Montag, 25. März 2019

Martin Lindner: Die Bildung und das Netz: Bildung - Begriffsklärung


"Bildung ist nicht zeitlos, und ist sie auch keine individuelle Angelegenheit. Hier entfalten sich nicht einfach verschiedene Persönlichkeiten, entsprechend ihren natürlichen Anlagen. Die Persönlichkeiten werden entfaltet, geprägt und geformt im kulturellen, politischen und eben auch technischen Systemen. Scheinbar ganz persönliche Bildungserlebnisse sind von Anfang an geprägt durch die gesellschaftliche Situation. Bildung zur Zeit Humboldts war ganz anders als Bildung um 1900 oder Bildung um 1935. Und die Bildung, die ich selbst in den 1970er Jahren erfahren habe, ist eine ganz andere als die Bildung, die meine Tochter 35 Jahre später erfährt.
Das Schlagwort Digitale Bildung meint immer: erneuerte Bildung. Bildung unter den Bedingungen des großen Umbruchs seit etwa 1990, der alle westlichen Gesellschaften betrifft. Das ist auch, aber eben nicht nur ein technologischer Umbruch. Vielleicht noch nicht einmal in erster Linie.
Wie haben sich die grundsätzlichen Bedingungen verändert, die unser lebenslanges Lernen, unser Wissenwollen und Wissenmüssen prägen? Was hat das zu tun mit dem epochalen Change, der seit den 1990er Jahren überall ausgerufen wird? Es gibt keinen passgenauen Überbegriff dafür, aber so ungefähr weiß man, wovon die Rede ist, wenn die bekannten Schlagworte fallen: Globalisierung, Automatisierung, Individualisierung, Ökonomisierung, Wissensgesellschaft. Neoliberalismus und Prekariat gehören auch dazu. All diese Schlagworte beschreiben Aspekte des globalen Wandels, der zeitlich zusammenfällt mit der Digitalisierung [...]
Mir gefällt die eingängige und vieldeutige Metapher am besten, die Thomas Friedman als roten Faden für sein bekanntes Buch über die Globalisierung benutzt hat: "Die Welt ist flach". Der New York Times-Chefkolumnist ist berüchtigt dafür, komplexe Entwicklungen auf allzu simple, allzu einleuchtende Formeln zu reduzieren. Natürlich ist das zu simpel. Aber wenn man das Schlagwort wertfrei nimmt, bietet "Verflachung der Welt" einen nützlichen Blickwinkel, gerade weil es so umfassend und vage ist. Vor allem passt es gut auf die digitalen Informationsströme, die immer schneller, breiter und weltumspannender werden. Mit der Netz hat sich die digitale Sphäre um die Welt gelegt, die jederzeit alles mit allem in Verbindung setzen kann. Das betrifft Geld und Kapital, Produktions- und Logistikketten, wissenschaftliche Daten und Ideen, die Pop-Kultur und sogar die globalisierungsfeindlichen Ideologien der Islamisten und rechtsextremen Nationalisten.

Flach bedeutet: Schützende Grenzen und Einigungen werden brüchig – wirtschaftlich, gesellschaftlich und technologisch. Unsere Lebenswelt fühlt sich offener und unsicherer an. Das gilt nicht nur global, sondern auch regional, bis hinein in die tiefste Provinz. [...]

Im Blog des Weltwirtschaftsforums wurde gerade wieder prophezeit, das größte Unternehmen des Jahres 2030 werde ein Bildungstechnologie-Unternehmen sein. Weltweite Massenkurse, aber die Lehrenden werden keine Professoren-auf-Videos mehr sein, sondern künstlich-intelligente Bots. Sie personalisieren jeden Lehrplan für jede einzelne Person, und die Lernenden werden dann viermal oder gar zehnmal so schnell lernen. Das sagt ein weißbärtiger Thinktank-Futurist voraus, von dem man praktisch ausschließen kann, dass er selbst nennenswerte Erfahrungen mit dem Lernen im Netz gesammelt hat."

Schülerstreiks, Glaubwürdigkeit und Aufmerksamkeit

Sind Schüler glaubwürdig, die für Klimaschutz streiken, wenn sie selbst ungehemmt Strom verbrauchen, sich mit SUVs in die Schule fahren lassen und weite Flugreisen machen?

Die Schüler brauchen nicht glaubwürdig zu sein. Glaubwürdig sind die Ergebnisse von Tausenden von Wissenschaftlern.
Die Schüler wollen Aufmerksamkeit. Und darin sind sie authentisch.
Denn, was sie auch tun, von ihren Maßnahmen zum Klimaschutz wird es nicht abhängen, sondern von dem was heute und in den nächsten Jahren getan wird.
Entscheidend ist, ob sie wirklich in Gefahr sind. Und das sind sie, wenn wir alle nicht mehr ändern als bisher.

Die Glaubwürdigkeit hängt nicht primär vom Botschafter ab, sondern von der Botschaft.
Wenn jemand "Feuer" schreit und es schon fünfmal getan hat, ohne dass etwas brannte, ist er gewiss nicht glaubwürdig. Aber sich darauf zu verlassen, dass es wieder nicht brennt, wäre höchst problematisch. Er könnte sich ja absichtlich unglaubwürdig gemacht haben, um durch die Warnung ein Alibi zu haben, wenn er selbst ein Feuer legt. (Man kennt das von Diebstahlwarnanlagen an Autos, die Diebe so oft auslösen, bis der Besitzer sie entnervt abstellt.)
Aber selbst wenn er bekanntermaßen selbst das Feuer gelegt hätte, gäbe es keinen Grund, es nicht zu löschen oder nicht zu fliehen, wenn man feststellt, dass es wirklich brennt.

Im Falle des Klimawandels kann man als Einzelperson nicht feststellen, ob er stattfindet oder nicht. Es kommt also schon auf Glaubwürdigkeit an, aber auf die der Klimaforscher, die aufgrund ihrer Beobachtungen auf den Klimawandel schließen.
Deshalb haben diejenigen, die nichts gegen den Klimawandel unternehmen wollten, zunächst behauptet, die Forscher seien unglaubwürdig. Seit aber Tausende von Forschern Belege für den Klimawandel erbracht haben, argumentiert man damit, man könne nichts dagegen tun, weil die Menschen keinen Einfluss darauf hätten.
Seit dieser Einfluss vielfach nachgewiesen worden ist, ist es schwerer, sein Nichtstun zu verteidigen. da versucht man, die Schüler, die den Forschern zu Hunderttausenden ihre Stimme leihen, unglaubwürdig zu machen: Sie sollten lieber erst lernen, was man gegen den Klimawandel tun kann. Da die Lösungsansätze aber seit Jahrzehnten bekannt sind,  braucht man ein neues Argument: Sie sollen nicht die Schule schwänzen. Wie aber, wenn nicht die Schüler ihre Aufgabe nicht erfüllen, sondern die Politiker, die seit Jahrzehnten behaupten, sie täten etwas, aber alles nur eskalieren lassen?
Dann stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Politiker.
Ihre Botschaft ist richtig: Man muss etwas tun. Aber sie handeln nicht.
Deshalb hat Greta gehandelt und deshalb streiken die Schüler.



Trümmerfrauen

Wikipediaartikel

Für mich der Anlass, mich kurz auf das Thema einzulassen:
Harald Jähner: Wolfszeit. Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit

Bildbeispiel aus dem Bundesarchiv, sieh Wikipedia Commons
Dort findet man noch viele weitere eindrucksvolle Fotos. Das für mich eindrucksvollste kam in der Frankfurter Rundschau, ist aber wohl nicht allgemein freigegeben.

















Samstag, 23. März 2019

SIPRI-ERHEBUNG: Rüstungsexporte steigen stark an, von Thomas Borchert, FR 11.3.19

"Um fast ein Viertel sind die weltweiten Rüstungsexporte gegenüber dem vorangegangenen Jahrzehnt in die Höhe geklettert. Nach neuen Erhebungen des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes Sipri haben die Waffenlieferanten aus den USA, Russland sowie auch den EU-Ländern einschließlich Deutschlands dabei vor allem die Kriegs- und Krisenherde in Nahost mit immer größeren Waffenlieferungen versorgt. Bei einem Plus von 87 Prozent in den Jahren 2014-18 gegenüber 2009-13 wurden die Exporte in diese Region innerhalb eines Jahrzehnts fast verdoppelt."

ERDERWÄRMUNG: Verena Kern: Kohlendioxid lässt Kühlwolken schwinden

ERDERWÄRMUNG: Kohlendioxid lässt Kühlwolken schwinden von Verena Kern "Zerfällt die Wolkendecke über den tropischen Ozeanen, so würde die globale Temperatur abrupt auf ein Niveau wie in der Kreidezeit steigen.
 In wenigen Jahrzehnten hat die Menschheit die globalen Temperaturen 170-mal schneller steigen lassen, als es ohne menschliches Zutun geschehen wäre, warnen die Vereinten Nationen in dem aktuellen Bericht ihres Umweltprogramms Unep. Um eine weitere gefährliche Erderhitzung doch noch zu verhindern, gibt es mit dem Pariser Klimaabkommen inzwischen zwar eine internationale Übereinkunft. Doch der Ausstoß von Treibhausgasen ist bislang immer noch nicht zurückgegangen. Im Gegenteil, die Emissionen steigen weiter – und das in einem Maße, dass die Welt auf das Worst-Case-Szenario der Klimaforschung zusteuert. [...]"

Freitag, 22. März 2019

Martin Lindner: Disruption auf Märkten

Disruption heißt für Christensen nicht einfach, dass neue, digitale Anbieter alte Firmen hinwegfegen. Durch Disruptionsprozesse verändert sich das Markt – Spielfeld selbst, so dass sich erfolgreiche Akteure plötzlich im Abseits wiederfinden. Es geht auch nicht in erster Linie um die sensationelle technische Innovation selbst. Tatsächlich gehören die erfolgreichen Firmen fast nie den Erfindern, sondern denjenigen, die wie Bill Gates und Steve Jobs die Bausteine zu einem funktionierenden Geschäftsmodell zusammenfügen. Man fängt dabei bewusst ganz klein und einfach an. Das Wachstums- und Entwicklungspotenzial ist entscheidend.
Christensen  analysiert an vielen Beispielen Prozesse, bei denen mächtige Weltmarktführer plötzlich von Konkurrenten aus dem Feld geschlagen werden, die lange Zeit ganz ungefährlich schienen, weil ihr neuartiges Angebot anfangs technisch viel primitiver und unprofitabler war. Es gibt zwei Wege der Disruption, sagt Christensen: entweder entwickelt sich ein neues Angebot am Rand des Marktes, das erst einmal als billig und minderwertig erscheint. Keine ernsthafte Konkurrenz, aber für manche Kunden gut genug. Oder es entsteht ein ganz neuer Sektor abseits des Marktes, der ganz andere Kunden anspricht. Und plötzlich hat sich dann die ganze Umwelt verändert, und die Dinosaurier sterben aus. Zum Beispiel wurden die ersten japanischen Plastik-Transistorradios von Teenagern um 1960 von ihrem knappen Taschengeld gekauft. Es war simple, billige Wegwerftechnik, keine Gefahr für die HiFi-Konzerne. Erst 20 Jahre später kamen deutsche Qualitätshersteller wie Grundig in Schwierigkeiten. Mit der Digitalfotografie und den Enzyklopädien ging es dann viel schneller. Das dauerte nur noch wenige Jahre. (Martin Lindner: die Bildung und das Netz, Kapitel 2)

Martin Lindner: Open Source und OER

"Auf auffällige Weise fehlen staatliche Akteure, wenn es darum geht, die Infrastruktur zu entwickeln, in die die Tendenz zur demokratischen Zivilgesellschaft und einem offenen Bildungssystem bereits eingeschrieben ist. Warum engagiert sich hier zum Beispiel nicht die EU? Nachdem das Silicon Valley uneinholbar die großen digitalen Monopole beherrscht, könnte die Förderung der offenen Graswurzel-Netzkultur ein europäisches Projekt sein, das auch konkreten wirtschaftlich Nutzen bringt." (M. Lindner: Die Bildung und das Netz, Kapitel 2: Kapitalismus und Offenheit)

Donnerstag, 21. März 2019

Fridays for Future und Greta

Die Stärke der Schülerbewegung war, dass sie nicht einen weiteren Aktionsplan vorgelegt, sondern die Regierungen zum Einhalten ihrer Klimaversprechen aufgefordert hat.
Einen ausgewogenen Plan für die ganze Welt kann vielleicht der Weltklimarat vorlegen, nicht aber eine neu gegründete Bewegung in über 100 Ländern.
Wenn die Schülerbewegung ein einheitliche Programm ausarbeiten würde, statt alle Energie in die Aufrechterhaltung der Streiks zu stecken, wäre das vermutlich tödlich.
Den Gefallen sollte sie den Verfechtern des "Weiter so!" nicht tun.
Aber mal aus Versehen (scheinbar) dem Klimarat auf den Leim zu gehen, das kann sich Greta wohl schon leisten.

