Dienstag, 29. Juni 2021

Spiegel online 2010 über die Wikipedia

 Schatzkammern des Wissens Eine Weltmacht im Netz Von Christian Stöcker SPON 31.8.2010

"Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia, die von jedem Leser verändert werden kann, ist zum einflussreichsten globalen Lexikon geworden. Um einzelne Stichworte wird immer wieder erbittert gestritten.
Am Anfang war das Fleisch. Jede Menge davon, spärlich bekleidet und möglichst ansprechend für männliche Betrachter. Wikipedia, das enzyklopädische Großwerk, existiert nur, weil Männer schon immer gern nach nackter Haut suchten im Internet. [...]

Einige spektakuläre Fälle von Wikipedia-interner Hochstapelei hat es schon gegeben, etwa den eines 23-jährigen Studenten, der sich lange Zeit erfolgreich als Professor für Theologie ausgab und als solcher großes Ansehen in der Community genoss.

In der deutschsprachigen Ausgabe folgte dem Fall Seigenthaler eine noch weitergehende Änderung: Nutzer bekommen nur noch sogenannte gesichtete Versionen zu sehen. Erst wenn ein erfahrener Wikipedianer eine Artikeländerung genehmigt hat, wird sie auch für andere Nutzer sichtbar. Der Mechanismus stellt sicher, dass die Auswirkungen von Vandalismus sich begrenzen lassen, führt aber auch dazu, dass die Artikel-Sichter eine echte Herkules-Aufgabe bewältigen müssen. [...]"

Erstaunlicherweise wird diese "Herkules-Aufgabe" auch im Jahr 2021 noch erstaunlich gut bewältigt, obwohl schon lange über Nachwuchsprobleme und besonders über den Mangel an Wikipedianerinnen geklagt wird. 

Obwohl die Ansprüche immer höher werden, ist anspruchsvollen Wikipedianern die Wikipedia viel zu voll von Belanglosigkeiten. vgl. diese ausführliche Diskussion über einen Artikel im Wikipedia Kurier (insbesondere die Beiträge von Fiona  und Henriette , sowie Mautpreller , ASchmidt und Andreas Werle).


Weniger Ansteckungen bei Älteren als bei Jüngeren (vermutlich eine Folge der Impfungen)

Die Effekte der Impfungen sorgt für eine Neuverteilung der Inzidenzen in den Altersgruppen. Siehe hier in Spanien #Covid_19
Quote Tweet
EL PAÍS
@el_pais
·
Incidencia acumulada global en España de covid: 106,82 Menores de 11 años: 79,72 De 12 a 19: 243,42 De 20 a 29: 251,06 De 30 a 39: 143,14 De 40 a 49: 103,37 De 50 a 59: 51,88 De 60 a 59: 43,04 De 70 a 79: 17,85 Mayores de 80: 22,37 elpais.com/sociedad/2021-

https://twitter.com/eisenmed/status/1409955136240295939


Montag, 28. Juni 2021

Lieferketten in der Anstalt - heute-show zur Energiewende

 https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-22-juni-2021-100.html

https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-spezial-vom-25-juni-2021-100.html

Die Biodiversität nimmt ab, ...

 aber die meisten Arten sterben aus, bevor sie bestimmt worden sind. (Insbesondere im Erdboden, in der Tiefsee und im Boden der Tiefsee gibt es weit mehr unbestimmt Arten als bestimmt. Im Boden der Tiefsee sin wohl weniger al 10% schon bestimmt.

Funkkolleg Mensch und Tier:

