Zunächst dies Zitat:
"Seit 2013 warnen Gewerkschaften und Verbände vor dramatischen Personalengpässen im Bereiche Bildung und Kinderbetreuung. Der Grund liegt in der Altersstruktur des Lehrkörpers und Betreuungspersonals. Demzufolge gehen beispielsweise in Sachsen-Anhalt jährlich rund 700 Lehrkräfte in Rente, dem stehen bisher 550 Studienplätze jährlich zur Verfügung, deren Zahl ab 2018 auf 850 erhöht werden soll. Die GEW fordert 1100 Studienplätze. Es geht also auch hier um die Bereitsstellung von sehr viel Geld aus dem Landeshaushalt für eine Maßnahme, welche frühestens in 6 Jahren greifen wird und schon längst hätte eingeleitet werden sollen. Der aktuelle Lehrermangel ist politisch eigenverschuldet oder gewollt, denn auch nach den früheren Prognosen ist in den kommenden 5 Jahren mit zunehmenden Schülerzahlen zu rechnen." (Freitag)
Jetzt eine davor stehende Passage aus demselben Beitrag:
"Waren es ursprünglich Demografie und Spardruck, welche als Argument für die Schließung kleiner Schulen angeführt wurden, so lautete ab 2013 das Thema „Lehrkräfte können nur in großen Schulen effizient arbeiten“. Weniger, „aber gute“ Schulen, war plötzlich eine neue Planungsgröße. Die daraus folgende Entstrukturisierung ländlicher Räume wurde begründet mit „können wir uns nicht mehr leisten“. Das Argumentarium lieferten regionalisierte Bevölkerungsprognosen, Stiftungen mit „Zukunftsszenarien“ (Altmark im Jahre 2050, Bauhausstudie), welche sich inhaltlich wie ein Ei dem Andern glichen. Der Tenor: Der demografische Wandel zwingt uns zu einem massiven Leistungsabbau und Umdenken, die „finanziell angespannte Situation lässt uns keine andere Wahl“ . Dies in einem der reichsten Industrieländer und bei laufend steigenden Steuereinnahmen.
Weitere Grundlagen lieferte die Bertelsmann-Stiftung mit ihrem „Kommunaler Wegweiser 2011“,welcher das demografische Katastrophenszenario auf Kommunalebene hinunter gerechnet hatte, was für viele Länder und Kommunen die Planungsgrundlage schlechthin war!
Ein nicht zu vernachlässigender Effekt: Indem dieser vorauseilende Strukturabbau vollzogen wird, schafft man erst die Voraussetzungen, dass sich diese Prognosen im ländlichen Raum auch erfüllen! Entwicklung einer Gegenstrategie? Fehlanzeige. Es wurden und werden No go areas für Kinder mit Familien geschaffen. Die Wegebeziehungen Wohnort-Betreuung-Grundschule-Gymnasien sind vielerorts familienfeindlich geworden.
Bis heute forcieren die Landesrechnungshöfe diesen „Strukturwandel“: „15 kleine Grundschulen in Niedersachsen sollen nach Ansicht des Landesrechnungshofes sofort geschlossen werden...Die betroffenen Kommunen könnten damit insgesamt 750 000 Euro im Jahr sparen, erklärte Rechnungshofpräsidentin Sandra von Klaeden am Donnerstag in Hannover....In einem zweiten Schritt bis zum Schuljahr 2020/21 müsse das Aus für acht weitere Schulen folgen. “ (Weser-Kurier 30.9.2016) Gegenfrage: Wieviel Wertverlust entsteht eigentlich für die Ortsteile oder Kommunen, welche ihre Schulstandorte verlieren (Wohnattraktivität, Steuerkraft, Wert der Immobilien etc. )? Wie hoch sind die Kosten für den nun zu stellenden Schülertransport? Wieviele Lehrkräfte können denn konkret eingespart werden, wenn eine „kleine Schule“ mit 55 Kindern schließt? Wie gehen einige wenige „große“ Schulen mit demografischen Ausschlägen nach oben um?
Findige Köpfe nannten diese Strategie „Erzielung und Steigerung demografischer Rendite“. Krasser formuliert: Indem bereits heute auf Versorgungsstrukturen hingearbeitet wird, wie sie Prognostiker für die Jahre 2035-50 prophezeihen, betreibt man demografiehörigen Strukturabbau und glaubt damit, auch noch nachhaltig Gewinn zu erzielen.
Dieser Begriff umfasst also deutlich mehr als Personaleinsparung dank rückläufiger Demografie. Er beinhaltet beispielsweise auch das Zurückfahren von Investitionen und Dienstleistungen der öffentlichen Hand für ländliche Infrastrukturen. Voraussetzung: Kontinuierlich abnehmende Bevölkerungszahlen. So weit die Theorie." (Ein Fiasko mit Ansage, Freitag Community 22.8.2017)
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