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Donnerstag, 30. Januar 2020
Juden, Deutsche, deutsche Juden ... weiterhin schwierig
Mittwoch, 29. Januar 2020
Displaced Persons
Ich muss mir den Vorwurf machen, dass ich mir keine Mühe gegeben habe, Genaueres über das Schicksal der Displaced Persons (DPs) zu erfahren. Und das auch, nachdem ich erfahren hatte, dass ihr Schicksal weit schwieriger war und einen weit größeren Personenkreis umfasste, als ich mir vorgestellt hatte. Erst bei der Lektüre von Harald Jähners Wolfszeit, einer detailgesättigten Darstellung der Nachkriegszeit stieß ich auf einen Bericht darüber, wie massiv sich manche russische Kriegsgefangene der Deutschen gegen eine Repatriierung in die Sowjetunion sträubten. Sie kannten Berichte über die Behandlung von Russen, die in die Sowjetunion zurückgekehrt waren und dort als Kollaborateure der Nazis angesehen wurden. Deshalb wehrten sie sich so gegen den Rücktransport, dass die US-Soldaten Tränengas einsetzten, um zwei Baracken zu räumen. Als die Soldaten "hineinstürmten, erlebten sie die erschütternde Szenerie eines Massenselbstmords. 'Die GIs schnitten die meisten rasch los, die sich an den Deckenbalken erhängt hatten. Die, die noch bei Bewusstsein waren, schrien uns auf Russisch an, deuteten dabei erst auf die Schusswaffen der Soldaten, dann auf sich selbst und baten uns flehentlich sie zu erschießen.'" (Wolfszeit, S.89)
Dazu heißt es in der Wikipedia nüchtern:
"Die meisten Staatsbürger der Sowjetunion wurden bereits bis Ende September 1945 in die UdSSR zurückgebracht, teilweise unter Zwang. Viele Sowjetbürger wollten auf keinen Fall wieder zurück. Infolgedessen kam es des Öfteren zu Massenselbstmorden in den Lagern wie bei der Lienzer Kosakentragödie. Menschen, die zuvor von Nationalsozialisten deportiert worden waren, wurden in der UdSSR wegen Kollaborationsverdachts bestraft. Rotarmisten, die in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren und sie überlebt hatten, galten als Verräter. Noch während des Krieges waren über 150.000 durch Schnellgerichte zum Tode verurteilt worden. Ein großer Teil der nun Heimkehrenden wurde in eigens errichtete Lager und in Arbeitsbataillone verbracht.[7]" (Wikipedia: Displaced Person - Es lohnt sich, den vollständigen Artikel zu lesen)
Literatur:
Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945–1951, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985
Angelika Königseder, Juliane Wetzel: Lebensmut im Wartesaal. Die jüdischen DPs (Displaced Persons) im Nachkriegsdeutschland, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1994
Henriette von Holleuffer: Zwischen Fremde und Fremde: Displaced Persons in Australien, den USA und Kanada 1946–1952 (Studien zur Historischen Migrationsforschung), Osnabrück 2001
Dazu heißt es in der Wikipedia nüchtern:
"Die meisten Staatsbürger der Sowjetunion wurden bereits bis Ende September 1945 in die UdSSR zurückgebracht, teilweise unter Zwang. Viele Sowjetbürger wollten auf keinen Fall wieder zurück. Infolgedessen kam es des Öfteren zu Massenselbstmorden in den Lagern wie bei der Lienzer Kosakentragödie. Menschen, die zuvor von Nationalsozialisten deportiert worden waren, wurden in der UdSSR wegen Kollaborationsverdachts bestraft. Rotarmisten, die in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren und sie überlebt hatten, galten als Verräter. Noch während des Krieges waren über 150.000 durch Schnellgerichte zum Tode verurteilt worden. Ein großer Teil der nun Heimkehrenden wurde in eigens errichtete Lager und in Arbeitsbataillone verbracht.[7]" (Wikipedia: Displaced Person - Es lohnt sich, den vollständigen Artikel zu lesen)
Literatur:
Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945–1951, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985
Angelika Königseder, Juliane Wetzel: Lebensmut im Wartesaal. Die jüdischen DPs (Displaced Persons) im Nachkriegsdeutschland, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1994
Henriette von Holleuffer: Zwischen Fremde und Fremde: Displaced Persons in Australien, den USA und Kanada 1946–1952 (Studien zur Historischen Migrationsforschung), Osnabrück 2001
Sonntag, 26. Januar 2020
Blackrock setzt zur Abwechslung Kohlekonzerne unter Druck
"Siemens, BASF, Bayer, RWE: Auch deutsche Dax-Konzerne haben diese Woche einen blauen Brief von BlackRock-Chef Fink bekommen. In seinem jährlichen CEO-Schreiben an die Konzernchefs ruft er zu neuem Öko-Bewusstsein auf. [...]
Doch der mächtige Mann der Wallstreet gibt zu: "Fink for Future" verbindet nichts mit Umweltaktivistin Greta: "Ich habe diesen Brief nicht als Umweltschützer geschieben, sondern als Kapitalist." [...]
Fink drängt die Konzernchefs der wichtigsten Unternehmen weltweit zum Umbau ihrer Firmen. Blackrock werde sich aus Investitionen zurückziehen, die mit hohen Umweltrisiken verbunden seien - etwa die Kohleförderung. Ansagen, die auch einige Dax-Konzerne ernst nehmen könnten.
Denn der mächtigste Vermögensverwalter der Welt ist auch an allen Top-Unternehmen in Deutschland beteiligt - oft als größter Aktionär. Von Siemens über die Versicherer Allianz und Münchener Rück bis zu RWE, Deutscher Bank oder Bayer. Von ihnen will Fink ab jetzt ausführliche Informationen zur Nachhaltigkeit. [...]"
https://www.tagesschau.de/ausland/blackrock-aufruf-klimaschutz-101.html
Doch der mächtige Mann der Wallstreet gibt zu: "Fink for Future" verbindet nichts mit Umweltaktivistin Greta: "Ich habe diesen Brief nicht als Umweltschützer geschieben, sondern als Kapitalist." [...]
Fink drängt die Konzernchefs der wichtigsten Unternehmen weltweit zum Umbau ihrer Firmen. Blackrock werde sich aus Investitionen zurückziehen, die mit hohen Umweltrisiken verbunden seien - etwa die Kohleförderung. Ansagen, die auch einige Dax-Konzerne ernst nehmen könnten.
Denn der mächtigste Vermögensverwalter der Welt ist auch an allen Top-Unternehmen in Deutschland beteiligt - oft als größter Aktionär. Von Siemens über die Versicherer Allianz und Münchener Rück bis zu RWE, Deutscher Bank oder Bayer. Von ihnen will Fink ab jetzt ausführliche Informationen zur Nachhaltigkeit. [...]"
https://www.tagesschau.de/ausland/blackrock-aufruf-klimaschutz-101.html
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Klimawandel,
Ökologie
Samstag, 25. Januar 2020
Warum verstehen sich "die Türken" nicht mit "den Syrern"?
Eine Frage, wie sie ähnlich zu vielen Konflikten gestellt werden könnte.
Eine höchst unvollständige und grob vereinfachende Antwort darauf habe ich auf gutefrage.net gegeben. Hier folgt sie (um sie dem anderen Kontext anzupassen in leicht veränderter Form).
Es ist kein Wunder, dass einfache Antworten so beliebt sind.
Das Problem ist nur, dass sie meist nichts erklären, sondern nur neue Missverständnisse hervorrufen.
Die Kurzantwort ist: Es gibt eine EU.
Dem Nahen Osten wäre eine ähnlich Staatengemeinschaft zu wünschen. (Braucht es - wie bei uns in Europa - weitere Millionen von Opfern, bis es dazu kommt?)
Ein wenig ausführlicher:
Eine höchst unvollständige und grob vereinfachende Antwort darauf habe ich auf gutefrage.net gegeben. Hier folgt sie (um sie dem anderen Kontext anzupassen in leicht veränderter Form).
Es ist kein Wunder, dass einfache Antworten so beliebt sind.
Das Problem ist nur, dass sie meist nichts erklären, sondern nur neue Missverständnisse hervorrufen.
Die Kurzantwort ist: Es gibt eine EU.
Dem Nahen Osten wäre eine ähnlich Staatengemeinschaft zu wünschen. (Braucht es - wie bei uns in Europa - weitere Millionen von Opfern, bis es dazu kommt?)
Ein wenig ausführlicher:
Es geht nicht um das Verhältnis der Menschen zueinander, sondern um das der Staaten und ihrer Regierungen.
In der Türkei und in Syrien leben Kurden, die gern in einem gemeinsamen Staat leben würden, ohne unterdrückt zu werden. Weil Erdogan verhindern will, dass Kurden in der Türkei und Kurden in Syrien sich gemeinsam gegen Unterdrückung wehren, will er die syrischen Gebiete, wo Kurden leben, unter seine Herrschaft bringen, damit sie alle von ihm abhängig sind. (Das ist grob vereinfacht, die genaueren Zusammenhänge kann man in der Wikipedia nachlesen.)
Die Belgier sind immer wieder von Deutschland aus angegriffen worden, obwohl z.B. Großbritannien sich sehr darum bemüht hat, das zu verhindern. Dass diese feindschaftliche Beziehung (genauso wie der deutsch-französische Gegensatz) beendet worden ist und nicht mehr zu Kriegen führt, danken wir der Gründung der Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl von 1951 und ihrer Weiterentwicklung zur EU. Bis es dazu gekommen ist, kam es zu Millionen von Opfern auf beiden Seiten. Und das ohne die Einmischung fremder Staaten, die - wie in Syrien - sehr unterschiedliche Interessen vertreten.
Dem Nahen Osten wäre eine ähnlich Staatengemeinschaft wie die EU zu wünschen. Übrigens hat es schon einen Versuch gegeben, solch eine Staatengemeinschaft zu entwickeln, die Vereinigte Arabische Republik. Weshalb dieser Versuch gescheitert ist, kann man dort nachlesen.
Übrigens gab es bereits einmal eine gemeinsame Regierung für diesen und sogar einen noch größeren Raum: das Osmanischen Reich. Weshalb es im 1. Weltkrieg untergegangen ist und was darauf folgte, wäre ein eigenes Kapitel.
Es gibt leider 1000 Gründe dafür, dass es immer wieder zu Kriegen kommt, und dafür, dass Kriege verhindert werden, muss noch weit mehr getan werden. Die Konferenz zu Libyen ist nur ein Beispiel dafür, wie schwierig das ist und wie viele unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen, um Konflikte zu beenden.
Donnerstag, 23. Januar 2020
Worauf sollte sich das Umdenken in der Bildung richten?
Jugendliche streben eher traditionelle Berufe an als welche, die typisch für eine digitalisierte Gesellschaft sind.
"Der Bildungsdirektor der OECD, Andreas Schleicher, forderte, dass die Themen Berufsberatung und Arbeitswelt in den Schulen der OECD-Länder einen deutlich höheren Stellenwert bekommen sollten. „Man kann nicht werden, was man nicht kennt”, sagte er bei einem Fachgespräch am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos [...]
Schleicher schlug vor, mehr Arbeitgeber und Jobmessen an die Schulen zu bringen. Auch Bürger sollten Kindern ihren Beruf vorstellen. „In der Bildung müssen wir uns mehr auf die Was-, anstatt auf die Wie-Frage konzentrieren.” [...]
(Handelsblatt 22.1.20)
Schleicher geht es offenbar nicht mehr um Kompetenzen, sondern um Inhalte. So schnell kann man umdenken.
"Der Bildungsdirektor der OECD, Andreas Schleicher, forderte, dass die Themen Berufsberatung und Arbeitswelt in den Schulen der OECD-Länder einen deutlich höheren Stellenwert bekommen sollten. „Man kann nicht werden, was man nicht kennt”, sagte er bei einem Fachgespräch am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos [...]
Schleicher schlug vor, mehr Arbeitgeber und Jobmessen an die Schulen zu bringen. Auch Bürger sollten Kindern ihren Beruf vorstellen. „In der Bildung müssen wir uns mehr auf die Was-, anstatt auf die Wie-Frage konzentrieren.” [...]
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, macht sich wegen der Traumberufestatistik der deutschen Schüler weniger Sorgen: Viele der genannten Berufe, wie Lehrer oder Arzt würden weiter gebraucht, dort herrsche sogar Nachwuchsmangel, sagte er. Außerdem sei noch gar nicht absehbar, welche neuen Berufsbilder durch Digitalisierung in 5, 10 oder 20 Jahren entstehen würden.
„Entscheidend für uns als Lehrerverband ist, dass wir Kindern und Jugendlichen in den Schulen eine solch umfassende Allgemeinbildung und so viel grundlegende Kompetenzen vermitteln, dass sie flexibel genug sind, sich auf die sich verändernde Berufswelt einzustellen.” "(Handelsblatt 22.1.20)
Schleicher geht es offenbar nicht mehr um Kompetenzen, sondern um Inhalte. So schnell kann man umdenken.
Mittwoch, 22. Januar 2020
Was die Zeitungen nicht (!) melden, wenn Greta spricht
WIR HABEN NUR NOCH 420 GIGATONNEN CO2 ÜBRIG
Sie liest die Zahlen des IPCC vor. “Auf Seite 108 im S.R. 1.5. IPCC report, welcher 2018 veröffentlicht wurde, heißt es, um eine 67%-ige Chance zu haben, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf unter 1,5°C zu begrenzen, haben wir mit dem 1.1.2018 etwa 420 Gigatonnen CO2 übrig, welche wir ausstoßen können. Natürlich ist diese Zahl heute viel kleiner, da wir etwa 42 Gigatonnen CO2 jedes Jahr ausstoßen, einschließlich Landnutzung. Mit heutigen Ausstoßraten ist dieses Budget in weniger als acht Jahren aufgebraucht.”
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Klimawandel
Gründe für das Aussterben der Dinosaurier: Eine These wird glaubhafter
Horst Rademacher FAZ 22.1.20
https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/massensterben-durch-asteroid-die-mutter-der-katastrophen-16592254.html
https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/massensterben-durch-asteroid-die-mutter-der-katastrophen-16592254.html
Montag, 20. Januar 2020
Synodaler Weg: Reformbestrebungen der katholischen Kirche in Deutschland
"Der Synodale Weg ist ein Gesprächsformat für eine strukturierte Debatte innerhalb der Katholischen Kirche in Deutschland. Er soll der Aufarbeitung von Fragen dienen, die sich im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken tragen gemeinsam die Verantwortung für den Geprächsprozess, der auf zwei Jahre angelegt ist und am 1. Dezember 2019 eröffnet wurde. [...]" (Wikipedia)
"Maria 2.0, auch Kirchenstreik genannt, ist eine von Frauen in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland ausgehende Initiative." (Wikipedia)
mehr zum Synodalen Weg bei Publik Forum:
https://www.publik-forum.de/Publik-Forum-01-2020/liebe-leserinnen-und-leser
"Maria 2.0, auch Kirchenstreik genannt, ist eine von Frauen in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland ausgehende Initiative." (Wikipedia)
mehr zum Synodalen Weg bei Publik Forum:
https://www.publik-forum.de/Publik-Forum-01-2020/liebe-leserinnen-und-leser
Samstag, 18. Januar 2020
Sternbilder
Indem man gewisse besser sichtbaren Sternkombinationen mit Namen versah, hat man schon in der Antike gewisse Regionen am Himmel unterschieden (verschiedene Kulturen haben verschiedene Namen gegeben).
mehr dazu:
https://www.spektrum.de/lexikon/physik/sternbilder/13838
mehr dazu:
https://www.spektrum.de/lexikon/physik/sternbilder/13838
Künstliche Intelligenz: das Schreiben und Umschreiben von Texten durch Software
Künstliche Intelligenz: Robo-Journalismus SZ 29. März 2018
Umschreibesoftware im Netz:
https://www.smodin.me/de/Text-automatisch-in-deutscher-Sprache-umformulieren
Die Hinweise verdanke ich einem Tweet von Bildungsexperte (@Bildungstanke):
https://twitter.com/Bildungstanke/status/1218447374634360832
Eine erstaunliche Umformung:
Der Mond ist aufgegangen
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.
Wir stolzen Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel.
Wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.
Gott, lass dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs trauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
lass uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.
Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
und wenn du uns genommen,
lass uns in’ Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.
So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen.
Und unsern kranken Nachbarn auch!
Der Mond ist aufgegangen Die goldenen Sterne prangten hell und klar am Himmel. Der Wald ist schwarz und still, und klettert aus den Wiesen der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so ruhig? und in der Isolierschale so intim und so schön als stille kammer Wo du des Tages heulst sollte verschlafen und vergessen.
Siehst du den Mond dort oben? Es ist nur auf halber Strecke zu sehen und doch ist es rund und schön. Es gibt also einige Dinge dass wir selbstbewusst lachen, weil unsere Augen sie nicht sehen.
Wir sind stolze menschliche Kinder sind eitle arme Sünder und weiß nicht viel. Wir spinnen Luftnetze und suchen nach vielen Künsten und weiter vom Ziel entfernt.
Gott, lass uns dein Heil sehen, vertrauen in nichts vergängliches, Nicht Eitelkeit gefällt uns. Lass uns einfältig sein und vor dir hier auf der Erde wie Kinder fromm und glücklich sind.
Willst du endlich besondere Trauer Bring uns von dieser Welt weg durch einen sanften Tod; und wenn du uns genommen hast, lass uns in den Himmel gehen Du unser Herr und unser Gott.
Also leg dich, Brüder, in Gottes Namen; der abendatem ist kalt. Verschone uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen. Und unser kranker Nachbar auch!
Sollte man da wirklich von künstlicher Intelligenz sprechen?
Andererseits: Wer von uns wäre auf Isolierschale gekommen und hätte den Nebel klettern lassen? Originell, oder?
Und dabei ist die Software gar nicht so schlecht. Immer wieder "erkennt sie", dass es besser ist, wenn sie nicht umformt. Freilich, nicht immer gelingt es ihr. Welches Gedicht liegt diesem Text zugrunde?
Es war wie im Himmel Die Erde küsste sich leise Dass sie im Glanz von Blumen ist Muss jetzt von ihm träumen. Die Luft ging durch die Felder Die Ohren schwankten sanft, Der Wald raschelte leise, Die Nacht war so klar. Und meine Seele spannte sich an Breit ihre Flügel Flog durch die ruhigen Länder Als würde sie nach Hause fliegen.
Auflösung samt Interpretation
Kommentar eines Informatikers:
Man erkennt an einigen Stellen sehr gut, dass der Algorithmus auf einem "Fenster" von ein paar Wörtern Länge trainiert worden ist. Innerhalb dieses Fensters sind die Ergebnisse konsistent, aber Dinge, die weiter auseinander stehen, passen nicht unbedingt... zum Beispiel vermischt sich dann Singular mit Plural.
Umschreibesoftware im Netz:
https://www.smodin.me/de/Text-automatisch-in-deutscher-Sprache-umformulieren
Die Hinweise verdanke ich einem Tweet von Bildungsexperte (@Bildungstanke):
https://twitter.com/Bildungstanke/status/1218447374634360832
Eine erstaunliche Umformung:
Der Mond ist aufgegangen
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.
Wir stolzen Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel.
Wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.
Gott, lass dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs trauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
lass uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.
Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
und wenn du uns genommen,
lass uns in’ Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.
So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen.
Und unsern kranken Nachbarn auch!
Der Mond ist aufgegangen Die goldenen Sterne prangten hell und klar am Himmel. Der Wald ist schwarz und still, und klettert aus den Wiesen der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so ruhig? und in der Isolierschale so intim und so schön als stille kammer Wo du des Tages heulst sollte verschlafen und vergessen.
Siehst du den Mond dort oben? Es ist nur auf halber Strecke zu sehen und doch ist es rund und schön. Es gibt also einige Dinge dass wir selbstbewusst lachen, weil unsere Augen sie nicht sehen.
Wir sind stolze menschliche Kinder sind eitle arme Sünder und weiß nicht viel. Wir spinnen Luftnetze und suchen nach vielen Künsten und weiter vom Ziel entfernt.
Gott, lass uns dein Heil sehen, vertrauen in nichts vergängliches, Nicht Eitelkeit gefällt uns. Lass uns einfältig sein und vor dir hier auf der Erde wie Kinder fromm und glücklich sind.
Willst du endlich besondere Trauer Bring uns von dieser Welt weg durch einen sanften Tod; und wenn du uns genommen hast, lass uns in den Himmel gehen Du unser Herr und unser Gott.
Also leg dich, Brüder, in Gottes Namen; der abendatem ist kalt. Verschone uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen. Und unser kranker Nachbar auch!
Sollte man da wirklich von künstlicher Intelligenz sprechen?
Andererseits: Wer von uns wäre auf Isolierschale gekommen und hätte den Nebel klettern lassen? Originell, oder?
Und dabei ist die Software gar nicht so schlecht. Immer wieder "erkennt sie", dass es besser ist, wenn sie nicht umformt. Freilich, nicht immer gelingt es ihr. Welches Gedicht liegt diesem Text zugrunde?
Es war wie im Himmel Die Erde küsste sich leise Dass sie im Glanz von Blumen ist Muss jetzt von ihm träumen. Die Luft ging durch die Felder Die Ohren schwankten sanft, Der Wald raschelte leise, Die Nacht war so klar. Und meine Seele spannte sich an Breit ihre Flügel Flog durch die ruhigen Länder Als würde sie nach Hause fliegen.
Auflösung samt Interpretation
Kommentar eines Informatikers:
Man erkennt an einigen Stellen sehr gut, dass der Algorithmus auf einem "Fenster" von ein paar Wörtern Länge trainiert worden ist. Innerhalb dieses Fensters sind die Ergebnisse konsistent, aber Dinge, die weiter auseinander stehen, passen nicht unbedingt... zum Beispiel vermischt sich dann Singular mit Plural.
Freitag, 17. Januar 2020
Jan Morris
Jan Morris heiratete 1949 Elizabeth Tuckniss, mit der sie fünf gemeinsame Kinder hat. Nach ihrer Scheidung lebt sie jetzt mit ihr in einer Zivilen Partnerschaft zusammen.
Wieso das?
Hier die Erklärung.
Sie hat aber nicht nur ein originelles Schicksal, sondern ist auch eine Schriftstellerin von Rang.
Wieso das?
Hier die Erklärung.
Sie hat aber nicht nur ein originelles Schicksal, sondern ist auch eine Schriftstellerin von Rang.
Donnerstag, 16. Januar 2020
Navid Kermani
Antworten auf den ZEIT-Fragebogen
Wie schwer zwei Säcke wiegen - Eine Reise durch Qiandongnan, eine entlegene Bergregion im Südwesten Chinas. ZEIT 16.1.2020
"[...] Die Not der 300 Millionen Chinesen, auf deren Mobilität, Anspruchslosigkeit und geringem Lohn das Wachstum der Wirtschaft wesentlich beruht, füllt in der westlichen Presse ganze Dossiers. Doch wann immer wir in den letzten Tagen Wanderarbeiter fragten, die auf Heimatbesuch waren, hörten wir Frohlocken, dem Landleben entkommen zu sein.
Warum das?, fragten wir die 30-jährige Xie Liying, die beide Welten kennt, weil sie mit ihrem Mann von Fabrik zu Fabrik gezogen ist, bis der Sohn schulpflichtig wurde und sie in ihr Haus in Dongmeng zurückkehrten, einem der besterhaltenen Dörfer überhaupt in der Region, das inzwischen auch mit Öko-Tourismus wirbt. Dem kleinen, geschmackvollen Hotel, das der Dorfgemeinschaft ein Stückchen Boden abgekauft hat und sie überdies mit ein paar guten Arbeitsplätzen belohnt, haben die Bewohner zugesagt, so oft wie möglich ihre farbenfrohen Trachten zu tragen, die Dongmeng zusätzlich schmücken. Die Riten und Gesänge werden von den Yao wie von allen Minderheiten ohnehin gepflegt.
Und doch ist Xie Liying unglücklich, zurück zu sein. Dongmeng ist ihre Heimat, hier kennt sie ihre Nachbarn von klein auf, hier sprechen alle ihre Sprache und singen abends gemeinsam die immer gleichen Lieder, deren Verse sie spontan komponieren und die also jedes Mal neu sind, hier trägt sie die kunstvolle Kleidung, die sie selbst näht, hier besitzt sie ein Haus und ihre eigenen Felder, isst das Essen aus eigenem Anbau, genießt den vollen Geschmack ohne künstliche Aromen, nur hier atmet sie gute Luft und ist von Schönheit umgeben, Schönheit der Natur, der Architektur, der Tradition und des Handwerks. Xie Liying führt ein Leben, das authentischer kaum sein könnte, bestimmt selbst über ihren Tagesablauf und wird dabei nach eigenem Bekunden gut satt, hat nur hier eine Krankenversicherung und eine kostenlose Schule für den Sohn – warum sehnt sie sich nach der Koje zurück, in der sie zu dritt wohnte und die jeden Augenblick gekündigt werden konnte, nach Unsicherheit und Abhängigkeit im höchsten Grade, nach der Monotonie in der Fabrik, zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche dieselbe Handbewegung, nach der Fremde aus Beton und Teer, mit Videos auf dem Smartphone als einzigem Zeitvertreib statt mit dem gemeinschaftlichen Gesang, der selbst den Reisenden verzückt. – Ich mag die körperliche Arbeit nicht, sagt sie. –
Aber die Arbeit am Fließband ist doch auch körperlich, wende ich ein. – Aber dort gab es Nahrung und Geld. Hier gibt es nur Nahrung. Ich würde auch gern mal Kleider kaufen, mal was anderes essen, nicht immer nur Reis, Kartoffeln und Mais. Außerdem ist Fließband noch mal etwas anderes, als die schweren Säcke zu tragen und jeden Tag im Dreck zu stehen.[...]
Wer krank ist, sucht Hilfe bei Geistern, nicht nur bei Medizinern. Und die Verstorbenen werden durch Feste geehrt, die gar kein Ende nehmen wollen. Sieben Tage und Nächte blasen die Hörner, und um den gekühlten Sarg aus Plastikglas, in dem der Verstorbene aufgebahrt ist, tanzen die Angehörigen und Nachbarn im Kreis. Die Beerdigung ist für die Miao das wichtigste Fest im Leben. Das ganze Dorf hilft, damit auch die Trauergäste aus den umliegenden Dörfern reichlich zu essen haben. Zehn Frauen sind allein fürs Schneiden des Gemüses eingeteilt, zehn weitere fürs Kochen, während die Männer sich den Einkauf und das Schlachten der Tiere aufteilen. Satt zu werden versteht sich in Qiandongnan noch lange nicht von selbst; umso aufwendiger wird der Überfluss zelebriert, den es wenigstens an Festtagen gibt.
Früher, so hören wir, wurde mit leerem Magen getanzt und musiziert. Waren das schönere Feste? Nein!, lautet die erstaunte Antwort. Die Kinder werden nach ihrem Tod sicher nicht mehr sieben Tage und Nächte geehrt."
Wie schwer zwei Säcke wiegen - Eine Reise durch Qiandongnan, eine entlegene Bergregion im Südwesten Chinas. ZEIT 16.1.2020
"[...] Die Not der 300 Millionen Chinesen, auf deren Mobilität, Anspruchslosigkeit und geringem Lohn das Wachstum der Wirtschaft wesentlich beruht, füllt in der westlichen Presse ganze Dossiers. Doch wann immer wir in den letzten Tagen Wanderarbeiter fragten, die auf Heimatbesuch waren, hörten wir Frohlocken, dem Landleben entkommen zu sein.
Warum das?, fragten wir die 30-jährige Xie Liying, die beide Welten kennt, weil sie mit ihrem Mann von Fabrik zu Fabrik gezogen ist, bis der Sohn schulpflichtig wurde und sie in ihr Haus in Dongmeng zurückkehrten, einem der besterhaltenen Dörfer überhaupt in der Region, das inzwischen auch mit Öko-Tourismus wirbt. Dem kleinen, geschmackvollen Hotel, das der Dorfgemeinschaft ein Stückchen Boden abgekauft hat und sie überdies mit ein paar guten Arbeitsplätzen belohnt, haben die Bewohner zugesagt, so oft wie möglich ihre farbenfrohen Trachten zu tragen, die Dongmeng zusätzlich schmücken. Die Riten und Gesänge werden von den Yao wie von allen Minderheiten ohnehin gepflegt.
Und doch ist Xie Liying unglücklich, zurück zu sein. Dongmeng ist ihre Heimat, hier kennt sie ihre Nachbarn von klein auf, hier sprechen alle ihre Sprache und singen abends gemeinsam die immer gleichen Lieder, deren Verse sie spontan komponieren und die also jedes Mal neu sind, hier trägt sie die kunstvolle Kleidung, die sie selbst näht, hier besitzt sie ein Haus und ihre eigenen Felder, isst das Essen aus eigenem Anbau, genießt den vollen Geschmack ohne künstliche Aromen, nur hier atmet sie gute Luft und ist von Schönheit umgeben, Schönheit der Natur, der Architektur, der Tradition und des Handwerks. Xie Liying führt ein Leben, das authentischer kaum sein könnte, bestimmt selbst über ihren Tagesablauf und wird dabei nach eigenem Bekunden gut satt, hat nur hier eine Krankenversicherung und eine kostenlose Schule für den Sohn – warum sehnt sie sich nach der Koje zurück, in der sie zu dritt wohnte und die jeden Augenblick gekündigt werden konnte, nach Unsicherheit und Abhängigkeit im höchsten Grade, nach der Monotonie in der Fabrik, zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche dieselbe Handbewegung, nach der Fremde aus Beton und Teer, mit Videos auf dem Smartphone als einzigem Zeitvertreib statt mit dem gemeinschaftlichen Gesang, der selbst den Reisenden verzückt. – Ich mag die körperliche Arbeit nicht, sagt sie. –
Aber die Arbeit am Fließband ist doch auch körperlich, wende ich ein. – Aber dort gab es Nahrung und Geld. Hier gibt es nur Nahrung. Ich würde auch gern mal Kleider kaufen, mal was anderes essen, nicht immer nur Reis, Kartoffeln und Mais. Außerdem ist Fließband noch mal etwas anderes, als die schweren Säcke zu tragen und jeden Tag im Dreck zu stehen.[...]
