Montag, 8. September 2025

Es gibt im Grundgesetz kein Verbot einer Vermögensteuer

Die gegenwärtige Vermögensverteilung zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik schreit nach einer Vermögenssteuer. Die wird aber immer wieder abgelehnt mit der Begründung sie sei vom Verfassungsgericht 1996 verboten worden. 

Diese Behauptung ist aber haltlos. Dazu Heribert Prantl: 

"Das höchstrichterliche Urteil, in dem kein Verbot verhängt wurde, das aber dafür in Anspruch genommen wird, stammt aus dem Jahr 1995. Das Gericht erklärte damals nicht die Vermögensteuer für verfassungswidrig, sondern nur deren Erhebungsmethode – und setzte dem Gesetzgeber eine Frist zur Änderung bis Ende 1996. Die Regierung Kohl scherte sich jedoch nicht um diese Fristsetzung, sondern setzte die Erhebung der Vermögensteuer gleich ganz aus: Ins Steuergesetz wurde der Passus eingefügt, die Vermögensteuer werde von 1997 an „nicht mehr erhoben“. Dabei ist es bis heute geblieben.

Die Ungleichheit darf sich nicht ungezügelt potenzieren

Also: Nicht die Vermögensteuer ist verfassungswidrig, sondern das Lamento, das sich immer wieder gegen eine solche Steuer erhebt. Schuld an diesem Lamento ist der sogenannte Halbteilungsgrundsatz, den der damalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof erfunden hat. Er war Berichterstatter im Verfahren von 1995. Er interpretierte den Satz im Grundgesetz (Artikel 14 Absatz 2 Satz 2), dass der Gebrauch des Eigentums „zugleich“ dem Wohl der Allgemeinheit dienen solle, auf filouhafte und sehr reichenfreundliche Weise um; „zugleich“ bedeutete für ihn „zu gleichen Teilen“. Also, so folgerte Kirchhof, dürfe der Staat nicht mehr als die Hälfe des Einkommens durch Steuern wegnehmen und nicht in die Substanz, sondern nur in den Ertrag des Vermögens eingreifen. Kirchhofs Kollege, der berühmte Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, protestierte schon damals heftig gegen diese Auslegung: Die Sicherung unbegrenzter Eigentumsakkumulation sei nicht Inhalt der Eigentumsgarantie, schrieb er empört. Die Ungleichheit dürfe sich nicht ungezügelt potenzieren.

Da gab ihm dann das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2006 voll und ganz recht: In einem Beschluss vom 18. Januar 2006 verwarf Karlsruhe den Halbteilungsgrundsatz und stellte klar, dass sich aus dem Grundgesetz und dem Eigentumsschutz eine absolute Belastungsgrenze von 50 Prozent nicht ableiten lasse. *  Eine Steuerbelastung von etwa sechzig Prozent sei nicht verfassungswidrig. Die Verfassungsrichterin Lerke Osterloh als Berichterstatterin erklärte, die Verfassung kenne keine generelle Obergrenze für steuerliche Belastung. Diese kräftige Karlsruher Aussage wurde aber nicht spektakelhaft inszeniert und auch in der Öffentlichkeit nicht eindringlich diskutiert. Sie hat sich deshalb nicht eingeprägt. Die Karlsruher Fanfare für die Wiedereinführung der Vermögensteuer blieb ungehört.

                      *   "Das Vermögensteuergesetz ist aber bisher nicht aufgehoben." (Wikipedia)

Es geht beim Zugriff auf „die Reichen“ nicht um die sehr Wohlhabenden, auch nicht um die kleinen Millionäre, sondern um die Superreichen. Die Schätzungen, wie viel das bringt, variieren stark – von Summen im dreistelligen Milliardenbereich bis zu solchen im niedrigen einstelligen Bereich. Aber selbst wenn die SteDas Vermögensteuergesetz ist aber bisher nicht aufgehoben.uer netto nicht so arg viel bringt, hat sie zwei positive Effekte. Erstens: Das Gerechtigkeitsgefühl der Leute wird bedient. Zweitens: Es wird endlich einmal erhoben, welche Vermögen die Superreichen überhaupt haben." 

(Auszug aus einer E-Mail von Heribert Prantl)

Ein Teil der Hervorhebungen sowie alle Links und Anmerkungen sind von Fontanefan eingefügt. Der Sachverhalt war mir in groben Zügen bekannt, aber von Prantl ist er konkurrenzlos vorbildlich dargestellt. Fontanefan

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