Und der in Glasgow lehrenden Soziologin Karen Bell erscheint der Klimaschutz, wie er zuletzt in Deutschland praktiziert wurde, geradezu als eine Steilvorlage für rechtspopulistische Mobilisierung: "Wollen Sie Leute von Klimapolitik abschrecken", sagt Bell, "dann sprechen Sie über Elektroautos und Wärmepumpen." Denn die könnten sich viele nicht leisten. Solche Fördergelder landen als Erstes bei denen, die ohnehin schon wohlhabend sind und ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein haben. [...]
Das ist umso brisanter, weil es auch einen "klassenspezifischen ökologischen Fußabdruck" gibt, wie Steffen Mau in seinem Buch Triggerpunkte festgestellt hat: Je wohlhabender man ist, desto größer der Materialverbrauch und desto höher die Emissionen. Daraus leitet sich der Doppelmoralvorwurf ab: Wer sich für den Kampf gegen die Klimakrise einsetze, treibe sie in Wahrheit oft besonders stark durch seinen Lebensstil an.
Vorzeige-Ökologen sind in Wahrheit die anderen
Dem steht das Umweltverhalten der prekären Klasse gegenüber. Karen Bell, die aus der Arbeiterschaft kommt, denkt etwa an ihre Eltern: "Die kannten das Wort ökologisch gar nicht, waren durch ihren von Armut geprägten sparsamen Lebensstil aber Vorzeige-Ökologen." Sie hätten ihre alte Kleidung geflickt, Gemüse selbst angebaut und immer nur ein Zimmer im Haus geheizt. Menschen in diesen Lebenslagen, sagt Bell, würden sich nicht fragen, aus welchen Quellen die Energie kommt, die sie brauchen. Sondern allein, wie sie die Rechnung dafür zahlen können.[...]
Eine gegen Klimaschutz gerichtete vehemente Verteidigung privater Eigentumsinteressen weit oben in der Gesellschaft verbündet sich weiter unten mit der Wut auf die ökologische Elite "da oben". [...]
Über Klimapolitik sind Personen bis weit in die Mitte offenkundig durch Populismus erreichbar und lassen sich über völkisch-autoritär-rebellische Angebote bis zum Rechtsextremismus und der Billigung von politischer Gewalt verführen.[...]"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen