Erika
Bei meiner Lektüre der Thomas-Mann-Biographie von Prater bin ich beeindruckt davon, wie viel
Erika Mann für ihren Vater
Thomas und ihren Bruder
Klaus getan hat und wie gering die Rolle dieser Figur in der Kulturszene der 20er Jahre bei heutigen Rückblicken auf diese Zeit üblicherweise eingeschätzt wird.
Wie hätte Thomas Manns öffentliche Stellungnahme zur Naziherrschaft wohl ohne ihren Einfluss ausgesehen?
Mag sein, sie hatte es längst mit zu vielen ihrer Zeitgenossen verspielt.
„Aus der Amazone wurde eine Erinnye“, schrieb der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in seinem Buch Thomas Mann und die Seinen.[33] (Seite „Erika Mann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. Mai 2014, 18:55 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Erika_Mann&oldid=130226191 (Abgerufen: 29. September 2014, 14:53 UTC))
Weshalb hat Eva überlebt, während Klaus in den Tod ging?
Vielleicht, weil sie als Frau die dienende Rolle für das Werk eines anderen besser vertrug. Anders als
Katia*, die ganz für Mann und Familie da war (gegenüber den Kindern allerdings - nach dem Urteil von Golo - sehr bestimmend), war Erika durchaus emanzipiert, brauchte aber zur Selbstverwirklichung nicht
so dringend das eigene Werk, fand sie auch als Schauspielerin, in der Rolle der Liebenden und der Helferin. Doch war auch ihr das zu wenig, so versank sie immer wieder in Unleidlichkeit.
Golo
Golo Mann, der Versöhnlichere, hat in manchem, besonders in den schweren Anfangsjahren der Emigration, auch dienende Funktion ausgeübt (er schrieb sogar eine umfassnde Rezension unter dem Namen seines Vaters, zu der dieser nur den Einleitungssatz beisteuerte). Doch er hat ungeduldig gewartet, dass er nach dem Tode seines Vaters ("Es war unvermeidlich, dass ich seinen Tod wünschte." - in einem Fernsehinterview mit Gero von Böhm) seinen Beruf als Wissenschaftler ausbauen konnte zu dem, was er als eigentliche Berufung empfand: Schriftsteller. So wissenschaftlich fundiert seine Werke auch waren, ganz wesentlich waren es Schöpfungen: Aus Eigenem ergänzte Gesamtschau der aus Quellen erworbenen Erkenntnisse.
Wenn er betonte, er gehe nicht mit wissenschaftlichem "Vorgriff" (klar definierten Fragestellungen) an die Quellen heran, sondern warte ab, was er finde, so tat er doch bei der Darstellung Eigenes hinzu. Und wenn es nur gewesen wäre, dass er Hitler seinen Namen entzog und nur als H. in seine Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts eingehen ließ.
* So heißt ihr Erinnerungswerk zu recht Meine ungeschriebenen Memoiren, weil es nur auf mündlichen Berichten und Gesprächen beruht. Sie brauchte kein eigenes "Werk".