In die 28. Ausgabe des Dudens allein 3000 neue Wörter aufgenommen.
"Die Duden-Redaktion wählt aus den Tausenden neuer Wörter und Wortzusammensetzungen sinnvollerweise nur solche für das Wörterbuch aus, die drei Bedingungen erfüllen: Sie müssen häufig vorkommen, dauerhaft verwendet werden und sich eines breiten Gebrauchs erfreuen. Wenn man nun bedenkt, dass ein Muttersprachler im Durchschnitt etwa 50 000 Wörter passiv kennt und etwa 15 000 Wörter aktiv verwendet, wobei man im Alltag mit rund 2500 Wörtern schon recht gut zurechtkommt (diese Wortmenge umfasst deshalb auch der Grundwortschatz), dann sind 3000 neu aufgenommene Wörter doch eine recht stattliche Zahl. Viele dieser neu ausgewählten Wörter der letzten Jahre spiegeln denn auch unseren Zeitgeist wider, nämlich die Themen, die uns bewegen, die Debatten, die wir führen, und die Art, wie wir uns verhalten.
Erleben wir nicht aufregende Zeiten? Und Zeiten brauchen Wörter. Zuletzt wurde gerade die öffentliche Gesundheit zum Wortlieferanten für das Rechtschreibwörterbuch: Schmiereninfektion, Herdenimmunität, Ansteckungskette, Atemschutzmaske lauten neue, häufig und breit gebrauchte Wortzusammensetzungen. Auch das social distancing fehlt nicht, obwohl es ja im Deutschen das allgemeinverständliche und viel leichter auszusprechende Abstandhalten gibt, so dass man sich fragen kann, warum überhaupt ein schwerverständlicher und übrigens auch missverständlicher Anglizismus es wieder einmal in den deutschen Sprachgebrauch geschafft hat; missverständlich, weil social distancing an das Distanzieren denken lässt, das im Deutschen auch eine Art Ablehnung bezeichnet, was aber im vorliegenden Fall gar nicht gesagt werden soll. Aber über eine derartige Sprachverwendung entscheidet letztlich die Sprachgemeinschaft – und der Zustand ihres Sprachbewusstseins. Social distancing scheint übrigens so verbreitet zu sein, dass Abstandhalten nicht in substantivierter und verschweißter Form aufgenommen worden ist – aber immerhin das so häufig missachtete Abstandsgebot. Als Alternative zum Homeschooling hat es dann aber doch der Hausunterricht als neues Wort in den Duden geschafft. Nun muss dieses den deutschen Wortbildungsregeln so trefflich folgende und glasklar verständliche Wort nur noch vom Sprachgebrauch in Politik und Medien übernommen werden. [...]" FR 11.8.20
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