Freitag, 30. Oktober 2020

US-Präsidenten

 Am kommenden Dienstag wird der 46. Präsident der USA gewählt. Oder wird der 45. bestätigt? 

Alle bisherigen Amtsinhaber auf einen Blick

in ZEIT 29.10.2020


Donnerstag, 29. Oktober 2020

Wikidata

 "On 29 October 2012, the wiki was released under wikidata.org for the first time. 

We started with the maintenance of the links between the different 

language versions of the Wikimedia projects. 

Previously, it had been quite time-consuming to maintain 

them manually for each article and language version, whereas now,

they are all managed centrally at Wikidata.  [...] 

A major milestone from the point of view of the development teams

was certainly to release the wiki after many months of laying the 

foundations with their work. Important steps were also when editors 

and bots began to fill Wikidata with concepts from Wikipedia and when 

these data were then used in other Wikimedia projects. 

This was followed by diversification to include other types of data, supported 

by media data on Wikimedia Commons and lexicographical data on Wikidata. 

These data enabled us to compile a machine-readable, multilingual dictionary. [...]"

https://blog.wikimedia.de/2020/10/29/wikidata-turns-eight-an-interview-with-lydia-pintscher/  

Sonntag, 25. Oktober 2020

Kurzerinnerung

 https://fontanefan.blogspot.com/2018/07/eine-realistische-weltsicht-schliet.html

Wir waren einmal auf einem richtigen Weg. Die Art der Bekämpfung von COVID-19 - so alternativlos sie unter anderen Gesichtspunkten erscheinen mag - hat die absolute Armut um viele Millionen vermehrt und wird sie auf absehbare Zeit weiter vermehren (wenn auch - hoffentlich - langsamer).

Armut und Lebensstandard

 Armut

"Die entscheidende Minimalmarkierung für Wohlstand war [...] die kontinuierliche Beschäftigung von Hauspersonal, auch in einer gemieteten Wohnung. Von dort war es noch ein weiter Weg über shabby gentility bis zu ausgesprochener Armut."(S.330)
"Im subsaharischen Afrika war der Besitz von Land ein weit weniger wichtiges Kriterium als die Kontrolle über Abhängige. Viele Herrscher im vorkolonialen Afrika besaßen kaum mehr lagerbare Schätze als ihre Untertanen. Sie hoben sich durch die Zahl ihrer Frauen, ihrer Sklaven, ihres Viehs und durch die Größe ihrer Getreidespeicher hervor. [...] Ein Armer war in Afrika jemand, der sich in einer besonders verletztlichen Lebenslage befand und der geringen oder gar keinen Zugang zur Arbeitskraft anderer hatte. Am Boden der Gesellschaft fanden sich diejenigen, die unverheiratet, kinderlos und vielleicht sogar noch wegen körperlicher Behinderung arbeitsunfähig waren. Selbst wenn sie oft besser ernährt waren als jene, um die sich niemand kümmerte, gehörten auch Sklaven zweifellos zur Schicht der Ärmsten." (S.331)
"Im südlichen Afrika begann Armut schon vor dem Ersten Weltkrieg eine Form anzunehmen, wie sie aus den dicht besiedelten Gesellschaften Europas und Asiens bekannt ist: Landlosigkeit mehr als physische Behinderung des Einzelnen wurde zur Hauptquelle von materieller Depravation. Staatlich unterstützte Landaneignung durch Siedler war eine typische Ursache dieser Art von Armut." (S.332)
"Profile von Einkommen und Lebensstandard [kann man] überhaupt nur im städtischen Raum erheben."  (S.332)
Die Zahl arbeitsfähiger Männer in britischen Arbeitshäusern ist ein guter Indikator für das Ausmaß extremer städtischer Armut. Diese Zahlen gingen zwischen 1860 und dem Ersten Weltkrieg nicht signifikant zurück. [...] Es ist unmöglich, für das 19. Jahrhundert Armut weltweit zu quantifizieren. (S.333)