Wer krank ist, sucht Hilfe bei Geistern, nicht nur bei Medizinern. Und die Verstorbenen werden durch Feste geehrt, die gar kein Ende nehmen wollen. Sieben Tage und Nächte blasen die Hörner, und um den gekühlten Sarg aus Plastikglas, in dem der Verstorbene aufgebahrt ist, tanzen die Angehörigen und Nachbarn im Kreis. Die Beerdigung ist für die Miao das wichtigste Fest im Leben. Das ganze Dorf hilft, damit auch die Trauergäste aus den umliegenden Dörfern reichlich zu essen haben. Zehn Frauen sind allein fürs Schneiden des Gemüses eingeteilt, zehn weitere fürs Kochen, während die Männer sich den Einkauf und das Schlachten der Tiere aufteilen. Satt zu werden versteht sich in Qiandongnan noch lange nicht von selbst; umso aufwendiger wird der Überfluss zelebriert, den es wenigstens an Festtagen gibt.
Früher, so hören wir, wurde mit leerem Magen getanzt und musiziert. Waren das schönere Feste? Nein!, lautet die erstaunte Antwort. Die Kinder werden nach ihrem Tod sicher nicht mehr sieben Tage und Nächte geehrt."
Dienstag, 14. Januar 2020
Organspende
Da ich dazu getwittert habe, hier kurz das, was über einen Tweet hinausgeht.
Zum Persönlichen: Ich habe 40 Jahre einen Organspenderausweis bei mir getragen. Jetzt sind meine Organe über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus. Der Zeitpunkt "best before" dürfte vor einigen Jahrzehnten überschritten worden sein. Meine persönliche Entscheidung, nicht mehr zur Organspende zur Verfügung zu stehen, ist insofern vermutlich uninteressant.
Gesellschaftlich ist die Frage, ob jeder, der nicht rechtswirksam erklärt hat, dass er seine Organe nicht freigibt, nach seinem Gehirntod als Organspender zur Verfügung stehen sollte, sehr wohl interessant.
Die Erklärung in einer Patientenverfügung, man wolle nicht am Leben erhalten werden, wenn der Tod ohnehin relativ kurzfristig bevorsteht, gerät in Konflikt mit der Rolle als Organspender. Denn dann muss nach dem Gehirntod eine weitere Versorgung der Organe sichergestellt werden. - Wie man in dieser Situation die Bedeutung meines Willens beurteilt, ist Sache der behandelnden Ärzte. Vielleicht geraten sie dadurch in einen ethischen Konflikt.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung so intensiv mit dem Sterbeprozess und mit dem Vorgang einer Organentnahme (insbesondere mit der organprotektiven Intensivtherapie) befassen wird, dass er beim Verzicht auf einen Widerspruch gegen eine Organentnahme eine informierte Entscheidung trifft.
Ich selbst war weder bei meiner Entscheidung für die postmortale Organspende noch bei der Entscheidung dagegen annähernd so gut über die verschiedenen Prozesse informiert, wie ich es sich für mich im Verlauf der Diskussion über die Widerspruchsregelung ergeben hat.
Was auf meine persönliche Haltung zu der Frage eingewirkt hat:
Ich habe den Sterbeprozess meiner Schwägerin und meines Bruders mitverfolgt.
Meine Schwägerin wurde so lange am Leben erhalten wie irgend möglich und hat lange gelitten. Mein Bruder hatte, als er den Tod vor Augen hatte, ohne größeren Leidensdruck die Möglichkeit sich von allen "Weggefährten", wie er sie nannte, zu verabschieden.
Wenn ich jung wäre, würde ich mich wahrscheinlich wieder für die Organspende entscheiden. Gegenwärtig ist mir wichtiger, dass meine Patientenverfügung ernst genommen und nicht übergangen wird.
Wenn sich nun alle, die sich für die #Widerspruchslösung eingesetzt haben, für die kommenden 20 Jahre als Organspender registrieren lassen, dann wäre das ein Riesenerfolg im Sinne aller, die auf eine Spende warten. Ich erwarte von niemandem, dass er sich auf 30 oder 40 Jahre festlegt.
Links:
Ausführliches Votum für die Widerspruchslösung, FR 15.1.20
Ausführliches Votum dagegen, FR 15.1.20
Zum Persönlichen: Ich habe 40 Jahre einen Organspenderausweis bei mir getragen. Jetzt sind meine Organe über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus. Der Zeitpunkt "best before" dürfte vor einigen Jahrzehnten überschritten worden sein. Meine persönliche Entscheidung, nicht mehr zur Organspende zur Verfügung zu stehen, ist insofern vermutlich uninteressant.
Gesellschaftlich ist die Frage, ob jeder, der nicht rechtswirksam erklärt hat, dass er seine Organe nicht freigibt, nach seinem Gehirntod als Organspender zur Verfügung stehen sollte, sehr wohl interessant.
Die Erklärung in einer Patientenverfügung, man wolle nicht am Leben erhalten werden, wenn der Tod ohnehin relativ kurzfristig bevorsteht, gerät in Konflikt mit der Rolle als Organspender. Denn dann muss nach dem Gehirntod eine weitere Versorgung der Organe sichergestellt werden. - Wie man in dieser Situation die Bedeutung meines Willens beurteilt, ist Sache der behandelnden Ärzte. Vielleicht geraten sie dadurch in einen ethischen Konflikt.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung so intensiv mit dem Sterbeprozess und mit dem Vorgang einer Organentnahme (insbesondere mit der organprotektiven Intensivtherapie) befassen wird, dass er beim Verzicht auf einen Widerspruch gegen eine Organentnahme eine informierte Entscheidung trifft.
Ich selbst war weder bei meiner Entscheidung für die postmortale Organspende noch bei der Entscheidung dagegen annähernd so gut über die verschiedenen Prozesse informiert, wie ich es sich für mich im Verlauf der Diskussion über die Widerspruchsregelung ergeben hat.
Was auf meine persönliche Haltung zu der Frage eingewirkt hat:
Ich habe den Sterbeprozess meiner Schwägerin und meines Bruders mitverfolgt.
Meine Schwägerin wurde so lange am Leben erhalten wie irgend möglich und hat lange gelitten. Mein Bruder hatte, als er den Tod vor Augen hatte, ohne größeren Leidensdruck die Möglichkeit sich von allen "Weggefährten", wie er sie nannte, zu verabschieden.
Wenn ich jung wäre, würde ich mich wahrscheinlich wieder für die Organspende entscheiden. Gegenwärtig ist mir wichtiger, dass meine Patientenverfügung ernst genommen und nicht übergangen wird.
Wenn sich nun alle, die sich für die #Widerspruchslösung eingesetzt haben, für die kommenden 20 Jahre als Organspender registrieren lassen, dann wäre das ein Riesenerfolg im Sinne aller, die auf eine Spende warten. Ich erwarte von niemandem, dass er sich auf 30 oder 40 Jahre festlegt.
Links:
Ausführliches Votum für die Widerspruchslösung, FR 15.1.20
Ausführliches Votum dagegen, FR 15.1.20
Sonntag, 12. Januar 2020
Feuer in Australien
https://www.faz.net/aktuell/wissen/australiens-brandkatastrophe-in-zeitrafferaufnahmen-16577347.html FAZ 12.1.2020
Buschfeuer in Australien (Wikipedia)
Buschbrände in Australien 2019/20 (Wikipedia)
Bericht der ZEIT:
"[...] Es ist fast 13 Jahre her, dass der damalige Oppositionsführer Australiens, Kevin Rudd von der sozialdemokratischen Labour-Partei, gemeinsam mit den Premiers der sechs Bundesstaaten und den Chief Ministers zweier unabhängiger Territorien einen Bericht in Auftrag gab. Ein Ökonom von der Universität Melbourne sollte die Auswirkungen des Klimawandels auf die australische Wirtschaft untersuchen und empfehlen, was zu tun sei. Im November 2007 gewann Rudd die Wahl und wurde Premierminister. Im Wahlkampf hatte er viel über gefährdete Eisbären gesprochen, über das sterbende Great Barrier Reef und über Klimaflüchtlinge, die nach Australien kommen könnten, wenn Inselstaaten wie Fidschi, Kiribati und Vanuatu untergehen.
Als Regierungschef ratifizierte Rudd das Kyoto-Protokoll, das Abkommen, das erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern festlegte. Rudds Vorgänger hatte das stets abgelehnt.
2008, im Jahr nach Rudds Amtsantritt, hatte der Ökonom seinen Report fertig. Es ist jener Bericht, der voraussagte, dass die Folgen des Klimawandels in Australien vom Jahr 2020 an zu spüren sein würden. Dass es immer mehr und immer heftigere Waldbrände geben werde. Um der Erderwärmung entgegenzuwirken, empfahl der Report den Umbau der australischen Wirtschaft: Das Recht, CO₂ auszustoßen, sollte mit einem Preis belegt werden.
Kevin Rudd hat sich längst aus der aktiven Politik zurückgezogen, er lebt heute in Queensland im Nordosten Australiens. Am Telefon erzählt er, wie er damals versuchte, eine klimafreundliche Politik durchzusetzen – und scheiterte.
In dem Gespräch fallen drei Namen immer wieder: BHP, Rio Tinto und Glencore. Es sind die drei größten Kohleunternehmen in Australien. Rudd nennt sie "die arrogantesten Bergbau-Unternehmen der Welt".
Rudd spricht von der Rohstoffsteuer, die er einführen wollte. Und davon, wie die Kohlelobby eine massive Medienkampagne dagegen startete.
Die Kampagne begann, fünf Tage nachdem Rudd die Steuer angekündigt hatte, und dauerte 54 Tage. Sie kostete 25 Millionen australische Dollar, 15,5 Millionen Euro. Die Lobby schaltete Anzeigen in allen Zeitungen, Werbespots im Fernsehen, manche waren 37-mal am Tag zu sehen. Der zentrale Slogan: "Töte nicht die Gans, die goldene Eier legt."
Er brauchte ein wenig, um zu begreifen, aber dann, sagt Rudd, wurde ihm klar: "Sie wollten gar nicht mit uns verhandeln. Sie hatten entschieden, uns einzuschüchtern." Sie wollten ihn stürzen.
Die Kohlelobbyisten drohten öffentlich damit, Großprojekte zu stoppen. Sie trafen sich mit Wirtschaftsfunktionären, Aborigine-Vertretern und Gewerkschaftern in Kohleregionen. Sie steigerten ihre Parteispenden an die Gegner von Labour um das Zehnfache.
