Dienstag, 28. April 2020

"Das Virus liebt die Freiheit genauso wie ich"

"Das Virus liebt die Freiheit genauso wie ich" ZEIT magazin 22.4.20

Xifan Yang, eine Chinesin, die vor dem Virus von China nach Deutschland floh und danach vor demselben Virus nach China zurück, berichtet: Nach der Quarantäne wird sie an die Maskenpflicht erinnert. Denn natürlich muss jemand, der nicht ansteckt und nicht angesteckt werden kann, eine Maske tragen. 
Natürlich nur, wenn die Gesamtheit wichtiger genommen wird als die Freiheit des Individuums.

"Ende Februar flog ich nach Deutschland, um meinen Mann wiederzusehen und Pause von Corona zu machen. Aber Corona kam mir hinterher. Nach vier Wochen flog ich zurück nach Peking, um meine Arbeit in China wieder aufzunehmen. "

"Bis zum 21. Februar, dem Tag, an dem ich Peking verließ, meldete die Stadt nur 399 Infizierte. Unterschlagen wurden in der Statistik asymptomatische Corona-Fälle, dennoch, für eine 22-Millionen-Metropole war Peking erstaunlich wenig betroffen. Dass der Stadt ein größerer Ausbruch samt Ausgangssperre erspart blieb, lag nicht nur an der Strenge des Staates: Meine chinesischen Freunde und Bekannten verhielten sich ausnahmslos diszipliniert. Weil sie sich noch an den Sars-Ausbruch vor 17 Jahren erinnerten oder weil sie das Ansteckungsrisiko, anders als ich, unabhängig davon von Anfang an ernst nahmen. Ich sah in Covid-19 nichts anderes als eine etwas schwerere Grippe, jedenfalls keinen Grund, mein Leben komplett einzustellen. Meine Cousine dagegen setzte zweieinhalb Wochen lang keinen Fuß vor die Wohnung. Nicht mal in den Hausflur. "Danke, mir fehlt es an nichts", antwortete sie auf meine Frage, wie es ihr ging."

"Sieben Tage später landete ich in München. Am Flughafen hielt mir niemand ein Messgerät an die Stirn, keine Kontrollen, gar nichts, nur ein Zettel zum Ausfüllen wurde mir vorgelegt, auf den ich eintragen sollte, ob ich aus einem Risikogebiet kam und Kontakt zu Infizierten gehabt hatte. Meine Mutter war eine Woche zuvor zurück nach Frankfurt geflogen. Weil sie verunsichert war, hatte sie einen Grenzbeamten gefragt, was sie zu tun habe. Schließlich kam sie ja aus China. "Nichts", antwortete der Beamte achselzuckend. "Tun Sie, was Sie wollen." – "Und meine Maske?", fragte meine Mutter. "Können Sie wegschmeißen." [...]"

"In den Tagen meiner Quarantäne werden die Mauern von Tag zu Tag weiter hochgezogen: In den USA eilen chinesischstämmige Einwanderer in Waffengeschäfte und rüsten sich zur Selbstverteidigung, weil sie auf der Straße angespuckt und körperlich attackiert werden. In China ergießt sich eine Welle des nationalen Chauvinismus im Netz: Ein Comic stellt Ausländer, die sich nicht an Quarantäne-Regeln halten, als Müll dar, den es auszusortieren gilt. "

Wie passt das zusammen? Nachzulesen bei Xifan Yang.

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