Bettelei und Mildtätigkeit
"Die Tatsache, dass in Deutschland und einigen anderen Ländern Europas gegen Ende des 19. Jahrhunderts allmählich ein Wohlfahrtsstaat aufgebaut wurde, sollte nicht davon ablenken, dass dies in vielen Teilen der Welt auch eine Epoche fortgesetzter und neu motivierter philanthropischer Bemühungen um die Armen war." (S.333)
"In Ägypten setzte sich eine alte Tradition von Generosität und Almosenspendung fort. Diese Generosität hatte nach den Geboten des Islam nicht ostentativ in der Öffentlichkeit, sondern diskret ausgeübt zu werden." (S.334) "Ägypten unterschied sich freilich in
mehrfacher Hinsicht vom nördlichen Europa: [...] Die Armen verschwanden nie aus der Öffentlichkeit, sondern machten ihre Ansprüche geltend, anders als etwa die städtischen Unterschichten Englands, bei denen seit den 1860er Jahren die Entgegennahme von Armenfürsorge und erst recht Bettelei als peinlich und entwürdigend galten. Bettelfreiheit ist ein historisch ganz seltener Zustand, und er wurde vermutlich vor dem 20. Jahrhundert fast niemals erreicht.(S.334) 

Globalisierter Konsum
"Die umfassendste interkontinentale Wechselwirkung von Ernährungspraktiken war bereits im 16. Jahrhundert erfolgt. Dieser Columbian Exchange hatte europäische Nutzpflanzen und Tiere in der Neuen Welt eingeführt und amerikanische Pflanzen nach Asien und Europa gebracht. [...] Die Kartoffel brauchte seit der Ankunft der ersten Knollen kurz vor 1600 etwa zweihundert Jahre, bis sie in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien zum wichtigsten Grundnahrungsmittel wurde. Schon viel früher hatte die
Einführung ertragreicherer Reissorten die Produktion in Südostasien und China erheblich gesteigert.(S.335)
"Die amerikanische Maniok-Wurzel wurde in Afrika heimisch gemacht, [...]. Heute ist Maniok in den tropischen Teilen Afrikas die am weitesten verbreitete Nahrungspflanze." (S.336)
Kulinarische Mobilität
"Seit dem Goldrausch der Jahrhundertmitte waren Italiener in Kalifornien ansässig. Bald immigrierten sie in / viele andere Teile der USA. Sie brachten den Durum-Weizen mit, den
man für italienische Pasta benötigt." (S.336/37) 
"In keinem europäischen Land spielten aus Übersee importierte Nahrungs- und Genussmittel eine größere Rolle als in Großbritannien. Die East India Company hatte, vor [...] die Briten zu einer Nation von Teetrinkern erzogen. [...] Der einzige andere exotische Import, der über den engen Kreis des Luxuskonsums hinaus die Ernährung der breiten Bevölkerung veränderte, war der Zucker. [...] Der eigentliche Aufstieg des Zuckerkonsums fand aber erst im 19. Jahrhundert statt. Die Zuckerproduktion auf der Welt verdoppelte sich zwischen 1880 und 1900 und nochmals von da an bis 1914. Der Anteil von Zucker an der durchschnittlichen Kalorienversorgung der Briten soll im Laufe des Jahrhunderts von 2 Prozent auf 14 Prozent gestiegen sein." (S.338)
"Es war eine der großen Tendenzen des 19. Jahrhunderts auf dem Ernährungssektor, dass die Industrialisierung auch die Herstellung von Fleisch erfasste und den Fleischmarkt
zu einem transkontinentalen Geschäft machte. [...] Spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nahm in Westeuropa der Fleischkonsum auch der Unterschichten deutlich zu. Zwischen den 1860er und den 1890er Jahren verdoppelte sich der Fleischverbrauch englischer Arbeiterfamilien auf mehr als ein Pfund pro Kopf in der Woche. Die Japaner [...]  bekehrten sich von vegetarischer Ernährung zum Verzehr von Fleisch. [...] 1876 wurde erstmals argentinisches Rindfleisch per Kühlschiff nach Europa gebracht." (S.339)
"Romantische Sozialtypen wie der nordamerikanische Cowboy und der argentinische Gaucho waren das mobile Proletariat einer weltweit operierenden Fleischindustrie. [...]
1905 wurden 17 Millionen Tiere getötet. Es ist kein Zufall, dass eine der schärfsten literarischen Attacken auf den amerikanischen Kapitalismus, Upton Sinclairs Roman The Jungle (1906), seinen Schauplatz in den Chicagoer Schlachthöfen hat [...]." (S.340)

Freitag, 16. Oktober 2020

Sterblichkeitsrisiko durch COVID-19 im Vergleich zu Verkehrsunfällen

 "Damit ist auf jeden Fall gezeigt, dass SARS-CoV-2 kein gefährliches Killervirus ist und dass es für Menschen im Alter bis 65 Jahren und ohne Vorerkrankungen weitgehend ungefährlich ist, wenn es für sie eine ausreichende Gesundheitsversorgung gibt. Damit ist nicht gesagt, dass man eine freie Verbreitung des Virus zulassen sollte, aber doch wird die Notwendigkeit eines harten Lockdowns in Frage gestellt."

Führende Epidemiologen berechneten das Sterberisiko durch COVID-19 von , heise.de  

Originalwortlaut des Papiers von John Ioannidis u.a.:  
"The infection fatality rate of COVID-19 can vary substantially across different locations and this may reflect differences in population age structure and casemix of infected and deceased patients and other factors. The inferred infection fatality rates tended to be much lower than estimates made earlier in the pandemic."
(Submitted: 13 May 2020 – Revised version received: 13 September 2020 – Accepted: 15 September 2020 – Published online: 14 October 2020)  

John Joannidis "ist ein griechisch-amerikanischer Gesundheitswissenschaftler und Statistiker. Er ist Professor für Medizin und Professor für Epidemiologie und Bevölkerungsgesundheit an der Stanford University School of Medicine" (Wikipedia)

Dienstag, 13. Oktober 2020

Über die Versuchungen und Überforderungen eines Strafrichters

"Die Strafjustiz ist schwach bei intelligenter und mächtiger Kriminalität, stark und manchmal großmäulig gegen Unterschichtenkriminalität. Etwas mehr Reflexion und etwas weniger Zeitgeist wären nützlich.

[...] am Amtsgericht, wo Säufer, Rapper, Hausmänner und Fachverkäuferinnen sich ihre Lebenshilfen abholen, sind meist keine Professoren zur Hand; da muss der Amtsrichter alles selbst wissen. Zum Glück, so denken er und seine Dienstvorgesetzten, macht er den Job schon 20 Jahre und hat alles mal gesehen. Deshalb weiß eine 49-jährige Strafrichterin, Einzelkind aus einem Zahnarzthaushalt, schon nach kurzer Einarbeitungszeit wirklich genau, wie es auf dem Straßenstrich, im Sozialamt, in der Bahnhofshalle und unter Amphetaminsüchtigen zugeht; und was eine 21-Jährige mit abgebrochener Friseurinnenlehre und Großflächentattoo samstagnachts denkt, will, träumt und reflektieren kann, wenn sie mit zwei Ecstasy in der Birne auf einem Beifahrersitz Platz nimmt, kann sich die Richterin bestimmt sehr gut vorstellen. Sie hat übrigens, um das zu lernen, während ihrer gesamten, acht Jahre währenden Ausbildung genau null Stunden aufgewendet.

Will sagen: Strafrichter haben zu einem großen Teil mit Sachverhalten zu tun, die sie selbst nie erleben, und mit Menschen, denen sie in vielerlei Hinsicht selbst denkbar fernstehen. Strafrichter wachsen nicht in Hartz-IV-Familien auf; sie wohnen nicht zu sechst auf 65 Quadratmetern; am 25. des Monats ist das Geld in der Regel noch nicht versoffen; sie können Französisch und ein bisschen Latein und fürchten sich bis auf den Grund ihrer Seele davor, sozial abzustürzen und verachtet zu werden, während ihre Klientel dieses Gefühl schon in der Kita inhaliert hat." ("Knallhart-Richter" gegen Rapper Gzuz Strafen fürs schlichte Gemüt, Spiegel Panorama 9.10.20)

Natürlich bin ich nicht immer Thomas Fischers Meinung, aber lehrreich ist immer, was er sehr gut verständlich vorträgt. Dazu:

"Die Rezensentin des Deutschlandfunks äußerte, Fischer schreibe „ungewohnt offen und gedanklich erfrischend“; das Buch bewege sich „zwischen Polemik, Provokation und Belehrung“.[16] Mit Blick auf das große Publikum Fischers bei Universitätsvorträgen schrieb der Unispiegel im Mai 2016, Fischer werde gerade „zu einer Art Popstar und Erklärbär für Studenten und andere junge Menschen“.[40]" (Wikipedia)

In diesem Fall fällt es leicht, ihm zuzustimmen. 

Samstag, 10. Oktober 2020

Adam Smith

 Schotte, nicht Engländer, auch wenn man von der englischen industriellen Revolution spricht. Erste Studien in Glasgow, vom sechsjährigen Philosophiestudium in Oxford eher enttäuscht,

wurde "im Alter von nur 27 Jahren Professor für Logik an der Universität Glasgow und 1752 Professor für Moralphilosophie. Somit übernahm er Hutchesons Lehrstuhl und wurde besser bezahlt. Die Moralphilosophie deckte ein weites Spektrum von Theologie über politische Ökonomie bis hin zu Ethik ab, wobei Smiths Unterrichtsniveau als hoch eingestuft wurde. Seine Studenten waren 14 bis 16 Jahre alt. Unterrichtssprache war Latein, Smith unterrichtete bald jedoch als einer der Ersten auf Englisch. [...] 1763 legte er seine Professur nieder und nahm den finanziell lukrativen Posten des Tutors des jungen Henry Scott, 3rd Duke of Buccleuch an. Dieser war Stiefsohn von Charles Townshend, der von Smith sehr beeindruckt war, und wurde von Smith von Anfang 1764 bis Ende 1766 bei dessen Bildungsreise auf dem europäischen Kontinent (Frankreich, Schweiz) begleitet. Diese dreijährige Tätigkeit brachte Smith eine lebenslange Rente von 300 Pfund Sterling jährlich ein. [...] Eine der aristotelischen Kernfragen der philosophischen Ethik, der sich Smith als Moralphilosoph widmete, lautet: „Was ist bedeutsamer: das allgemeine, gesellschaftliche Glück oder das persönliche, individuelle Glück?“ Smith beantwortete sie im Wohlstand der Nationen mithilfe empirischer Schlussfolgerungen. Seine Folgerung: Das allgemeine, gesellschaftliche Glück werde maximiert, indem jedes Individuum im Rahmen seiner gesellschaftlichen Grenzen versucht, sein persönliches Glück zu erhöhen. Diese gesellschaftlichen Grenzen sind das, was er den „inneren Richter“ nannte, der jede Handlung darauf befragt, ob sie gesellschaftlich anerkannt und legitimierbar ist. Smith nimmt damit das spätere Über-Ich von Freud vorweg, das dann bei Norbert Elias sozialhistorisch erklärt und beschrieben wurde (Norbert Elias, „Über den Prozess der Zivilisation“, 2 Bde., Suhrkamp Verlag FFm). Durch die unsichtbare Hand, die über das Marktgeschehen den gesellschaftlichen Reichtum erhöht, werde zugleich das allgemeine, gesellschaftliche Glück erhöht – wenn auch mehr oder weniger nur zufällig."(Wikipedia)

Keine Chance auf Impfstoff gegen Corona im Frühjahr 2021

 https://www.nachdenkseiten.de/?p=65607

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Weshalb Trump auch von Leuten gewählt wird, die seinen Lügen nicht glauben

 Die USA verlieren ihre Vormachtstellung in der Welt, die Weißen ihre Mehrheit in der Bevölkerung. Das macht Angst. 

Angst mag kein guter Ratgeber sein. Aber man hört auf sie.

Auch Wähler der Demokraten finden einen Hund sympathischer, wenn sie wissen, dass er einem Weißen gehört und nicht Obama.

https://www.zeit.de/2020/42/rassismus-usa-us-wahl-donald-trump-ezra-klein

Mittwoch, 7. Oktober 2020

Zeitsprung - Stadtansichten aus Weimar in unterschiedlichen Zeiten im Vergleich

 Man vergleicht mit einem Schieberegler:

https://zeitsprung.animaux.de/250/

H.W. Sinn: Bei einem Schuldenschnitt bezahlen die Spekulanten

Schuldenschnitte gab es seit 1945 über 180. Das ist also kein ungewöhnliches Instrument. Freilich ist der Umgang mit privaten Gläubigern für Staaten unangenehmer. Aber der ist die einzige Version, bei der nicht Unbeteiligte die Kosten tragen müssen. 

Hans-Werner Sinn: Der Corona-Schock. Wie die Wirtschaft überlebt, 2020

Dienstag, 6. Oktober 2020

Seehofer und Rechtsextremismus innerhalb der Polizei

 https://www.fr.de/politik/polizei-rechtsextremismus-cdu-horst-seehofer-pressekonferenz-lagebericht-chats-zr-90061908.html

Ein Leserbrief von 1976

 "[...] Wie lange ein Mensch lebt und welcher Mensch länger lebt, entscheidet nämlich längst nicht mehr die Natur, sondern die menschliche Technik und die Politik. Und wenn wir diese Frage nicht bewusst und verantwortlich entscheiden, wird sie unbewusst und unverantwortlich mitentschieden, etwa durch Stadtverordnete oder Industriemanager, die die Technik und Ausstattung eines Krankenhauses festlegen. Und dann rechnen Finanzexperten aus, wie hoch die Beiträge zur Krankenversicherung steigen dürfen, wie viel Entwicklungshilfe wir uns leisten können oder wie viel Umweltschutz usw. – denn unsere Mittel sind ja nicht unerschöpflich.

Die Frage ist aber auch falsch gestellt. Es geht gar nicht darum, welches Leben "unwert" ist (nach gängiger Überzeugung anscheinend die Leben aller Tiere und Pflanzen auf dieser Erde), sondern welches Leben wir auf Kosten welchen Lebens verlängern wollen. Dadurch, wofür wir heute unser Geld ausgeben, bestimmen wir nämlich:
Wie viele gesunde Inder verhungern müssen, damit ein behindertes Kind in der BRD 30 Jahre lang am Leben erhalten werden kann (100? 1000? Oder sogar 10.000?).
Wie viele Tierarten aussterben müssen, weil das Leben eines sterbenden Menschen um einen Monat verlängert werden soll.
Wie viele Flüsse vergiftet werden (mit allem Leben darin), damit die Europäer täglich ihre Wäsche wechseln können.
Wie viel Land für die nächsten 10.000 Jahre radioaktiv verseucht werden soll, damit wir uns heute das Treppensteigen ersparen können oder die lästige Arbeit des Abwaschens. (Natürlich auch: Wie viel Prozent unserer Kinder seelisch verkümmern werden, weil die Erwachsenen eine Stunde länger fernsehen wollen.)
Kurz gesagt: Wie viele künftige Generationen darunter leiden sollen, dass wir unser bequemes Leben und unser gutes Gewissen ein paar Jahre länger genießen wollen. Nach uns die Sintflut!
Die Natur kennt nur eine Lebensaufgabe: die Erhaltung der Art, d.h. Weitergabe des gesündesten Erbgutes. Der Mensch hat sicher andere Aufgaben (wenn auch kaum die, all das nicht-menschliche Erbgut zu vernichten). Aber vermutlich gehört es zu seinen schönsten Möglichkeiten, sein Leben freiwillig einer Aufgabe zu widmen und auch notfalls zu opfern. Und wenn wir den Wert eines Lebens beurteilen wollen, so werden wir fragen, ob der Mensch seine Aufgabe erfüllt und nicht, ob er lange gelebt hat. 
Durch unsere moderne Technik manipulieren wir alles Leben auf dieser Erde. Wir sollten uns dessen bewusst sein, auch wenn es uns erschreckt, und wir sollten unangenehme Entscheidungen nicht einfach "der Natur" überlassen. "Ihr werdet sein wie Gott, und wissen, was gut und böse ist." Wir haben die Annehmlichkeiten der Technik gewollt, nun dürfen wir uns vor der Verantwortung nicht drücken." 

(Leserbrief an DIE ZEIT vom 23. Juli 1976)

Ganz aktuell ist der Leserbrief nicht mehr, aber die Frage "Wie viele künftige Generationen darunter leiden sollen, dass wir unser bequemes Leben und unser gutes Gewissen ein paar Jahre länger genießen wollen." ist in einem erschreckenden Maße dringlicher geworden. 

Haben wir Älteren unser Leben genügend der Aufgabe gewidmet, dass die auf uns folgenden Generation nicht darunter leiden, "dass wir unser bequemes Leben und unser gutes Gewissen ein paar Jahre länger genießen wollen"?

Die Frage stellt sich 44 Jahre nach diesem Leserbrief mit gesteigerter Dringlichkeit.