Die Lobbyspezialistin Lindy Edwards hat das alles in einem Buch nachgezeichnet, das vor Kurzem herausgekommen ist. Auch Rudd selbst beschreibt in seiner Autobiografie, was damals geschah. Seine Beliebtheitswerte stürzten ab, ebenso die Werte seiner Partei. Rudd verlor den Rückhalt bei seinen Leuten. Am 24. Juni 2010 trat er als Premierminister zurück. Am selben Tag hielt die Kohleindustrie ihre alljährliche Dinnerparty ab. Der Sydney Morning Herald schrieb, die Bergbauindustrie habe Rudds Skalp nach Hause getragen.
Rudds Nachfolgerin versprach, kaum im Amt, das Projekt einer Rohstoffsteuer nicht weiterzuverfolgen. [...]"
(Australien: Im Angesicht des Feuers ZEIT 15.1.20)
mehr dazu:
Australien: Viel Kohle und verbrannte Erde (Süddeutsche Zeitung)
https://www.sueddeutsche.de/ politik/buschbraende- australien-klimapolitik-1. 4744231
Faktencheck zu Australiens Buschfeuern: Was gegen die Brandstifter-These spricht (Spiegel.de)
https://www.spiegel.de/ wissenschaft/mensch/ buschfeuer-in-australien-was- gegen-die-brandstifter-these- spricht-a-6d952d7d-9f48-4f54- 81ff-7751512ae2b4
Australien brennt – was hat das mit dem Klimawandel zu tun? (Republik)
https://www.republik.ch/2020/ 01/13/australien-brennt-was- ist-das-besondere-daran
Enorme Brände in Australien erzeugen eigene Gewitter (Welt.de)
https://www.welt.de/ vermischtes/weltgeschehen/ article204501262/Feuer-in- Australien-ausser-Kontrolle- Schlimmer-koennte-es-nicht- sein.html
Gefährliche Wolken über Australien (Spiegel.de)
https://www.spiegel.de/ wissenschaft/natur/buschfeuer- in-australien-satellitenbild- zeigt-riesige-rauchwolke-a- 1303595.html
Man kann das Ganze aber auch harmlos sehen, als Ergänzung zu Katzenvideos (gefunden bei web.de)
https://web.de/magazine/panorama/australien-durstiger-koala-trinkt-regenwasser-strasse-34354886
Buschfeuer in Australien (Wikipedia)
Buschbrände in Australien 2019/20 (Wikipedia)
Bericht der ZEIT:
"[...] Es ist fast 13 Jahre her, dass der damalige Oppositionsführer Australiens, Kevin Rudd von der sozialdemokratischen Labour-Partei, gemeinsam mit den Premiers der sechs Bundesstaaten und den Chief Ministers zweier unabhängiger Territorien einen Bericht in Auftrag gab. Ein Ökonom von der Universität Melbourne sollte die Auswirkungen des Klimawandels auf die australische Wirtschaft untersuchen und empfehlen, was zu tun sei. Im November 2007 gewann Rudd die Wahl und wurde Premierminister. Im Wahlkampf hatte er viel über gefährdete Eisbären gesprochen, über das sterbende Great Barrier Reef und über Klimaflüchtlinge, die nach Australien kommen könnten, wenn Inselstaaten wie Fidschi, Kiribati und Vanuatu untergehen.
Als Regierungschef ratifizierte Rudd das Kyoto-Protokoll, das Abkommen, das erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern festlegte. Rudds Vorgänger hatte das stets abgelehnt.
2008, im Jahr nach Rudds Amtsantritt, hatte der Ökonom seinen Report fertig. Es ist jener Bericht, der voraussagte, dass die Folgen des Klimawandels in Australien vom Jahr 2020 an zu spüren sein würden. Dass es immer mehr und immer heftigere Waldbrände geben werde. Um der Erderwärmung entgegenzuwirken, empfahl der Report den Umbau der australischen Wirtschaft: Das Recht, CO₂ auszustoßen, sollte mit einem Preis belegt werden.
Kevin Rudd hat sich längst aus der aktiven Politik zurückgezogen, er lebt heute in Queensland im Nordosten Australiens. Am Telefon erzählt er, wie er damals versuchte, eine klimafreundliche Politik durchzusetzen – und scheiterte.
In dem Gespräch fallen drei Namen immer wieder: BHP, Rio Tinto und Glencore. Es sind die drei größten Kohleunternehmen in Australien. Rudd nennt sie "die arrogantesten Bergbau-Unternehmen der Welt".
Rudd spricht von der Rohstoffsteuer, die er einführen wollte. Und davon, wie die Kohlelobby eine massive Medienkampagne dagegen startete.
Die Kampagne begann, fünf Tage nachdem Rudd die Steuer angekündigt hatte, und dauerte 54 Tage. Sie kostete 25 Millionen australische Dollar, 15,5 Millionen Euro. Die Lobby schaltete Anzeigen in allen Zeitungen, Werbespots im Fernsehen, manche waren 37-mal am Tag zu sehen. Der zentrale Slogan: "Töte nicht die Gans, die goldene Eier legt."
Er brauchte ein wenig, um zu begreifen, aber dann, sagt Rudd, wurde ihm klar: "Sie wollten gar nicht mit uns verhandeln. Sie hatten entschieden, uns einzuschüchtern." Sie wollten ihn stürzen.
Die Kohlelobbyisten drohten öffentlich damit, Großprojekte zu stoppen. Sie trafen sich mit Wirtschaftsfunktionären, Aborigine-Vertretern und Gewerkschaftern in Kohleregionen. Sie steigerten ihre Parteispenden an die Gegner von Labour um das Zehnfache.
Die Lobbyspezialistin Lindy Edwards hat das alles in einem Buch nachgezeichnet, das vor Kurzem herausgekommen ist. Auch Rudd selbst beschreibt in seiner Autobiografie, was damals geschah. Seine Beliebtheitswerte stürzten ab, ebenso die Werte seiner Partei. Rudd verlor den Rückhalt bei seinen Leuten. Am 24. Juni 2010 trat er als Premierminister zurück. Am selben Tag hielt die Kohleindustrie ihre alljährliche Dinnerparty ab. Der Sydney Morning Herald schrieb, die Bergbauindustrie habe Rudds Skalp nach Hause getragen.
Rudds Nachfolgerin versprach, kaum im Amt, das Projekt einer Rohstoffsteuer nicht weiterzuverfolgen. [...]"
(Australien: Im Angesicht des Feuers ZEIT 15.1.20)
mehr dazu:
Australien: Viel Kohle und verbrannte Erde (Süddeutsche Zeitung)
https://www.sueddeutsche.de/
Faktencheck zu Australiens Buschfeuern: Was gegen die Brandstifter-These spricht (Spiegel.de)
https://www.spiegel.de/
Australien brennt – was hat das mit dem Klimawandel zu tun? (Republik)
https://www.republik.ch/2020/
Enorme Brände in Australien erzeugen eigene Gewitter (Welt.de)
https://www.welt.de/
Gefährliche Wolken über Australien (Spiegel.de)
https://www.spiegel.de/
Man kann das Ganze aber auch harmlos sehen, als Ergänzung zu Katzenvideos (gefunden bei web.de)
https://web.de/magazine/panorama/australien-durstiger-koala-trinkt-regenwasser-strasse-34354886
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Digitale Bildungsmedien im Diskurs
Felicitas Macgilchrist: Digitale Bildungsmedien im Diskurs, bpb APuZ 28.6.2019
"[...] auf drei Ebenen Entwicklungen erfassen:
Erstens wandeln sich in einigen Fällen Diskurse in schulischen Bildungsmedien. Neue und teils grundverschiedene Inhalte werden vor allem durch Akteure angeboten, die keine Schulbücher produzieren konnten, nun aber digitale Materialien in relativ guter didaktischer, technischer und ästhetischer Qualität entwickeln.
Bildung wird zweitens dadurch verändert, wie digitale Bildungsmedien genutzt werden. Die Art und Weise der Nutzung priorisiert bestimmte Diskurse und Praktiken. Der individuelle Wettbewerb wird beispielsweise als wünschenswert dargestellt, wenn spieldidaktische Elemente das Gewinnen in den Vordergrund rücken; die kollektive Wissensgenerierung wird bevorzugt, wenn kooperative Schreibtools eingesetzt werden.
Drittens bilden Diskurse über Digitalität den Rahmen dafür, wie und von wem Bildung in der heutigen, digital vernetzten Welt strukturiert und gestaltet wird. [...]"
Erstens wandeln sich in einigen Fällen Diskurse in schulischen Bildungsmedien. Neue und teils grundverschiedene Inhalte werden vor allem durch Akteure angeboten, die keine Schulbücher produzieren konnten, nun aber digitale Materialien in relativ guter didaktischer, technischer und ästhetischer Qualität entwickeln.
Bildung wird zweitens dadurch verändert, wie digitale Bildungsmedien genutzt werden. Die Art und Weise der Nutzung priorisiert bestimmte Diskurse und Praktiken. Der individuelle Wettbewerb wird beispielsweise als wünschenswert dargestellt, wenn spieldidaktische Elemente das Gewinnen in den Vordergrund rücken; die kollektive Wissensgenerierung wird bevorzugt, wenn kooperative Schreibtools eingesetzt werden.
Drittens bilden Diskurse über Digitalität den Rahmen dafür, wie und von wem Bildung in der heutigen, digital vernetzten Welt strukturiert und gestaltet wird. [...]"
Luisa Neubauer lehnt Angebot von Siemens-Chef ab
Ihre Begründung: Nehmen Sie einen Wissenschaftler von Science for Future Klimaaktivistin und Siemens geht nicht zusammen
https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-01/klimaaktivistin-luisa-neubauer-siemens-joe-kaeser ZEIT 12.1.20
https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-01/klimaaktivistin-luisa-neubauer-siemens-joe-kaeser ZEIT 12.1.20
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Samstag, 11. Januar 2020
Der blutige Weg zur parlamentarischen Demokratie 1918-1920
USPD und KPD wollten über ein reichsweites Rätesystem den Sozialismus einführen, auch nachdem der Reichsrätekongress vom 16. 21.12. 1918 sich dagegen entschieden hatte.
