Montag, 24. Juni 2019

Kipppunkte (Kippelemente) im Zusammenhang mit dem Klimawandel

Wissenschaftler wissen über die Unsicherheiten bei der Voraussage des Verhaltens komplexer Systeme.
Im Zusammenhang mit dem Klimawandel warnen sie zwar seit Jahrzehnten, aber bisher sehen sie noch immer die Möglichkeit, dass sich er sich beschränken lässt.
Die Diskussionen, die ich im Internet verfolge, lassen mich darauf schließen, dass sich aber viele über das Ausmaß der Katastrophe, die eintreten wird, wenn bestimmte Kippelemente fallen (oder Kipppunkte überschritten werden), auch ein halbes Jahr, nachdem die Schülerstreiks begonnen haben, noch nicht im klaren sind.

Daher hier ein paar Kurzhinweise:

"Sogenannte Kippelemente im Klimasystem können unwiderruflich in einen instabilen Zustand fallen und so Lebensbedingungen der Menschheit bedrohen.
Das globale Klimasystem gleicht demnach einer Kette von Dominosteinen - wehe, der erste fällt.
Der schwindende Amazonas-Regenwald, der auftauenden Permafrostboden im hohen Norden oder die schmelzenden Eispanzer Grönlands sind einige dieser Domino-Elemente, die eine Kettenreaktion mit globalen Folgen auslösen können. [...]
Kommt es zu Kippeffekten, ist Erwärmung nicht die einzige Folge: Die schmelzenden Eispanzer könnten den Meeresspiegel über die kommenden Jahrhunderte um 60 Meter steigen lassen. Mit den Wäldern geht Biodiversität verloren und damit die Chance, in der Vielfalt der Natur Antworten auf die Krise zu finden. Auftauender Permafrost gefährdet Siedlungen in Sibirien und Straßen in den Alpen. [...]
 "Die Gelegenheit, die wir in den kommenden drei Jahren haben", sagt Figueres, "ist einzigartig in der Geschichte.""

(Kippendes Weltklima: Wie Domino-Effekte die Erde in eine Heißzeit treiben könnten, Süddeutsche Zeitung 7.8.2018)

Seit dem 7.8.2018 sind nahezu 11 Monate vergangen. Entsprechend geringer sind die Chancen, dass diese Gelegenheit genutzt wird.

dazu:
"In der Arktis, rund um den Polarkreis, wüten seit einigen Wochen die wohl größten Brände des Planeten. Vermutlich mehr als 100 Feuer zeigen Satellitenaufnahmen in entlegenen Regionen der sibirischen Tundra – einige von ihnen sind möglicherweise mehr als 1000 Quadratkilometer groß. In der Arktis brennt es immer wieder mal, aber Größe und Zeitpunkt dieser Megafeuer sind sehr ungewöhnlich. Und obwohl die betroffenen Gebiete so abgelegen sind wie kaum eine andere Region des Planeten, betreffen die Auswirkungen der Brände die ganze Welt." (Mega-Feuer am Polarkreis, Spetrum.de 9.7.19)

"[...] Hartmut Graßl: Aus meiner Sicht spielt das Thema Geoengineering oder Climate Engineering eine zu große Rolle in der öffentlichen Debatte. Denn die Klimaforschung zeigt doch, dass das Verständnis des Erdsystems wegen dessen hoher Komplexität relativ langsam vorankommt. Jetzt, wo wir den zusätzlichen, von uns stammenden Treibhauseffekt einigermaßen einschätzen können, würden wir durch Geoengineering zusätzliche Komplexität einbringen.
Ich gebe ein Beispiel. Die Erhöhung der Kohlenstoffaufnahme in den Ozean – er nimmt gegenwärtig nur etwa ein Viertel unserer CO2-Emissionen auf – durch die Einbringung von durch Phytoplankton verwertbaren Eisenverbindungen im Südlichen Ozean lässt auch die dort nicht als Dünger genutzten Stickstoffverbindungen schrumpfen. Damit wird die Verteilung des Phytoplanktons und folglich der Fischpopulationen geändert. [...]"

SUV-Rekord in Deutschland - Erstmals wird die Zahl der neu zugelassenen in diesem Jahr die Grenze von einer Million Fahrzeugen überschreiten, laut einer Analyse der Universität Duisburg-Essen.  (Tagesschau 2019) 

1988 wurden in den USA insgesamt 960.852 SUV und 1997 bereits 2.435.301 SUV verkauft.[1] In Deutschland wurden 2016 3.351.607 Pkw erstmals zugelassen; 715.268 davon (21,3 %) waren Geländewagen und SUV.[2] (Wikipedia: SUV)

Nobelpreis für Greta?

Natürlich beschäftigen Ernst Ulrich von Weizsäcker kurz vor seinem 80. Geburtstag wichtigere Fragen. Aber die Frankfurter Rundschau und auch ich rechnen damit, dass Nobelpreis und Greta leichter Aufmerksamkeit erwecken als das Stichwort Klimawandel.
Hier einige Zitate aus seinem Interview mit der FR 24.6.19: „Greta sollte den Nobelpreis bekommen“
"Sie ist eine Symbolfigur geworden. Was sie an Orten wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos sagte, ist goldrichtig: „Unsere Zivilisation wird dafür geopfert, dass wenige Menschen weiterhin sehr viel Geld verdienen.“ Ich weiß zwar nicht, ob es ihr gut tun würden, auf einen Schlag über eine Million Dollar verfügen zu können. Aber dieses Risiko kann man eingehen."
"Es können Kippelemente im Klimasystem angestoßen werden, die nur als katastrophal zu bezeichnen wären. Das Auftauen der Permafrostböden in Sibirien, das Austrocknen des Amazonas-Regenwaldes, das Abschmelzen des Grönland-Eispanzers. Es geht hin bis zu der Möglichkeit, dass in den Polargebieten auf einen Schlag gigantische Eismassen abbrechen. So etwas ist erdhistorisch schon einmal passiert, vor 7700 Jahren. Damals lag über Labrador und der Hudson-Bay eine Eisfläche so groß wie das Grönland-Eisschild, binnen kurzer Zeit brach sie ab. Das war das Ereignis, das wir aus der Bibel als die Sintflut kennen. Der Meeresspiegel stieg damals plötzlich um sieben Meter an. Man stelle sich vor, was dann heute mit den vielen Mega-Küstenstädten auf der ganzen Welt passieren würde – dann haben wir nicht eine Millionen Flüchtlinge, sondern eine Milliarde."
[über das 21. Jahrhundert:]  "Es ist ein Jahrhundert der Umwelt geworden, aber nur in den reichen Industriestaaten – in Europa, den USA, Kanada, Japan, und nur in Bezug auf die klassischen Umweltprobleme. Der Himmel über der Ruhr ist wieder blau, die Flüsse sind sauber, das durch Schwefel- und Stickstoff-Frachten ausgelöste Waldsterben ist im Wesentlichen überwunden. Auch die Luft in den Städten ist viel besser geworden. Wenn es heute um die Feinstaub-Werte in der Luft geht, sagt kaum jemand dazu, dass die Belastung vor 50 Jahren überall viel größer war als heute selbst in der Innenstadt von Stuttgart. Was die großen Megatrends angeht – Klima, Ressourcenverbrauch, Artenschwund – sind wir aber schändlicher Weise noch im Jahrhundert der Ökonomie."
[Weshalb geht es bei den großen Fragen nicht voran?] "Das ist auch eine Folge des Zusammenbruchs des Kommunismus 1990. Davor waren die Wirtschaft und die Aktienmärkte im Westen ja fast handzahm gegenüber den Regierungen. Der Grund: Man brauchte die Regierungen als Bollwerk gegen den Kommunismus im Osten. Aber der war plötzlich weg, und die Finanzmärkte wurden arrogant gegenüber der Politik. Was vor 1990 undenkbar war, wurde plötzlich salonfähig: Finanzgaunerei vom Schlimmsten."
"[...]  überall heißt die Antwort „Wachstum“, wenn ein Problem gelöst werden soll. Das heißt: Man schlägt systematisch Therapien vor, die die Krankheit schlimmer machen – bei heutigen Bedingungen nämlich durch höhere CO2-Emissionen. [...]"
"Ein SPD-Programm muss folgende Kernthemen haben: sozialverträglicher Umwelt- und Klimaschutz, Friedenspolitik, Kontrolle der Finanzmärkte, Gestaltung der Digitalisierung und Technikfolgenabschätzung."
Weizsäcker nützt die Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass durchaus sehr viel in Sachen Umweltschutz geschehen ist, nur nicht in den ganz großen Fragen, den "Megatrends". Sie sind zu spät in ihrer vollen Relevanz entdeckt worden. Und dann waren die Finanzmärkte schon "arrogant gegenüber der Politik".
Weizsäcker hofft darauf, dass jetzt ein ähnlicher Umbruch stattfindet wie 1989/90.
Es ist höchste Zeit. Und nach einem Leben für den Umweltschutz ist ihm zu gönnen, dass er es nicht als nutzlos ansieht. 
Und noch ist es ja Zeit!

"Heute liegt der CO2-Ausstoß über 60 Prozent höher als 1992 bei der Unterzeichnung der Weltklimakonvention, die eine gefährliche Störung des Klimasystems verhindern sollte." (FR "Die Klima-Amnesie", 28.6.19, S.11)

Zur aktuellen Kritik an Greta

Weitere Meldungen zu Greta:
https://www.fr.de/politik/lausanne-schweiz-fridays-future-greta-thunberg-verlaesst-saal-zr-12901131.html (FR 9.8.19)
https://www.nzz.ch/feuilleton/klimawandel-warum-thunberg-richtig-liegt-und-ferguson-falsch-ld.1507906 NZZ 13.9.19

Sonntag, 23. Juni 2019

Arbeitsplatzabbau in Braunkohle und Photovoltaik

https://twitter.com/hannebembel/status/1142790711433203715

Die Anhebung von Chicago

"Bei der Anhebung von Chicago wurde stückweise die Bodenhöhe des Zentrums von Chicago um bis zu 2,5 Meter angehoben. Straßen, Gehwege und Gebäude wurden entweder aufgebaut, durch Hebeapparate physikalisch angehoben oder verschoben. Die Höherlegung der Stadt begann 1856 und dauerte ungefähr 20 Jahre, wobei es zu Anhebungen zwischen weniger als einem Meter bis zu fast 2,5 Metern (2–8 Fuß) kam.[1][2] Es gibt keine genauen Zahlen über die Kosten. Schätzungen gehen jedoch von 10 Millionen US-Dollar oder mehr aus, was heutzutage einem Betrag zwischen 231.030.000 und 292.030.000 US-Dollar entsprechen würde.[3][4] [...] Um 1860 war das Vertrauen ausreichend genug, dass ein Konsortium von sechs Ingenieuren, darunter Brown, Hollingsworth und George Pullman, einen der bedeutendsten Bereiche der Stadt in einem Zug anhoben. Sie erhoben die Hälfte des Häuserblocks der Lake Street, zwischen Clark Street und LaSalle Street: eine massive Backsteinreihe mit Läden, Büros und Druckereien.[15] Dieses Projekt war 98 Meter (320 Fuß) lang, teilweise vier, teilweise fünf Stockwerke hoch, mit einer Fläche von 4.000 m2 und einen geschätzten Gesamtgewicht von 25.000[16]–35.000[17] Tonnen, inklusive der herabhängenden Gehsteige. Geschäfte, die in diesen Gebäuden angesiedelt waren, wurden während der Hebung nicht geschlossen. Während die Gebäude angehoben wurden, kamen und gingen Leute, kauften ein und arbeiteten in ihnen, als würde nichts Besonderes passieren.[15] "
(Wikipedia: Anhebung von Chicago)


Dienstag, 18. Juni 2019

Neue Bräuche in der Wikipedia

Lange nachdem der Artikel "Weimar" in der Wikipedia in Afrikaans ein brauchbarer Artikel geworden ist, bedankt sich ein Bearbeiter für die Erstellung der armseligen ersten Version vor 13 Jahren.
Er erinnert mich dabei daran, dass ich mich damals als Sprachunkundiger in den verschiedensten Sprachversionen herumgetrieben habe. Heute würde das sicher stets mit Schnelllöschung bestraft.
In die Zeit fällt auch mein einziger Artikel in Volapük (Frankfurt len Main), der ungewöhnlich freundlich kommentiert wurde.