"[...] 1. (Das Wirrwarr von) biologischer Systematik und Taxonomie

Für die hierarchische Einordnung von Arten sind die biologischen Teildisziplinen „Systematik“ und „Taxonomie“ zuständig. Die beiden Ansätze können nicht klar voneinander getrennt werden, denn nicht einmal die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich über deren Abgrenzung einig. Manche setzen die beiden gleich, andere unterscheiden „die Systematik, als Wissenschaft von der Vielgestaltigkeit der Organismen, von der Taxonomie, als der Theorie und Praxis der Klassifikation.“
Bei den Konzepten zur Einteilung von Organismen kann man grob drei Ansätze unterscheiden: die numerische Taxonomie, die konsequent phylogenetische Systematik (nach Willi Hennig) und die evolutionäre Klassifikation (nach Ernst Mayr). Die numerische Taxonomie sortiert die Organismen rein nach der Ähnlichkeit von Merkmalen, während die beiden anderen Ansätze zusätzlich Abstammungsverhältnisse und Verwandtschaftsbeziehungen mit einbeziehen. Letztlich spiegeln aber diese und andere Ordnungssysteme nicht die Natur wider, sondern wurden von Menschen künstlich festgelegt. Obgleich die Kategorisierung der Organismen für das Verständnis der biologischen Vielfalt unerlässlich ist, kann man vor diesem Hintergrund durchaus diskutieren, ob die Beschränkung auf ein einzelnes Klassifikationsschema überhaupt sinnvoll und für die Wissenschaft nützlich ist.

https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/numerische-taxonomie/47003
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/phylogenetische-systematik/51552
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/systematik/65147 [...]"

(Kapitel 12: https://funkkolleg-menschundtier.de/themen/12-warum-wir-immer-noch-neue-tierarten-entdecken/)


Ein schönes Beispiel, wie wenig ein Durchschschnittsmitteleuropäer wie ich über Mücken und Schnakenarten weiß:

https://de.wikipedia.org/wiki/Schnaken

Wie oft habe ich wohl eine Schnake für einen Webeknecht gehalten?

Samstag, 26. Juni 2021

Was sich (nicht) gehört

 Kathrin Passig macht in ihrer Kolumne in der FR vom 26.6.21 darauf aufmerksam, dass es sich nicht gehört, wenn man hinter Leuten vorbeigeht, auf ihre Handys zu schauen. 

Dabei ist es doch unproblematisch, auf das Buch zu sehen, das jemand liest. Aber da steht ja nicht sein eigener Text.

Es gehört sich nicht, weiblichen Personen auf die Brust zu starren, so dass es T-Shirts gibt, auf denen steht "Mein Gesicht ist weiter oben". Dabei gehört es sich je auch nicht, jemanden mit seinen Blicken zu fixieren. 

Die Brust nicht ansehen, weil sie ein (sekundäres) Geschlechtsmerkmal ist? Aber es ist doch unproblematisch, sich einen Bart anzusehen. Aber den lässt sich der Besitzer absichtlich wachsen. Bei der Brust ist das anders. Aber wenn sich die Besitzerin sie absichtlich hat vergrößern lassen? Inzwischen lassen sich viele auch den Po vergrößern.

Es ist nicht einfach. In Ländern, in denen es unüblich ist, Gardinen hinter den Fenstern zu haben, gehört es sich nicht, in die Fenster zu schauen. Jedenfalls in Irland. Und in den Niederlanden?

Beim Warten auf den Aufzug sieht man sich nicht ausdrücklich an, sondern sieht auf das Display, das angibt, wo der Aufzug gerade ist. Im Aufzug sieht man in eine unverfängliche Richtung, was sich ändert, wenn der stecken bleibt. 

Verboten ist es nicht, zu registrieren, wenn ein Paar nebeneinander sitzt und jede(r) aufs Handy schaut. Verboten ist es auch nicht, zu registrieren, was für eine Zeitung jemand liest oder kauft. 

Jemanden auf das ansprechen, was er gerade liest, macht man aber besser nur, wenn man länger zusammen ist, etwa auf einer Bahnfahrt. Da ist die große Chance, jeanden unverbindlich für die Dauer einer Fahrt kennenzulernen. 

Auf diese Art haben sich in Italien meine Mentorin und unsere Kinderfrau kennengelernt, die beide denselben Nachnamen haben und deren Freundschaft Jahrzehnte überdauert hat. 

Aber das kommt bei Passig nun wirklich nicht vor, doch sie hat manches Nachdenken und Erinnern angeregt. 

Freitag, 25. Juni 2021

Lolli-Coronatest für Schüler?

  

"Mitten in der Debatte über die richtige Form des Schulunterrichts nach den Sommerferien hat sich die Union im Bundestag positioniert: „Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schützen und gleichzeitig das Durchstarten in Zeiten von und nach Corona ermöglichen“, heißt es in der Überschrift.

Ziel sei der flächendeckende Präsenzunterricht im Herbst, denn Familien, Kinder und Jugendliche hätten besonders unter den Folgen der Schließung von Schulen gelitten. Nach monatelangem Wechsel aus Distanz-, Präsenz- und Fernunterricht soll nun also ein neuer Plan die möglichst dauerhafte Rückkehr an die Schulen ebnen. Ein Mittel dazu sieht die Unionsfraktion – neben den aktuellen Schutzmaßnahmen – in sogenannten Pool-PCR-Tests für alle ungeimpften Kinder.

Sie sollen verlässlicher und angenehmer sein als die derzeit angewandten Schnelltests. Experten warnen allerdings vor einer trügerischen Sicherheit. [...] Die Schüler lutschen 30 Sekunden an einer Art Lolli, der von der Lehrkraft eingesammelt und dann im Klassenset an ein Labor geschickt wird. Mit nur einem PCR-Durchgang werden die Ergebnisse als Gruppentest ausgewertet. Nur wenn das Ergebnis positiv ist, werden die Kinder noch einmal einzeln getestet und die Ergebnisse auch einzeln erhoben. In Nordrhein-Westfalen ist die Methode bereits im Einsatz."

In einer Wohnwagensiedlung gibt es keinen Mieterschutz

USA: "Man hat uns wie Müll entsorgt" Von  ZEIT 24.6.21

"Finanzinvestoren trimmen die Wohnwagensiedlungen in den USA auf Rendite. Die Folge: Viele Bewohner müssen weichen. [:::]2

Instrumentierung und Particell

 "Dagegen steht andererseits die Praxis der Orchestrierung eines Particells, die mit der wachsenden Orchestergröße im 19. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung gewann. Richard Wagner brauchte für die Komposition seines Parsifal knapp zwei Jahre, die ausgefeilte Instrumentation des Particells nahm aber noch drei Jahre in Anspruch." (Wikipedia)


vgl. auch Ethel Smyth

"[...] Nachdem es ihr jedoch gelungen war, Großherzog Carl Alexander in Weimar für ihr Werk zu interessieren, kam ihre Oper Fantasio 1889 am Hoftheater Weimar zur Uraufführung. Wie Eva Weissweiler schrieb, war der Publikumserfolg beträchtlich, aber die aus allen Teilen Deutschlands zugereisten Kritiker ergingen sich in den üblichen Klischees. Nur die Orchestrierung wurde gelobt. Trotz einer hervorragenden Aufführung drei Jahre später begann sie an ihrem Werk so zu zweifeln, dass sie ihre Komposition im Garten ihres englischen Landhäuschens verbrannte.

Ethel Smith (um 1903)

Die Uraufführung der Oper Der Wald fand 1902 an der Staatsoper Berlin statt, fand dort jedoch kein begeistertes Publikum. Der Wald wurde noch im selben Jahr am Royal Opera House Covent Garden in London aufgeführt und ein Jahr später an der Metropolitan Opera in New York herausgebracht. Die Premiere in New York war ein voller Erfolg – ein Kritiker schrieb über den Abend:

„Die Sänger wurden immer wieder vor den Vorhang gerufen, und Miss Smyth hatte eine Ovation von nahezu zehn Minuten […] Sie ertrank fast in Blumen […] Miss Smyths Musik gehört entschieden der deutschen Schule an. Sie zeigt den Einfluß Wagners, imitiert ihn aber in keiner Weise.“

Der Wald war über 100 Jahre (bis zur Aufführung von Kaija Saariahos Oper L’amour de loin 2016) die einzige von einer weiblichen Komponistin produzierte Oper an der Met."

Funde von anonymen Gräbern in Kanada

Erneut Hunderte anonyme Gräber in Kanada entdeckt Spiegel online 24.6.2021

In Kanada sind auf einem Gelände in der Nähe eines früheren katholischen Internats für Kinder von Ureinwohnern erneut Hunderte anonyme Gräber entdeckt worden. So viele nicht gekennzeichnete Gräber seien bislang noch nie gefunden worden, erklärten die indigene Gemeinschaft Cowessess und die Föderation souveräner indigener Nationen (FSIN) am Mittwoch.[...] 

In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 3200 dieser Kinder, die meisten an Tuberkulose. [...]"