Weshalb einheitliche Regelungen für ein ganzes Land problematisch sind

 "Das Infektionsgeschehen ist nicht in der breiten Fläche zu finden, sondern kann zu einem erheblichen Teil auf ein konkretes lokales Ereignis eingegrenzt werden" sagte der Frankfurter Gesundheitsdezernent. 

mehr dazu: Frankfurter Rundschau, 5.10.20

Es müssen Lösungen für Gemeinschaftsunterkünfte und Flüchtlingslager gefunden werden. Wenn man die nicht finden kann, muss man sie auflösen, aber nicht für ganz Frankfurt oder ganz Griechenland neue Verhaltensregeln ausgeben, die das soziale Leben einschränken, kulturelle Veranstaltungen erschweren, bis unmöglich machen, Schulunterricht für die sozial Benachteiligten verhindern u.ä. 

Sonntag, 4. Oktober 2020

Tragischer Ausgang eines Initiationsrituals oder Rassismus?

 https://www.nytimes.com/2020/10/04/world/europe/belgium-racism-sanda-dia.html

Buchautomat

Als ich in "Reclam. 125 Jahre Universalbibliothek" (1992, S.95)  etwas von Buchautomaten von 1912 las, hielt ich das zunächst für eine Kuriosität, weil ich meines Wissens noch nie einen gesehen habe. 

Es ist aber keinesfalls so sehr ungewöhnlich, wie die Tatsache zu beweisen scheint, dass es zu dem Stichwort außer dem deutschen nur einen russischen Artikel gibt. 

Denn in den Commons gibt es durchaus eine ganze Reihe Fotos von aktuellen Buchautomaten und 7 allein aus Japan. (Die dortigen Beispiele weisen aufgrund des hohen Anteils von Pornoheften darauf hin, dass die Anonymität des Verkaufs bei Buchautomaten eine nicht unwichtige Rolle spielen könnte.)

Die Artikel zu Verkaufsautomaten in über 40 Sprachen enthalten aber nicht selten Abschnitte zu Buchautomaten, die offensichtlich international verbreitet sind.

Susan Sontag

 "Autoren und Bücher, die Susan Sontag mit 15 (1948) neben anderen gelesen hat: Rilkes Duineser Elegien (übersetzt von Stephen Spender), André Gide, Thomas Manns »Der Zauberberg«, Romain Rollands »Jean Christophe«. Dazu hört sie »Don Giovanni«. (vgl. Tagebucheintrag, 1.9.48) Man könnte auch sagen: Die junge Susan Sontag legte die intellektuelle Grundlage für die später berühmte Susan Sontag." [TorstenLarbig]

Ja. Aber gewiss nicht nur damit. Ein weites Feld.


Samstag, 3. Oktober 2020

Mauerfall und deutsche Einigung aus der Sicht von 1990 bis 2023

 https://twitter.com/MelsGedanken/status/1312305393134116864

Meine Schüler (in Westdeutschland) fanden, die Einigung brauchte nicht zu sein.

Ich habe ihnen erzählt, dass sie - neben der Hoffnung auf privates Glück - für mich der große Wunschtraum war. 