Hinweis
"Greta Thunberg reiste im Januar dieses Jahres mit der Eisenbahn von Stockholm nach Davos, um dort vor den Bossen des Weltwirtschaftsforums ihren Appell in Sachen Klimapolitik vorzutragen. Sie musste dabei fünf Mal umsteigen – drei Mal in Deutschland. Dabei dürfte die Wahrscheinlichkeit, einen Anschluss der Deutschen Bahn zu verpassen, ziemlich groß gewesen sein.
Ich habe mal nachprüfen lassen, wie das früher war. Vor vier Jahrzehnten hätte Greta eine Zugverbindung gehabt, bei der sie nur ein Mal hätte umsteigen müssen. Und sie hätte von der Schweiz bis Kopenhagen einen durchgehenden Zug, und auf der Hauptstrecke – Schweiz bis Kopenhagen – einen bequemen Nachtzug nutzen können.
Daran sieht man, was alles möglich war. Und was alles möglich ist, um einen flächendeckenden, guten Schienenverkehr zu bekommen, der viele der extrem klimaschädigenden Flüge ersetzen würde."

Mittwoch, 20. März 2019

Martin Lindner: "Die Bildung und das Netz" Zwischenbericht zur Bildungsgeschichte

Bei seiner Darstellung der Bildungsgeschichte des 20. Jhs. und speziell der "Bildungsrepublik" Deutschland (Kapitel 16 und 17 des Buches) lässt Lindner erkennen, dass er wenig von einem engen Lehrer-Schüler-Verhältnis (wie man idealtypisch Pädagogik von Sokrates bis zur Reformpädagogik fassen könnte - auch Heisenberg sprach nicht von seinen eigenen Erkenntnissen, sondern von der Begegnung mit bedeutenden Persönlichkeiten, die ihn geprägt hätten) und wenig von messender und managender quantifizierter Pädagogik hält, sondern auf das selbstbestimmte Lernen an sich wandelnden Aufgaben setzt. [Vielleicht korrigiert er mich, wenn ich das falsch sehe.]

Ich möchte diesem Konzept nicht widersprechen. 
Vielmehr möchte ich kurz meine persönliche Lerngeschichte vorstellen, um zu begründen, wie ich zu einer anderen Auffassung gekommen bin: 
Wichtige Lernerfahrungen habe ich einerseits bei der Begegnung mit Texten und den dahinter stehenden Persönlichkeiten gemacht (ein Beispiel: Anne Frank), andererseits habe ich immer Helfer für die Einübung von Lernstrategien gebraucht. 
Außerdem habe ich immer wieder Lehrer kennen gelernt, die Schüler zu Leistungen befähigen konnten, die diesen Schülern bei anderen Lehrern nicht gelangen. 
Insofern halte ich die persönliche Begegnung für Motivation und den Erwerb von Lernstrategien für sehr wichtig. 
Außerdem habe ich mich auf einige Lernfelder (z.B. Mediation) nur auf Anregung von außen hin begeben. 
Erst nachdem ich aus dem Beruf ausgeschieden bin, habe ich mit der Zeit ein persönliches Lernnetzwerk entwickelt, weil ich es für unangemessen hielt, die Arbeitskraft guter Lehrer für meine nachberufliche Ausbildung zu verschwenden. Vornehmlich Wikipedia, Wikiversity und ZUM-Wiki, die Blogger- und Twitterszene und eine wenig Barcamps und MOOCs ermöglichten mir ein Lernen auf (fiktiver?) Gegenseitigkeit. Was ein persönliches Lernnetzwerk ist, habe ich freilich erst im Laufe dieser Tätigkeit von Lisa Rosa erfahren. 

Dass ein Schüler sich ein persönliches Lernnetzwerk aufgebaut hat, habe ich nur bei meinem neun Jahre älteren Bruder in den 1950er Jahren beobachtet, der folgerichtig das Gymnasium vor dem Abitur verließ und nie eine Universität besuchte, aber sein Leben lang bemüht war, seine jüngeren Geschwister und später seine Arbeitskollegen an seinen eindrucksvollen Bildungserlebnissen teilhaben zu lassen. 
Lernen durch Lehren scheint mir ein sinnvolles Konzept, die Anleitung zur Bildung eines persönlichen Lernnetzwerks kenne ich nur in der Theorie und habe ich noch nicht beobachten können. 
[Eine extrem kurze Geschichte des Lernens von der Antike bis zum Internetlernen habe ich aus meiner Sicht in Wikiversity formuliert.]

Dienstag, 19. März 2019

Wie kann man Politiker für den Klimaschutz gewinnen?


Was bewegt zum Handeln in Sachen Klimawandel

Für Privatpersonen ist das noch nicht geklärt:


Was bewegt Politiker zum Handeln?
"Als Politiker kann ich Ihnen eines versichern: Politische Führer werden keine Risiken eingehen, solange die Menschen dies nicht von ihnen verlangen." (Barack Obama) 

Gegen Konzerne schreitet ein Politiker nicht ein, wenn er nicht befürchten muss, massiv Stimmen zu verlieren.

Montag, 18. März 2019

"Aufforderung zur Kriminalität" in Sachen Umwelt?