Sonntag, 16. Juni 2019

Wenn in den Sommerferien die Zwangshochzeit droht…

"[...] Seit 2017 gilt in Deutschland das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen. «Es ist unserer Einschätzung nach in der Praxis noch nicht angekommen», urteilt Böhmecke. Es fehle an Leitfäden und Schulungen für Behörden und auch Präventionsmaßnahmen und Aufklärung in Schulen. «Bisher sind auch nur sehr wenige Fälle bekannt geworden, in denen die Ehe wegen der Minderjährigkeit des Mädchens aufgehoben wurde», ergänzt sie." (Zwangsverheiratung newsforteacher 15.6.19)

Übervorsichtige Astronomen

"Die bislang größte bekannt Galaxie IC 1101 im Sternbild Jungfrau [...] ist eine Milliarde Lichtjahre entfernt. Wir sehen diese Objekte somit in einem Zustand, den sie heute vermutlich längst nicht mehr haben dürften." (Hervorhebung von Fontanefan)
Die Unsicherheit wird doppelt und somit einmal zuviel ausgedrückt. In einem Zustand, den sie vermutlich nicht mehr haben, reicht völlig aus, um die Unsicherheit auszudrücken. In einem Zustand, den sie nicht mehr haben dürften, sagt dasselbe.
In der Kombination von vermutlich und nicht haben dürften drängt sich freilich ein neuer Sinn auf: Sie dürften das nicht haben kann nämlich zum einen die höfliche Form von sie dürfen das nicht haben sein, zum anderen der Ausdruck für einen unzulässigen Zustand.
Beispiel:
Der Schlüssel darf nicht ausgeliehen werden. Wenn es mit rechten Dingen zugegangen wäre, dürften Sie ihn also gar nicht haben. Höchste Zeit, dass Sie ihn zurückgeben, wenn Sie nicht sich und den, der Ihnen den Schlüssel hat zukommen lassen, nicht in Erklärungsnöte bringen wollen.

Aber es besteht überhaupt kein Anlass, eine Unsicherheit auszudrücken.
Das Bild, was wir heute sehen, zeigt die Galaxie in dem Zustand, den sie von eine Milliarde Jahre hatte (Lichtgeschwindigkeit). Auch wenn das Bild punktidentisch mit dem Bild, das die Galaxie gegenwärtig bietet, sein sollte, der heutige Zustand ist mit Sicherheit ein anderer als der von vor einer Milliarde Jahre.

Samstag, 15. Juni 2019

Armutsmeldung von 1996

"10% der Bevölkerung der BRD leben unter der Sozialhilfeschwelle.
15% sind von Armut bedroht, da sie einen zu hohen Aufwand für
Wohnkosten haben.
Jeder 10. New Yorker lebt von dem Essen, das City Harvest* vor dem
Müllschlucker bewahrt (z.B. das Ausgehöhlte aus Kartoffeln).
Sie sind obdachlos oder stehen vor der Alternative: Miete oder Essen.
In New York stehen 1,5 Mill. Wohnungen leer." (1996)



*"Founded in 1982, City Harvest is the world's first food rescue organization.[2] Its founders included Helen VerDuin Palit[3] and Harley Brooke-Hitching (founding chair) and Peter Schmidt (founding Board Member).[4] To date, the organization has rescued and delivered more than 600 million pounds of food.[1] The operation utilizes 22 trucks (including 2 tractor trailers), 160 staff members, thousands of volunteers, a Food Rescue Facility, and the support of many food and financial donors.[5] Fresh fruits and vegetables comprised more than half of the rescued food.[6] "(https://en.wikipedia.org/wiki/City_Harvest_(organization))

