Samstag, 15. August 2020

Kathrin Passig über Twitter und anderes

@kathrinpassig schreibt in der FR (15./16.8.20, S.10) treffend u differenziert über die Schwierigkeiten, Netzwerke endgültig zu verlassen. Kurzformel "Je Türknall, desto wiederkomm" und lässt offen, ob sie die erfunden hat.

mehr von ihr (Interview im Tagesspiegel):
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/interview-mit-netzexpertin-kathrin-passig-meistens-brauche-ich-eine-halbe-stunde-pro-tweet/9250450-all.html (25.12.2013)

"[...] Am 8. Juni twitterten Sie: „233 Tweets über die Unbegreiflichkeit von Interlaken verfasst und wieder gelöscht, Kapitulation und Abreise.“

Ich habe lange versucht, etwas über Interlaken zu sagen. Erst als ich im Zug war, habe ich getwittert.
Katharsis bedeutet: Es geht Ihnen nach dem Scheintwittern besser. Doch es ist unbefriedigend, einen Text vor der Veröffentlichung zu löschen.

Muss nicht sein. Ich finde es sogar etwas besser.[...]
Ich habe schon öfter davon profitiert, eine Frau zu sein – und in dem Moment, wo es zu den eigenen Ungunsten ausschlägt, soll ich „Aufschrei“ rufen? [...]
Seit seinen Anfangszeiten tut das Netz genau das: Es belegt, dass Phänomene, die bisher als Einzelfälle galten, im Prinzip schon Alltag und Norm sind. [...]
Uns hat Ihr Tweet zum Tod Ihres guten Freundes Wolfgang Herrndorf sehr berührt.

Wolfgang war’s wichtig, dass es nicht in allen Nachrufen heißt, er sei dem Krebs erlegen. Das hätte sofort in seinem Blog stehen müssen, oder im Wikipedia-Eintrag.
* Sein Blog war überlastet, und den Wikipedia-Eintrag dürfen nur schon länger angemeldete Nutzer bearbeiten. Im engeren Kreis haben wir in einem Chat überlegt, was jetzt zu tun ist, und ich dachte: Na gut, dann halt Twitter. So werden diese Informationen schnell und breit gestreut.
Daran gab es viel Kritik.

Ja, einerseits gilt Twitter vielen als frivol und unseriös – ein alberner Vorwurf, Twitter ist ja nicht dem Veröffentlichen von Katzenscherzen vorbehalten. Andererseits beschwerten sich manche, der Tweet sei zu detailreich gewesen: „Aber der Werther-Effekt!“ Da hätte Wolfgang zwar nur drüber gelacht und gesagt: „Die sollen erst mal sehen, wo die ’ne Waffe herkriegen.“ Aber wenn ich gewusst hätte, dass es tatsächlich eine Übereinkunft unter Journalisten gibt, bei Suiziden Ort und Todesart nicht zu nennen, hätte ich das auch nicht getan. Die Details waren ja nicht so wichtig. [...]" <Hervorhebung Fontanefan>
*Gegenwärtig heißt es dort: "Herrndorf tötete sich am 26. August 2013 in Berlin selbst.[2][15]" 
Man beachte besonders die Einzelbelege: [2][15].
Ein Retweet von Passig: https://twitter.com/ryanjgallag/status/1293922509415473152

Twitterjargon:
Die Wörter DRUKO und DRÜKO sind DEUTSCHER TWITTER-JARGON, u. von den Erfindern negativ besetzt, werden aber auch neutral gemeint verwendet. #Druko = #DrunterKommentar = #ReplyTweet #Drüko = #DrüberKommentar = #ReTweet mit Kommentar

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