"Aufforderung zur Kriminalität"

Lindner sieht Klimadebatte als Instrument, "Menschen zu Vegetariern zu machen"

"Mitunter wird die Ökologie instrumentalisiert, um Wirtschaft und Gesellschaft umzubauen – zum Beispiel, um das Auto zu verdrängen, Menschen zu Vegetariern zu machen oder Flugreisen zu unterbinden." (Christian Lindner am 15.3.19 in einem Gastbeitrag in der ZEIT)

Dann macht er einen Vorschlag, den selbst er schwerlich für originell halten kann:
"Ein echter Paradigmenwechsel wäre es, den ökologischen Effekt von Kohlendioxid mit einem Preis zu belegen. Das bedeutet, dass jeder, der CO2 emittiert, Zertifikate kaufen muss. Er kann sie auch wieder verkaufen, wenn er sie nicht mehr benötigt. In einem solchen Modell sinkt jährlich die Menge der Zertifikate. Dadurch steigt der Preis, und die Unternehmen haben ein eigenes ökonomisches Interesse daran, Kohlendioxid zu sparen." (Christian Lindner am 15.3.19)
Anscheinend ist ihm nicht bekannt, dass diese Emissionszertifikate bereits 2005 von der EU eingeführt wurden und einen ungeheuerlichen Preisverfall erlebten, so dass die CO2  Einsparung aufgrund dieser Zertifikate gegen null ging.

sieh auch:
Lügen, um die Schülerstreiks zu diskreditieren (nicht von Lindner!)

Vergleich der Folgen positiver Anstrengungen auf den Klimawandel und der von Katastrophen

Fridays For Future:
 Angenommen sie hätten schon vor 7 Jahren Erfolg gehabt:

Kohlenstoffsteuer:
„Was wäre, wenn die führenden Politiker weltweit beschließen würden, im Rahmen eines gemeinsamen Plans 20 Jahre lang jedes Jahr fünf Prozent des weltweiten BIP zur Lösung des Klimaproblems zu verwenden? Das würde bedeuten, dass fünf Prozent der arbeitenden Bevölkerung und fünf Prozent des Kapitals für die Herstellung und Erbringung klimafreundlicher Güter und Dienstleistungen arbeiten würden. Dieses große Projekt würde das Klimaproblem lösen. Nach 20 Jahren gemeinsamer und gut geplanter Anstrengungen wäre die Weltwirtschaft emissionsfrei.“ [18]  (Jorgen Randers: 2052, Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre, 2012, S.298)

Finanzschmelze:

"Was wäre, wenn das Vertrauen in das Finanzsystem und damit die Kreditvergabe an die Realwirtschaft komplett zu und zusammenbrechen und das BIP dadurch innerhalb eines Jahres um, sagen wir, 20 % sinken würde? [...] Das würde zu einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit führen, der begleitet wird von sinkenden Einkommen, sinkendem Energieverbrauch, sinkenden CO2-Emissionen und einem kleiner werdenden ökologischen Fußabdruck, nicht zu vergessen massive Umschichtungen der Eigentumsverhältnisse und Nettovermögenswerte. Die wichtigste Folge jedoch, über den Rückgang von Konsum und Wohlstand und den Ansturm der Armut hinaus, wäre die Tatsache, dass die Menschheit erst später an die Grenzen des Planeten stößt. Obwohl dieser Aufschub nicht wirklich lange wäre. Würden fünf Jahre lang die jährlichen Emissionen um 20 % sinken, so würden die kumulierten Emissionen um ein Jahr der normalen Emissionen sinken, d.h., der sich selbst verstärkende Klimawandel würde nicht im Jahr 2080 einsetzen, sondern erst 2081
D.h., eine ernsthafte Finanzkrise würde das Klima nicht retten. Würde die Rezession jedoch intelligent genutzt, in dem die Arbeitslosen Anführungszeichen grünen Anführungszeichen Projekte durchführen, Die durch die Notenpresse finanziert werden, könnte sich der wirtschaftliche Aufschwung langfristig als eine Wohltat für das Klima herausstellen.“ (2052,
Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre, 2012, S. 296)

Atomkrieg:
"Was würde passieren, wenn jemand ein paar riesige Atombombe abwerfen würde, um irgendein nervendes Problem zu lösen? Viel weniger, als Sie wahrscheinlich denken. Ein Atomkrieg verursacht zweifellos bei der Explosion der Bombe unsagbares Leid und die Strahlungen machen das Leben der Betroffenen noch lange zur Qual.
Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Weltbevölkerung und die Wirtschaft wären jedoch begrenzt. Würden die Bomben 100 Millionen Menschen töten – und das ist zehnmal soviel wie realistischerweise sterben würden – dann wären das 1,4 % der Weltbevölkerung und derselbe Anteil des weltweiten BIP (wenn man davon ausgeht, dass die Bomben in allen Altersgruppen gleich viele Opfer verursachen). Die Bomben würden die Weltwirtschaft um lediglich acht Monate (bei einer angenommenen Wachstumsrate von 2 % jährlich) und die Bevölkerung um zwölf Monate (bei einer angenommenen Wachstumsrate von 1,4 % jährlich) zurückwerfen. D.h., auf den Klimawandel würde sich einen Atomkrieg noch weniger aus wirken als die oben beschriebene finanzielle Kernschmelze.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Das Leid dass ein Atomkrieg verursacht, ist unfassbar und völlig überflüssig. Und die Ungerechtigkeit, dass die einen getroffen werden und die anderen nicht, ist nicht hinnehmbar.“ (2052, Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre Seite 296/97)

Fridays For Future

Politiker setzen seit Jahren weltweit die falschen Prioritäten, weil sie glauben, sie brauchten Wissenschaftler und Naturgesetze nicht ernst zu nehmen.

2015: 15.000 Verwirrte in Dresden auf der Straße. Unionspolitiker: „Wir müssen die Sorgen der Menschen jetzt wirklich ernstnehmen.“ 2019: Hunderttausende Schüler in ganz Deutschland auf der Straße. Unionspolitiker: „Aber die Schulpflicht!“

Aber noch ist Hoffnung auch für die kommenden Generationen.
Der Klimawandel hat(te) eine längere Vorlaufzeit als ein Atomkrieg.

Sonntag, 17. März 2019

Probleme beim Umbau zugunsten des Klimaschutzes

Zu den Problemen beim Umbau zugunsten des Klimaschutzes, besonders Kohleausstieg:
Antworten von Wissenschaftlern

The Times They Are a-Changin’ (1964 - 2019)

"Times are changing" *2003 *1988 Sie 16, er schon 29, beide sprachen in Davos. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos glaubt man noch an *1899 hat *1971 gelesen.