"[...] Das Betriebsrätegesetz verfolgte das entgegengesetzte Ziel. Es wollte die Arbeitnehmer integrieren. Das Gesetz übertrug den Betriebsräten zwei – sich in den Augen seiner Gegner prinzipiell widersprechende – Aufgaben. Paragraph 1 formulierte das so: „Zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten) dem Arbeitgeber gegenüber und zur Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke sind in allen Betrieben, die in der Regel mindestens zwanzig Arbeitnehmer beschäftigen, Betriebsräte zu errichten.“
Gegen diese Vorlage war die USPD schon in den parlamentarischen Verhandlungen Sturm gelaufen. Ohne Erfolg. Sie konnte sich dabei auf den von Hugo Sinzheimer (SPD) formulierten Artikel 165 der am 14. August 1919 verkündeten Weimarer Verfassung berufen. Der Artikel begann so:
„Die Arbeiter und Angestellten sind dazu berufen, gleichberechtigt in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzuwirken. Die beiderseitigen Organisationen und ihre Vereinbarungen werden anerkannt. Die Arbeiter und Angestellten erhalten zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen gesetzliche Vertretungen in Betriebsarbeiterräten sowie in nach Wirtschaftsgebieten gegliederten Bezirksarbeiterräten und in einem Reichsarbeiterrat. Die Bezirksarbeiterräte und der Reichsarbeiterrat treten zur Erfüllung der gesamten wirtschaftlichen Aufgaben und zur Mitwirkung bei der Ausführung der Sozialisierungsgesetze mit den Vertretungen der Unternehmer und sonst beteiligter Volkskreise zu Bezirkswirtschaftsräten und zu einem Reichswirtschaftsrat zusammen. Die Bezirkswirtschaftsräte und der Reichswirtschaftsrat sind so zu gestalten, dass alle wichtigen Berufsgruppen entsprechend ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung darin vertreten sind.“ Die Betriebsräte waren in dem Gesetz, wie es jetzt im Reichstag verhandelt wurde, nicht eingebettet in eine gesamtgesellschaftliche Rätestruktur, sondern standen rettungslos verloren allein. Dagegen begehrte die Linke am 13. Januar 1920 auf. [...]
Am 20. Januar 1934 schaffte das NS-Regime das Betriebsrätegesetz vom Januar 1920 ab. An seine Stelle setzte es das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit. Das begann mit den Worten: „Im Betriebe arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und zum gemeinsamen Nutzen von Volk und Staat. Der Führer des Betriebes entscheidet der Gefolgschaft gegenüber in allen betrieblichen Angelegenheiten, soweit sie durch dieses Gesetz geregelt werden. Er hat für das Wohl der Gefolgschaft zu sorgen. Diese hat ihm die in der Betriebsgemeinschaft begründete Treue zu halten.“ "(Hervorhebungen und Links von Fontanefan)
(Arno Widmann: Blutiger 13. Januar 1920 in Berlin: Heraus zum Kampf gegen das Betriebsrätegesetz! FR 11.1.2020)
sieh auch: Blutbad vor dem Reichstag am 13. Januar 1920 (Wikipedia)
"[...] Das Betriebsrätegesetz verfolgte das entgegengesetzte Ziel. Es wollte die Arbeitnehmer integrieren. Das Gesetz übertrug den Betriebsräten zwei – sich in den Augen seiner Gegner prinzipiell widersprechende – Aufgaben. Paragraph 1 formulierte das so: „Zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten) dem Arbeitgeber gegenüber und zur Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke sind in allen Betrieben, die in der Regel mindestens zwanzig Arbeitnehmer beschäftigen, Betriebsräte zu errichten.“
Gegen diese Vorlage war die USPD schon in den parlamentarischen Verhandlungen Sturm gelaufen. Ohne Erfolg. Sie konnte sich dabei auf den von Hugo Sinzheimer (SPD) formulierten Artikel 165 der am 14. August 1919 verkündeten Weimarer Verfassung berufen. Der Artikel begann so:
„Die Arbeiter und Angestellten sind dazu berufen, gleichberechtigt in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzuwirken. Die beiderseitigen Organisationen und ihre Vereinbarungen werden anerkannt. Die Arbeiter und Angestellten erhalten zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen gesetzliche Vertretungen in Betriebsarbeiterräten sowie in nach Wirtschaftsgebieten gegliederten Bezirksarbeiterräten und in einem Reichsarbeiterrat. Die Bezirksarbeiterräte und der Reichsarbeiterrat treten zur Erfüllung der gesamten wirtschaftlichen Aufgaben und zur Mitwirkung bei der Ausführung der Sozialisierungsgesetze mit den Vertretungen der Unternehmer und sonst beteiligter Volkskreise zu Bezirkswirtschaftsräten und zu einem Reichswirtschaftsrat zusammen. Die Bezirkswirtschaftsräte und der Reichswirtschaftsrat sind so zu gestalten, dass alle wichtigen Berufsgruppen entsprechend ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung darin vertreten sind.“ Die Betriebsräte waren in dem Gesetz, wie es jetzt im Reichstag verhandelt wurde, nicht eingebettet in eine gesamtgesellschaftliche Rätestruktur, sondern standen rettungslos verloren allein. Dagegen begehrte die Linke am 13. Januar 1920 auf. [...]
Am 20. Januar 1934 schaffte das NS-Regime das Betriebsrätegesetz vom Januar 1920 ab. An seine Stelle setzte es das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit. Das begann mit den Worten: „Im Betriebe arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und zum gemeinsamen Nutzen von Volk und Staat. Der Führer des Betriebes entscheidet der Gefolgschaft gegenüber in allen betrieblichen Angelegenheiten, soweit sie durch dieses Gesetz geregelt werden. Er hat für das Wohl der Gefolgschaft zu sorgen. Diese hat ihm die in der Betriebsgemeinschaft begründete Treue zu halten.“ "(Hervorhebungen und Links von Fontanefan)
(Arno Widmann: Blutiger 13. Januar 1920 in Berlin: Heraus zum Kampf gegen das Betriebsrätegesetz! FR 11.1.2020)
sieh auch: Blutbad vor dem Reichstag am 13. Januar 1920 (Wikipedia)
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Weimarer Republik
Freitag, 10. Januar 2020
Klaus Theweleit: Männerphantasien
"In dem stark an Konzepten der Psychoanalyse und von Gilles Deleuze und Félix Guattari orientierten Buch untersuchte Theweleit faschistisches Bewusstsein und die soldatische Prägung des Ich. Darüber hinaus versuchte er, einige der verbreiteten psychoanalytischen Ansichten über den faschistischen Männertyp umzuformulieren. Er behandelt darin insbesondere die Literatur der deutschen Freikorps der Zwischenkriegszeit."
Wikipedia: KlausTheweleit: Männerphantasien
Zitate:
Wikipedia: KlausTheweleit: Männerphantasien
Zitate:
"Für
Gesellschaften, die in ihrem Kern technologisch bestimmt sind – das
gilt für unsere seit circa 12.000 Jahren –, ergibt sich daraus die
Formulierung eine Gesetzmäßigkeit für den Körper-Aufbau der
Einzelnen: Technologie-Strukturen werden zu Körperstrukturen, werden
zu Hirnstrukturen, werden zu psychischen Strukturen, werden zu
politischen Strukturen. (Seite 1263)
[...]
[...]
Ein
Liebesleben zu finden und zu erhalten als Normalverhalten
zusammenlebender Zivilisten, gleich welchen Geschlechts und welcher
Weltregion, ist die brennendste politische Aufgabe; noch vor dem
Klimaschutz.
Ein
Leben kommender Menschen, das diesen Namen verdient, hängt an
anderem; hängt daran, dass die Präambel der
Menschenrechtsverordnungen (und das zugehörige Verhalten) sich abkoppeln von Luftblasen-Formeln wie "Würde" und "Respekt"
und dem schrecklichen Adjektiv "unantastbar" – wo doch
permanent und ohne jede Rücksicht "angetastet" wird.
Wäre es nicht schöner, etwas tatsächlich Existierendes an ihre Stelle zu setzen, nämlich "die Haut", eine wirkliche Grenze. Menschenrecht sollte sein das Recht auf Unversehrtheit der Haut gegenüber unerwünschten Eingriffen. Haut, die aber berührbar ist, wo gewünscht, gegenseitig.
Make Love Not War –
– war der ernsthafteste Schnack hinter allen Aktivitäten der 68er-Evolution."
Wäre es nicht schöner, etwas tatsächlich Existierendes an ihre Stelle zu setzen, nämlich "die Haut", eine wirkliche Grenze. Menschenrecht sollte sein das Recht auf Unversehrtheit der Haut gegenüber unerwünschten Eingriffen. Haut, die aber berührbar ist, wo gewünscht, gegenseitig.
Make Love Not War –
– war der ernsthafteste Schnack hinter allen Aktivitäten der 68er-Evolution."
Donnerstag, 9. Januar 2020
Zur Geschichte der AfD
Weil man so vieles nicht mehr parat hat, man aber den Wikipediaartikel nicht immer wieder durchlesen will:
Wikipedia:
"[...] Als Vorläufer der Parteigründung gelten liberale, konservative und nationale politische Vereinigungen wie der Bund freier Bürger, die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, das Bündnis Bürgerwille, die Wahlalternative 2013 und die Zivile Koalition. Als spiritus rector der Gründung gilt Thilo Sarrazin.[170] Spätere AfD-Funktionäre kamen vor allem aus der „zweiten Reihe“ von CDU und FDP. So sei ein „diskursiver Raum für den Rechtspopulismus“ geöffnet worden.
Wichtig erscheint mir dabei vor allem, dass Angela Merkels Formulierung "alternativlos" wirklich höchst problematisch war. Wenn Politik die "Kunst des Möglichen"* ist, dann ist es die Aufgabe, möglichst viele Möglichkeiten offen zu halten. (Wenn er keine Wahl mehr hat, ist vorher etwas schief gelaufen, meist, weil er zuvor den falschen Weg gegangen ist.)
Wikipedia:
"[...] Als Vorläufer der Parteigründung gelten liberale, konservative und nationale politische Vereinigungen wie der Bund freier Bürger, die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, das Bündnis Bürgerwille, die Wahlalternative 2013 und die Zivile Koalition. Als spiritus rector der Gründung gilt Thilo Sarrazin.[170] Spätere AfD-Funktionäre kamen vor allem aus der „zweiten Reihe“ von CDU und FDP. So sei ein „diskursiver Raum für den Rechtspopulismus“ geöffnet worden.