"Die im Tafel Deutschland e. V. organisierten Tafeln sind – gemessen an den etablierten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege wie etwa der Arbeiterwohlfahrt und der Caritas – eher neue Akteure im Bereich der sozialen Arbeit. Die erste deutsche Tafel wurde 1993 in Berlin durch Sabine Werth und ihre Initiativgruppe Berliner Frauen e. V. gegründet und organisiert, nach deren Vorbild weitere Tafeln zunächst in den großen deutschen Städten entstanden.[3] Inzwischen (Stand Oktober 2011) gibt es in der Bundesrepublik über 900 Tafeln, die in der Regel mit ehrenamtlichen Helfern verwertbare Lebensmittel einsammeln, die der Handel oder Hersteller als unverkäuflich aussortierten."
(https://de.wikipedia.org/wiki/Tafel_(Organisation)#Geschichte_und_Entwicklung_der_Tafeln_in_Deutschland - Hervorhebungen von Fontanefan)

Mittwoch, 5. Juni 2019

Thunberg u. Ernman: Szenen aus dem Herzen. Unser Leben für das Klima

"Die Erde hat Fieber, aber das Fieber ist nur ein Symptom einer umfassenden Nachhaltigkeitskrise, bei der es in Wahrheit vor allem unser Lebensstil und unsere Werte sind, die unser künftiges Überleben bedrohen.
Im Endeffekt reduziert sich alles auf die Nachhaltigkeitskrise. Sie manifestiert sich sowohl in der Luftverschmutzung und der Biosphäre als auch in ökonomischen und politischen Systemen, und sie führt uns zum Kern des Gesundheitszustands der Menschheit.
 " (S. 50)

 "Das Problem besteht allerdings darin, dass von dem Moment an, in dem man sich die Existenz der Krise eingesteht, bis zu dem Punkt, an dem man begreift, was sie bedeutet, es ein weiter Weg ist. Ein unfassbar weiter. (S.98) 


Medienberichterstattung:
"Als eine der größten Zeitungen Schwedens sich zum Ziel setzte, das Klima ins Zentrum ihrer Berichterstattung zu stellen, so dass es die gesamte Redaktion durchdrang, wie es hieß, verfolgte Greta ihrer Berichterstattung fünf Wochen am Stück. Das Ergebnis war nicht besonders beeindruckend. 
Shopping 22 %, Autos 7 %, Flugreisen 11 %. Und die Klimafrage 0,7 %.
Jedes Mal, wenn sie es nach prüfte, waren die Ergebnisse weitgehend identisch, egal um welche Zeitung es sich handelte. [...] 
"Wenn das Thema Klima zusammengerechnet die größte Nachricht ist, werde ich das rot im Kalender anstreichen", sagt sie.
Doch dazu ist es bis heute nicht gekommen.
Und wir prüfen Es jetzt seit zwei Jahren nach." (S.126 )

Greta spricht: "Alle sind so daran gewöhnt, dass sich alles ihren eigenen Bedürfnissen anpasst. Die Menschen sind wie kleine, verwöhnte Kinder. Und mit uns Kindern wird gemeckert, weil wir angeblich faul und verwöhnt sind. Ich weiß, dass wir, die wir Asperger haben, nicht fähig sind, Ironie zu verstehen, weil es so in allen Beschreibungen steht, die irgendwelche alten Leute über Menschen wie mich verfasst haben. Und trotzdem glaube ich, dass man Ironie nicht viel besser beschreiben kann als damit." (S.136)

"Ungefähr drei Prozent der Weltbevölkerung gönnen sich den Luxus, mindestens einmal im Jahr an Bord eines Flugzeug zu steigen. Obwohl Fliegen mit Abstand das Schlimmste ist, was man als Individuum dem Klima antun kann. [...] Das Ganze ist ein Kuchen [...] Um die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, haben wir einen begrenzten Kohlendioxidkuchen, der all das Kohlendioxid enthält, dass wir jemals ausstoßen können. Wenn wir den ganzen Kuchen verbraucht haben, ist kein Kuchen mehr übrig. Das letzte Stück Kuchen, das wir jetzt noch übrig haben, muss also gerecht unter allen Ländern der Welt aufgeteilt werden.
Die Vorstellung eines gemeinsamen Kuchens ist eben so kindlich einfach wie revolutionär. Ein Budget beinhaltet schließlich früher oder später irgendeine Form von Rationierung.
Und schon da treffen wir – zunächst einmal – auf den Anfang vom Ende der neoliberalen Weltordnung die Margaret Thatcher und Ronald Reagan vor bald 40 Jahren begründet haben. Das ist nicht einmal eine Theorie, sondern reinste Vorschulmathematik.
Das große Dilemma ist jedoch, dass sich in diesem gemeinsamen Kuchen unsere SUVs, Urlaubsreisen und unser Fleischkonsum ebenso befinden wie der Ausbau von Straßen, Krankenhäusern und die Infrastruktur für Milliarden Menschen, die bislang kein bisschen zur Entstehung der Probleme beigetragen haben, vor denen wir heute stehen. [...] Der verheerende Lebensstil der modernen Gesellschaft für so viele verschiedene Komplikationen für den Planeten, auf dem wir wohnen mit psychisch – Probleme, von denen jedes einzelne uns schon vor große Herausforderungen stellen würde. Das Hauptproblem ist jedoch, dass wir alle stets alles auf einmal tun, und zwar in der denkbar höchsten Geschwindigkeit. Der Mensch, sagt Kevin Anderson, ist wie ein Meteorit mit Bewusstsein." (
S.137-139)

"[...] "Wenn es darum geht, in welchem Umfang Länder wie Schweden die CO2-Emissionen verringern müssen, stößt man auf ziemlich unterschiedliche Zahlen [...] Du und andere Wissenschaftler sprechen von 10-15 % pro Jahr, Politiker und die staatliche Behörde für Natur und Umweltschutz von 5-8 %. Woher kommt der Unterschied?"
"Das hat verschiedene Gründe. In den 5-8 % sind beispielsweise Luftverkehr, Seefahrt und Auslandsproduktion noch nicht berücksichtigt", erklärt Kevin. [...] "Außerdem ist in den Berechnungen von Industrieländern wie Schweden nie das Mindestmaß an Unterstützung mit einkalkuliert, die wir anderen Ländern zugesichert haben. Das steht ausdrücklich im Pariser Klimaabkommen, im Kyoto-Protokoll und so weiter. Wir haben uns dazu verpflichtet, den CO2 Ausstoß zu reduzieren, ignorieren aber den Rahmen, den wir uns selbst gesteckt haben.
Und das Wichtigste: Unsere Strategien zur Ausstoßminderung basieren auf negativen Emissionstechnologien. Aber die sind noch gar nicht erfunden, und es ist äußerst fraglich, ob die Ergebnisse dann auch nur ansatzweise den Berechnungen entsprechen können, die wir für gegenwärtige Klimamodelle heranziehen. Es klingt absurd, aber bis vor zwei Jahren wussten viele Klimaforscher überhaupt nichts davon. Etliche meiner Kollegen waren regelrecht schockiert, als sie erfuhren, dass sich nicht nur ein paar wenige Zukunftsberechnungen auf Technologien stützen, die noch gar nicht erfunden worden sind, sondern alle." [...]" (
S.222/223)


"Klimakompensation ist, wie arme Menschen dafür zu bezahlen, dass sie für uns hungern." (S.228)

Seitenzahlen aus Szenen aus dem Herzen. Unser Leben für das Klima,

Greta Thunbergs Schulzeugnis SPON 17.6.19

Peter Kümmel über Aktivistinnen, ZEIT 10.7.19

AfD-Klimaquiz aus der Sicht der Wissenschaftler

https://www.youtube.com/watch?v=pxLx_Y6xkPQ

Dienstag, 4. Juni 2019

Bösch: Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann

Frank Bösch: Zeitenwende 1979 (Rezensionen in Perlentaucher)

Thatchers Wahl und die Gründung der Grünen, S.269ff
"Thatcher und Reagan veränderten den [...] Konservatismus, indem sie ihn von seiner paternalistischen sozialen Verantwortung abrückten, zugunsten einer Förderung individueller Interessen, die das Allgemeinwohl steigern sollten." (S.279)

Vereinfachend gesagt: Von den Möglichkeiten der Regierung Steuern erheben und subventionieren sowie verbieten und erlauben entschieden sie sich dafür, die Unternehmenssteuern zu senken und manche Industrien zu subventionieren sowie das Streikrecht einzuschränken und den Unternehmen mehr zu erlauben.