Weltwirtschaftsforum: Gewinne privatisieren, die Risikohaftung übernimmt der Staat ("too big to fail")

Greta: Wir hören nicht auf, bis ihr handelt.


Piketty: Die Vermögensverteilung von heute entspricht genau der in Frankreich vor der Französischen Revolution. Aber weltweit.

sieh auch: Piketty: Kapital und Ideologie

Diese Kurzformulierungen sind keine Zitate (ohnehin sind sie ursprünglich in drei verschiedenen Sprachen formuliert), sondern schlagwortartige Zusammenfassungen. 
Die Hauptaussagen der Personen findet man über die Links.


Samstag, 16. März 2019

"Non vitae sed scholae discimus" (Seneca)

Man hat es nicht leicht, wenn in Zeitungsartikeln lateinische Sprüche vorkommen.

"Non vitae sed scholae discimus – nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Das Zitat des Philosophen Lucius Annaeus Seneca, gut 2000 Jahre alt, [...]" so formuliert ein Journalist, der einen Artikel über Bildungsfragen wiedergeben will.

In dem Artikel steht in Wirklichkeit:
"Non vitae sed scholae discimus – nicht für das Leben, für die Schule lernen wir. Das Zitat des Philosophen Lucius Annaeus Seneca, gut 2000 Jahre alt, gilt als Klage darüber, dass die Erziehung in der Schule kaum dazu geeignet sei, die jungen Menschen auf das Leben vorzubereiten. [...]" (News4Teachers. Das Bildungsmagazin, 14.3.19) 

Wenn man kein Latein kann, musste man früher genau lesen.
Im Zweifelsfall hilft heute aber auch die Wikipedia:
"Non vitae sed scholae discimus („Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir“) ist ein Zitat aus einem Brief von Lucius Annaeus Seneca an seinen „Schüler“ Lucilius. [...] Die bekanntere umgekehrte Version Non scholae, sed vitae discimus („Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“) wird verwendet, um auszudrücken, dass das, was man in der Schule lernt, wichtig fürs Leben sei."
[Hervorhebungen von Fontanefan]

In dem Wikipediaartikel wird übrigens der Brief so weitgehend ins Deutsche übersetzt, dass man Senecas Argumentation, die er mit dem berühmten Zitat beendet, nachvollziehen kann. 

Die Schüler, die jetzt für die Umwelt demonstrieren und dafür einige Schulstunden drangeben, haben Seneca besser verstanden als ganze Generationen von Lehrern. Dafür braucht man heute kein Latein mehr zu können, schon ein Blick in die Wikipedia kann helfen.
Vor allem freilich war es Greta Thunberg, die bei der Umweltkonferenz in Polen und beim Weltwirtschaftsforum in Davos sprach und über die auch weltweit berichtet wurde. Freilich nicht in allen Ländern und allen Nachrichtenkanälen

Stefan Rahmstorf zum Klimaquiz, das die AfD bei den Schülerdemonstrationen in Berlin verteilte.

Die Wikipedia geht am 21.3.19 aus Protest offline

Mitteilung der Wikipedia:
"Seit über zwei Jahren beschäftigt uns die geplante EU-Urheberrechtsreform und vor allem die umstrittene Einführung sogenannter Upload-Filter. Tausende unserer Mitglieder haben uns allein im vergangenen Jahr in unserem Bemühen unterstützt, die Reform abzuändern, damit unter anderem die Arbeit der Wikipedia-Freiwilligen nicht eingeschränkt wird. 
Eine Wikipedia-Ausnahme wurde zwar in die Reform aufgenommen, der freie Austausch von Informationen und Inhalten darf aber nicht auf eine Plattform im Netz beschränkt werden – darum setzen die Wikipedia-Autorinnen und -Autoren jetzt ein deutliches Zeichen gegen die Reform: Am kommenden Donnerstag wird die deutschsprachige Wikipedia für 24 Stunden abgeschaltet. Zwei Tage später, am 23. März, sind europaweit Demonstrationen geplant. Ende März will das EU-Parlament dann abschließend über den aktuellen Entwurf der Urheberrechtsreform abstimmen." ( Vereins-Newsletter Wikiversum )

Freitag, 15. März 2019

Greta Thunberg setzt in Bewegung, was Umweltschutzorganisationen seit Jahren aufzubauen versuchten

Luisa ist das deutsche Gesicht der Umweltaktivisten, die jahrelang auf einen ähnlichen Moment gehofft haben:
"Ich engagiere mich nicht erst seit gestern und weiß, wie schwer es ist, gehört zu werden", sagt Neubauer beim Protest in Paris. "Ich kann das alles nur so machen, weil ich Erfahrungen gesammelt habe." Immer wieder treten Journalisten an sie heran, aus London, aus Berlin, Menschen mit Kameras, Mikrofonen und Fragen. Für Neubauer und die anderen ist die Aufmerksamkeit dieser Tage erkennbar eine Last. Vor allem aber eine Chance. Der Moment, auf den Neubauer gewartet hat.
 So wie der deutsche Fußball durch seine professionalisierte Ausbildung eine Zeit lang ein Talent nach dem anderen hervorgebracht hat, zahlt sich für die Klimabewegung nun aus, was vor grob zehn Jahren begonnen wurde: Umweltschutzorganisationen haben Kinder und Jugendliche angesprochen, sie mobilisiert. Und in Teamleitung, Lobbying und Kampagnenarbeit geschult. Das ist der erste Grund, warum die Klimastreiks so erfolgreich sind: Sie werden von jungen Profis angetrieben. Luisa Neubauer ist eine von ihnen."
( Luisa Neubauer: Mit voller Wucht Von Daniel Erk, ZEIT 13.3.19)

Sieh auch:
Zusammenbruch von Ökosystemen, Verlust an Biodiversität

Just in Time, die Verlagerung des Verkehrs auf die Straße

Im Zuge des Lean Managements wurde die Just-in-Time-Produktion eingeführt, die seit den 1970er Jahren von Japan aus kommend eine allgemeines Produktionsprinzip wurde.
Um die Rüstzeiten zu verkürzen, wurde die Lagerhaltung vor Ort reduziert und auf die Straße verlagert.
Das führte zu erhöhtem Lkw-Aufkommen. Das steigerte sich, als die Lieferung nach dem On-Demand Prinzip zur enormen Stärkung des Versandhandels (z.B. Amazon) führte, wo die auch die Lagerhaltung des Einzelhandels zugunsten von Einzellieferungen reduziert  wurde, und führte insbesondere in Ballungsräumen zu erhöhtem Kleinlasterverkehr und dementsprechend höherem Ausstoß von Dieselabgasen.