Aus meinem politischen Tagebuch von 1990

Ein Kindheitstraum ist uns in Erfüllung gegangen. Wie das aber Träume so an sich haben: die Erfüllung ist weniger schön, als die Vorstellung sie sich ausmalte. Zu viele Sorgen sind damit verbunden, zuviel Verärgerung über manches, was hätte anders laufen sollen, zu unrealistisch waren die kindlichen Hoffnungen: wir sind alle zusammen, die politischen Zwänge gibt es nicht mehr, natürlich sind alle Personen, die einem in der Kindheit wichtig waren, dabei, um es mitzuerleben.
Schließlich hat man inzwischen auch schon lange gewußt, daß der Tag kommen würde und daß er an den Problemen vorerst nur wenig ändern würde. So waren wir Eltern gestern auch wenig gestimmt, zu feiern.
Und doch, es ist ein großer Tag, es ist ein wichtiger Vorgang, und über alles Erwarten glückliche Entwicklungen finden ihren Abschluß.
   So waren wir auch dankbar, daß unsere Kinder uns dann doch noch zum Feiern brachten: Ma, indem er darauf bestand, bis um 24.00 Uhr, zur Einigungsminute, aufzubleiben, Mo, indem sie in melancholischer Resignation bedauerte, nicht bis in die Einheit hineinfeiern zu dürfen. So haben wir dann doch unsere Mädchen geweckt und zu fünft Wunderkerzen in die Nacht gehalten.
Beziehungsreich war für uns der Tag, da an ihm die letzten Sachen vom Lager zurückkamen, die wir vor elf Jahren dorthin gegeben hatten. Auch eine Wiedervereinigung mit Vertrautem, wovon wir lange getrennt waren: das alte Wilhelm-Busch-Album, das Reineke-Fuchs-Buch, meine Schülerzeichnungen, ...  Ma meinte, als die Spiele auftauchten, das sei wie oder gar noch schöner als Weihnachten, weil manches auftauchte, was man sich gar nicht gewünscht, womit man gar nicht gerechnet hatte. (Da war es dann auch nicht so schlimm, daß manche gute Bücher durch Feuchtigkeit verdorben sind. Was hilft schon Reklamieren.) Am unerwartetsten, aber höchst passend tauchte die Titelseite der satirischen Zeitung "Pardon" auf, auf der es - in Kritik am Gerede von der "sogenannten DDR" - hieß: "Endlich bewiesen: Es gibt keine DDR. Kein Päckchen nach drüben." - Als ich diese Titelseite aufhob, war mein Kindheitstraum gewiß schon ausgeträumt. Ich glaubte nicht mehr daran, daß ich noch erleben würde, daß er wahr wird.
Jetzt ist es so weit.
Päckchen nach drüben? Tatsächlich, es hat sich alles verändert. Es lohnt sich nicht mehr, Apfelsinen zu schicken, Schokolade oder Kaffee. Jetzt können es plötzlich Bücher sein oder man selbst.
Und zum Glück haben wir damit ja auch schon ein wenig angefangen.

Mo spricht:
Ich will unbedingt den Fernsehfilm über die Teilung sehen. -
Es gibt ja keine DDR mehr, aber die Taschenlampe kommt trotzdem aus der DDR. Da will ich sie gut aufheben als Andenken.
(Ähnlich habe ich gedacht von den vielen Büchern, die jetzt eingestampft worden sind. Die Kunstbände waren gewiß wertvoll, und manches wäre auch ein schönes Andenken, z.B. Schulbücher.)

Soeben erreicht uns ein Anruf von G aus unserer Hauptstadt. Wir aus der Provinz kommen nicht zu ihm durch.  ( 3.10.90)

Ich hoffe stark auf weitere Demokratisierung in der DDR. […] Ich hoffe sehr auf dauernde Normalisierung des Verhältnisses. Eine Wiedervereinigung wäre mir dann völlig unwichtig. Gegenwärtig fürchte ich sie, falls sie Gorbatschows Position in der SU gefährden könnte.(7.1.1990)

Bei einem Blick auf eine Aufstellung der Ereignisse des Jahres 1989 habe ich gesehen: es ist ein Jahr des Aufbruchs gewesen nicht nur in der DDR und Osteuropa. Waffenstillstand in Angola, Demokratie in Chile, Frederik de Clerk Präsident Südafrikas, demokratisch gewählter Präsident in Brasilien mit vielen Reformen, Sturz des Diktators von Paraguay, verfassungsgebende Versammlung in Namibia, Abzug der Sowjets aus Afghanistan, der Vietnamesen aus Kambodscha. Freilich: in China Niederschlagung der Studentenproteste. (Beginn 1990)

https://fontyfan.blogspot.com/search/label/Deutsche%20Einigung

Aktuelle Äußerungen anonym:

"Ich war 4 und fand das total beeindruckend, wie die ganzen Menschen sich vor Freude weinend in die Arme fielen und über Mauer und Grenzen liefen. Und wie gebannt meine Eltern auf den Fernseher starrten. [...]

Ich hing die nächsten Tage an der Glotze und erlebte, wie eine Italienerin es beschrieb, das erste mal feiernde Deutsche, die nüchtern sind."

Kein datenschutzgerechter Einsatz von Microsoft Office 365 möglich

 https://www.datenschutz.saarland.de/ueber-uns/oeffentlichkeitsarbeit/detail/pressemitteilung-vom-02102020-stuttgart-muenchen-ansbach-wiesbaden-saarbruecken

Was mir Twitter verraten hat. Leider erfährt man in den Nachrichten üblicherweise nichts über Begründungen.

Wandel seit 1990: Vegetarier und Vegane

 Heute rund 8 Millionen Vegetarier und 1,3 Mill. Vegane in Deutschland. 1990 waren es etwa 800 000 Vegetarier (also 1%), Vegane unterhalb der Beobachtungsschwelle.