Im September 2012 gründeten Konrad Adam, Bernd Lucke, Alexander Gauland und andere den „Verein zur Unterstützung der Wahlalternative 2013“, der sich zur Bundestagswahl 2013 den Freien Wählern anschließen wollte.[171] Im Gründungsaufruf hieß es, das Euro-Währungsgebiet habe sich als ungeeignet erwiesen, südeuropäische Staaten verarmten unter dem Wettbewerbsdruck des Euro und ganze Staaten stünden am Rand der Zahlungsunfähigkeit. [...]
Am 6. Februar 2013 gründete eine 18-köpfige Gruppe in Oberursel im Taunus die Partei. In einer Abstimmung wurde „Alternative für Deutschland“ als Name der neuen Partei bestimmt. Er bezieht sich auf die Äußerung von Bundeskanzlerin Merkel, die Eurorettung sei „alternativlos“.[175] Von den 18 Gründern sind, Stand Juli 2017, noch vier Mitglied der Partei, darunter der Bundestagsabgeordnete Martin Renner und der ehemalige Bundessprecher Konrad Adam.[176]
Zur ersten öffentlichen Versammlung am 11. März 2013 in Oberursel kamen mehr als 1.200 Interessierte.[177] Beim ersten AfD-Parteitag am 14. April 2013 in Berlin wurden Lucke mit 96 Prozent der Stimmen, Petry mit 81 Prozent und Adam mit 80 Prozent zu Parteisprechern gewählt.[178] Durch Übertritte erhielt die AfD kurzzeitig einen Abgeordneten im hessischen Landtag[179] und einige Mandatsträger in kommunalen Räten. [...]"
In der FAZ vom 9.1.20 heißt es über die Geschicht der AfD:
"Es gibt eine Geschichte über die AfD, die sich tapfer hält. Sie erzählt, dass die Partei am Anfang bürgerlich und konservativ gewesen sei. Radikalisiert habe sie sich erst später, in zwei großen Häutungen.
Diese beiden Häutungen gab es. Erstmals im Jahr 2015, da löste sich die Partei von ihrem Vorsitzenden Bernd Lucke. Ein zweites Mal, 2017, von der Vorsitzenden Frauke Petry. Aber folgt aus der Wahrheit dieser Häutungen auch die Wahrheit der ganzen Geschichte?
Ihre Protagonisten waren im Gründungsjahr der AfD, 2013, bekannte Leute. Sie hatten hohe Posten in der Wirtschaft, in der Presse oder an der Universität. Sie publizierten oder hielten Vorträge, man wusste sehr viel über sie. Drei ihrer wichtigsten Köpfe waren der Wissenschaftler Bernd Lucke, der Politiker Alexander Gauland und der Manager Hans-Olaf Henkel. Schaut man sich heute an, was von ihnen schon damals bekannt war, erkennt man, dass das Radikale von Beginn an in der AfD angelegt war. [...]"
[Die Wikipedialinks im FAZ-Artikel sind von mir hinzugefügt, ebenso im Wikipediaartikel der Fettdruck der Wahlalternative 2013.]
Wenn einer Situation, wo es dem Anschein nach keine Alternativen mehr gibt, dennoch eine aufzeigen kann, ist das zunächst also immer gut. (Freilich nur, wenn es nicht sehr schwer wiegende Gründe gibt, weshalb man sie nicht wählen darf.) Ein Vorhgehen "alternativlos" zu nennen, lädt also von vornherein zum Widerspruch ein.
So konnten so höchst unterschiedliche Egozentriker wie Sarrazin und Henkel sich zu gemeinsamem Vorgehen verführt sehen.
* Die Unterscheidung von "Kunst des Möglichmachens" von "Kunst des Möglichen" scheint mir an den Haaren herbeigezogen, denn alles, was möglich gemacht werden kann, ist auch möglich. Freilich nicht jederzeit und nicht jedem.
Dienstag, 7. Januar 2020
Zum US-Wahlrecht
[...] Die nächste Präsidentschaftswahl wird 2020 stattfinden. Norman Ornstein hat sich angesehen, was die Abstimmung über das Repräsentantenhaus bei den aktuellen Midterm-Wahlen am 6. November 2018 für 2020 bedeuten könnte. Seine Prognose: Donald Trump könnte sogar um "acht bis neun Millionen Stimmen zurückliegen und dennoch das electoral college gewinnen". Der Grund: In den kommenden Jahren, wird sich die Verteilung der US-Bevölkerung weiter verschieben. Mehr Menschen werden in den städtisch geprägten Bundesstaaten an Ost- und Westküste leben und wählen - hier schneiden in der Regel die Demokraten gut ab. Der Anteil der Bevölkerung in den ländlich geprägten Staaten in der Mitte des Landes wird hingegen abnehmen. Das werde die "Legitimation der demokratischen Prozesse in diesem Land massiv herausfordern", sagte Ornstein.
Da geht ein Raunen durch den Saal des AEI an der Massachusetts Avenue. [...]
(Warum die Wahl 2020 für Trump ein leichtes Spiel werden könnte , SZ 18.11.18)
Leicht erschreckend, dass das heute in Twitter wie eine Neuigkeit daherkommen kann. Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt. In GB bestand dasselbe Problem schon jahrhundertelang vor der US-Verfassung (rotten borough), es wurde in England zwar erst im 19. Jh. angegangen, aber 1872 war es weitgehend behoben.
Das Problem einer stabilen Regelung ist, dass die, die davon profitieren, eine Änderung leicht blockieren können.
Da geht ein Raunen durch den Saal des AEI an der Massachusetts Avenue. [...]
(Warum die Wahl 2020 für Trump ein leichtes Spiel werden könnte , SZ 18.11.18)
Leicht erschreckend, dass das heute in Twitter wie eine Neuigkeit daherkommen kann. Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt. In GB bestand dasselbe Problem schon jahrhundertelang vor der US-Verfassung (rotten borough), es wurde in England zwar erst im 19. Jh. angegangen, aber 1872 war es weitgehend behoben.
Das Problem einer stabilen Regelung ist, dass die, die davon profitieren, eine Änderung leicht blockieren können.
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EU Energiecharta-Vertrag könnte Klimaschutz blockieren
Seit Ende 2019 wird er neu verhandelt.
Anna Cavazzina schreibt dazu in der FR vom 7.1.20:
"[...] Die Energiecharta ist ein mächtiges Instrument in den Händen großer Öl-, Gas- und Kohleunternehmen, um Regierungen vom Übergang zu sauberer Energie abzubringen. Die Konzerne nutzen die Charta, um Verbote von Erdölbohrungen, die Ablehnung von Pipelines, Steuern auf fossile Brennstoffe und Entscheidungen für den Kohleausstieg anzufechten und horrende Entschädigungssummen zu erklagen. Aktuell droht zum Beispiel der deutsche Investor Uniper gegen das niederländische Gesetz zum Kohleausstieg zu klagen. [...] Mehr als die Hälfte der durch den Vertrag geschützten Werte sind Investitionen in fossile Brennstoffe wie Öl, Kohle und Erdgas. [...]
Wenn sich die Europäische Union mit ihrer Reformagenda nicht durchsetzen kann, sollten die EU und die Mitgliedstaaten aus dem Vertrag aussteigen, so wie dies Italien bereits getan hat!
Das deutsche Grundgesetz schützt Einzelpersonen und Wirtschaftsakteure zu Recht vor einer entschädigungslosen Enteignung. Aber die Beträge, die Energieunternehmen dank Investitionsschutzabkommen wie der Energiecharta einfordern können, übersteigen die Entschädigungszahlungen, die von ordentlichen Gerichten zugesprochen werden, um einiges.
So erhielt der schwedische Energiekonzern Vattenfall vom Bundesverfassungsgericht das Recht auf eine Entschädigung für den vom Bundestag beschlossenen Atomausstieg. Der endgültige Betrag ist nicht bekannt, aber er dürfte in die Hunderte Millionen gehen. [...In einem vergleichbaren Fall forderte das Unternehmen 6,1 Milliarden €]
Um die globalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, braucht es einen Paradigmenwechsel in der Energiepolitik: Wir müssen dringend raus aus den Fossilen hin zu Erneuerbaren und Energieeffizienz.
Wenn Regierungen Angst vor Konzernklagen und ihren Kosten haben, dann werden sie neue Gesetze zur Erreichung der Klimaneutralität verwässern. Wenn EU-Staaten Milliarden an Steuergeld an fossile Unternehmen als Entschädigung zahlen müssen, werden die öffentlichen Mittel weniger, um eine sozial gerechte Energiewende zu finanzieren und uns an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen."
Anna Cavazzina schreibt dazu in der FR vom 7.1.20:
"[...] Die Energiecharta ist ein mächtiges Instrument in den Händen großer Öl-, Gas- und Kohleunternehmen, um Regierungen vom Übergang zu sauberer Energie abzubringen. Die Konzerne nutzen die Charta, um Verbote von Erdölbohrungen, die Ablehnung von Pipelines, Steuern auf fossile Brennstoffe und Entscheidungen für den Kohleausstieg anzufechten und horrende Entschädigungssummen zu erklagen. Aktuell droht zum Beispiel der deutsche Investor Uniper gegen das niederländische Gesetz zum Kohleausstieg zu klagen. [...] Mehr als die Hälfte der durch den Vertrag geschützten Werte sind Investitionen in fossile Brennstoffe wie Öl, Kohle und Erdgas. [...]
Wenn sich die Europäische Union mit ihrer Reformagenda nicht durchsetzen kann, sollten die EU und die Mitgliedstaaten aus dem Vertrag aussteigen, so wie dies Italien bereits getan hat!
Das deutsche Grundgesetz schützt Einzelpersonen und Wirtschaftsakteure zu Recht vor einer entschädigungslosen Enteignung. Aber die Beträge, die Energieunternehmen dank Investitionsschutzabkommen wie der Energiecharta einfordern können, übersteigen die Entschädigungszahlungen, die von ordentlichen Gerichten zugesprochen werden, um einiges.
So erhielt der schwedische Energiekonzern Vattenfall vom Bundesverfassungsgericht das Recht auf eine Entschädigung für den vom Bundestag beschlossenen Atomausstieg. Der endgültige Betrag ist nicht bekannt, aber er dürfte in die Hunderte Millionen gehen. [...In einem vergleichbaren Fall forderte das Unternehmen 6,1 Milliarden €]
Um die globalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, braucht es einen Paradigmenwechsel in der Energiepolitik: Wir müssen dringend raus aus den Fossilen hin zu Erneuerbaren und Energieeffizienz.
Wenn Regierungen Angst vor Konzernklagen und ihren Kosten haben, dann werden sie neue Gesetze zur Erreichung der Klimaneutralität verwässern. Wenn EU-Staaten Milliarden an Steuergeld an fossile Unternehmen als Entschädigung zahlen müssen, werden die öffentlichen Mittel weniger, um eine sozial gerechte Energiewende zu finanzieren und uns an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen."
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Energiecharta-Vertrag,
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Klimaschutz,
Kohleausstieg
Sonntag, 5. Januar 2020
Neuronale Fitness
Martin Korte: Neuronale Fitness
https://www.swr.de/swr2/wissen/Neuronale-Fitness-Wie-lernt-das-Gehirn-Hirnforschung,swr2-wissen-aula-2020-01-05-100.html
https://www.swr.de/swr2/wissen/Neuronale-Fitness-Wie-lernt-das-Gehirn-Hirnforschung,swr2-wissen-aula-2020-01-05-100.html
Samstag, 4. Januar 2020
T.G. Ash über Macht
"Ich bin glücklich, dass ich immer der Versuchung der Macht widerstanden habe, denn ich kenne viele, die dieser Versuchung erlegen sind. Danach wird man nie wieder ganz heil." (Timothy Garton Ash, Zeit-Magazin 27.12.2019)
Antisemitismus
"Die Ergebnisse einer CNN-Umfrage zu Antisemitismus in Europa haben in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem Beunruhigung ausgelöst. [...]
Viele junge Deutsche wissen laut der Umfrage kaum etwas über den Holocaust. Von den 18- bis 34-Jährigen schätzen rund 40 Prozent, dass sie "wenig" oder "gar nichts" darüber wissen. Das geht aus der Studie des Fernsehsenders CNN hervor. Etwa jeder 20. Europäer hat noch nie etwas über die systematische Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten gehört. [...]
Die Befragten der Studie zu Antisemitismus in Europa äußerten sich nach Angaben von CNN gemischt über Israel. Eine Mehrheit von 54 Prozent ist demnach der Ansicht, dass Israel das Recht hat, als jüdischer Staat zu existieren. Ein Drittel glaube, Kritik an Israel sei meist durch Antisemitismus motiviert. Ein Drittel sagte jedoch auch, Israel nutze den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen."
https://www.dw.com/de/yad-vashem-besorgt-wegen-antisemitismus/a-46468603 Deutsche Welle 27.11.2018
"Antisemitismus war ein neuer Begriff für ein altes, auf dem Kontinent weitverbreitetes Phänomen: den Hass auf Juden. Die traditionelle christliche, seit Jahrhunderten bestehende Feindseligkeit gegenüber »den Mördern Christi« hielt sich hartnäckig und wurde vom christlichen Klerus gepflegt [...]
Vom ausgehenden 19. Jahrhundert an wurden die alten, oft bösartigen Formen des Judenhasses von etwas noch Ärgerem überlagert. Nun nämlich vermengten sie sich mit neuen, potenziell mörderischen Rassenlehren, die eine pseudowissenschaftliche, biologische Rechtfertigung für Hass und Verfolgung boten. Die ältere Diskriminierung, die zweifellos schon schlimm genug gewesen war, hatte es Juden gestattet (sie manchmal auch gezwungen), zum Christentum zu konvertieren. Das schloss der wissenschaftlich verbrämte, biologische Antisemitismus aus. Ihm zufolge waren Juden rassisch, »ihrem Blut nach« anders. Ein Jude, so hieß es, könne ebenso wenig zum Franzosen oder Deutschen werden, wie beispielsweise eine Katze zu einem Hund gemacht werden könne. Es war eine Doktrin, die nicht nur auf Diskriminierung hinauslief, sondern auf totalen Ausschluss. Und sie führte potenziell auf den Weg physischer Vernichtung."
(Ian Kershaw: Höllensturz. Europa 1914 bis 1949, dva 2016 S.36)
Im arabischen Raum ist Antisemitismus weit verbreitet. Deshalb haben viele Syrer, die nach Deutschland fliehen, eine antisemitische Einstellung.
Die deutsche Regierung sagt, dass Antisemitismus nicht geduldet würde.
Es hat aber keinen Sinn, Antisemitismus ohne Begleitmaßnahme zu sanktionieren, man müsste ein Programm zur Überwindung von Antisemitismus bei arabischen Flüchtlingen beginnen.
Eine israelkritische jüdische Journalistin berichtet über ihre Erfahrungen: "Vorurteile sind wie Blindgänger: Sie können wirkungslos bleiben - oder explodieren, wenn man sie nicht entschärft."
(Alexandra Berlin, ZEIT 18.1.2018, S.54)
Antisemitismus (Wikipedia)
"Ein Drittel sagte jedoch auch, Israel nutze den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen." (Deutsche Welle 27.11.2018)
Wie kommt es zu diesem Ergebnis? Ist vielleicht ein Satz wie "Israel nutzt den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen." als eine von mehreren multiple-choice-Alternativen vorgegeben worden?
Dann könnte es sein, dass viele dieses Statement angekreuzt haben, weil sie der Ansicht sind, die gegenwärtige Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung sei unverantwortlich und nicht durch den Verweis auf den Holocaust zu rechtfertigen.
"Vorurteile sind wie Blindgänger".
Hilft die CNN-Umfrage das Vorurteil zu verbreiten, "Israel nutze den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen". Und soll sie vielleicht als Argument dafür dienen, die gegenwärtige Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung sei durch den Verweis auf den Holocaust zu rechtfertigen?
Mehr zum Thema Antisemitismus und Rassismus in der Gegenwart und seit dem 19. Jahrhundert auf diesem Blog
Viele junge Deutsche wissen laut der Umfrage kaum etwas über den Holocaust. Von den 18- bis 34-Jährigen schätzen rund 40 Prozent, dass sie "wenig" oder "gar nichts" darüber wissen. Das geht aus der Studie des Fernsehsenders CNN hervor. Etwa jeder 20. Europäer hat noch nie etwas über die systematische Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten gehört. [...]
Die Befragten der Studie zu Antisemitismus in Europa äußerten sich nach Angaben von CNN gemischt über Israel. Eine Mehrheit von 54 Prozent ist demnach der Ansicht, dass Israel das Recht hat, als jüdischer Staat zu existieren. Ein Drittel glaube, Kritik an Israel sei meist durch Antisemitismus motiviert. Ein Drittel sagte jedoch auch, Israel nutze den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen."
https://www.dw.com/de/yad-vashem-besorgt-wegen-antisemitismus/a-46468603 Deutsche Welle 27.11.2018
"Antisemitismus war ein neuer Begriff für ein altes, auf dem Kontinent weitverbreitetes Phänomen: den Hass auf Juden. Die traditionelle christliche, seit Jahrhunderten bestehende Feindseligkeit gegenüber »den Mördern Christi« hielt sich hartnäckig und wurde vom christlichen Klerus gepflegt [...]
Vom ausgehenden 19. Jahrhundert an wurden die alten, oft bösartigen Formen des Judenhasses von etwas noch Ärgerem überlagert. Nun nämlich vermengten sie sich mit neuen, potenziell mörderischen Rassenlehren, die eine pseudowissenschaftliche, biologische Rechtfertigung für Hass und Verfolgung boten. Die ältere Diskriminierung, die zweifellos schon schlimm genug gewesen war, hatte es Juden gestattet (sie manchmal auch gezwungen), zum Christentum zu konvertieren. Das schloss der wissenschaftlich verbrämte, biologische Antisemitismus aus. Ihm zufolge waren Juden rassisch, »ihrem Blut nach« anders. Ein Jude, so hieß es, könne ebenso wenig zum Franzosen oder Deutschen werden, wie beispielsweise eine Katze zu einem Hund gemacht werden könne. Es war eine Doktrin, die nicht nur auf Diskriminierung hinauslief, sondern auf totalen Ausschluss. Und sie führte potenziell auf den Weg physischer Vernichtung."
(Ian Kershaw: Höllensturz. Europa 1914 bis 1949, dva 2016 S.36)
Im arabischen Raum ist Antisemitismus weit verbreitet. Deshalb haben viele Syrer, die nach Deutschland fliehen, eine antisemitische Einstellung.
Die deutsche Regierung sagt, dass Antisemitismus nicht geduldet würde.
Es hat aber keinen Sinn, Antisemitismus ohne Begleitmaßnahme zu sanktionieren, man müsste ein Programm zur Überwindung von Antisemitismus bei arabischen Flüchtlingen beginnen.
Eine israelkritische jüdische Journalistin berichtet über ihre Erfahrungen: "Vorurteile sind wie Blindgänger: Sie können wirkungslos bleiben - oder explodieren, wenn man sie nicht entschärft."
(Alexandra Berlin, ZEIT 18.1.2018, S.54)
Antisemitismus (Wikipedia)
"Ein Drittel sagte jedoch auch, Israel nutze den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen." (Deutsche Welle 27.11.2018)
Wie kommt es zu diesem Ergebnis? Ist vielleicht ein Satz wie "Israel nutzt den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen." als eine von mehreren multiple-choice-Alternativen vorgegeben worden?
Dann könnte es sein, dass viele dieses Statement angekreuzt haben, weil sie der Ansicht sind, die gegenwärtige Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung sei unverantwortlich und nicht durch den Verweis auf den Holocaust zu rechtfertigen.
"Vorurteile sind wie Blindgänger".
Hilft die CNN-Umfrage das Vorurteil zu verbreiten, "Israel nutze den Holocaust als Rechtfertigung für seine Handlungen". Und soll sie vielleicht als Argument dafür dienen, die gegenwärtige Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung sei durch den Verweis auf den Holocaust zu rechtfertigen?
Mehr zum Thema Antisemitismus und Rassismus in der Gegenwart und seit dem 19. Jahrhundert auf diesem Blog
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