Mittwoch, 29. Januar 2020

Displaced Persons

Ich muss mir den Vorwurf machen, dass ich mir keine Mühe gegeben habe, Genaueres über das Schicksal der Displaced Persons (DPs) zu erfahren. Und das auch, nachdem ich erfahren hatte, dass ihr Schicksal weit schwieriger war und einen weit größeren Personenkreis umfasste, als ich mir vorgestellt hatte. Erst bei der Lektüre von Harald Jähners Wolfszeit, einer detailgesättigten Darstellung der Nachkriegszeit stieß ich auf einen Bericht darüber, wie massiv sich  manche russische Kriegsgefangene der Deutschen gegen eine Repatriierung in die Sowjetunion sträubten. Sie kannten Berichte über die Behandlung von Russen, die in die Sowjetunion zurückgekehrt waren und dort als Kollaborateure der Nazis angesehen wurden. Deshalb wehrten sie sich so gegen den Rücktransport, dass die US-Soldaten Tränengas einsetzten, um zwei Baracken zu räumen. Als die Soldaten "hineinstürmten, erlebten sie die erschütternde Szenerie eines Massenselbstmords. 'Die GIs schnitten die meisten rasch los, die sich an den Deckenbalken erhängt hatten. Die, die noch bei Bewusstsein waren, schrien uns auf Russisch an, deuteten dabei erst auf die Schusswaffen der Soldaten, dann auf sich selbst und baten uns flehentlich sie zu erschießen.'" (Wolfszeit, S.89)

Dazu heißt es in der Wikipedia nüchtern:
"Die meisten Staatsbürger der Sowjetunion wurden bereits bis Ende September 1945 in die UdSSR zurückgebracht, teilweise unter Zwang. Viele Sowjetbürger wollten auf keinen Fall wieder zurück. Infolgedessen kam es des Öfteren zu Massenselbstmorden in den Lagern wie bei der Lienzer Kosakentragödie. Menschen, die zuvor von Nationalsozialisten deportiert worden waren, wurden in der UdSSR wegen Kollaborationsverdachts bestraft. Rotarmisten, die in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren und sie überlebt hatten, galten als Verräter. Noch während des Krieges waren über 150.000 durch Schnellgerichte zum Tode verurteilt worden. Ein großer Teil der nun Heimkehrenden wurde in eigens errichtete Lager und in Arbeitsbataillone verbracht.[7]" (Wikipedia: Displaced Person - Es lohnt sich, den vollständigen Artikel zu lesen)

Literatur:
Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945–1951, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985

Angelika Königseder, Juliane Wetzel: Lebensmut im Wartesaal. Die jüdischen DPs (Displaced Persons) im Nachkriegsdeutschland, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1994

Henriette von Holleuffer: Zwischen Fremde und Fremde: Displaced Persons in Australien, den USA und Kanada 1946–1952 (Studien zur Historischen Migrationsforschung), Osnabrück 2001


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