Geschärftes Bewusstsein für heutigen Rassismus führt dazu, dass auch Rassismus aus früheren Zeiten mehr Aufmerksamkeit findet. Aus dem damaligen Dominion Australien ist seit langem bekannt: "Zehn bis dreißig Prozent aller Aborigines-Kinder waren betroffen." (Wikipedia) von der Zwangsentfernung aus ihren Familien, um sie ihrer Ursprungskultur zu entfremden. Entsprechendes geschah - in kleinerem Umfang - schon Jahrzehnte zuvor im Dominion Kanada. 

Darauf habe ich - gestützt auf die NYT - bereits 2015 hingewiesen. (Damals habe ich nicht mit auf  den weit umfassenderen Vorgang in Australien aufmerksam gemacht.)


"Ich weiß, was sie erlitten, bevor man sie vergrub" Von 

DIE ZEIT 30. Juni 2021

"Chief Dominique Rankin wurde 1955 in eine Missionsschule gezwungen. Nach dem Fund der toten indigenen Kinder in Kanada holen ihn die Erinnerungen ein.
Eigentlich dachte er, die Vergangenheit liege hinter ihm. Vor wenigen Monaten, bevor die Nachrichten über die Leichenfunde kamen, erschien seine Biografie auf Englisch. Chief Dominique Rankin, Häuptling und Sohn eines Häuptlings, erzählt in dem Buch "They Called Us Savages" ("Sie nannten uns Wilde"), wie er eine Missionsschule in Quebec überlebte. Solche Schulen zur Umerziehung der Indigenen gab es in ganz Kanada. Als vergangene Woche 751 anonyme Gräber auf dem Gelände einer ehemaligen "Residential School" in Saskatchewan entdeckt wurden, bat die ZEIT Chief Rankin um ein Gespräch. Die Zusage kam prompt. Doch um zu verstehen, was damals geschah, muss man zunächst in das Jahr 1955 zurückgehen, von dem auch im Buch erzählt wird.

Es war ein gewöhnlicher Sommermorgen, als plötzlich die beiden Beamten bei uns zu Hause erschienen. Ich war acht Jahre alt, und manche Erinnerungen an diesen Schmerzenstag sind verblasst, doch deutlich sehe ich noch den Offizier der Royal Canadian Mounted Police und den Mann von der Behörde für Indianische Angelegenheiten vor mir. Sonst kamen sie wegen der Erwachsenen, aber diesmal verkündeten sie unseren Eltern: "Mr. und Mrs. Rankin, wir haben Befehl, sechs Ihrer Kinder in das neue Schulheim Saint-Marc-de-Figuery zu bringen. Wenn Sie sich weigern, verstoßen Sie gegen das Gesetz." Unsere Tränen halfen nichts. Meinen machtlosen Eltern wurde damals das Kostbarste geraubt, was sie noch besaßen: ihre Kinder. Und schon sitzen wir im Bus, zusammengepfercht, unterwegs ins Unbekannte. [...]"

Donnerstag, 24. Juni 2021

In Deutschland wird weit mehr Methan ausgestoßen, als die offiziellen Statistiken angeben

 Methan ist 87 mal so klimaschädlich wie CO₂, und insbesondere das Methan, das aus Lecks von  Erdgasleitungen ausströmt, wird kaum erfasst.

Löcher in der Leitung 
"Aus deutschen Industrieanlagen tritt klimaschädliches Methangas aus. Die Behörden ignorieren das Problem." 
Von Susanne Götze und Annika Joeres DIE ZEIT Nr. 26/2021, 24.6. 2021

"[...] Deutschland ist wegen seiner Mitgliedschaft im Weltklimarat dazu verpflichtet, alle Emissionen in einem jährlichen Inventarbericht aufzuführen. Alle Treibhausgase, ob sie von Autos oder von Rindern ausgestoßen werden, sind dort verzeichnet. Auf dieser Grundlage wird beschlossen, wie viel CO₂ beispielsweise im Autoverkehr oder der Energiewirtschaft eingespart werden muss. Auch Gas-Lecks sind aufgeführt, aber ihr Ausmaß wird vom Umweltbundesamt nicht geprüft. Man vertraut allein den Angaben der Industrie.
Ganz offensichtlich fehlt ein Großteil der Lecks, aber niemand will dafür verantwortlich sein. Die Betreiber der Anlagen und die Landesbehörden weisen jede Verantwortung von sich. Das brandenburgische Landesumweltamt gibt gegenüber der ZEIT an, dass es keine "expliziten Meldepflichten" für Betreiber von Gasanlagen gebe. Auch von Methan-Lecks in Mallnow wisse man nichts. Ein Sprecher des Betreibers Gascade räumt auf Nachfrage dagegen ein, dass man das Leck selber bemerkt habe und an Lösungen arbeite. Gemeldet habe man das aber nicht – weil die Mengen zu geringfügig seien. 
Das ist Ansichtssache: Rechnet man die laut Gascade bezifferten Mengen des entwichenen Methans zusammen, ergibt sich über acht Monate ein Ausstoß von über 3000 Tonnen CO₂-Äquivalenten, rechnet die Deutsche Umwelthilfe vor. Das entspricht der Klimaschädlichkeit von tausend Flügen von Berlin nach New York. Wenn man das auf die zahllosen Lecks hochrechnet, die James Turitto bei seinen Messungen entdeckt, hat Deutschland ein großes Methan-Problem. [...]"

Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED

 Die Vereinigung von KPD und SPD zur SED im März 1946 war eine wichtige Vorbereitungsmaßnahme der Sowjetischen Besatzungsmacht für den Einparteienstaat DDR, der 1949 im Auftrag der Besatzungsmacht gegründet wurde:

Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED (Wikipedia)

" Im Rahmen dieser Vereinigung wurden Sozialdemokraten, die sich widersetzten, in Lagern und Zuchthäusern inhaftiert oder sonstigem physischen oder psychischen Druck ausgesetzt.[...]

Die am 1. März 1946 abgehaltene Funktionärskonferenz der SPD im Berliner Admiralspalast beschloss, in der SBZ und in Berlin eine Urabstimmung über die Vereinigung mit der KPD abzuhalten.[25] Am 14. März 1946 veröffentlichte der Zentralausschuss der SPD einen Aufruf zur Vereinigung von SPD und KPD.[26] In der SBZ verweigerte der Zentralausschuss eine Urabstimmung mit der Begründung, die Mehrheit der SPD-Mitglieder sei für die sofortige Verschmelzung mit der KPD, während er in Berlin zu ihrem Boykott aufrief.

Am 31. März 1946 sollte es in Berlin zur Urabstimmung der SPD-Mitglieder kommen, jedoch räumten in Ost-Berlin Sowjetsoldaten 30 Minuten nach der Eröffnung alle Wahllokale, versiegelten die Wahlurnen und lösten die Warteschlangen auf. In den Westsektoren nahmen 71,3 Prozent der SPD-Mitglieder an der Abstimmung teil. In den zur Abstimmung gestellten zwei Fragen ging es um die Zustimmung zur „sofortigen Verschmelzung“, die von 82 Prozent abgelehnt wurde, und um ein Aktionsbündnis mit der KPD, das 62 Prozent bejahten.[27]

„Der Ausgang der Befragung in West-Berlin bedeutete indes nicht, daß sich der Zentralausschuß der deutlichen Willensbekundung beugte. Die Einheitsgegner in den Westsektoren wollten sich daher von ihm lösen und eine eigenständige Berliner SPD aufbauen.“[28]

SMAD und KPD versuchten, die Ablehnung zur sofortigen Vereinigung in den Westsektoren Berlins in einer Propagandakampagne als Niederlage darzustellen, indem sie die an der Abstimmung gehinderten SPD-Mitglieder des Ostsektors in ihre Berechnungen mit einbezogen. Statt der tatsächlichen 82 Prozent von Vereinigungsgegnern kamen sie auf nur 29,5 Prozent. Am 7. April 1946 konstituierten sich die sozialdemokratischen Vereinigungsgegner der Westsektoren in der Zehlendorfer Zinnowwaldschule auf einem SPD-Landesparteitag neu, woraufhin Karl Germer jr.Franz Neumann und Curt Swolinzky Vorsitzende wurden. Gleichfalls mit diesem Datum verband sich der Beschluss zur Vereinigung auf gemeinsamen Parteitagen der Länder und Provinzen der Sowjetischen Besatzungszone. Am 19./20. April beschlossen in Berlin der 15. KPD- sowie der 40. SPD-Parteitag die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands.

Am 21. und 22. April 1946 fand im Admiralspalast im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin der Vereinigungskongress von SPD und KPD für die gesamte Sowjetische Besatzungszone statt. Dort wurde am 22. April sodann die Vereinigung zur SED vollzogen. Die über 1000 Delegierten wurden zu 47 Prozent von der KPD und zu 53 Prozent von der SPD benannt.[29] 230 Delegierte kamen aus den Westzonen. Allerdings hatten 103 Delegierte der SPD aus den Westzonen kein demokratisches Mandat. Die vorangegangenen Abstimmungen hatten in der SPD der Westzonen überall eine breite Ablehnung der Vereinigung ergeben.[30]

Der Parteitag beschloss einstimmig die Vereinigung. Die neue Partei wurde danach auf allen Ebenen paritätisch von zwei Repräsentanten geleitet. Ihre Vorsitzenden waren Wilhelm Pieck (KPD) und Otto Grotewohl (SPD), die Stellvertreter Walter Ulbricht und Max Fechner. Der Händedruck der beiden Vorsitzenden des Parteitags bildete in stilisierter Form das Logo der SED. In der Folgezeit des Vereinigungsparteitages konnten die einzelnen Parteimitglieder von SPD und KPD durch Unterschrift ihren Übertritt zur SED erklären."

Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik (Wikipedia)

"[...] Die Deutsche Demokratische Republik war ein bis 1989 im Sinne der Diktatur des Proletariats diktatorisch regierter, realsozialistischer Staat in Mitteleuropa. Ihre Gründung am 7. Oktober 1949 auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), nach Auffassung der DDR einschließlich des sowjetischen Sektors von Berlin als Hauptstadt, erfolgte vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. [...]"

 Die Entstehung rechtsradikaler Strömungen in den neuen deutschen Bundesländern, insbesondere des Flügels in der AfD lässt sich ohne die Geschichte der der DDR nicht angemessen erklären. 

Deshalb ist es bedauerlich, dass die Geschichte der DDR, die mit 40 Jahren (mit Vor- und Nachgeschichte sogar 45 Jahren) einen weit längeren Zeitraum bestand als Weimarer Republik (1919-1933) und die Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) zusammen genommen (26 Jahre)  bei der Behandlung der deutschen Geschichte im Unterricht meist kaum eine Rolle spielt. Damit wird das kollektive Gedächtnis der Deutschen um einen wesentlichen Teil verkürzt.

Aus guten Gründen wird und muss die Zeit des Nationalsozialismus ein zentrales Thema des deutschen Geschichtsunterrichtes sein und bleiben. Deshalb versdient auch die Weimarer Republik, insofern sie zur Vorgeschichte des nationalsozialistischen Terrors und Völkermordes gehört, besonderes Interesse. Doch die Auswirkungen der Teilung Deutschlands sollten darüber nicht ganz aus dem Blick geraten.

Daher scheinen mir die Interviews die Günter Gaus 1990/93 mit wichtigen Persönlichkeiten aus Ostdeutschland geführt hat, eine wichtige Quelle, nicht zuletzt das Gespräch mit Joachim Gauck, in dem Gaus besonders energisch auf der Beantwortung einer Frage besteht, die sehr hypothetisch erscheint. (Dass dabei kurz angesprochen wird, dass Gauck sicher nicht anstrebe, Bundespräsident zu werden, erscheint nur im Nachhinein bemerkenswert.)













Steffi Spira 1991


Sonntag, 20. Juni 2021

Henrich Steffens

 Henrich Steffens

"Wem die Natur vergönnte, in sich ihre Harmonie zu finden, - der trägt eine ganze, unendliche Welt in seinem Innern - er ist die individuelleste Schöpfung - und der geheiligte Priester der Natur." - Beiträge zur inneren Naturgeschichte der Erde, Erster Theil, Verlag der Crazischen Buchhandlung, Freyberg 1801, S. 317 (Wikiquote)