"Gewählt wurde Thatcher zudem, weil sie für eine stärkere Bekämpfung der Kriminalität und die Begrenzung des Zuzugs von Ausländern eintrat. [...] In den Umfragen fiel Thatchers Partei nun auf Platz drei hinter Labour und die Liberalen, und die Beliebtheitswerte der Iron Lady waren im Keller. Als ihr größter Erfolg galt in den ersten Jahren, dass sie bei einer Geiselnahme in der iranischen Botschaft in London Härte und Entschlusskraft gezeigt hatte und sofort eine polizeiliche Erstürmung durchführte. Daran knüpfte Thatcher im großen Stil an, als sie einen Kriegseinsatz gegen Argentinien zur Verteidigung der britischen Falklandinseln startete und der rasche Sieg eine patriotische Begeisterung auslöst gibt, die die schlechte ökonomische Lage übertünchte. Nur mit Glück verbesserten sich die Wirtschaftsdaten kurz vor der Wahl 1983, wodurch ihre Wiederwahl gelang." (Zeitenwende 1979, S.280/281)

Wird Bolsonaro ein Wiedergänger Maggies? Oder doch eher Hitlers? Er könnte seine Entschlusskraft beweisen, indem er den Regenwald der Industrie überlässt.

FDP und Grüne: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

"So war die FDP die erste Partei, die Anfang der 1970-er Jahre den Umweltschutz als politisches Thema entdeckt hatte" (S.298)
"Umweltschutz hat Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen" hieß es in der Freiburger Thesen 1971.
"Grundsätzlich hatten "Neoliberale" und "Ökos" natürlich ein unterschiedliches Verhältnis zur Rolle des Staates. Grüne Parteien vertrauten auf den Staat beim Umbau der Gesellschaft, bei der Schaffung einer ökologischen Wirtschaft [...] Allerdings zeichnete sich auch das alternative Milieu durch eine gewisse Distanz zum Staat und zu staatsnahen Institutionen aus.Der Staat galt als kontrollierende Instanz, als ein "Überwachungsstaat", zu dem ein kritischer Abstand durch Betonung von Eigeninitiative und Schutz der Privatsphäre gesucht wurde. [...]
In den 1990er-Jahren, nach Etablierung der Grünen, war der prozentuale Anteil von Selbstständigen bei den Grünen Parteimitgliedern zwar geringer als bei der FDP, aber mit 14 Prozent noch doppelt so hoch wie bei den Sozialdemokraten. " (S.299)
"In einst liberal dominierten Städten wie Tübingen, Freiburg, Marburg oder Göttingen erreichten die Grünen rasch zweistellige Ergebnisse, dann zum Teil über 20 Prozent" (S.300) 
"Das Aufkommen des Neoliberalismus und der Öko-Bewegung war eng mit der Erfahrung der Globalisierung verbunden. In den 1900 siebziger Jahren wurde deutlich erfahrbar, dass weder Energie- und Umweltprobleme noch Finanz- und Wirtschaftskrisen an Grenzen haltmachten." (S.301)
 "Da beide Strömungen provokant, kompromisslos und konfliktorientiert auftraten, polarisierten sie entsprechend. Die Umgangsformen mit politischen Gegnern erreichten eine neue Stufe im Konfrontationsgrad und Freund-Feind-Denken. [...] Die als "Fundis" und "Realos" bezeichneten Flügel bekämpften sich in den 1980er-Jahren so nachdrücklich, dass eine Spaltung wie bei der FDP 1982 erwartbar war." (Seite 302/303)

Die zweite Ölkrise, S.305ff

Bösch führt aus, dass die Ölkrise von 1979 wesentlich zum Bankrott der DDR und damit zu Protesten und ihrem Ende geführt habe. 

