Montag, 4. Juni 2018

Weshalb es so schwer ist, eine realistische Weltsicht zu entwickeln ...

glaubt Hans Rosling zu wissen und erklärt es in seinem Buch Factfulness, Cop. 2018:

Einige grundlegende Informationen erhält man aber schon hier:
https://www.gapminder.org/

Gibt es eine Kluft zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern?

Hier kann man an 13 Fragen üben, eine korrekte Einschätzung zu wichtigen Fakten zu gewinnen:
http://forms.gapminder.org/s3/test-2018

Es gibt auch anschauliche Graphiken, die die historische Entwicklung wichtiger Zusammenhänge aufzeigen:
http://www.gapminder.org/whc

sieh auch: Tweets zu factfulness

Ist es gerechtfertigt, die Antworten auf die 13 Fragen zu akzeptieren und trotzdem der Grundaussage von Factfulness zu widersprechen?*

Welche Argumente könnte man dafür anführen?
Was spricht dafür, dass sie nur dazu dienen, an einer inkorrekten Weltsicht festzuhalten?
Was ist der Grund für unsere skeptischere Weltsicht?

Rosling weist zu Recht darauf hin, dass über den vielen Katastrophenmeldungen unterschätzt wird, wie viel sich zum Besseren verändert hat.*
Denn das führt dazu, dass die hohe Bedeutung der Arbeit internationaler Institutionen für die weltweite Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse völlig verkannt wird. Die Flüchtlingskrise von 2015 ist auch darauf zurückzuführen, dass viele Staaten ihren freiwilligen Zahlungsverpflichtungen zur Unterstützung der UN-Flüchtlingshilfe (UNHCR) nicht nachgekommen sind.
Die weltweite Verschlechterung der Klimabilanz auch darauf, dass die Mehrzahl der Staaten ihren Selbstverpflichtungen auf der UN-Klimakonferenz in Paris von 2015 zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht nachgekommen sind. Deutschland insbesondere wegen der verschobenen Abschaltung und weiteren Subventionierung besonders umweltschädlicher Kohlekraftwerke.


Trotz der eklatanten Unterschätzung der Leistungen der UNO für weltweite Verbesserungen ist freilich auch die skeptischere Weltsicht gut begründet. Denn während die Kluft zwischen den ärmeren Ländern und den reichen immer mehr abnimmt, bleibt die Kluft innerhalb der meisten Länder sehr hoch, ja sie nimmt in vielen Ländern sogar zu.
Die Katastrophen von Syrien und Jemen sind sehr real, auch wenn sie statistisch durch den Einkommenszuwachs in China und Indien mehr als aufgewogen werden.
Verbesserte weltweite Durchschnittswerte ändern nichts daran, dass die Verhältnisse in Afghanistan und Somalia sowie in der Zentralafrikanischen Republik katastrophal bleiben.

Dennoch: Wer die weltweiten Verbesserungen nicht wahrnimmt, ist in Gefahr, sich einzureden, Hilfsanstrengungen brächten sowieso kaum etwas und es lohnte sich nicht, sie energisch zu verstärken.
2015 war weltweit ein schwerer Rückschlag. Nicht weil ein (sehr) kleiner Teil der 60 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen ist, sondern weil die internationale Solidarität bei der UN-Flüchtlingsarbeit und bei der Reduzierung des COs-Ausstoßes zwar offiziell zugenommen hat, aber in Wirklichkeit abgenommen hat.
Es ist eben keine Verbesserung, wenn die EU vor ihren Grenzen Lager zur Flüchtlingsabwehr errichtet und die UN-Flüchtlingslager unterfinanziert bleiben.

Weshalb ist so schwer, eine realistische Weltsicht zu entwickeln?
Weil positive und negative Entwicklungen parallel laufen und zu Recht immer wieder auf Katastrophen und Versäumnisse hingewiesen wird und es so unglaublich schwer ist, sich immer wieder aufs Neue ein differenziertes Bild zu machen. (Katastrophenmeldungen helfen dabei wenig.)
Rosling gebührt das Verdienst, alles ihm mögliche getan zu haben, die positiven Tendenzen überhaupt erst erkennbar zu machen, bevor er 2017 seinen höchst individuellen Tod an Krebs gestorben ist. Zum Glück führen Anna Rosling Rönnlund und Ola Rosling sein Werk weiter.

*Hinweis: Ich habe Ihnen das Buch vorgestellt, sobald ich erkannt habe, dass es ein wichtiges Buch ist. Dabei war ich zu dem Zeitpunkt nicht einmal auf S.40 von 381 Seiten.
Da die Autoren aber eine Webseite erstellt haben, wo sie das ihrer Meinung nach Wichtigste aus dem Buch vorstellen, brauche ich mich nicht darum zu sorgen, dass Sie einen falschen Eindruck gewinnen könnten. Sie haben immer die Chance, ihn zu korrigieren.
https://twitter.com/DejanFreiburg/status/1012788839482609669
Es folgt die Betrachtung der Fallen, die nach Rosling oft eine realistische Weltsicht verhindern.

vgl. auch:
Früher war es ganz bestimmt nicht besser  faz.net 26.9.18
Zu Rosling sieh auch: Factfulness Evening Standard 2.7.2019

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