Ein mutiges Urteil. Eine notwendige Diskussion. Eine Gesetzesverschärfung notwendig. Aber es war kein Mord.
Da das Urteil nicht rechtskräftig ist, da Revision möglich ist, ist die Entscheidung des Berliner Richters im Fall der beiden Raser meiner Meinung nach gesellschaftspolitisch richtig. Ich selbst hätte aber - angesichts meiner beschränkten Kenntnis der Rechtslage und des Falls - nicht so entschieden.
Wer von einem anderen dazu angestiftet wird, sich auf ein Wettrennen einzulassen, und dabei - freilich nur zunächst - an roten Ampeln hält, hat nicht den Vorsatz gefasst, zu töten.
Es handelte sich nicht um ein gemeinschaftliches Verbrechen, wo beide mit Vorsatz gehandelt haben.
So meine Sicht.
Ich hoffe darauf, dass das Urteil von der höheren Instanz aufgehoben wird und dass der Gesetzgeber endlich das Rasen im öffentlichen Straßenverkehr als das Verbrechen einstuft, das es ist.
Freilich mit der Möglichkeit des Abwägens. Auch bei Extremfällen des Rasens gibt es noch Unterschiede. - Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ohnehin.
Wenn das Urteil Bestand hätte, könnte jede ähnliche Geschwindigkeitsüberschreitung als Mordversuch gewertet werden. Wenn die Gesetzeslage fortbesteht, wird, wer durch eine Verkettung glücklicher Umstände nicht am Tod eines Menschen schuldig geworden ist, mit 400 € Geldstrafe bestraft. Der, bei dem die Zufälle sich anders ausgewirkt haben, wegen fahrlässiger Tötung.
Rasen muss schärfer strafbewehrt sein. Die Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der Raser überführt werden kann, darf daran nicht hindern.
Wie viel Prozent der Fälle, die eine Ehefrau als Vergewaltigung erlebt, werden bestraft? Dennoch hat die Dunkelziffer den Gesetzgeber nicht davon abgehalten, das Delikt "Vergewaltigung in der Ehe" einzuführen, um das gesellschaftliche Bewusstsein zu ändern. Ähnliches ist beim Rasen notwendig.
Dabei ist klar, dass selbst sorgfältigste Formulierung nicht verhindern kann, dass der Ermessensspielraum dabei sehr groß bleiben wird. Aber den gibt es auch auf anderen Bereichen.
Diesmal hat er etwas ermöglicht, was ich für ein eindeutiges Fehlurteil halte; aber für ein Urteil, das offenbar notwendig war, um das gesellschaftliche Problembewusstsein zu schärfen.
Sieh auch: Raser sind Verbrecher, aber keine Mörder von Tonio Walter, ZEIT online 28. 2. 2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen