Freitag, 24. Mai 2019

Kessler: Die Kunst, den Kapitalismus zu verändern

Eine Annäherung in 5 Schritten, Publik Forum, Nr.10, 24.5.19, S.12-15

1. Stoppt das Diktat der Rendite! Pflege, Gesundheit, Wohnen, Wasser, Strom und öffentlicher Verkehr sind Güter, die nicht unbezahlbar werden dürfen
"Inzwischen reagiert ein rasender Finanzkapitalismus die Welt. Wenige Megafonds und Weltkonzerne unterwerfen die ganze Menschheit dem Diktat der Rendite. Und die Politik öffnet diesen Investoren die Türen. In Deutschland kaufen Investoren Wohnungen und treiben Mieten und Bodenpreise in schwindelnde Höhen. Beispiel Berlin: Da erwarb die Deutsche Wohnen in den letzten 15 Jahren mithilfe der Investmentbank Goldman Sachs 51.000 Wohneinheiten für 2 Milliarden Euro. Dann modernisierte sie die Wohnungen und trieb dem mitten in die Höhe. Inzwischen beträgt der Wert der Wohnungen 7 Milliarden Euro. – 5 Milliarden Euro Wertsteigerung auf Kosten der Mieter.
Mit dem gleichen Ziel erwerben Investoren Pflegeheime und Krankenhäuser. Ihr Interesse gilt weder den Pflegebedürftigen noch den Kranken, sie wollen nur das Geld ihrer Investoren vermehren." (S.12)

2. Führt ein Grundeinkommen ein! Menschen hätten mehr Unabhängigkeit und Sicherheit
3. Schafft eine gerechte Klimapolitik! Preise müssen ökologisch angemessen sein, dafür muss aber auch ein sozialer Ausgleich geschaffen werden.
4. Etabliert einen öko-fairen Welthandel! Zollfreiheit nur bei fair gehandelter Bioware.
5. Investiert in die Armen! Wenn Arme Geld haben, um ihr Überleben zu sichern, können sie Aufbauarbeit leisten und kaufen Waren, was die Wirtschaft ankurbelt.

Wolfgang Kessler: 
Die Kunst, den Kapitalismus zu verändern, 2019

"Klar, der Weg vom Umdenken zum anders Handeln ist schwierig. Und nur die wenigsten können ihn konsequent beschreiten. Doch das ist gar nicht erforderlich. Wenn alle Zeichen für eine gerechtere, ökologische Wirtschaft im Dienste der Menschheit und nicht nur der Investoren setzen, werden diese Zeichen gesehen und gehört." (Seite 111)

"Und doch ist es wichtig, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger den Satz des gewaltfreien indischen Freiheitshelden Mahatma Gandhi beherzigen: "Wenn wir uns selbst verändern, werden sich auch die Entwicklungen auf der Welt verändern. [...]  Wir sollten dabei nicht warten, was die anderen tun." (Seite 112)

Und plötzlich geht es doch:
"Die großen vier Energiekonzerne mussten erheblich Macht abtreten, dafür sind Hausbesitzer und Bürgergenossenschaften zu Energielieferanten geworden. In einigen Jahrzehnten wird Energie fast nur noch aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen – und die sind hoffentlich verstärkt in Bürgerhand.
Tiefgreifende Veränderungen des Systems sind also auch in Demokratien möglich." (Seite 118)

"Deshalb braucht der Übergang, die Transformation hin zu einer humanen und ökologischen Wirtschaftsweise eine breite und offene Diskussion über die Werte, auf denen das Zusammenleben in Zukunft beruhen soll." (Seite 121/22)

"Die Abkehr vom Materialismus wird nur gelingen, wenn sich auch jene verändern, die Werte vermitteln. In den Schulen sollten Schüler und Lehrer mindestens so intensiv über ethische Fragen reden wir über Fachthemen. [...] 

Kein Zweifel, es braucht neue politische Rahmenbedingungen für den Umbau dieses Wirtschaftssystems zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Doch tragfähig sind solche Veränderungen nur, wenn sich die Menschen langsam, aber konsequent vom Alten verabschieden und das Neue mit Leben füllen – auch und gerade dann, wenn es unbequem ist.
Auch diese Erkenntnis gehört zur Kunst, den Kapitalismus zu verändern." (Seite 122)

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