"Wie sehr Energiefragen die Diplomatie bestimmten, zeigte sich ebenfalls nach der zweiten Ölkrise 1979. Trotz des zeitgleichen sowjetischen Einmarsches in Afghanistan und der Boykottmaßnahmen der USA entwickelte die Bundesrepublik das bislang mit Abstand größte Energiegeschäft mit der UDSSR. Das Kanzleramt tolerierte, dass führende Vertreter aus Energieunternehmen, Banken und Stahlkonzernen Anfang 1980 nach Moskau reisten, um Gespräche über die Gasverträge zu führen. [...] Der daraus entstehende Vertrag sah eine Verdopplung der künftigen sowjetischen Gaslieferungen vor, die wiederum mehr Exporte in die Sowjetunion ermöglichen sollte. [...] Die Sowjetunion war damit zunächst ein Gewinner der Ökrisen und bezog nun über die Hälfte ihrer Devisen aus den Öl- und Gasverkäufen. Dies ermöglichte Ende der 1970er-Jahre ihre Aufrüstung, ihre militärischen Einsätze oder auch ihr gesteigertes Engagement in Entwicklungsländern (S. 314/315)

"Die Ölkrisen beeinflussten auch die Ost-West-Beziehungen der anderen sozialistischen Staaten. Diese waren fast ausnahmslos von den günstigen sowjetischen Öl- und Gaslieferungen abhängig, deren Preise nun anstiegen. 1976 zahlte die DDR etwa die Hälfte des Weltmarktpreises, 1978 bereits Prozent. [...]
Denn selbst die relativ reiche DDR sa sich nun gezwungen, den Heizölverbrauch ab 1979 mit kostspieligen Umstellungen in nur fünf Jahren auf ein Viertel (!) zu senken – durch mehr Braunkohle, Gas und mehr Energiesparmaßnahmen. [...] Zudem hatte der Ausbau der maroden Braunkohlewerke fatale Konsequenzen für die Umwelt. All dies förderte den Unmut der Bevölkerung und schließlich auch den Protest.
Damit beeinflussten die Ölkrisen auch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Teilen Deutschlands – und schließlich auch die Krise der DDR." (S.316)


1974 verzichteten die Westdeutschen auf energieintensive Ausgaben wie Neuwagen und Fernreisen. Die Mehrheit der Bundesbürger war für ein Tempolimit. Leuchtreklamen wurden abgeschaltet. (S.310/11)
In der DDR wurde von 1979 bis 1984 der Heizölverbrauch "auf ein Viertel (!)" gesenkt. (S.316)
Der Hauptvertreter des Wirtschaftsliberalismus Graf Lambsdorff begrenzte die Raumtemperatur in seinem Ministerium und "ließ seinen Dienstwagen nur noch maximal 130 km/h fahren".
Es gab Anschlusszwang an Fernheizungen und große Erfolge bei der Wärmedämmung. (S.320)
Allgemein wurde die Energieeffizienz enorm erhöht. (S.323)
(Frank Bösch: Zeitenwende 1979 - DeutschlandfunkPerlentaucher)

In einer Situation, wo der Ölpreis anstieg, war es also auch Liberalen möglich, "Zwangsmaßnahmen" zu ergreifen. Heute geht es ja "nur" den Lebensraum von Hunderten von Millionen und die Gefahr entsprechender Flüchtlingsströme. Und es sind womöglich noch zehn Jahre Zeit. Da kann man mal Energieziele um 10 Jahre verschieben und alle eingreifenden Maßnahmen auf 2050 verschieben. 

Freilich, schon damals war das Sparen nicht nachhaltig. Sobald der Ölpreis nicht mehr stieg, setzten Reboundeffekte ein. 

Bessere Wärmedämmung -> größere Wohnungen
niedrigerer Benzinverbrauch pro Auto -> mehr Kraftfahrzeuge
der Schienenverkehr verlor an Bedeutung
"Die Verbrauchsintensität pro Kopf stieg bei Geräten zwischen 1960 und 1990 so fast um das Achtfache." (S.325)


Es ist bemerkenswert, "dass Produkte, die nach den Ölkrisen auf den Markt kamen – wie insbesondere Computer – bis heute kaum Kennzeichnungen zu ihrem Energieverbrauch tragen. Flug- und Internetverkehr stehen in stärksten Kontrast zu den Energiesparappellen. Neue Siegel zum fairen Handel und zum Gesundheits- und Umweltschutz überlagern Hinweise zum sparsamen Verbrauch." (S.332)

Der AKW-Unfall bei Harrisburg, S.333ff

Die Fernsehserie Holocaust
, S.363ff