"[...] Diese Frauen entsprachen ihren gesellschaftlich wohl eingebetteten Männern in _(* Dorothee von Meding: "Mit dem Mut des ) _(Herzens - Die Frauen des 20. Juli". ) _(Siedler Verlag, Berlin; 298 Seiten; ) _(39,80 Mark. ) der Grundgesinnung, und das mag schon das Geheimnis gewesen sein der Wahl ihrer Partner, die sie rückhaltlos bewunderten. Sie hatten durchweg aus dem Bürgertum in den Adel eingeheiratet, aber sie waren Geschöpfe jener tragenden Elite, die als weiblichen Edelmut die absolute Gefolgstreue dem Gatten gegenüber kultivierte. Ob sie ihre als gut oder gar glücklich beschriebenen Ehen opfern wollten, sie wurden nicht gefragt, sie wuchsen gleichsam hinein in den männlichen Widerstand, der Teil ihrer Beziehungen wurde.
Man muß sich den Alltag dieser Ehen so vorstellen: Der Legationsrat Adam von Trott zu Solz, Oppositioneller im Auswärtigen Amt, sitzt zu Hause an seinem Schreibtisch, aber er mag nicht, daß seine Frau Clarita derweil liest, sie soll jeden Augenblick ansprechbar sein, wie es schon seine Mutter für den Vater war.
Der Generalstabsoffizier Claus Graf Schenk von Stauffenberg arbeitet in der ihm eigenen absoluten Konzentration, während die Kinder Eisenbahn zwischen seinen Beinen fahren; oder er liest Zeitung, während seine Frau Nina die Tagesereignisse "so vor mich hin plätschert". Wenn was kommt, das er wissen sollte, sagt sie: "Claus." Er hört nicht. Sie lauter: "Claus!" Er hört immer noch nicht. Daraufhin sie: "Stauffenberg!" - "Ja, bitte?"
Für Nina von Stauffenberg bestand die Rolle im Widerstand "praktisch darin, meinem Mann den Rückhalt zu bieten, nicht als Klotz an seinem Bein zu hängen, sondern meine Aufgabe zu erfüllen, nicht im Wege zu stehen und ihn nicht zu belasten".
Barbara von Haeften, deren Mann Hans-Bernd zu den ranghöchsten Oppositionellen im Auswärtigen Amt zählte, war "nur eine Stärkung für ihn", aber er muß sie gebraucht haben, denn er suchte von Anfang an "mein ganz naives Mitdenken".
Während der Jurist Helmuth James Graf von Moltke bei der Abwehr in Berlin dienstverpflichtet war, bewirtschaftete seine Frau Freya das schlesische Gut Kreisau, wo sich die Konspiration auf drei Tagungen seit Pfingsten 1942 verdichtete und als "Kreisauer Kreis" zu einem historischen Begriff wurde: "Wenn die Männer geplant haben, haben wir zugehört."
Wie in Kreisau war es in der Berliner Hortensienstraße am Botanischen Garten, wo Peter Graf Yorck von Wartenburg und seine Frau Marion ein offenes Haus führten. Moltke empfand es als "winzig", aber "sehr nett eingerichtet". Dort befand sich das eigentliche Zentrum der Kreisauer mit den tiefverbundenen Freunden Peter als "Herz" und Helmuth als "Motor", wie sie Marion Yorck sah.
Wie in dem Freundeskreis das "höchst Persönliche" mit dem Sachlichen verbunden wurde, wie die "sehr klugen Männer" debattierten und stritten, die "verschiedenen Charaktere" aber doch in ihrem "Miteinander und Gegeneinander" nach einem übergeordneten Nenner suchten, empfand sie als das "Aufregendste" und "Schönste" in der schwierigen Zeit: "Angst haben wir nie verspürt", weil "man gar keine Zeit hatte, über den nächsten Schritt nachzudenken".
In der Hortensienstraße pflegte auch Marion Gräfin Dönhoff zu übernachten, wenn sie von ihrem ostpreußischen Gut Quittainen nach Berlin kam. Wie sie in ihrem Buch "Um der Ehre willen"* schildert, wurde sie gefragt, wer in Ostpreußen "unser bester Mann" sei, nannte Heinrich Graf Dohna und warb ihn dann auftragsgemäß an, "aber ohne ihn zum Geheimnisträger zu machen". Daß er trotzdem hingerichtet wurde - für die spätere Chefredakteurin und Herausgeberin der Zeit war das "ein mich lange quälender Vorwurf".
Obwohl Marion Yorck und Freya von Moltke promovierte Juristinnen waren, beschränkten sich beide Frauen im Gegensatz zu Marion Dönhoff auf ihre "aktive ** Helmuth James Graf von Moltke: "Briefe an _(Freya". C. H. Beck Verlag, München; 662 ) _(Seiten; 68 Mark. * Marion Gräfin ) _(Dönhoff: "Um der Ehre willen - ) _(Erinnerungen an die Freunde vom 20. ) _(Juli". Siedler Verlag, Berlin; 192 ) _(Seiten; 32 Mark. ) Mithörerrolle", stellten bisweilen Fragen, aber fühlten sich für die politische Planung nicht kompetent. "Heute, wo die Frauen auf Selbstverwirklichung solchen Wert legen, ist das kaum noch zu verstehen", sagt Marion Yorck, 90, die in der Bundesrepublik als erste Frau eine Jugendstrafkammer übernahm und Landgerichtsdirektorin wurde.