Steffens, "ein norwegisch-deutscher Philosoph, Naturforscher, Hochschullehrer und Dichter" (Wikipedia) hat sein Leben in 10 Bänden mit insgesamt über 3000 Seiten dargestellt, von denen sich über 100 Seiten mit persönlichen Eindrücken aus ungezählten Persönlichkeiten der Geistesgeschichte der Zeit (u.a. Goethe, Schelling, Fichte und eine ganze Reihe von Romantikern) befassen, die umfassendste Darstellung solcher Begegnungen von einem, der nicht zu einer dieser Gruppierungen gehörte, die ich kenne.
Mir einerseits hoch interessant, andererseits eine Person, deren Standpunkt die wenigsten interessieren wird, die mir aber bemerkenswert ist durch die Unbefangenheit seines Urteils.
Den Goetheschen Faust hat er (in Gestalt des Fragments) kennen gelernt, als ihm der Name Goethe noch nichts sagte, und war überwältigt von der Sprache.
Wenn es nicht so aufwändig wäre, würde ich gern zigs einer Urteile zitieren. Hier nur eines: Goethe mit 62 Jahren schon so als geistige Autorität anerkannt, dass er in seiner Umgebung zitiert wurde wie - damals - die Bibel. Er sei so mit dem Verstehen seines eigenen Werdegangs beschäftigt gewesen, dass ihn neuere Entwicklungen nicht interessierten. 
Bemerkenswert, dass Steffens mit Friedrich Schleiermacher befreundet war, ihn aber auch kritisierte. ("In seinem Buch Von der falschen Theologie und dem wahren Glauben betonte er gegen seinen Freund Friedrich Schleiermacher die Wichtigkeit einzelner biblisch-theologischer Aspekte: Als „die Fundamentalwunder des Christlichen Glaubens“ sah er „die Zeugung Christi durch den Heiligen Geist und seine Auferstehung“.[11]" (Wikipedia))

Steffens über Goethe und Schiller:
"In Deutschland, wie es sich in den letzten Jahren des vorigen Jahrhundert gestaltete, war Schiller der eigentlich populäre Dichter (freilich nur der gebildeten). Goethes tiefer, dichterischer Natur Sinn war den meisten, selbst unter seinen Verehrern ein Geheimnis. Es war in der Tat eine nationale Poesie, die mit Schiller sich regte, und sie verwirklicht er sich in den edelsten Gemütern durch ein sittlich nationales Rittertum, Welches nicht bloß in einem leeren, halsstarrig in trotze sich fast hielt, vielmehr zur entschiedenen Tat sich aufgefordert und reif fand. Der philosophisch starke, sich selbst fast in der Ausdruck dieser Tat war Fichte, der sich zu Schiller verhielt wie Schelling zu Goethe. Jenes Verhältnis von Schiller zu Fichte, wie es sich jahrelang erhielt und eine immer bedeutendere all nationale, Wenn gleich innere Epoche bildete, die in inneren großen Ereignissen tiefer Eingriff, als man glaubt, wird uns später beschäftigen zwischen Raum Seite 24"

Seine Autobiographie:

Was ich erlebte Digitalisat Band 1

Rahel Varnhagen

Rahel Varnhagen von Ense (Wikipedia)

Podcast:

https://www.faz.net/podcasts/f-a-z-buecher-podcast/rahel-varnhagen-eine-sonderfolge-des-buecher-podcasts-17380894.html

Notizen:

Eher Teegesellschaft der Familie mit einem umfassenden Freundeskreis

Auch während der Abende schriftlicher Austausch zwischen den Gästen, nicht immer zum Gefallen der Gastgeberin.

Briefe wurden großenteils im Bekanntenkreis vorgelesen.

Bei Rahel: es gibt sehr private (Pauline Wiesel) und andere, die mit größerem öffentlichen Interesse rechnen. Diese z.B. im "Buch des Andenkens" veröffentlicht.

Rahel ergänzt diese für sie als Jüdin eingeschränkten Kontakte in ihrer Teegesellschaft durch Briefe. Sie hält so Freundschaften fest und erwartet dabei keine Gegenliebe. Festhalten an diesen Kontakten. 
An David Veit: Ich fühle mich durch die Verbindung mit dir wie verdoppelt: "Ich bin so einzig auf dieser Erde."

Verschlüsselungen: "Du weißt, welchen Name ich hier nicht nenne."
Schon früh Darstellungen über Rahel von Zeitgenossen.

Netzwerkerin über die Briefe

Nach 1806 dem Einzug Napoleons in Berlin eine Zeit der Vereinsamung, weil sie trotz Vaterlandsliebe zu Preußen den Reformen im Zuge der Französischen Revolution  und damit Napoleon viel zuspricht.

