Montag, 27. März 2017

Die Gefahren der Privatisierung

Tim EngartnerDie Gefahren der Privatisierung (Manuskript)

Sendung zum Nachhören

"[...] wir haben vor allen Dingen – das ist ein wunder Punkt, den Sie markieren – seit dem Jahr 2016 auf Bundesebene die Schuldenbremse, die ab 2020 auch auf Landesebene greifen soll. Das ist der Kern, der Ausgangspunkt für die Privatisierungswelle, denn der Staat ist zur Handlungsunfähigkeit verdammt. Ich würde von einer Selbstentmachtung des Staates sprechen. Er erhält nicht mehr ausreichend Steuern; [...]
Die Neujustierung der Steuer- und Abgabenarchitektur müsste auf der politischen Agenda ganz weit oben stehen, wenn man denn der Autobahnprivatisierung, der Bahnprivatisierung, der Postprivatisierung, der Telekomprivatisierung entgegentreten wollte. Wir haben bei den Körperschaftssteuern – nehmen wir die Ära Kohl zum Maßstab – ein Absenken von 40%, über 25% auf jetzt 15% erlebt. [...]
 In der Tat wäre eine Neujustierung der Steuer- und Abgabenarchitektur der wirksamste Mechanismus, der wirksamste Hebel, um der Privatisierungslogik entgegenzutreten. [...]
Da kann man sehen, dass sich die Müllgebühren innerhalb der letzten 20 Jahre unter den Privaten mehr als verdoppelt haben.[...]
es gibt in der Ökonomie – diese Theorie wird von konservativen Ökonomen gleichermaßen geteilt – die Theorie der meritorischen Güter. Das sind die 7 sogenannten verdienstvollen Güter: Theater, Museen, Schwimmbäder  [...] Die haben einen Wert an sich, der sich nicht in Heller und Pfennig bemessen lässt. Ich glaube, wir werden in einer Gesellschaft leben, die nur noch den Preis, aber von nichts mehr den Wert kennt. [...]
Die Privatisierung führt gerade im Bereich Bildung dazu, dass eine Ideologisierung stattfinden könnte? [...]
Es gab lange Zeit die Bestrebungen, Lehrstühle für Islamwissenschaften abzuschaffen. Nach 09/11 – nach den Anschlägen von New York – gab es einen unglaublichen Run auf Islamwissenschaftlerinnen und Islamwissenschaftler. Da hatte man auf einmal einen eklatanten Bedarf. Da Bildung mitunter einen Wert hat, der sich nicht in Heller und Pfennig beziffern lässt,  [...]
Alle beklagen, dass das Erstellen von Reisepässen, Führerscheinen und Personalausweisen in den letzten Jahren so viel teurer geworden ist, was daran liegt, dass unter Hans Eichel die Bundesdruckerei privatisiert worden und an Apax, einen Finanzinvestor, verkauft worden ist, der dann in finanzielle Schieflage geraten ist und dann sehr kostspielig zurückgekauft werden musste. Das hat die Gebühren explodieren lassen. [...]
Ich hoffe, dass die Privatisierung der Bundesautobahnen – im Land der Autofahrer – zum Wahlkampfthema erklärt wird. Denn das, was hier in den vergangenen Wochen und Monaten an Desinformationspolitik betrieben wurde, ist wirklich atemberaubend. " (Die Gefahren der Privatisierung)


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