Nach ihrer Emanzipation als Psychoanalytikerin kam Clarita von Trott, 87, zu der Erkenntnis, "daß bedeutsame Leistungen für die Allgemeinheit auch von der Qualität der jeweiligen Ehe abhängig sind. Beide Partner können sich wohl nicht gleichzeitig gleich stark in ihren Vorhaben verausgaben, ohne daß entweder die Ehe oder das Vorhaben Schaden leidet. Es fehlt dann ,der ruhende Pol''".
Der klassische Gegensatz der Geschlechter - im letzten Brief vor seiner Hinrichtung beschrieb ihn Moltke seiner Frau so: _____" Aber ohne Dich, mein Herz, hätte ich "der Liebe " _____" nicht". Ich sage gar nicht, daß ich Dich liebe; das ist " _____" gar nicht richtig. Du bist vielmehr jener Teil von mir, " _____" der mir allein eben fehlen würde. Es ist gut, daß mir das " _____" fehlt; hätte ich das, so wie Du es hast, diese größte " _____" aller Gaben, mein liebes Herz, so hätte ich vieles nicht " _____" tun können, so wäre mir so manche Konsequenz unmöglich " _____" gewesen . . . Nur wir zusammen sind ein Mensch. Wir sind, " _____" was ich vor einigen Tagen symbolisch schrieb, ein " _____" Schöpfungsgedanke. "
Freya von Moltke versteckte die Briefe ihres Mannes ("mein größter Schatz") in ihren Bienenstöcken, rettete sie als erstes auf ihrer Flucht aus Schlesien und gab sie später als Buch heraus**. Inzwischen 83 Jahre alt, mißt sie ihren Beitrag, ihre Opfer mit souveräner Größe an den Frauen der Roten Kapelle: "Ich bin doch zu sehr eine normale Frau, als daß ich nicht wegen meiner Söhne am Leben bleiben wollte."
Während sie intellektuell opponierte ("Wir selbst haben das Wort Widerstand überhaupt nicht benutzt"), prangerten Männer und ebenso aktiv Frauen der Roten Kapelle die Untaten des nationalsozialistischen Regimes in Flugschriften an. "Das waren Frauen, die etwas tun wollten, die nicht ertragen konnten, nichts zu tun", so hebt die Gräfin deren Taten hervor. "Daß ich selbst nicht so weit gegangen bin", sieht sie inzwischen "als eine Schwäche von mir. So war ich eben. Ich bedaure das, aber vielleicht wäre ich dann nicht mehr am Leben".
Als Emmi Bonhoeffer im Sommer 1942 im Gemüseladen agitierte und lauthals von der Judenvergasung berichtete, reagierte ihr Mann Klaus, der tief verstrickt war in den vielfach verschwägerten Opponentenkreis um den Abwehrmann Hans von Dohnanyi, aufgebracht: "Bist du vollkommen wahnsinnig? Verstehe bitte, eine Diktatur ist eine Schlange, wenn du sie auf den Schwanz trittst, wie du das machst, dann beißt sie dich. Du mußt den Kopf treffen. Das kannst du nicht, und das kann ich nicht, das kann nur das Militär."
Die nur den Schwanz traten, wurden umgebracht wie die Frauen von der Roten Kapelle. Ihre todesmutigen Aktionen waren winzig und konnten die Geschichte nicht bewegen, ihre Namen gingen unter, ohne ins kollektive Bewußtsein einzudringen: *___Liane Berkowitz, Studentin, 1943 hingerichtet im Alter ____von 20 Jahren; *___Cato Bontjes van Beek, Keramikerin, hingerichtet im ____Alter von 23 Jahren; *___Eva-Maria Buch, Buchhändlerin, hingerichtet im Alter ____von 22 Jahren.
Es waren auch noch andere, die sich aus der klassischen Frauenrolle der Passivität herauswagten und dem Widerstand ein weibliches Element hinzufügten. Das Schicksal der Sophie Scholl, wegen Verteilung von Flugblättern hingerichtet im Alter von 22 Jahren wie auch ihr Bruder Hans und vier Freunde, bewegte noch während des Krieges die Briten. Der Emigrant Thomas Mann würdigte die Weiße Rose in der BBC.
Die erste Frau, die bereits 1938 allen politisch kämpfenden Frauen vorangehen mußte zur Exekution, war Liselotte Herrmann, 28. Es war ein aufrechter Gang: Die Kommunistin hatte keinen der illegalen Genossen verraten, obwohl ihr die Gestapo durch eine Kinderstimme vorspiegelte, ihr vierjähriger Sohn riefe nach seiner Mutter.
Sechs Jahre später mußte es keine kommunistische Untergrundtätigkeit sein, es genügte ein regimefeindliches Gespräch, um den Solf-Kreis zu liquidieren, der auch Juden half. [...]"
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683537.html
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