Der Fortzug des königlichen Hofes nach Breslau und Tilsit verkleinert den  gesellschaftlichen Kontakt. Patriotismus führt zur Marginalisierung Rahels.

Zu den Briefen: Bis zu 12-fachen Unterstreichungen, die Briefe empfand sie als ihr entscheidendes Medium.

Ihre Publikationen auch in Briefform unter Verwendung von Briefen.

"Ich will, ein Brief soll ein Porträts eines Augenblickes sein." (ca. 52. Minute)

Sie will aber nicht Schriftstellerin sein, plant kein fiktionales Werk auf der Grundlage von Briefen. Spontanes Schreiben.  Sie wurde aber in Veröffentlichungen als Schriftstellerin angeführt. 

Durchaus essayhafte Literaturkritik, aber nur im Tagebuch, nicht zur Veröffentlichung bestimmt. 

Wie sollte man Rahel lesen? - Goethe hatte Schwierigkeiten, Rahels Briefe zu lesen und fand erst mit mehreren Ansätzen zu einem Bild der Person. (So schreibt er in Reaktion auf ein Manuskript mit ihren Briefen.*) Heute kann man sich ihr annähern über Textauswahlen. Z.B. auch über Hannah Arendts Biographie (1:02 h) (gedacht als Habilitationsschrift, erst spät vollendet und anerkannt). Diese Schrift Arendts hat mit zur Entstehung ihrer  Totalitarismustheorie beigetragen. (1:32 h)

Rahels Aufenthalte in Frankfurt (1:03)

Dort hat Pauline von Humboldt Rahel das "Du" entzogen (wegen ihres damaligen deutschtümelnden Antisemitismus). [Beim Wechsel vom französischen vous ins Deutsche zum Sie]

Rahels Bild in der Nachwelt durch ihren Witwer Karl August Varnhagen durch die Briefsammlung "Buch des Andenkens" bestimmt, zunächst in einem Band für die Freunde, dann in 3 Bänden für die Öffentlichkeit. *Entstanden wohl dadurch, dass Ottilie das vorläufige Manuskript an Goethe geben sollte. (In dieser Zeit gab Goethe seinen Briefwechsel mit Schiller heraus.) Seine Reaktion sieh oben:*

Carl Varnhagen will so nachträglich das nicht publizierte Lebenswerk von Rahel festhalten. 

Das war in dieser Form einmalig. Später hat er noch mehr Briefe seiner Zeitgenossen gesammelt (7 Jahre nach ihrem Tod). 

An der Wende des 19./20. Jh.s neues Interesse an Rahel, besonders durch wichtige Autorinnen, die damals erstmals an der Universität arbeiten können. Offenbar, weil Rahel ein Vorbild ihrer eigenen Situation war/ist. In der Zeit wird Rahel Gegensand der Weltliteratur. - Jetzt im Zuge der zweiten Frauenbewegung wieder.

Von Käte Hamburger ein wichtiges Buch über Rahel, die sich von Arendts Kritik an Rahel absetzt. 

Rahel Varnhagen und Alexander von Marwitz in Briefen (98 Briefe vom 26.6.1809-26.12.1813)

Aus der Lebensgeschichte Alexanders von Marwitz im Vorwort des Briefwechsels:

"Das rege geistige Leben in Halle schlug den Lernbegierigen bald ganz in seine Fesseln; da konnte er neben seinen philologischen Studien seinen geistigen Horizont durch das tiefere Eindringen in die Philosophie erweitern, wozu das Freundespaar Schleiermacher und Steffens durch ihre Vorlesungen ihm die helfende Hand reichten. [...] So aber verlor er sich in dem Bestreben, immer mehr werden zu wollen, und blieb nach der Art der echten Romantiker ein zwischen klassischer Bildung, feurigem Patriotismus und suchender Menschenliebe hin und her geworfener Mann. [...]" (Vorwort)

Buch des Andenkens 1. Band pdf

Auf  Rahel Varnhagen passt, was Jakob Grimm über Bettina von Arnim sagte: "[...] das ist ihr schwer nachgetan, so viel treuen Anteil warm und unermüdlich zu erweisen [...] Die rücksichtsvollen verhältnisscheuen Männer sind zu solcher hingebenden Freundschaft viel unfähiger [..]"