Günter Gaus hat über seine Gesprächspartner so viel verstanden, dass man leicht den Eindruck gewinnen kann, während des Interview ebenfalls zu verstehen.
Für mich ist als Interviewer Alexander Kluge der deutlichste Gegenpol. Bei seinen Interviews fällt es mir schwer zu erkennen, ob und wann es dem Interviewpartner gelingt, einen eigenen Gedanken zu äußern.
Jetzt aber zu Hannah Arendt im Gespräch.
(Interessant sind immer auch die Videos, auf die verwiesen wird.)
Hannah Arendt : Die Freiheit, frei zu sein (1966/67; veröffentlicht in ZEIT 4.1.2018)
"[...] Allgemein gesprochen ist eine Revolution gar nicht möglich, wenn die Autorität des Staatswesens intakt ist, was unter neuzeitlichen Bedingungen heißt: wenn man darauf vertrauen kann, dass die Streitkräfte der staatlichen Obrigkeit gehorchen. Revolutionen sind keine notwendige, sondern eine mögliche Antwort auf den Niedergang eines Regimes, sie sind nicht Ursache, sondern Folge des Verfalls politischer Autorität. Überall dort, wo sich diese Auflösungsprozesse – üblicherweise über einen längeren Zeitraum – ungehindert vollziehen konnten, kann es zu Revolutionen kommen, vorausgesetzt, es gibt eine ausreichend große Bevölkerung, die bereit ist für den Zusammenbruch eines Regimes und gewillt, die Macht zu übernehmen.
[...] ist es der Wunsch, der Beste zu sein, der dafür sorgt, dass Menschen die Gesellschaft von ihresgleichen lieben und in den öffentlichen Bereich getrieben werden. Diese öffentliche Freiheit ist eine handfeste lebensweltliche Realität, geschaffen von Menschen, um in der Öffentlichkeit gemeinsam Freude zu haben – um von anderen gesehen, gehört, erkannt und erinnert zu werden. Und diese Art von Freiheit erfordert Gleichheit, sie ist nur unter seinesgleichen möglich. Institutionell gesehen ist sie allein in einer Republik möglich, die keine Untertanen und, streng genommen, auch keine Herrscher kennt. Aus diesem Grund spielten Diskussionen über die Staatsform – in deutlichem Gegensatz zu den späteren Ideologien – im Denken und in den Schriften der ersten Revolutionäre eine so bedeutsame Rolle."
Bei Alexander Kluge (den Hauptschulblues seit den 70ern kennt)geht es meist um ein Thema, zu dem sich der/die Interviewte äußern soll, weniger um den/die Interviewte selbst.
AntwortenLöschenVermutlich bin ich nicht imstande, Kluges Gedanken zu folgen. Bei den Interviews, die ich gesehen habe, habe ich nie festgestellt, dass sich Kluges Aussagen von denen der Interviewten unterschieden. Dadurch entstand bei mir der Eindruck, dass immer einer dem anderen nach dem Munde reden müsse.
AntwortenLöschenAber ich habe deswegen auch schon relativ bald aufgegeben, wenn ich erkannte, dass ich aus Versehen in ein Interview mit Kluge geraten war. Offenbar habe ich eine Aversion dagegen, wie er seine Ansichten vorträgt.
Er fragt suggestiv und die Interviewten lassen sich drauf ein.
AntwortenLöschenDanke, das trifft es ganz ausgezeichnet!
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