Mittwoch, 30. Juli 2025

El Hiero ist müde

 Zwischen stiller Hilfe und lautem Protest FR 29./30.7.2025 Teresa Liesenfeld 

Auf der Kanareninsel El Hierro treffen Fluchtrealität und Urlaubsidylle aufeinander. Rund 47 000 Menschen sind hier im vergangenen Jahr in kleinen Booten aus Westafrika angekommen. Das Dorf La Restinga zeigt sich solidarisch – aber wie lange noch?

[...] Vier Tage war das Cayuco auf dem Atlantik unterwegs, hat rund 1000 Kilometer zurückgelegt. Jetzt trennt es nur noch das knallorangene Rettungsboot der spanischen Seenotrettung vom europäischem Festland.

66 Menschen gehen in dieser Nacht von Bord. 62 Männer, 4 Frauen. 66 Einzelschicksale. 66 geglückte Überfahrten. Ein Mann ist so schwach, dass er mit einem Rollstuhl in einen der Container des Roten Kreuzes gebracht wird, die sich im Hafen aneinanderreihen. Ins Krankenhaus muss heute Nacht niemand. Während die schrillen Karaoke-Stimmen von der Hafenpromenade herüberschallen, können Solares und der Rest der Rettungscrew aufatmen. Wenigstens für den Moment.

Der schlimmste Ort zum Arbeiten

Hier in La Restinga, dem 500-Seelen-Dorf, sind im vergangenen Jahr die meisten der rund 47 000 Migrant:innen angekommen, die 2024 die Kanaren erreicht haben. 24 003 waren es laut der spanische Nachrichtenagentur EFE, die die Daten von Gesundheitsdiensten, Notfalldiensten und staatlichen Behörden ausgewertet hat. Sie kommen in diesen kleinen Fischerbooten, dicht gedrängt, die meisten von ihnen stammen aus Gambia, Mali, Mauretanien, Senegal, aus Guinea-Bissau und Guinea. Je nachdem, woher sie kommen, wie der Wind steht, wie ruhig oder unruhig das Meer ist, kann so eine Überfahrt zwischen vier und vierzehn Tagen dauern. Tage, in denen das Boot im Gleichgewicht bleiben muss, auch bei hohen Wellen. Die sind im schlechtesten Fall bis zu vier Meter hoch. Schon kleine Gewichtsverlagerungen können das Boot zum Kentern bringen. Tage, in denen sich die Insassen nicht bewegen können. [...]

„La Restinga sagt Basta“ steht auf einem der selbst gebastelten Schilder der etwa 80 Demonstrant:innen, die sich an der Hafenpromenade zusammengefunden haben. „Nein zur Besetzung der Mole“, „weniger reden, mehr verriegeln“ und „La Restinga ist keine Mülldeponie“. Die lokale Presse ist da, aus einem Lautsprecher tönen die Forderungen der Demonstrant:innen. „Wir demonstrieren in erster Linie dagegen, dass unser Dorf so beeinträchtigt wird“, erzählt Regula, Schweizer Rentnerin, die seit acht Jahren hier im Dorf lebt. „Diese Zone war Spaziergelände“ – sie zeigt auf den hinteren Teil der Hafenmole, wo die Container des Roten Kreuzes stehen – „man hat hier gebadet im Sommer, überall hier, wo Treppen sind. Jetzt ist alles abgesperrt.“ [...]"

https://www.fr.de/politik/el-hierro-ist-muede-flucht-und-migration-asylpolitik-solidaritaet-93857944.html

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