Donnerstag, 14. März 2019

Steuerquoten

https://twitter.com/kefer83512/status/1106103752564658176

Ich habe keine Chance. Die nutze ich.

Greta Thunberg sagte immer wieder ganz deutlich: Ich habe keine Hoffnung. Ich will nicht, dass ihr Hoffnung habt. Ihr sollt Panik haben.
Wenn morgen in über 90 Ländern über 1000 Demonstrationen im Rahmen von Fridays For Future stattfinden, dann ist sie vielleicht nicht mehr so sicher. (Sieh auch: scientists4future)
Aber vor allem: Sie hat die Chance, die sie nicht hatte, genutzt.
Selbst wenn in 30 oder 50 Jahren das Klima kippt: An Greta Thunberg hat es nicht gelegen und auch nicht an den Schülern, die jetzt demonstrieren.
Ich wünsche Scheuer nicht, dass er die Folgen seiner Politik ausbaden muss, sondern ein langes Leben in einer Welt, wo die Probleme, die wir heutigen Erwachsenen mit zu verantworten haben, wie durch ein Wunder durch radikales Umdenken und Handeln bewältigt worden sind.

Übrigens, als Greta Thunberg ihre Freitagsdemonstrationen anfing, konnte sie nicht wissen, dass im Januar Alexandra Ocasia-Cortez in das US-Repräsentantenhaus gewählt werden würde, dass sie den Green New Deal zu ihrem Wahlprogramm gemacht hat und dass ihr jetzt Chancen auf eine Kandidatur für die US-Präsidentenwahl eingeräumt werden.

Parents for Future

Scientists for Future (bisher 19 000 Unterschriften)

Mittwoch, 13. März 2019

Maria Ladenburger als Teil eines großen Ganzen

Du bist Teil eines riesengroßen Ganzen! 
Lass nicht den Kopf hängen, sondern schau auf und denke daran, dass wir vieles nicht verstehen können, aber auf eine ganz besondere Art und Weise etwas Gutes entsteht!“ 
Dies sagte Maria Ladenburger einmal, um einer Freundin Mut zuzusprechen. 
Auch Greta Thunberg versteht sich als Teil eines großen Ganzen und hat auf ihre ganz individuelle Weise versucht zum großen Ganzen beizutragen, indem sie ein Beispiel gab.

Die Eltern der ermordeten Maria Ladenburger haben ihrerseits versucht, im Geist ihrer Tochter zu handeln, indem sie nach ihrer grauenhaften Ermordung jeden Gedanken an Vergeltung für das ihnen angetane Leid zurückgewiesen haben. Und sie haben dafür einen Shitstorm erleben müssen.

Dazu Friederike Ladenburger :
"Aus dem Bösen, das uns trifft; aus Ereignissen, die wir nicht verstehen; aus alledem kann – durch den Beitrag jedes Einzelnen – Gutes wachsen. Ich glaube, diese Haltung will Maria uns mitgeben."

Mehr dazu im Interview der Eltern Marias mit der Frankfurter Rundschau (12.3.19)

Für ihre Gründung der Maria Ladenberger-Stiftung erhielten sie einen Bürgerpreis.
Es müssen besondere Umstände zusammenkommen, dass Personen, die unter einem schweren Verbrechen leiden, eine solche Geste des Ausbruchs aus Konfrontation zu einer Begrenzung oder gar Beendigung einer Aggressionsspirale leisten können. 
Der Schritt der Brüder Braunmühl sollte unvergessen bleiben. 

Es ist nicht so, dass es uns an Vorbildern fehlte.

Politik und Medien

https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/utedaniel_politikundmedien?newsletter=1

Eine ungewöhnliche Weinprinzessin

Simona Maier ist zweifellos sehr begabt, hat eine hervorragende Ausbildung genossen, ist äußerst engagiert und kreiert sehr erfolgreiche Weine.
Damit ist sie ein Vorbild für viele Winzerinnen und Winzer.

Doch sie ist auch darüber hinaus ein Vorbild und eine Ermutigung für viele


Schülerstreiks: Über 180 Demonstrationen in Deutschland am 15.3.


Zu den einzelnen Demonstationen

Längst schließen sich auch Erwachsene an:

Parents for Future

Montag, 11. März 2019

was ein wunsch wäre, schlaf ...

Der Klang von Muschelkalk Von Moritz Aisslinger
"Nico Bleutge schreibt Gedichte. Er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker in Deutschland – trotzdem kennt ihn kaum einer. Oft sucht er tagelang nach dem richtigen Wort. Leben kann er davon nicht. Porträt eines Menschen, der sich für den Untergrund entschieden hat  [...]

... zu übertragen, wärme

[...] Deutschland, das Land der Dichter und Denker? Das war einmal, jedenfalls was die Dichter betrifft. Schüler interpretieren zwar noch immer Goethe und Schiller, Studenten schreiben Seminararbeiten über Brecht und Trakl, und in der Hausbibliothek des Bildungsbürgertums finden sich Rilke und Benn. Den Namen eines zeitgenössischen Lyrikers kennen eher nicht so viele. [...] 


