Montag, 1. Mai 2017

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker und anderer Kollektive

Das 19. Jahrhundert brachte einen Aufschwung des europäischen Nationalismus und eine Ausweitung des europäischen Kolonialismus.
Die Folgen waren vielfältig und widersprüchlich. In Europa entstanden neue Nationalstaaten zum Teil durch Einigungskriege, zum Teil als Ergebnis der Aufteilung der Vielvölkerstaaten Österreich-Ungarn und Osmanisches Reich nach dem Ersten Weltkrieg.
Andererseits wurden in Afrika Territorien ohne Rücksicht auf historische Bindungen oder Sprachgrenzen unter den europäischen Staaten verteilt.
Bei der Aufteilung des Osmanischen Reiches wurde mit der Ankündigung einer nationalen Heimstätte für die Juden und der Förderung nationaler Hoffnungen bei den Arabern die Grundlage für den Nahostkonflikt gelegt, nicht nur der zwischen Juden und Palästinensern, sondern auch zwischen arabischen Selbstbestimmungsversuchen und den imperialen Plänen der europäischen Staaten (Sykes-Picot) sowie der USA.
Das 20. Jahrhundert brachte mit den beiden Weltkriegen den furchtbaren Beleg, welche Folgen fehlgeleiteter Nationalismus in Verbindung mit Rassismus haben kann, und den Versuch, diese Gefahren durch europäische Zusammenarbeit zu überwinden.
Das Auseinanderbrechen Jugoslawiens und die Eurokrise zeigten freilich auf, dass die übernationalen Bindekräfte nur unzureichend entwickelt waren. Fehlende Solidarität mit der griechischen Bevölkerung und unzureichende wirtschaftliche Zusammenarbeit bewiesen die Fragwürdigkeit des Eurozonenkonzepts und beförderten die Abkehr von übernationalen Einheiten.

Mit dem Brexit stellt sich das Problem kollektiver Selbstbestimmung mit aller Schärfe.
Welches Kollektiv darf sich selbst bestimmen: das Vereinigte Königreich, Schottland, Irland oder gar die nordirischen Religionsgruppen?

Siehe auch:
Probleme der Gegenwart bzgl. des Selbstbestimmungsrechtes
Michael Lüders: Wer den Wind sät + Youtube

"Der gescheiterte Versuch, Baschar al-Assad zu stürzen, vor allem mit Hilfe 'guter' Dschihadisten, hat erst die Grundlage für den Siegeszug des IS in Syrien geschaffen. [...] Sein Erfolg erklärt sich durch das politische Vakuum im Irak und in Syrien, das er selbst jedoch nicht erschaffen hat." (Wer den Wind sät, S.99)
Mehr zu "Wer den Wind sät" hier


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