Samstag, 26. Juli 2025

Johanna Roth US-Korrespondentin

 

Ich bin gerade im Bundesstaat Oklahoma, um mit Eltern und Lehrern über die neuen Sozialkunde-Lehrpläne für öffentliche Schulen zu sprechen. Schülerinnen und Schüler sollen unter anderem “Unregelmäßigkeiten” bei der Präsidentschaftswahl 2020 untersuchen.

Ryan Walters, der für das öffentliche Schulwesen in Oklahoma zuständige Beamte, profiliert sich schon länger als besonders umtriebiger Unterstützer Donald Trumps. Nicht nur, indem er die Verschwörungserzählung von der vermeintlich “gestohlenen” Wahl zum Unterrichtsstoff macht. Er will Lehrer, die sich aus “woken” Staaten wie Kalifornien oder New York nach Oklahoma versetzen lassen, einem Gesinnungstest unterziehen. Und: In allen Klassenzimmern soll die Bibel ausliegen – und zwar eine, die Trump persönlich empfiehlt. Stückpreis: umgerechnet 50 Euro.

Oklahoma ist deep red, 66 Prozent der Wähler stimmten bei der letzten Präsidentschaftswahl für Donald Trump. Hier sitzen viele seiner Anhänger, die er dringend ablenken will von dem Skandal, der ihn einfach nicht loslässt. Seitdem das Wall Street Journal über einen vielsagenden Brief Trumps an seinen damaligen Freund Jeffrey Epstein berichtete, hat die Frage, ob der Präsident in den Fall von Missbrauch und Menschenhandel verstrickt ist und was sich dazu in den Epstein-Akten findet, neue Brisanz bekommen. Bevor über deren Veröffentlichung abgestimmt werden konnte, schickte der republikanische Sprecher Mike Johnson das Repräsentantenhaus überstürzt in die Sommerpause.

Trump versucht alles, um das Ganze loszuwerden. Er verklagt das WSJ und schließt dessen Reporter aus. Er lässt neue, politisch motivierte Ermittlungen gegen die Harvard University starten. Und er attackiert Barack Obama und Hillary Clinton so aggressiv wie nie. Obama habe “Landesverrat” begangen, es sei “Zeit, gegen Leute vorzugehen”.

Ist das jetzt der Moment, in dem Trump die “Vergeltung” wahrmacht, mit der er im Wahlkampf immer wieder gedroht hat? Zumindest hat er willige Helfer – nicht nur im Justizministerium. Tulsi Gabbard, die Koordinatorin der US-Geheimdienste, will Beweise haben, dass Russlands Einmischungsversuch in die Wahl 2016 eine "verräterische Verschwörung” der Demokraten um Obama gewesen sei; auf Landesverrat kann in den USA theoretisch die Todesstrafe stehen. Wie mein Kollege Carsten Luther schreibt: Das kann einem Angst machen.

Das war die 53. Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur Lage in den USA. Sie erscheint jeden Freitag und wird geschrieben von Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Katharina Meyer zu Eppendorf, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus. 

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