sich in die luftwege schleichen
innen im kopf. die bahnen
und bläschen. tiefer
gerutscht
Die Luftwege, sagt er, seien ein Fachterminus für die Atemwege, Nase, Mund, 
Kehle. Deshalb habe er dieses Wort gewählt und die Bläschen nach unten 
verschoben, dorthin, wo sie, die Lungenbläschen, anatomisch auch hingehörten, 
ans Ende der Lungen. Er wolle mit dem medizinischen Vokabular arbeiten, das die 
Ärzte im Herbst 2017 ihm gegenüber verwendeten, ebenso wie mit der floskelhaften
Sprache, mit den Trostformeln, [...]"
Ich habe die Technik des Autors des ZEIT-Artikels, den ich hier zitiere, verwendet, 
um Neugier auf ein Gedicht von Bleutge zu erwecken. 
Wer das vollständige Gedicht kennen lernen will, hat die Möglichkeit, den 
vollständigen ZEIT-Artikel vom 7.3.2019 zu lesen. Da wird sie/er in den Text 
eingeführt und kennt ihn am Schluss ganz. 
Werden Lyriker heute zu wenig beachtet? Wie ging es Hölderlin? Wer weiß heute 
noch Gedichte von Brecht auswendig, die nicht aus der Dreigroschenoper 
stammen? 
Die Positionen, die auf dem Lyrikkongress in Frankfurt, der vom 7.3. an lief, 
vertreten wurden, kann ich verstehen. Aber Paul Heyse und Bob Dylan erhielten 
den Literaturnobelpreis, Paul Celan nicht. Franz Kafka aber auch nicht. 
Wer das Publikum seiner Zeit überfordert, hat nicht selten den längeren
Nachruhm. Deutschlehrer dazu zu verdonnern, Schülern den Bedeutungsgehalt
von "Muschelkalk" bei Bleutge beizubringen, wäre kontraproduktiv. 
Goethe hat trotz heftiger Kritik von Literaturkennern mit seinem Werther einen
Bestseller geschrieben. Sein Faust wurde weltberühmt, aber Schillers Wilhelm 
Tell fleißiger gelesen. Faust II wird immer wieder aufgeführt, aber ihn Wort für 
Wort im Unterricht zu lesen und zu besprechen, wird man keinem Deutschlehrer
empfehlen können. Meiner tat's und ich fand es nicht nur im Nachhinein gut. 
Aber mehr habe ich von diesem Lehrer in der Deutsch AG gelernt, wo er uns an
einfachere Texte von Brecht, Kafka und Benn heranführte. 

Übrigens, Jan Wagners Regentonnenvariationen sind leichter zugänglich als 
Bleutges Muschelkalk. Und deshalb vermutlich die geeignetere Schullektüre
auch für zukünftige Lyriker.
Mehr zu Fokus Lyrik im Tagesspiegel

Sonntag, 10. März 2019

Steuern senken allein hilft nichts

"[...]  Donald Trump hat die amerikanische Körperschaftsteuer massiv von 35 auf 21 Prozent gesenkt. Viele US-Konzerne haben daraufhin Gewinne aus Steueroasen zurückverlagert. Aber für Investitionen haben sie diese nicht verwendet. Zwar investiert Amerika insgesamt viel, aber kaum zusätzlich seit der Steuersenkung. Stattdessen haben die Unternehmen hohe Dividenden ausgeschüttet und eigene Aktien rückgekauft. Bei den Löhnen tat sich praktisch nichts, dafür klafft jetzt ein riesiges Loch im amerikanischen Haushalt.
Diese Art von Wirtschaftsfreundlichkeit ist nicht zu empfehlen. Eine effektive 
steuerliche Entlastung der Unternehmen ist damit nicht grundsätzlich tabu. Aber 
sie sollte durch großzügigere Abschreibungsregeln für Forschungs- und Entwicklungsausgaben erfolgen. Dann verzichtet der Staat nicht einfach auf 
Einnahmen, sondern schafft gezielt Anreize zu investieren. So kommt zur 
Freundlichkeit auch ein Schuss Kompetenz hinzu. Steuersenkungen allein werden Deutschland nicht voranbringen.
Durch die Digitalisierung werden Technologiezyklen dramatisch kürzer. Viele 
Tätigkeiten werden bald von Algorithmen ausgeübt. Gerade im großen und 
ungeschützten Dienstleistungssektor geraten viele Berufe unter Druck, vom 
Sachbearbeiter bis zum Radiologen. Daraus folgt keine Massenarbeitslosigkeit, 
denn es entstehen auch neue Aufgabenfelder. Schon wegen der Demografie werden 
anderswo im Arbeitsmarkt händeringend Fachkräfte gesucht. Aber diese Nachfrage
 findet oft nicht das passende Angebot an Qualifikationen.
Als Antwort muss Deutschland seine Wissensinfrastruktur massiv ausbauen: mehr 
und bessere Kitas und Schulen, lokale Weiterbildungsstätten und Fachhochschulen,
 die eng mit der lokalen Wirtschaft verzahnt und auch in der Provinz bestens digital angebunden sind. Auch an der letzten Milchkanne schlummern Potenziale für Produktivitätswachstum. [...]" ()
https://www.zeit.de/2019/11/wirtschaftspolitik-wachstum-investitionen-foerderung-unternehmen/komplettansicht

Staaten investieren zu wenig in Neuentwicklungen, es fehlt Strategie

"Politik braucht eine Mission"
"Die Ökonomin Mariana Mazzucato findet Industriepolitik gut, Europas Spar-Bemühungen falsch und den Tesla-Gründer Elon Musk überbewertet. Ein Gespräch
[...] Weil das nicht so abstrakt ist, wie Sie denken. Viele der Probleme, die wir heute haben, beruhen auf Geschichten darüber, wie Wert, Wohlstand und Reichtum entstehen. Vielfach sind das Mythen. Sie sind so gewichtig, weil bestimmte Teile der Gesellschaft sehr selbstbewusst darüber reden, wie viel Wert sie schaffen, und andere sehr zurückhaltend sind. [...] Nehmen wir Elon Musk, den Gründer von Tesla, der gerade auch mit seiner anderen Firma SpaceX Erfolge feiert. 
 ZEIT: Er hat es geschafft, eine Raumkapsel an der Internationalen Raumstation ISS anzudocken. 
Mazzucato: Ja, alles, was er tut, geht ins Bruttoinlandsprodukt ein, weil er ein privater Unternehmer ist. Dazu hat er ein enormes Selbstbewusstsein. Die meisten normalen Menschen erkennen dabei nicht, dass fast allem, was Elon Musk getan hat, eine kollektive Anstrengung zugrunde lag. [...] Es gibt einen problematischen öffentlichen Sektor, aber es muss reinvestiert werden, um seine Fähigkeiten zu verbessern. Der Mythos, dass wir einfach die Staatsbürokratie zusammenstreichen müssen, dann ist alles gut, vergrößert das Problem. Ich halte es mit Platon: Geschichtenerzähler regieren die Welt. Ich will, dass die richtigen Geschichten erzählt werden. [...]
(Lisa Nienhaus im Gespräch mit Mariana Mazzucato)

https://www.zeit.de/2019/11/mariana-mazzucato-oekonomin-industriepolitik-staat-innovationen/komplettansicht 
                                 

Samstag, 9. März 2019

Reaktion des Bundespräsidenten auf Schülerdemonstrationen

Über 180 Demonstrationen in Deutschland am 15.3. 

"Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Schülerproteste für mehr Klimaschutz ausdrücklich begrüßt. Viele der Erwachsenen hätten noch nicht gemerkt, „dass es fünf vor zwölf ist“, sagt Steinmeier am Freitag in Neumünster zu Schülern einer „Fridays For Future“-Mahnwache vor dem Rathaus. Es war das erste Mal, dass sich der Bundespräsident zu den Freitagsdemos äußerte.[...]"

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fridays-for-future-steinmeier-lobt-schuelerdemos-fuer-klimaschutz-16078896.html

Donnerstag, 7. März 2019

Chinas abgeschottetes Internet, ein landesweites Intranet

"[...] Den Begriff "Außennetz" – auf Chinesisch waiwang – hörte ich 2018 zum ersten Mal. Bis vor wenigen Jahren war auch in China das Internet einfach das Internet: Die Great Firewall, die Große Zensurmauer, war durchlässig genug, um nicht zwischen Innen und Außen unterscheiden zu müssen. Seit Xi Jinping die Zensur allerdings Jahr für Jahr verschärft und immer mehr ausländische Websites sperren lässt, gleicht das Internet in China zunehmend einem hermetisch abgeriegelten Intranet. Wer heute zwanzig ist und nicht im Ausland war, kennt Google, Facebook, Twitter und YouTube in der Regel nur vom Hörensagen.[...]" Xifan Yang: "Winnie Puh, der gefährliche Bär", ZEITmagazin 7.3.2019, S.15

Mittwoch, 6. März 2019

Behebung von Wohnraummangel?

"[...] Beispiel dafür, wie sich die Wohnungsnot in Deutschlands Großstädten lindern lässt. Zwar herrscht Skepsis, besonders, was die Qualität von Discounterwohnungen angeht – Stichwort: Billigwohnen. Doch grundsätzlich gilt der Ansatz als mustergültig. Nachverdichtung heißt das Mittel. Welches Potential sich dahinter verbirgt, haben die TU Darmstadt und das Pestel-Institut in einer neuen Studie ausgerechnet. Bis zu 2,7 Millionen neue Wohnungen könnten in Deutschland auf bestehenden Gebäuden errichtet werden. Da schätzungsweise eine Million Wohnungen vor allem in den Großstädten fehlen, könnte sich das Problem so doch lösen lassen. Oder?"
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wohnen/wie-sich-die-wohnungsnot-in-staedten-clever-lindern-laesst-16069007.html

Sonntag, 3. März 2019

Zu hohe Bezahlung für Berater?

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ursula-von-der-leyen-so-teuer-ist-die-berater-armee-a-1256016-amp.html

Angesichts der Stundensätze von hochspezialisierten IT-Experten, die  in der Wirtschaft üblich sind, scheinen mir nicht die Beraterhonorare zu hoch, sondern ihre Effektivität zu niedrig. Vor allem ist kaum nachzuvollziehen, weshalb das Bundesverteidigungsministerium trotz vieler Berater seit Jahrzehnten bei Monopolisten Schrott einzukaufen scheint, statt auf Verträgen mit Qualitätsstandards zu bestehen.
Oder raten die Berater dazu? Dann freilich wäre der Mindestlohn zu hoch.

Reclam als Vorbild einer Universalbibliothek in Japan

1927
"In Japan erscheint die Sammlung Iwanami-Bunko, die mit Programm, Format, gelbrotem Umschlag und Nummernzählung nebst Sternchen weitgehend dem Vorbild der  Universal-Bibliothek folgt und für die Japaner bald die gleiche Bedeutung gewinnt wie die Universal-Bibliothek für die Deutschen. Sie kommt mit Werken der japanischen Literatur, Weltliteratur, Philosophie, Naturwissenschaft, Recht und Politik schon in den vierziger Jahren auf 5000 Nummern." (Reclam. Daten, Bilder und Dokumente zur Verlagsgeschichte 1828-2003, S.95)

mehr dazu: Regine Mathias: Reclam in Japan. Universal-Bibliothek und Iwanami-Bunko in: Reclam. 125 Jahre Universal-Bibliothek  1867-1992, S.258-281

vgl. auch: 1867 Klassikerjahr, Urheberrecht

Samstag, 2. März 2019

Merkels Antwort auf die Schülerstreiks

"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält die wöchentlichen Klimaschutzproteste von Schülern für eine "sehr gute Initiative". "Ich unterstütze sehr, dass Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz auf die Straße gehen und dafür kämpfen", sagte Merkel in ihrem wöchentlichen Video-Podcast. "Wir können unsere Klimaschutzziele nur dann erreichen, wenn wir auch Rückhalt in der Gesellschaft haben."
Die Kanzlerin warb aber um Verständnis, dass manches nicht so schnell gehe, wie die Schüler sich dies wünschten, etwa beim Kohleausstieg. "Da muss ich allerdings als Regierungschefin auch darauf hinweisen, dass wir natürlich vieles bedenken müssen: Wir müssen Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft auf der einen Seite mit den Zielen des Klimaschutzes versöhnen."
Die Regierung habe deshalb die Kohle-Kommission eingesetzt, die aus allen Bereichen der Gesellschaft zusammengesetzt war und die "zu einer gemeinsamen Haltung gekommen" ist. "Man hat sich entschieden, bis 2038 planbar und berechenbar den Kohleausstieg zu bewältigen in Deutschland", sagte Merkel. Das scheine aus der Perspektive der Schüler vielleicht sehr lange, "aber es wird uns sehr fordern und dafür werbe ich, auch dies zu verstehen". "(Merkel lobt Klimastreiks von Schülern SZ 2.3.19)

Ein Glück, dass die Schüler angekündigt haben: "Wir werden streiken, bis ihr handelt."