Eine Chance für das Klima. Zwar, wie viele Pseudo-Fleischprodukte in Plastik verpackt essen heutige Vegetarier? Aber die Bereitschaft zur Umstellung zählt.

"Jute statt Plastik" hatte damals nicht viel Erfolg. Gegenwärtig gibt es ein Bewusstsein dafür, dass Plastikverbrauch eingeschränkt werden muss. 

(Freilich gibt es auch Gegentendenzen, sieh oben.)



Donnerstag, 1. Oktober 2020

Weshalb Scheuer nicht entlassen wird: Der CSU-Chef Söder hat darüber zu entscheiden

"Parteichefs entscheiden über ihre Minister Doch wer erwartet, dass der Untersuchungsausschuss Scheuer zu Fall bringen wird, dürfte sich täuschen. Noch hält CSU-Chef Markus Söder an Scheuer fest. Womöglich auch deshalb, weil Scheuer weder CSU noch CDU in der Zustimmung schadet. Die Unionsfamilie befindet sich im Umfragehoch. Warum also Scheuer absetzen? 
Bis zum Ende der Legislaturperiode kann er das Mautfiasko allein ausbaden. Unwahrscheinlich ist aber, dass nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr noch ein Platz für Scheuer am Kabinettstisch frei sein wird. Das ist sogar in der CSU zu hören. [...] Warum aber wirft Markus Söder Scheuer nicht raus? Wer würde protestieren? Dass Scheuer weiterhin Minister sein darf, hat gleich mehrere Gründe: 
 Eine Unruhe im Bundeskabinett wollen weder CDU noch CSU. Auch die SPD hat mehrfach bewiesen, dass die GroKo bis zum Ende der Legislatur halten soll. 
Wer Scheuer absetzt, muss auch einen Nachfolger benennen. Der Nachfolger müsste dann das Mautfiasko zu Ende führen. Eine attraktive Jobbeschreibung klingt anders. [...]"(tagesschau.de 1.10.2020)


 https://www.tagesschau.de/inland/scheuer-analyse-101.html

Austausch über Coronademonstation zwischen Demonstranten und dem Berliner Innensenator

Innensenator Geisel: "Glauben Sie mir: Wir alle kämpfen mit Zweifeln"

David C. Siber (Grüne): " So lange, wie Sie heute mit uns sprechen, Herr Geisel, hat sich in meiner Partei noch keiner Zeit für die Auseinandersetzung mit mir genommen. Insofern muss ich sagen: Dass Sie sich mit uns hier an einen Tisch setzen, ist ein Gewinn für die Demokratie."

Bemerkenswert ist für mich an diesem Gespräch vor allem:

1. Die Demonstranten haben in dem Gesprächsprotokoll einen höheren Redeanteil als der Innensenator.

2. Der Demonstrant Siber führt eine Äußerung des Innensenators an, die deutlich macht, dass der bei Demonstrationen sehr wohl anerkennt, dass das Demonstrationsrecht nicht dadurch eingeschränkt werden darf, weil auch Extremisten dabei teilnehmen können.

"Siber: Herr Geisel, kennen Sie das Zitat "Wenn ich als Demokrat gefordert bin, gehe ich auf die Straße. Und ich lasse mich nicht davon hindern, dass auch Extremisten die Möglichkeit nutzen, dort ihre Meinung zu sagen." 

 Geisel: Ja.  

Siber: Es kommt ja auch von Ihnen. Erst vor zwei Jahren haben Sie das gesagt! 

 Geisel: Das war nach der "Unteilbar"-Demo, bei der im Oktober 2018 fast 240.000 Menschen gegen Rechtspopulismus auf die Straße gegangen sind. Hinterher wurde ich gefragt, warum ich mitgelaufen sei, obwohl dort auch eine extremistische kurdische Partei eine Bühne hatte. Meine Antwort war: Die hindern mich nicht." (Gesprächsprotokoll der ZEIT, 30.9.20)

Ich habe nach der Lektüre dieses Gesprächsprotokolls mehr Verständnis für beide Seiten gewonnen und das, obwohl ich geglaubt hatte, schon vorher eine differenzierte Position eingenommen zu haben. 

Das Link zum vollständigen Text "Gesinnung oder Gesundheit?" ZEIT Nr.41/2020 1.10.20

(vermutlich hinter einer Bezahlschranke)