ist ("das Liebste mag's uns scheinen").
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Samstag, 10. März 2018
Einfluss der Wirtschaft auf Wissenschaft
"[...] Laut Angaben des Stifterverbands der deutschen Wissenschaft, der Unternehmen mit Hochschulen verkuppelt, werden lediglich 576 Professoren an staatlichen Hochschulen durch Stifter finanziert. Die Zahl bleibe zudem seit Jahren nahezu konstant, so der Stifterverband. Doch ehemalige Stiftungsprofessoren wie Widuckel werden mit dieser Zahl nicht abgebildet. Aus der Anfrage der ZEIT ergibt sich, dass an den deutschen Universitäten mindestens 262 reguläre Professuren, die einst privat gestiftet wurden, mittlerweile von den Hochschulen selbst finanziert werden. Hinzu kommen die entsprechenden Lehrstühle an 24 Universitäten, die der ZEIT zu dieser Frage aus verschiedenen Gründen keine Angaben machen wollten. Und mit jedem Semester, in dem neue Stiftungsprofessuren eingeworben werden und alte in die Haushalte der Unis übergehen, werden es mehr. So wächst im Hintergrund unbemerkt der industrielle Einfluss. Etwa am Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik an der TU Berlin. Auf ihn wurde 2011 ein leitender Mitarbeiter des Konzerns Unilever (Magnum, Rama et cetera) berufen, um nun universitär und mit staatlichem Geld an Schokoriegeln zu forschen. Geldgeberin der Professur: die Stiftung der Zuckerindustrie. Auch andere Fälle wirken zumindest merkwürdig: der Lehrstuhl für Nukleartechnik an der TU München etwa, ursprünglich gestiftet von der E.on Kernkraft GmbH, heute unterhalten vom bayerischen Steuerzahler. [...]
Die Uni [Mainz] räumt Boehringer Ingelheim die Hoheit über Forschungsagenda und Personal ein. [...]
Dabei sind Kooperationen nicht per se anrüchig, sie sind sogar gewünscht. Schließlich sollen die Universitäten als Wissensgeneratoren die Gesellschaft – und somit auch die Wirtschaft – antreiben. So will es die Öffentlichkeit, so will es die Politik. In der Grenzregion um Aachen etwa sorgte auch die RWTH dafür, dass aus dem ehemaligen Braunkohlerevier ein Hochtechnologie-Standort wurde. [...]
Obwohl das Promotionsrecht ausschließlich bei den Universitäten liegt, schreiben viele Firmen heute Doktorandenstellen aus. Ein Beleg dafür, was viele Industriepartner in den Hochschulen sehen: ihre Dienstleister. Besonders umtriebig ist auch hier die Automobilindustrie. Volkswagen etwa beschäftigt derzeit 330 Doktoranden. Ihre Dissertationen werden vom Vorgesetzten geprüft und von Hausjuristen. Dann werden sie veröffentlicht. Das "ausschließliche Nutzungsrecht" an den Ergebnissen hält Volkswagen. [...]" ("Mit freundlicher Unterstützung" ZEIT 8.3.18)
Dem Artikel entnehme ich:
Stiftungsprofessuren werden nur für fünf Jahre von den Stiftern finanziert. Danach übernimmt die Finanzierung die Universität. Bei einem Lehrstuhl für Internationale Politik oder Botanik scheint das nur angemessen.
Aber gilt das auch für einen "Lehrstuhl für Innovative Verstärkungsmethoden mit Befestigungen", der vom Dübelhersteller Fischer bezahlt wird?
Der Artikel scheint mir geeignet, sich ein differenziertes Bild dazu zu machen.
"[...] Christian Kreiß ärgert sich über das intransparente Gebaren vieler Hochschulen. Kreiß, ein schmaler, leiser Mann Mitte 50, bittet in sein Kleinstadt-Reihenhaus westlich von München. Vor ihm auf dem Wohnzimmertisch liegt sein Buch Gekaufte Forschung. Darin argumentiert er, der Hype um Drittmittel habe die Unis vom rechten Pfad der Erkenntnis abgebracht. Seitdem gilt Kreiß, selbst BWL-Professor an der Hochschule Aalen, als der deutsche Wissenschaftler, der am konsequentesten gegen die deutsche Wissenschaft schießt.
Die Uni [Mainz] räumt Boehringer Ingelheim die Hoheit über Forschungsagenda und Personal ein. [...]
Dabei sind Kooperationen nicht per se anrüchig, sie sind sogar gewünscht. Schließlich sollen die Universitäten als Wissensgeneratoren die Gesellschaft – und somit auch die Wirtschaft – antreiben. So will es die Öffentlichkeit, so will es die Politik. In der Grenzregion um Aachen etwa sorgte auch die RWTH dafür, dass aus dem ehemaligen Braunkohlerevier ein Hochtechnologie-Standort wurde. [...]
Obwohl das Promotionsrecht ausschließlich bei den Universitäten liegt, schreiben viele Firmen heute Doktorandenstellen aus. Ein Beleg dafür, was viele Industriepartner in den Hochschulen sehen: ihre Dienstleister. Besonders umtriebig ist auch hier die Automobilindustrie. Volkswagen etwa beschäftigt derzeit 330 Doktoranden. Ihre Dissertationen werden vom Vorgesetzten geprüft und von Hausjuristen. Dann werden sie veröffentlicht. Das "ausschließliche Nutzungsrecht" an den Ergebnissen hält Volkswagen. [...]" ("Mit freundlicher Unterstützung" ZEIT 8.3.18)
Dem Artikel entnehme ich:
Stiftungsprofessuren werden nur für fünf Jahre von den Stiftern finanziert. Danach übernimmt die Finanzierung die Universität. Bei einem Lehrstuhl für Internationale Politik oder Botanik scheint das nur angemessen.
Aber gilt das auch für einen "Lehrstuhl für Innovative Verstärkungsmethoden mit Befestigungen", der vom Dübelhersteller Fischer bezahlt wird?
Der Artikel scheint mir geeignet, sich ein differenziertes Bild dazu zu machen.
"[...] Christian Kreiß ärgert sich über das intransparente Gebaren vieler Hochschulen. Kreiß, ein schmaler, leiser Mann Mitte 50, bittet in sein Kleinstadt-Reihenhaus westlich von München. Vor ihm auf dem Wohnzimmertisch liegt sein Buch Gekaufte Forschung. Darin argumentiert er, der Hype um Drittmittel habe die Unis vom rechten Pfad der Erkenntnis abgebracht. Seitdem gilt Kreiß, selbst BWL-Professor an der Hochschule Aalen, als der deutsche Wissenschaftler, der am konsequentesten gegen die deutsche Wissenschaft schießt.
Die unzähligen Verflechtungen zwischen Universitäten und Industrie regen ihn nicht deshalb auf, weil Wissenschaftler sich korrumpieren ließen, das ist ihm wichtig zu betonen. Sondern weil jene Themen, für die sich die Industrie interessiere, wie zum Beispiel der Verbrennungsmotor, stark beforscht würden. Alternativen, etwa ökologisch nachhaltige Verkehrskonzepte, dagegen nicht. "Glauben Sie, dass VW so etwas finanziert?", fragt Kreiß. An den Hochschulen entwickle sich eine "von der Geld-Aristokratie finanzierte Wissenschaft".[...]" ("Mit freundlicher Unterstützung" ZEIT 8.3.18 - Hervorhebungen von Fontanefan)
Christian Kreiß:
"[...] Es gibt in der Tat eine Unmenge von Kooperationen an Hochschul-Instituten und -Laboren mit den großen Autoherstellern. Entsprechende Forschungseinrichtungen in Kooperation mit BUND, Greenpeace, attac und ähnlichen sucht man vergeblich. Die Ergebnisse der industriefinanzierten Forschung fließen über ständige Studienpublikationen systematisch in die öffentliche Meinung ein und erzeugen dadurch eine gewisse wohlwollende Grundhaltung gegenüber der Automobilbranche.
Drittens: Geheimhalten
Christian Kreiß:
"[...] Es gibt in der Tat eine Unmenge von Kooperationen an Hochschul-Instituten und -Laboren mit den großen Autoherstellern. Entsprechende Forschungseinrichtungen in Kooperation mit BUND, Greenpeace, attac und ähnlichen sucht man vergeblich. Die Ergebnisse der industriefinanzierten Forschung fließen über ständige Studienpublikationen systematisch in die öffentliche Meinung ein und erzeugen dadurch eine gewisse wohlwollende Grundhaltung gegenüber der Automobilbranche.
Drittens: Geheimhalten
Am stärksten ist die Wirkung in der Öffentlichkeit, wenn nicht oder kaum bekannt ist, dass die WissenschaftlerInnen von der Industrie bezahlt werden, wenn sie möglichst unabhängig in der Öffentlichkeit auftreten, frei nach dem Witz von Otto Waalkes: „Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Rauchen doch nicht schädlich ist – gezeichnet Dr. Marlboro.“ Nach diesem Motto wurde versucht, die einseitigen Forschungsergebnisse der EUGT zu veröffentlichen. Es sollte möglichst nicht bekannt werden, dass dahinter drei große Autokonzerne stehen. Allein schon bei der Namensfindung der EUGT wurde dies berücksichtigt. Der ursprünglich geplante, noch beschönigendere Name „Europäisches Institut für Umwelt und Gesundheitsforschung im Transportsektor“ wurde vom zuständigen Amtsgericht wegen Täuschungsgefahr abgelehnt. [...]" (Kreiß: Gekaufte Wissenschaft, 2018)
sieh auch: Fachkräftemangel
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