Dienstag, 11. November 2025

LGBT und Toleranz

 LGBT ist eine verkürzte Bezeichnung für die Tatsache,  geschlechtliche Orientierung und geschlechtliche Identität nicht als einheitlicher Standard existieren. Und die gesellschaftlichen Rollen sollten auch nicht nach äußeren Geschlechtsmerkmalen festgelegt werden.  

Auch wenn in der überwiegenden Mehrzahl der Bevölkerung die körperlichen Organe und die Geschlechtsidentität zueinander passen und die Orientierung heterosexuell ist, ist in der Kombination eine vielfältige Variation möglich, die sich zum einen im Laufe des Lebens natürlich ändern kann, aber auch durch menschlichen Eingriff zu einer Anpassung von Selbstgefühl und organischer Ausbildung geführt werden kann.

Bis zur allgemeinen Anerkennung dieser Tatsache wird es noch eine Zeit brauchen. In dieser Zeit des Übergangs ist viel Toleranz gegenüber anderen Vorstellungen erforderlich. 

 Wenn man bedenkt, wie viel man einem Kind zumutet, wenn es eine andere Geschlechtsrolle einnehmen muss, als es seinem Identitätsgefühl widerspricht, sollten Gesellschaft und Eltern nicht an künstlicher Trennung festhalten. Warum sollten Menschen nicht geschlechtsneutral gekleidet sein dürfen, geschlechtsneutrale Toiletten benutzen und geschlechtsneutrale Berufswahlen treffen dürfen? Unsere Gesellschaft hat sich schon lange in diese Richtung entwickelt. Warum muss man es dann für Kinder und Jugendliche zum Problem machen, wenn ihre geschlechtliche Identität mit der organischen Ausstattung übereinstimmt. Warum sollte es nicht möglich sein, neben geschlechtsbezogenen Vornamen auch geschlechtsneutrale zu geben.

Unsere Tochter hat eine Zeit lang ihren üblichen Vornamen mit dem anderen getauscht. Das sollte doch auch mit geschlechtsneutralen funktionieren können, ohne dass dafür ein umfassendes coming out erforderlich ist. Bei gewissen Sportarten wird man wohl noch an Geschlechtertrennung festhalten wollen, auch wenn schon längst akzeptiert ist, dass je nach Sportart gewisse körperliche Merkmale Vorzüge bieten können, die allein durch verbesserte Training nicht ausgeglichen werden können.) Wo es extrem ist, kann man ja (wie jetzt z.B. beim Boxen und Gewichtheben) Gewichtsklassen und Geschlechtertrennung beibehalten. 

Freilich, Toleranz ist in den letzten Jahren seltener geworden. Auch von Seiten derer, die von der Mehrheitsgesellschaft Toleranz für sich erwarten. 

Weil gerade über die Transidentität besonders gestritten wird, möchte ich hier einen Erfahrungsbericht von Eltern mit einem sechsjährigen Kind vorstellen und schon jetzt ein Link anbieten, dass eine Menge von Informationen zu Transidentität bereithält.

Erfahrungsbericht einer Familie eines 7-jährigen trans*Mädchens aus Österreich 

Meine Tochter sagte mir, sobald sie ganze Sätze reden konnte: dass sie kein Junge, sondern ein Mädchen sei!" Mit dreieinhalb Jahren bestand sie darauf, nur im Kleidchen aus dem Haus zu gehen. Zur Tagesmutter wollte sie nicht mehr, weil die nicht damit zurechtkam, dass „Linus“ in Mädchenkleidung zu ihr kam. In den KiGa durfte sie zunächst ganz offiziell als „Lina“. Dann erkundigte sich die Leitung nachträglich bei der KiGaBehörde, und dann sollten wir doch plötzlich ein Gutachten bringen. Wir wussten nicht wohin. Schließlich fanden wir über Empfehlungen einen Psychologen, der uns mehrere hundert Euro abknöpfte dafür, dass er befand, unser Kind sei ein normaler Junge(!). 

Daraufhin weigerte sich der KiGa, das Kind weiterhin als Mädchen zu nehmen. Wir versuchten, es in der Jungenrolle hinzuschicken, doch innerhalb weniger Tage wurde unser Kind dermaßen verhaltensauffällig, dass uns nichts anderes übrigblieb, als es aus dem KiGa abzumelden. 

Der KiGa machte daraufhin eine anonyme Gefährdungsanzeige bei der Jugendwohlfahrt. In der Folgezeit hatten wir dadurch eine Menge Termine und Gespräche. Fünf Monate später hatten wir einen Termin bei einem Spezialisten in einer über 500km entfernten, großen Stadt. Von ihm erhielten wir die Diagnose Geschlechtsidentitätsstörung(GIS). Wir glaubten, unser Kind dürfe nun wieder als Mädchen in den KiGa. Fehlanzeige. Das ärztliche Attest wurde abgelehnt, da es aus dem benachbarten Deutschland stammte. Nach weiteren drei Monaten drohte uns das Jugendamt mit der Wegnahme der medizinischen Obsorge für unser Kind, wenn wir nicht einer stationären Abklärung, ob wirklich GIS vorliege, zustimmten. Zu Diesem Zeitpunkt hatte Lina noch nie woanders als zu Hause übernachtet und weinte auch fast jede Nacht nach mir, der Mama. Wir konnten uns das deshalb nicht vorstellen. Um die medizinische Obsorge für unser Kind nicht zu verlieren, stimmten wir grundsätzlich zu, erbaten uns aber ein paar Wochen Bedenk- und Vorbereitungszeit. Glücklicherweise vermittelte uns in dieser Zeit die Leiterin derjenigen Station, auf die unser Kind sonst gekommen wäre, den Kontakt zu einer Spezialistin im Inland. Nach einem Monat reisten wir in einer anderen Richtung wieder rund 500km zur erneuten Begutachtung, und ein Vierteljahr später hielten wir endlich ein positives schriftliches Gutachten von renommierter Stelle aus dem Inland in Händen, in dem die Diagnose GIS bestätigt und außerdem ausdrücklich erwähnt wurde, dass wir Eltern unser Kind nicht in die Mädchenrolle drängten. Die Jugendwohlfahrt bedauerte beim Abschiedsgespräch immer noch, dass dieses letzte Gutachten so ausgefallen sei und dass sie dies nun leider so akzeptieren müsse. Der örtliche KiGa wollte unser Kind immer noch nicht wieder aufnehmen. Erst als wirklich alle für uns erreichbaren, öffentlichen und privaten Kindergärten unserem Kind ebenfalls keinen Platz einräumen wollten, ging die Frage zurück an den örtlichen KiGA. Im letzten Jahr vor der Schule konnte unser Kind den KiGa wieder besuchen, als Mädchen. Inzwischen geht Lina zur Schule. Dass ihre Anatomie von ihrer gefühlten und gelebten Geschlechtsrolle abweicht, ist momentan kein Thema mehr für uns. Aber wir wissen natürlich, dass mit der Pubertät noch einmal eine Umbruchsphase auf uns zukommt, und dass es Lina ohne die Gabe von Hormonen nicht möglich sein wird, weiterhin so unauffällig in der weiblichen Rolle zu leben.

(Stand Mai 2016)  Quelle: trans-kinder-netz.de/




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